Donnerstag, 28. Februar 2013

Schlüssel in Gottes Hand



Predigt zur siebenundachtzigsten Frage des Heidelberger Katechismus (3.3.13)
Können denn auch die selig werden,
die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?
Keineswegs; denn die Schrift sagt: kein Unzüchtiger, Götzendiener, Ehebrecher, Dieb, Geiziger, Trunkenbold, Lästerer, Räuber und dergleichen wird das Reich Gottes erben.

Tür abgeschlossen
Keineswegs. Nicht nur: Nein, sondern: überhaupt nicht, kommt gar nicht in Frage, geht nie und nimmer, wird definitiv nicht sein. Das kleine Wörtchen „auch“ wird nichtig, der kleine Türspalt offen wird zu geschlagen. Ungeheuer eindeutig, klar, konsequent, hart. Keineswegs. Kein Weg.
Wie wenn eine Tür vor einem zugemacht, verschlossen, abgeschlossen wird, wie wenn man vor einer zugemachte, verschlossenen Tür steht: Kein reinkommen, davor stehen bleiben.

Auf oder zu
Diese Tür sieht der Glaube des Heidelberger Katechismus „entweder oder“: Entweder offen oder zu, entweder geöffnet oder verschlossen, entweder reingehen oder draußen bleiben. Es ist eine Tür, eine Tür zum Himmelreich, zum Reich Gottes, zur eigenen Seligkeit, zum Glück, zum Heil, zum Leben. Eine Tür, die Menschen entweder den Zugang gewährt oder den Zugang verwehrt. Zwei Möglichkeiten, zwei Wirklichkeiten.
Gläubig oder ungläubig, gottgefällig oder Heuchler, Ebenbild oder Zerrbild, dankbar oder undankbar, gewiss oder gerissen, gute Werke oder üble Gedanken, neu oder alt, frei oder gebunden, Erbe oder Verlierer, vergeben oder Sünder, auferstanden oder tot, selig oder unglücklich, Himmelreich oder Verdammnis, Reich Gottes oder Zorn, auf oder zu, drinnen oder draußen.
Und wo stehen wir? Wer sind wir? Wer bin ich? Das eine oder das andere? Und die anderen, denen das kleine Wörtchen auch gilt? Wer sind die Bösen, wer die guten? Was ist das Böse in mir und das Gute an mir? Bin ich gläubig und die anderen nicht? Und wenn die anderen nicht? Kommen sie auch in den Himmel? Sollen sie? Oder nicht? Wer beurteilt das? Wer sieht das? Wer entscheidet das? Wer sagt Ja oder nein? Wer sagt auf oder zu? Wer sagt drinnen oder draußen? Wer? Und was sehe, höre ich?

Schlüssel
Von einem Schlüssel spricht der Glaube des Heidelberger Katechismus. Einem Schlüssel, der auf- oder zuschließt. Sein Wesen ist dies zu können zu machen, wie jeder Schlüssel. Nur dieser Schlüssel schließt die Tür zum Himmel auf - oder die Tür ab zur Verdammnis. Er liegt allein in Gottes Hand, den allein Gott ist Antwort auf all unsere Fragen, alleine er entscheidet über gottlos und gottnah, über Glauben und Unglauben, über das Gute und Böse in der Welt, in anderen, in uns. Gott allein wird diese Tür auf- oder abschließen.
Wir haben diesen Schlüssel zu sehen, von ihm zu reden, an ihn zu erinnern, auf hin hinzuweisen, ihn uns und anderen vor Augen zu halten, das, was mit ihm möglich oder unmöglich ist. Wir haben zu reden von der geschlossenen Tür und der offenen, von Nähe und Ferne, von Seelenheil und Seelenqual, von Liebe und Hass, von Friede und Gewalt, von Versöhnung und Zwiespalt, von diesem „und“ zu reden, aber eben um das „oder“ zu wissen.
Und mit jedem Satz vom Schlüssel, sehen wir ihn selbst, sehen wir seine Möglichkeit in Gottes Hand, leben unser Leben angesichts dieses Schlüssels, angesichts seiner Möglichkeit, aufzuschließen denen, die hineingehen werden, und zuzuschließen denen, die draußen bleiben werden, stellen wir uns selbst vor Schlüssel und Tür, mit all den anderen, und überlegen: Was wird der Schlüssel für uns tun? Wird sich die Tür uns öffnen? Werden wir hineingehen? Wer werden wir sein, dass wir hineingehen?

