Predigt zur Jubelkonfirmation 2015
(Judika, 22. März 2015)
Petrus 5, 1-11
Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, um das Wort Gottes
zu hören, da stand er am See Genezareth und sah zwei Boote am Ufer liegen; die
Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze.
Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig
vom Land wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus. Und
als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief
ist, und werft eure Netze zum Fang aus! Und Simon antwortete und sprach:
Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf
dein Wort will ich die Netze auswerfen.
Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische und ihre Netze
begannen zu reißen. Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern Boot waren,
sie sollten kommen und mit ihnen ziehen. Und sie kamen und füllten beide Boote
voll, sodass sie fast sanken. Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu Füßen
und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch. Denn ein
Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die bei ihm waren, über diesen Fang, den
sie miteinander getan hatten, ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des
Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von
nun an wirst du Menschen fangen. Und sie brachten die Boote ans Land und
verließen alles und folgten ihm nach.
Un-Menge
Eine Menge Menschen um das Wort
Gottes versammelt, drängend, still, begierig, hungrig, es zu hören. Eine Menge
Menschen sind in dieser Gemeinde schon konfirmiert worden, Ihr dabei vor 50 und
60 Jahren, davor schon und danach auch, eine Menge junge Menschen, vor allem
aus Haslach, mit ihren Gesichtern und Geschichten, ihren Fragen und Flausen im
Kopf, ihrer Vergangenheit und Zukunft, und ihr ein Teil dieser Menge; um das
Wort versammelt, Gottes Wort, auch hungrig, begierig, es zu hören, Leben daraus
zu schöpfen.
Jesus steigt in ein Boot, lässt sich
ein Stück rausfahren, steht der Menge gegenüber. Ein Extra-Ort. Den Menschen
gegenüber, um sie zu sehen, um in ihre Gesichter zu blicken, um ihnen das
Wesentlich zu sagen. Er lehrt die Menge. Unzählige Lehrversuche hier an diesem
Ort, auch der Menge von Konfirmanden gegenüber. Unzählige Mittwochnachmittage,
an denen Katechismus und Gesangbuch gelehrt wurde, an denen das Wort von Gott
Menschen gesagt und in Herzen gebracht wird.
Dieser Menge an Menschen und Worten
gegenüber die Leere, die Leere der Netze, die ausgeworfen und leer ins Boot
zurückgezogen wurden. Der Menge gegenüber die Leere, das Erleben, das Erfahren,
umsonst, vergeblich hinausgefahren zu sein, sein Wortnetz hinein in das
Unterfangen Konfirmation ausgeworfen zu haben: Worte kamen nicht an; wurden zur
Unzeit gesagt, sind verhallt, das Lebensnetz blieb leer.
Eine doch: Eine Unmenge Fische zog
Petrus aus dem Wasser, unglaublich, unverhofft. So leer die Netze in der Nacht
blieben, so übervoll sind sie am Tag. So voll, dass es fast schon zu viel ist,
Netze drohen zu zerreißen, das kleine Boot unterzugehen. Eine wunderbare,
ungeheuer kräftige Fülle entsprungen aus der Leere. Aber dann doch gefüllte
Netze in jeder Konfirmandenzeit, gefüllt wie wunderbar, mit dem, was da
geschah, unbemerkt, erst später, jetzt?
Mit im Boot
Jesus sieht zwei Boote, die Netze und
die Fischer. Jesus sieht in den Netzen die Leere und die Fülle. Jesus sieht
ihre Arbeit, ihre Gesichter, ihre Mühen, ihre Wünsche, Wunden und ihr Leben.
Jesus sieht uns, uns alle, immer wieder. Er sieht wie und wer wir sind. Er
sieht auf die schrecklich leeren Nächte, Angst geweinte Stunden, er sieht
unsere Lebensmühen, die Schweißperlen und die Freudentränen, er hat euch damals
gesehen, wie ihr im Konfirmandenunterricht ward, dieses Stück eures Lebens und
die anderen auch.
