Freitag, 25. Januar 2013

Der Tod ist nicht mehr sicher



Predigt zur Eröffnung der Bibelwoche 2013 (27.1.2013) in St. Michael

Nie ganz sicher
Der Tod ist nicht mehr sicher.“ Menschen, die geboren wurden und sterben, die leben und glauben, die evangelisch oder katholisch sind, treffen sich in der nächste Woche an vier Abenden. Sie lesen im Markusevangelium und suchen aus ihm zu schöpfen, was sie tröstet im Leben wie im Sterben. Sie begegnen einander unter diesem einem Satz: „Der Tod ist nicht mehr sicher!“
Nicht mehr sicher. Das macht ein ungutes, komisches Gefühl. Wir wollen es gerne sicher haben. Morgens wenn wir aufstehen, soll die Erde sich noch drehen und meine Nachbarn da sein. Abends im Bett soll ich behütet werden vor allzu großen Sorgen und wilden Gedanken. Wir brauchen es sicher. Unser tägliches Brot. Eine Aufgabe. Den gewohnten Gang der Dinge. Jemand, der uns liebt und beschützt. Gott im Himmel. Dass nichts Schlimmes passiert. Wir nicht stürzen. Die Hoffnung und den Glauben nicht verlieren. Die wesentlichen Sachen feststehen. Und wir uns sicher und geborgen fühlen.
Wir merken, sehen, ahnen, spüren aber auch, nichts ist ganz sicher. Auch wenn wir unendlich viele Geländer aus Worten, Zusicherungen, Gewissheiten, Garantien bauen. Das Leben ist und bleibt mit gewissen Risiken und Wagnissen behaftet, mit Unsicherheiten und Unwegsamkeiten durchsetzt, mit Zufall und Unverhofften vermischt, die uns grausam oder wunderbar treffen, die uns Angst oder Hoffnung machen. Das Leben ist nicht sicher, nie ganz. Es ist eingespannt zwischen Festem, Gewissem, Sicherem und Losem, Freiheit und Lebendigkeit.
Und je mehr Menschen sich absichern, sich versichern, versuchen, jedes Risiko zu minimieren, alles sicher zu wissen und zu haben, umso mehr passiert es: Leben wird trotzdem und gerade an einem bestimmten Punkt zum Wagnis, die Angst überwältigt, die Frage nach Geborgenheit und Vertrauen stellt sich, nach dem, was mich bei allem, was ist, geschieht und wird, bei sich bergen kann.

Ich bin mir sicher
Der Tod, der ist sich sicher. Er ist sich sicher, dass immer wieder Schlimmes passiert und der Zufall Unglück bringt. Der Tod ist sich sicher, das Schicksalsschläge Menschen Sinn und Glück brechen, dass Menschen Mut und Hoffnung verlieren; dass Unverhofftes verwirrt und Unsicherheit Panik macht, dass Menschen Freiheit ausnutzen und das zu große Risiko suchen, um sich lebendig zu spüren, dass Krankheit Verzweiflung bringt, Neid und Hass wie Pilze aus dem Boden sprießen und wir einander kaum aushalten.
Der Tod ist sich sicher, dass Menschen einander die Hölle bereiten, dass sie lieber Argwohn als das Vorteilhafte denken, mehr das Schlechte als das Gute sehen, eher Hass als Liebe fühlen. Der Tod ist sich sicher, dass Kinder in Zimmern verwahrlosen; Ehepartner sich anschweigen; man Spaß am Mobbing findet, Worte wunderbar verdreht werden können, Augen die Lust aus sich setzen, man sich selbst drangsaliert, die Schöpfung blutet, die Welt verrückt dem Abgrund zusteuert.
Der Tod ist sich sicher, dass er nicht nur am Ende da steht und das Ende von allem Lebendigen ist, dass er der Herr über Lebenslänge ist und sterben lässt, was jung und alt, krank und gesund, heilig und alltäglich ist, dass er wirklich der große, mächtige Gleichmacher ist, der am Anfang des Nichts steht, und an dem keiner vorbeikommt.
Nein, der Tod ist sich auch sicher, dass er mitten im Leben die Angst vor ihm bringt, ein Stopp ist, das jetzt schon zum dunklen Fragen bringt, ein Moment des Unausweichlichen, das jetzt schon verzweifeln und nur schwer leben lässt.