Er öffnet
All das Gottlose, all das, was Gott nicht gefällt, an uns, an unserem Miteinander, an seiner Welt, das wird vor der Tür bleiben, bleiben müssen. Es ist in aller Klarheit zu sehen und zu sagen: Es ist gottlos und wird es bleiben. Das, was von Gott trennt, was ohne Beziehung, ohne Verbindung zu ihm ist, das, was ihm entgegensteht, was nicht er ist, das ist so im Leben und im Sterben Und drauf liegt weder Segen noch Seligkeit, darin liegt auch kein Gott. Und: Das wird es auch bleiben: Gottlos, es gehört nicht zu ihm, zu seinem Reich, deswegen wird all das vor verschlossener Tür stehen bleiben müssen. Gott mag und will es nicht. Es wird nicht hineinkommen.
Dagegen wird alles hineingehen, was sein ist, was zu ihm gehört, was mit ihm verbunden ist und schon seinen Namen, seinen Segen, seine Ideen, seine Worte, sein Gesicht, ihn in sich trägt. Dafür wird die Tür aufgeschlossen sein, wird sie sich auftun und die Verbundenheit mit Gott, zu der wir geboren sind, die jetzt schon zu spüren ist, die jetzt schon gelebt wird, diese Verbundenheit wird sich von allen Schatten, von allem Schweren, von allem, was Nicht-Gott ist, gelöst, entbunden und befreit werden.
So, als solche können und mögen wir vor dieser Tür stehen, einmal und jeden Tag. Als solche, die das, was uns von Gott fernhält, sehen, bedauern, ablegen und sich von ihm befreien lassen. Als solche, die den Schlüssel sehen und darin schon die offene Tür, die sich darauf freuen und in tiefer Verbundenheit, die um des Schmerz des Trennenden weiß, zu dem geht, der sich mit uns verbunden weiß. Gott. Und die anderen -die mag es als solche nicht mehr geben, weil sie so wie wir das, was anders als Gott ist, vor der Tür lassen und wie wir sind, wir gemeinsam gehen.
Gott selbst hat die Schlüssel in der Hand, die Schlüssel zu uns, zu unserem Leben, Herzen und Verstand, zur Tür, die er uns aufschließt, so wie er es immer schon getan, seit wir von ihm hörten. Die Tür steht offen. Christus ist sie auf Erden und im Himmel schon tausendmal durchschritten und niemand mag sie mehr schließen. Er ist unser einziger Trost im Leben und im Sterben. Amen.

Freitag, 22. Februar 2013

Gott gefallen



Predigt zu einundsechzigsten Frage des Heidelberger Katechismus (24.2.13)

Lektor/in: [Frage 61:]  
Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?
Ich gefalle Gott nicht deswegen, weil mein Glaube ein verdienstvolles Werk wäre. Allein die Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi ist meine Gerechtigkeit vor Gott. Ich kann sie nicht anders als durch den Glauben annehmen und mir zueignen.

Gott gefallen
Menschen leben ihr Leben. Vom ersten Herzschlag bis zum letzten. Sie leben es immer mit sich und vor anderen, vor den Augen derer, die mit ihnen auf dem Weg sind, die begegnen, die flüchtig, liebevoll, eine Zeitlang sie mit ihren Augen begleiten, anschauen.
Menschen leben ihr Leben immer auch vor Gott, in dessen Augen. Wenn es ihn gibt. Wenn es ihn gibt, dann leben Menschen ihr Leben auch in seinen Augen und Menschen leben mit dem, was sie tun und lassen, ersehnen und befürchten, erhoffen und lieben, mit alle ihren Fragen vor Gott. Menschen leben vor Gott und Gott fragt sich, ob ihm das Leben, das er da sieht, ihm gefällt und Menschen fragen, ob ihr Leben Gott gefällt.
Menschen leben irgendwie vor Gott und die Frage ist, ob sie mit ihrem Leben, zwischen Anfang und Ende, und dazwischen, mit dem Hellen und Dunklem, mit Klage und Freude, mit Worten und Gedanken, ob sie mit ihrem Leben Gott gefallen und ihm gerecht werden, so wie er ist, so wie er es will, so wie es ihm gefällt.
Gefallen wollen Menschen, sich selbst und anderen, nicht immer, aber im Kern und oft. Menschen gefallen Menschen, nicht alle allen, aber bestimmte wiederum bestimmten. Sie fallen ins Auge, weeden gesehen, wirken passend, angenehm, anziehen. Sie gefallen, gefallen einander, wollen einander gerecht werden, dem anderen entsprechen in dem, was getan, gesagt, gehofft, geliebt wird. Und da, wo es passiert, gelingt, wird - das Gefallen, und es tief in die Herzen und Seelengründe fällt, da ist es Geschenk, da geht Gefallen weit über Augen und sehen hinaus, da wird aus dem Leben vor, ein Leben mit und in.
Warum nicht auch Gott gefallen, ihm gerecht sein?