Jesus steigt ins Boot, unverhofft und
von sich aus. Jesus steigt ein in unser Leben. Unverhofft und von sich aus. Er
steigt ein in unser Leben, als wollte er nichts anderes, in unserem Lebensboot
sein, es mitfahren, mitleben. Jesus heißt Petrus hinausfahren, dorthin, wo es
tief ist. Hinausfahren auf Geheiß, ein bisschen selbstgewählt, aber doch
irgendwie geboten, weil man sich mit 14 eben konfirmieren lässt, weil es die
Eltern wollen, weil man selbst spürt, dieser Weg könnte etwas sein. Gemeinsam
hinausfahren in ein Stück andere Zeit, Jesus mit im Boot, auf sein Geheiß hin,
hinausfahren, wo es tief ist, nicht wo es seicht und lässig, sondern in die
Tiefe des Lebens hinausfahren, das suchen, erfahren, was in der Tiefe ist,
Abgrund und Grund des Lebens, das, woraus man alles schöpfen kann.
Jesus lässt Petrus genau dort die
Netze auswerfen, Petrus zweifelt, ihm stecken noch die Erfahrung der Leere in
den Knochen, aber Petrus wirft die Netze aus, allein auf Jesu Wort hin, allein
im Vertrauen auch wider andere Erfahrung. Seine Netze trotzdem auswerfen, auf
das Wort Jesu hin, im Vertrauen auf ihn, weit auswerfen; das ist der Arbeitsschwung
jeder Konfirmandenzeit mit all den Mengen an Konfirmanden, in jenem Schwung ist
die Leere mitbedacht, aber auch die Verheißung: Auf das Wort hin ausgeworfen
werden die Netze gefüllt werden.
Wunderfolgen
Das eigentliche Wunder sind nicht die
gefüllten Netze. Das eigentliche Wunder ist, was das in Petrus auslöst. Petrus
erschrickt, fällt nieder und spürt die große Distanz zu Jesus, erkennt, wer er
selbst ist und wer Jesus ist. Sünder und Herr. Das Wunder ist, was dann folgt:
Petrus bringt die Boote zurück, er schließt sein altes Leben an, er lässt alles
zurück und bricht auf in ein neues Leben, in das Leben mit Jesus. Er folgt ihm
nach.
Die Frage ist nicht, werden wir die
Netze in der Konfirmandenzeit füllen, wird es einen großen Fang geben, werden
die Konfirmanden auch in der Gemeinde bleiben. Das mag ein Wunder sein. Das
Eigentliche ist aber: Kommen Menschen zur Erkenntnis von sich selbst und von
Gott. Erfassen sie das Leben mit ihm als ein neues Leben. Schließen sie Altes
ab und lassen Vergangenes zurück, brechen sie neu auf und folgen sie dem, auf
dessen Wort hin, die Netze auswarfen. Ein Wunder, wenn das geschieht, aber auch
in Konfirmandenzeiten geschehen Wunder, unsichtbar, nachhaltig, immer wieder,
damals wie heute.
Auswerfen
Jesus gibt Petrus einen Auftrag,
dieser Auftrag verwandelt sein Leben. Jesus stellt diesem Auftrag eine
ungeheure Zusage voran: Fürchte dich nicht. Es ist jener Satz, den wir an
Weihnachten an der Krippe und an Ostern am Grab hören. Fürchtet euch nicht.
Eine wunderbare, große Zusage. Denn wie oft haben wir Angst, fürchten wir uns,
ist unser Leben gelähmt, weil andere, wir selbst, böse Erfahrung uns das
Fürchten gelehrt hat. Wie sehr brauchen wir diese eine Zusage: Du brauchst
keine Angst haben. Fürchte dich nicht. Ich, dein Gott, bin bei dir, ich segne
dich, ich schütze dich, ich gebe dir Leben.
So ausgerüstet, so verwandelt wird
Petrus Menschenfischer, soll er Menschen begeistern, begeistern nicht für sich
selbst, sondern für Gott, Menschen genauso das Leben bringen, wie es ihm
gebracht wurde. Mit dem Tag der Konfirmation scheint das Unternehmen
Konfirmation gleichsam beendet zu sein. Aber es gilt jenes „Von nun an“, das
Jesus auch zu Petrus sagt. Von nun an, vom Punkt der Konfirmation an, mache ich
dich zu. Konfirmation als unterschwellige Verwandlung, als Auftrag:
So wie Jesus ins Lebensboot der
anderen steigen, unverhofft, von sich aus, mit ihnen hinausfahren, dort, wo es
tief für sie ist, ihre Angst vor der Leere aushalten, leise sagen: Fürchte dich
nicht, und mutig füreinander die Netze auswerfen, auf sein Wort vertrauen und
dann mit aller Kraft die Netze herausziehen.
Gott segne euch. Amen.