Total verunsichert
Jesus aber hat den Tod verunsichert und er tut es heute noch. So kann es Menschen geschehen, die aus Markusevangelien Trost und Freude schöpfen
Unverhofft im kindlichen Gewand trat Gott unter uns mit Jesus auf den Plan. Geboren entlegen, auch für den Tod fast unerkannt. In der Wüste hat er dem Satan mit Worten getrotzt und ihn ratlos zurückgelassen. Unzählige böse Geister hat er den Kampf angesagt und sie aus Menschenleibern vertrieben. Für Frauen und Männern hat er unheilvolle Teufelskreise durchbrochen, Sünde vergeben und den Neuanfang gewagt.
Menschen, denen der Sinn abhandengekommen ist, die im Dunklen von Krankheit und Leere wohnten, hat Jesus berührt, zu ihnen gesprochen, sie geheilt und neuem Leben ermutigt. Er hat innere und äußere Fesseln gelöst, gebrochene Beziehungen neu geknüpft, Verbindungen geschaffen, wo keine waren, Augen geöffnet für die Fülle, Seelen und Bäuche wunderbar liebevoll genährt und nie gefragt, ob das morgen noch geht, ob darüber auch der Abend der Zeit kommt, ob es ewig währt.
Jesus hat den Tod gehörig verunsichert, als auch zweifelnd, ängstlich vielleicht, hinein kam in Anfechtung und Schläge, in Verrat und Trug, in absurde Beschuldigung und in die Wehen der Endzeit; mit Wut hat er gekämpft, mit der Müdigkeit seiner Jünger und mit seinem heiligen Vater auch. Er blieb nah, als das Salböl seinen Kopf hinunterrang wie Blut der bittren Zukunft. Er blieb nah, als er den Seinen die Füße wusch und vor ihren Schweiß und Staub niederkniete. Er blieb nah, als er das Brot brach und aus dem Kelch des Leides trank und den Tod nicht einen Hauch zwischen sie kommen ließ. Er blieb nah am Kreuz, wo alles durch Tod gebrochen fern war.
Der Tod wurde verunsichert, ihm wurde Angst und Bange. Jesus riskiert sein Leben, weder heroisch noch unbedarft, weder blindlings noch gesucht. Jesus wagt sein Leben bis auf die allerletzte Sicherheit und wird auferweckt, birgt uns alle in letzter und erster Sicherheit, in der Sicherheit eines sich gewiss liebenden Gott.
Der Tod ist überhaupt nicht mehr sicher. Amen.

Freitag, 18. Januar 2013

Blick in den Himmel



Predigt im Mitarbeiterdankgottesdienst 2013 (19.1.13)
 (Markus 2, 1-12)

Der Blick auf´s Dach
Der Gelähmte weiß, wo der Himmel ist. Andere haben ihn dahin getragen. Sie haben seine lahmen Beine gesehen, vielleicht schon Jahre lang jeden Tag. Sie kennen sein Gesicht, sie sehen seine Not und sie haben von Jesus gehört, gehört, dass er Menschen wieder heil macht. Sie bringen Jesus und den Gelähmten in ihrem Kopf, in ihren Gefühlen, in ihrer Tat in Verbindung, nehmen sein Bett an seinen vier Ecken und gehen los, bringen Bewegung ins Leben des Bewegungslosen. Sie sehen den Raum voll, in dem Jesus ist. Sie sehen eine Lösung, gehen auf das Dach. Sehen es und decken es so weit wie nötig ab. Sie sehe das Loch und lassen den Gelähmten hinab, hinab zu Jesus.
Der Gelähmte gebunden in seinem schier ewigen Blick auf seine Krankheit, auf seine Not. Er liegt auf seinem Rücken wie so oft und schaut nach oben wie so oft in dunklen Tagen. Jetzt sieht er über sich, das Loch im Dach, die Vier, die ihn trugen und herunterlassen, er sieht den Himmel über sich und er ahnt und spürt, dass der Himmel jetzt gleich mit Jesus für ihn anbrechen kann.