Warum könnte mein Leben Gott gefallen (Konfirmanden)

Ein anderer gefällt
Menschen leben und machen die Erfahrung: Je mehr ich gefallen möchte, je mehr ich versuche zu gefallen, zu überlegen, wie ich bin, wie ich anders sein könnte, wie ich gefallen könnte, was nicht an mir gefällt, um so schwerer wird es zu gefallen, um so meh sieht der Mensch: Ich kann gar nicht gefallen, ich kann nichts tun. Der andere muss gefallen finden, muss sich verlieben, muss lieben und dieses „muss“ kann ich nicht machen.
Dieses „muss“ kann ich auch nicht vor Gott machen. Ich kann nichts machen, dass ich ihm gefalle, dass ich ihm gerecht weden. Auch Gott muss sich verlieben, muss Gefallen finden. Gott hat sich wie verliebt, Gott hat Gefallen gefunden - an Jesus Christus:
Er ist der, der Gott gefällt, der sein Leben vor Gott lebt und an dem Gott sein Gefallen hat und der Gott gerecht wird und ist. Sein Leben ist in den Augen Gottes gerecht, vollkommen ausreichend und heilig. Er wurde Gott gerecht, indem er sich ganz auf Gott gründet, aus ihm schöpfte, ihn vorbehaltlos weitergab, von ihm durchdrungen und beseelt war, so dass die Menschen in ihm Gott selbst sahen, ihn Gottes Sohn nannten, in der Begegnung mit ihm Gott spürten und heil wurden an Seele und Körper. Er wurde den Menschen gerecht, indem er ihre tieftsten Nöte sah, sie selbst durchschritt, ihre Sehnsüchte in Wörter kleidete, ihren Ängsten in seine Hände nahm, ihren Hoffungen Raum gab, ihren Seelefrieden suchte, so dass Gott seine Menschen in ihm sah, erkannte und ein unendliches Gefallen an ihnen, an ihm fand.

Gefallen finden
Wir müssen Gott nicht gefallen. Selbst, wenn wir könnten. Ihm gefällt Jesus Christus, da hat er sich festgelegt, ja sozusagen auf immer verliebt. Ein anderer, dieser anderer gefällt ihm und sein Gefallen wird für uns zum Weg, dass wir Gott gefallen. Durch Jesus Christus, auf seinem Weg, ihn im Blick, er bei uns, so werden wir gerecht.
Menschen leben ihr Leben. Vom ersten Herzschlag bis zum letzten. Sie leben ihr Leben mit Christus. Menschen vertrauen darauf: So werde ich Gott gefallen, so wird Gott sein Gefallen und seine Freude an mir haben. Sie vertrauen darauf: So wird mir Gott gerecht, er wird meine dunkle Gedanken kennen, meine Ängste sehen, meine Fehler verzeihen, mich neu anfangen, mein Schutz sein, meine Auferstehung und meine Ewigkeit.
Immer mehr, immer wieder, immer neu es wagen, es tun, es in sich und seine Stunden, in alles hineinnehmen, an IHM Gefallen finden, nicht so, dass alle Fragen weg wären, vielleicht dass sie mit ihm erst aufbrechen, aber an ihm Gefallen finden, an den Worten, die sprach, den Taten, die er tat, den Gott, den er meinte, den Himmel, den er öffnet, mein Leiden, das seins wird. Gefallen finden, anziehen lassen, ein bißchen verlieben in IHN, ihm folgen, werden wie er, im gebührenden Abstand, aber so ähnlich, immer mehr, so vor ihm Leben, dass ich ihm eigen werde und Gott gefalle. 
Lektor/in: [Frage 61:]  
Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?
Ich gefalle Gott nicht deswegen, weil mein Glaube ein verdienstvolles Werk wäre. Allein die Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi ist meine Gerechtigkeit vor Gott. Ich kann sie nicht anders als durch den Glauben annehmen und mir zueignen.
Amen.

Mittwoch, 13. Februar 2013

Was ist dein einziger Trost?




