Predigt zur Christmette 2014
(24.12.2014)
Morgendämmerung
Auf den ersten Blick, deutlich: Ein
Wald und ein See. Dunkel, fast schwarz, nur in Umrissen sichtbar, aber klar
erkennbar, ein Stück Natur, ein Stück Natur in der Morgendämmerung. Noch liegt
dieser Welt-Abschnitt im Dunkeln, in der Nacht, im Schatten, aber die Sonne, das
Licht kündigen sich an, geht auf, langsam. Stille. Das Licht kommt. Die Nacht
weicht
Die Nacht aller Nächte. Vielleicht.
Heiligabend jetzt. Deutlich Nacht. Bald Halbelf. Und doch Morgendämmerung,
nicht außen, innen, in uns. Götterdämmerung. Wir kommen zur Nacht hierher und
wir erwarten, erhoffen, wünschen uns ein Stück vom Licht, Licht, dass unsere
Nächte, Lebens-Nächte weichen, das Dunkle, die Schatten in unserem Leben.
Unsere Lebens-Nächte sind in jener
einen Nacht, in jener heiligen Nacht; unsere Lebensnächte, wundgeweint,
verletzt, schuldbeladen, zerbrochen, unsicher, bedürftig, arm, lichthungrig.
Unsere Lebensnächte sind in jener heiligen Nacht und damit gehen sie dem Licht
entgegen, dass es uns scheine, aufgehe, sich kündet als stille unsere Lebens-Rettung.
Überblendet
Schaut man genau hin, konzentriert,
dann wird sichtbar: Das eigentliche, das eine Bild ist überblendet,
überzeichnet mit einem zweiten Bild. Beide Bilder sind ineinander verschoben,
miteinander verwoben, merkwürdig verschmolzen, sind füreinander transparent,
durchsichtig, als gehören sie irgendwie zusammen, das künstliche und das
natürliche, Natur und Menschenwesen.
Heiligabend: Gott überblendet die
Welt zart mit sich, er zeichnet sich und seine Liebe ein in diese Welt, Welt
wird durchsichtig und transparent auf ihn hin, er auf uns; beides gerät
ineinander, verschmilzt: Himmel und Erde, Gott und Mensch; Gott wird menschlich
und Mensch wird göttlich.
Das zweite Bild oben links zeigt eine
andere Welt, vielleicht fremder, abgehoben. Kleine Wesen und eine Erwachsene,
Maria und Jesus mit Engeln. Die Engel singen, schauen, Maria und Jesus blicken,
zart, hinunter, ihr Blick geht herab auf die Welt. Der Himmel wird dabei heiliger,
wie eine kleine heilige Fatamorgana im Himmel, die aber zur Quelle auf Erden
werden kann. Das Bild der Engel, von Maria und Jesus, das kleine Weihnachten,
wird beschienen von der aufgehenden Sonne, vom Licht, bekommt die ersten
Strahlen ab, und wird selbst zum Licht, ist dem Licht ganz nah und es scheint,
als bräche mit ihnen, mit Jesus, Maria und den kleinen singenden Engeln das
Licht für die an, herein, die in Lebens-Nächten sind.
Sich spiegeln
Auf dem Bild: Das anbrechende Licht,
der lila-schwarze Himmel spiegeln sich im See. Ganz normal. So wie wir uns
Millionen Mal spiegeln, im Spiegel morgens und abends, zufällig in einer großen
Pfütze, vielleicht andächtig still am Rand eines stillen Wassers. Im Spiegeln
sehen wir uns, so wie wir sind, oder wie wir erscheinen, uns erscheinen. Eine
nette kleine Antwort auf die große Frage: Wer bin ich? Im Spiegel beziehen wir
uns für kleine Zeiten auf uns, berühren uns wie indirekt.
Jeder Heilige Abend ist wie ein
großer Spiegel, in dem wir uns spiegeln können, ein Stück von uns erkennen
können, jedes Jahr, all unsere Jahre, im Laufe eines Lebens, jedes Jahr neu,
anders. Was entdecken wir von uns im Heiligen Abend? Im heiligen Kind, in Maria
und Josef, den Hirten, der Krippe, den Worten und Geschichten?
Maria, die Engel und der kleine
Jesus, aus unserem Bild links oben, die müssten sich eigentlich im Wasser des
Sees auch spiegeln. Sie tun es aber nicht. Merkwürdig, widersprüchlich,
wunderbar. Wenn das uns passieren würde, morgens im Spiegel. Wir schauen näher
hin: Statt sich zu spiegeln, sehen wir von Maria und Jesus einfach deren
Verlängerung, deren natürliche Fortsetzung. Wir sehen, wie Maria das Bein, den
Fuß von Jesus ganz leicht, ganz zart mit ihrer Hand berührt, und dann geht
unser Blick nach oben und wir entdecken neu oder stärker, wie Jesus innig seine
Arme um den Hals von Maria legt und Maria Gottes Sohn zart in Armen hält. Beide
ineinander werden zum einen Zeichen der zarten Berührung Gottes; wie Gott in
jener Heiligen Nacht seine Welt und Menschen zart berührt.
in Liebe verlängert
Wir spiegeln uns immer wieder. In Spiegeln
aus Glas, in anderen Menschen, in Gott. Manchmal erkennen wir uns und lächeln
zart, manchmal sind wir uns furchtbar fremd und dunkel, fast wie in einer ganz
eigenen Nacht. Als heilige Momente der eigenen Morgendämmerung, als zarte
Augenblicke, in denen Gottes Licht und seine Liebe behutsam in unser Leben
anbricht, mögen wir, wenn wir uns spiegeln, manchmal auch mehr sehen:
Wir mögen heiligabendgleich sehen,
wie wir uns nicht spiegeln, wie wir einfach über uns selbst hinaus verlängert
werden. Unsere Verlängerung ist wie im Bild eine zarte Berührung, eine zarte
Berührung Gottes: Wie ER uns ganz zart in Liebe berührt, verlängert.
In unserer eigenen Verlängerung zart
berührt und geliebt werden wir auf wunderbare Weise ganz, vollständig, mehr,
werden wir eingereiht in Himmel und Engelhaftes, verschmelzen unsere Welt mit
Gottes, unser Leben mit seinem, werden beide aufeinander durchsichtig, rückt er
uns ans Licht, wird alles Dunkle, Nachtähnliche in uns von IHM über-lichtet, werden
wir zart geliebtes Teil seines Geheimnisses der Welt. Amen.
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