Ein Blick in den Himmel
Es ist die gleiche Perspektive, die gleiche Blickrichtung, die unser Bild, das Sie in die Hände nehmen können, hat. Dreifach gerahmt ist der Himmel, durch die unifarbene Karte, durch den leicht dunkleren Rand und durch das Gebäude. Der Himmel fällt beim zweiten Hinsehen stärker auf, und er wirkt etwas distanziert. Ein Stück Himmel weit oben haben wir wie in unserer Hand.
Und doch ist das Bild in sich minimalistisch, konzentriert uns, fixiert uns. Der Himmel ist sanft hellblau, Wolken ziehen, teilweise etwas grau, er bewegt sich, alle andere steht still, unbeweglich. Ist er Sehnsucht? Bewegt er uns innerlich? Suchen wir den Himmel? Jeder für sein Leben, ganz persönlich, und wir hier als Gemeinde? Diesen fernen und nahen Himmel, in den wir blicken.

Menschen blicken
Menschen blicken. Unendlich oft  im Leben, am Tag. Andere an, Dinge, den Lauf der Zeit. Sie blicken genau, konzentriert, weg, flüchtig, argwöhnisch, neidvoll, mit Tränen in den Augen, auf den Boden, hoffnungsvoll, leer, starr und voll Liebe glänzend.
Menschen liegen auf dem Rücken und blicken. Abends im Bett, das Nachtgebet sprechend, Sorgen wälzend, am Strand im Sand die Sonne genießend, in der Hängematte die Augen geschlossen und das ganze Leben träumend vor Augen, im Krankenbett die eigenen Leiden an die Decke gesprochen. Wir blicken in eigene Abgründe und in den Himmel. Der so oder so über uns hinüberzieht, mit seinen Himmelsboten. Wir blicken zu ihm hoch, und sehen Flugzeuge, Wolkengebilde, Sterne in der Nacht und irgendwie mehr
Haben wir den Himmel wirklich schon gesehen, den auf Erde für uns? Der Himmel, der uns versprochen, der unsere Gefühle, unseren Sinn aufbrechen lässt, weitet und uns schenkt, was unsere Seele im Augenblick braucht?
Notenblätter, PC-Monitore, Zahlen, E-Mails, Kalender, Schubkarren, Grill, Kabel, Heftchen, Druckerpatronen, Kuchen, Kaffee, Zettel, Kinderherzen, stumme Gesichter, klingende Melodien, ausgestreckte Hände, alte Geschichten, der Worte Fülle, Schicksale - was alles sehen unsere Gemeindeblicke, eure Blicke als Menschen der Gemeinde. Eurer Herzensblicke vieler Arbeit. Danke dafür. Vielen Dank! Viel Irdisches, Menschliches, Alltägliches. Ist da der Blick in den Himmel mit dabei? Ist er es selbst?