Predigt zur ersten Frage des Heidelberger Katechismus (17.2.13)

[Gemeinde:] Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

In anderer Hände
Mein? Mein Trost im Leben und im Sterben? Mein Trost wohnt manchmal wie in mir und ich selber kann ihn aus mir schöpfen und mich trösten. Mal ist der Trost da und mal suche ich ihn, tastend, fragend. Wenn der Unmut in mir steigt, das Dunkel einfach nicht weggeht, wenn schwarze Gedanken mich treiben, wenn alles gegen mich steht, wenn sacht gewisse Tränen kommen. Trost bleibt manchmal aus und oft ist er da. Getröstet bin ich, wenn ich trotzdem gehalten, gesucht, umarmt werde. Trost finde ich in Bildern, in Liedern, in Erinnerung, in Worten, in anderen. In solchen, die mir Liebe haben zugesagt, die mich auch im Dunklen sehen, suchen und treu mir Liebe sagen. Immer wieder.
Bis die Dunkelheit sich irgendwie zu lichten beginnt, das Schlimme ein Stück auch nur kleiner wird, das Unheil heilvoller wird, bis ich spüre, erfahre, glaube: So trostlos bis du nicht. Ich bin mir nicht alleine überlassen. Ich bin im Leid, was auch immer es sein mag, nicht nur gefangen, selbstverloren. Da ist jemand, dessen Gedanken fühlen, tragen mit, dessen Worte kommen von wo anders her, von der Grenze jenseits der Dunkelheit, jenseits der Trostlosigkeit, jenseits von mir. Mein Leben ist mit all seinem auferlegten und selbst gemachten Elend, Schwere, nicht nur in meiner kleinen Hände Macht, sondern in den Händen eines anderen, aufgehoben in ihm, seinen Worten, seinem Blick, seinem Ich, das mir so nahe kommt, dass mein Ich mir selbst zart wieder geschenkt wird.

Ich frage euch: Was ist euer einziger Trost im Leben und im Sterben?
Gemeinde: Dass ich mit Leib und Seele, im Leben und im Sterben, nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.

Wer bezahlt für mich?
Wie sehr glauben wir, dass wir uns immer selbst gehören. Wie laut und allgegenwärtig ist unser ganz und gar moderner verinnerlichter Ruf: Ich gehöre mir selbst, es ist mein Körper, mein Tag, meine Pläne, meine Zukunft, meine Seele, mein Leben. Wie gut ist es, dass wir dies zu Recht sagen dürfen und können gegen alle Tyrannei von außen. Wie sehr aber, wie unterschwellig oft, ist es aber so, dass wir eben nicht uns selbst gehören, zumindest nicht zu 100%. Unsere Körper enteignet werden durch voyeuristische Blicke. Unser Ich fremdbestimmt wird durch unzählige Kontakte, in denen wir eingebunden sind. Unser Leben gesteuert wird durch all das, was massiv auf es eindrängt und zu Dauerantworten nötigt. Unsere Seele uns merkwürdig fern ist. Gehören wir wirklich uns selbst?
So sehr gehöre ich mir selber gar nicht. Ich muss mich selbst aber spüren. Dass ich überhaupt noch da bin, für mich da bin. Ich muss jetzt im Augenblick intensiv mich leben und frage nicht mehr, immer weniger nach dem, was nach mir und durch mich kommt. Ich verliere aus dem Blick: Alles, was ich tue und lasse, das ist doch kein Punkt im Nichts, das ist doch eingewoben in alles, das bewirkt doch was. Mein Tun und Lassen hat Konsequenzen und ich bin gefragt: Wie lebst du mit diesen? Kannst du vor allem mit denen leben, die nicht gut waren? Oder wirst du daran scheitern? Wer bezahlt für all die Fehler, die Versäumnisse, die absichtlichen oder auch unabsichtlichen, bedachten und unbedachten Sachen, die wir zufügen?
Andere bezahlen, ohne dass sie was dafür könnten. Niemand bezahlt. Glück gehabt. Und für manches bezahlen wir, schmerzhaft. Und wenn es besonders schwer wird, wenn kein: Tut mir leid mehr hilft, wenn keine Returntaste mehr uns beisteht. Wir nicht mehr bezahlen können? Manche Schuld wiegt so schwer, dass niemand sie aufzuwiegen vermag. Was für eine Wohltat, was für eine Erlösung wenn doch, wenn jemand doch einen Gegenwert hat, einen unermesslich großen, und vollkommen die Rechnung für uns bezahlt, weil wir ihm gehören und er uns auslöst, erlöst und gibt, was so viel wert ist: Er mit seinem Leben unsere Fehler aufwiegt.