Tragende und Gelähmte sein
Wir sind beides: Gelähmte und solche, die Gelähmte tragen; Menschen, die auf Heilung warten, und solche, die sie schenken können. Beide Blicke sind unsere: Die Blicke, die die Seelennot der anderen sehen, sich anrühren lassen, beginnen zu tragen, Not mit Gott in Verbindung bringen, Probleme für andere überwinden, das Dach aufdecken, andere zu Jesus lassen, ihnen den Blick in den Himmel schenken.
Und solche, die selbst dieses Blickes bedürfen, selbst in Not sind, selbst an bestimmte Stellen, Herzensecken, wie gelähmt sind, und die von anderen hier getragen werden, deren Not andere zu ihrer machen, denen ein Dach aufgedeckt wird, die durch ein gemachte Öffnung voller Hoffnung zu Jesus, zu Gott kommen, die den Blick in den Himmel bekommen und zu Gott gebracht geliebt, geheilt werden, ein Stück von ihrem Himmel sehen. Christen sehen immer mehr.

Auf dem Boden des Himmels angekommen
In unserem Bild ist das Merkwürdigste das Gebäude. Wir sehen Säulen, Erker, Vorsprünge, wie ein Schloss, ein Kloster, viereckig das Ganze, statisch und eigentlich recht düster. Nur der oberste Teil der Mauerwände ist beschienen, von der Sonne, links mehr als rechts, als ginge die Sonne im Westen unter. Es muss ein Art großer dunkler Innenhof oder ein mit Mauern begrenzter Platz sein, von dem aus die Mauern des Gebäudes entlang nach oben in den Himmel geblickt wird.
Der Gelähmte sieht über sich den Himmel, aber der Himmel für ihn, der ist unter ihm. Je mehr sich der Gelähmte wieder vom eigentlichen Himmel zu ihm schauend entfernt, umso näher kommt er ihm, ohne es zu sehen. Als er auf den Boden angekommen ist, dann sieht er Jesus und Jesus sieht ihn und aus dem Lahmen wird ein anderer, einer, der wieder geht, der wieder lebt.
Im Blick nach oben ist der Himmel unten zu finden, auf dem Boden. Da ist Jesus. Es ist der Ort, das Gebäude, der Platz, an dem von Sündenvergebung, Verwandlung, Neuanfang und Heilung gesprochen wird, wo all dies geschieht, wo Gott Menschen, die den Himmel suchen, ihre Seelenwunden heilt, ihre Schuld vergibt, das Dunkle besiegt, sein Gnadenlicht über sie breitet und sie wieder am Leben teilhaben lässt. Der Himmel ist der ganz irdische Platz ganz unten, dort, wo Menschen im Geiste Jesu einander Sünden vergeben, Seelengebrechen heilen, entbinden von dem, was trennt, was schlimm folgenreich ist, befreien, immer wieder, auch wenn es schwer fällt, neu anfangen, beharrlich hineinholen in die Beziehungen, die Gott unter uns knüpft.
Eine Gemeinde aus Gelähmten und welchen, die tragen, wo Menschen wie ihr ahnen, wissen, wo der Himmel sein könnte, die wie wir einander sich an Jesus erinnern und auf den Boden der Gemeinderealität den Blick in Himmel schenken, wo sich dann Himmel und Erde in uns berühren. Amen.

Samstag, 12. Januar 2013

In jeder Sekunde die kleine Pforte



Predigt am 1. Sonntag nach Epiphanias (13.1.13)

Johannes 12, 34-36
34 Da antwortete ihm das Volk: Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus in Ewigkeit bleibt; wieso sagst du dann: Der Menschensohn muss erhöht werden? Wer ist dieser Menschensohn?
35 Da sprach Jesus zu ihnen: Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht überfalle. Wer in der Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht. 36 Glaubt an das Licht, solange ihr's habt, damit ihr Kinder des Lichtes werdet. Das redete Jesus und ging weg und verbarg sich vor ihnen.