Ich frage euch: Was ist euer einziger Trost im Leben und im Sterben?
Gemeidne: Er hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt und mich aus aller Gewalt des Teufels erlöst;

Ganz uns im Blick
Er hat uns teuer erkauft. Wir sind ihm viel wert, ungeheuer wertvoll. Und das sind wir fortgesetzt, auch in jeder Gegenwart, immer wieder. Er hat durch seinen Wert uns als ganz wertvoll angesehen und er bewahrt dieses Wertvolle, uns.
Gottes ganze Aufmerksamkeit, die gilt uns. Sein Denken und Sehen, sein Planen und Wollen, sein Hoffen und Leiten, seine ganze Liebe ist auf uns aufmerksam und schützt und bewahrt uns. Alles, was mit uns zu tun hat, alles, was ich bin, mein Tag und meine Nächte, mein Morgen und meine Gedanken, meine Schritte, auch das, von dem ich nichts weiß, all das liegt in seiner Liebe Augen und nichts, gar nichts kann passieren, dass wir aus seinem Blick herausfallen, dass er uns aus dem Bick verliert.
Wir werden nie unversehrt bleiben, nie schuldlos, nie unverletzt, nie ohne Krankheit, nie ohne Gewalt, nie ohne Zweifel, nie ohne Sorgen, aber alles dies immer mit Gott. Nie ohne Gott. Er wird die Scherben wieder zusammensetzen, er wird im Leiden bei uns sein, er wird unserer Lebensfäden den roten einweben, er wird die Bruchstücke zu einem schönen Mosaik fügen. Er wird helfen, dazu da sein, dass wir uns selbst nie verlieren, sondern unser Leben finden.

Ich frage euch: Was ist euer einziger Trost im Leben und im Sterben?
Gemeinde: und er bewahrt mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt kann fallen, ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss.

Wozu lebe ich?
Er dient unserer Seligkeit. Vielleicht ist Seligkeit, wenn alle Fragen für einen Moment beantwortet sind und wenn ich Antwort bin auf die Fragen der Anderen, auf die Frage Gottes nach mir und er mir in diesem Moment auch mein Antwort ist auf mich. Wenn meine Liebe und seine Liebe in eins fallen. Seligkeit.
Diesen Moment gibt es. Er ist mir für mein Leben zugesagt, versprochen. Er gebärt in mir Gewissheit. Lebensgewißheit. Die Gewißheit, dass es eben auf alle lebenswichtigen Fragen, nach meinem Woher und Wohin, nach meinem Wozu und dem Sinn, nach: Wer wird mich tragen, wer kennt mich wirklich, wer vertraut mir und wer liebt mich unbedingt eine Antwort gibt und dass ER diese ist.
Solch eine Lebensgewissheit ist unhintergehbar, aber zu irritieren, sie kann ramponiert werden, sei wird sich aber bewahrheiten, sie ist dem Zufall ausgesetzt und Geschenk, gründet uns und aus ihr können wir Leben. Und sie tröstet, wann immer wir ihrer ansichtig werden. Ich und Er, mir und mein, einzig, vollkommen. Eine Gewissheit, die das Leben im Sterben und nach dem Tod umfasst, eine tiefe Gemeinschaf mit Jenem, mit Christus, die alles umspannt: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und Ewigkeit. Mich und Ihn.
Er lebt mir und ich lebe ihm. Mal ganz klar, mal eher verdeckt, mal mit mehr, mal mit weniger Abstand, mal mit Zweifel, mal mit Momenten erfüllter Seligkeit. Wir leben immer jemanden unser Leben, wir leben nicht nur mit, nach und vor, in und durch andere Menschen, sondern wir leben Menschen: Unser Leben erfüllt sich, indem wir dem anderen leben, und er uns. Christus lebt uns und wir leben ihm. Unser Herz ist bereit, ist Inhalt seines Willens und willig. Was immer auch Unruhe, Fragen, Schmerzen in es treibt, wie gebrochen, wie schwer es auch immer sein mag, es ist ein Herz, das ihm lebt wie seines uns schlägt. Es ist ein zutiefst von ihm trostvolles Herz.

Ich frage euch: Was ist euer einziger Trost im Leben und im Sterben?
Gemeinde: Darum macht er mich auch durch seinen Heiligen Geist des ewigen Lebens gewiss und von Herzen willig und bereit, ihm forthin zu leben.
AMEN