Fragen treiben in die Finsternis
Fragen treiben Spott. Fragen verdunkeln. Fragen treiben wie in die Finsternis. Wieso haben wir das gelesen? Wieso sagst du anderes? Wer ist es? Der erwartete Messias. Der Auserwählte. Die Lichtgestalt. Der Hoffnungsträger. Der Christus. Wer ist er? Wie lange bleibt er? Fragen martern Hirn, Erwartung, Sehnsucht, Glaube.
In wem erscheint das Licht, das Heil vor den Augen der Menschen? Wo erscheint das Licht und wie lange? Wie lange scheint es noch? Das Licht ist gekommen. Das Licht ist geboren. Das Licht ist da. Das Licht wird gehen. Warum? Warum so ? Warum bleibt das Licht nicht immer? Warum ist Jesus gekommen, ist wieder gegangen und wird wieder kommen? Warum war er da und sagte: „Eine kleine Zeit noch“ und ging, um zu einer bestimmten Zeitpunkt wieder zu erscheinen?
Warum ist Jemand da und geht wieder? Warum fragen wir: Wie lange bist du noch da, noch bei mir? Warum müssen wir dies fragen? Warum dauern Glück, Sinn, Licht nur eine Weile, eine kurze Weile geschaut auf alles, was lange, zu lange währt. Warum ist Liebenswertes oft so flüchtig, so begrenzt, so vergänglich, so schwindend, dass jedes Noch schon den Blick auf das Nichtmehr zwingt, und schon der Augenblick Schmerz und Unglücklichsein in sich trägt. Warum nur so lange?
Fragen treiben Spott. Fragen treiben in die Finsternis. Fragen verdunkeln. Und jede Frage, die hört Jesus sorgenvoll. Je mehr Licht ins Licht kommen soll, je mehr wir fragen nach dem Lebenslicht, nach seinem Leuchten, nach seiner Gegenwart, je mehr werden wir in die Dunkelheit gezogen, entschwindet uns das Licht, das wir suchen. Und Jesus steht da, ist gefragt und spricht, spricht mit dunklen Sorgen:

Vom Licht getroffen
Entscheidend ist doch: Ihr seid vom Licht getroffen. Ihr steht in ihm. Fragt nicht nach Licht. Ihr steht in ihm, in seinem Lichtkegel euer Leben lebend.
Hört auf, zu fragen, nachzulesen, hinzuhören. Hört auf, nach vorne und nach hinten zu denken, Vergangenheit und Zukunft zu befragen, vorwegzunehmen aus Vergangenem und Zukünftigem. Es ist so, wie es ist, sagt seine Liebe. Das Licht ist noch eine kleine Zeit. So ist es. So war es und so wird es immer sein, immer eine kleine Zeit, immer „Noch“ - noch durch alle Zeiten hindurch, für alle Menschen, an allen Orten, bei euch, unter euch, zwischen euch und in euch.
Und da steht ihr jetzt im Lichtkegel Gottes, beschienen, beleuchtet, gemeint, getroffen, angesprochen. Eure Gegenwart, jenseits vom Dunkel, das die Welt durchweht, vom Zwielicht, von allen Dämmerungen der Seelentrunkenheit, vom Zeitensturm, der die Augen trübt, von Fragen und Zweifeln, Nöten und Ängsten, eure Gegenwart verdankt ihr jetzt dem Licht, seiner Nähe und seiner Gegenwart, die euch trifft, anspricht und heilvoll liebt.
Mehr ist nicht zu sagen über das Lebens-Licht, kein Wort, keine Frage mehr. Ihr lebt von ihm beschienen jetzt. In jeder Sekunde habt ihr einen kleinen Türspalt zum Himmel weit geöffnet.

Dem Licht entsprechen
So lebt, so glaubt, so wandelt und führt euer Leben. Ein Leben dem Licht entsprechend, dem gemäß, dass es euch bescheint und ihr in seinem Lichtkegel steht. Selbst sein wie das Licht, ihm wirklich entsprechen, Gott antworten auf sein Lichtschein, auf sein Hoffnungswort und seine Liebestat.
Dem Licht Gottes entsprechen: Und keine Finsternis überfällt euch, ihr geht nicht irr, ihr wisst, wo Anfang und wo Ziel, wo Ursprung und wo Erfüllung, wo Hoffnung, Sinn und der Glaube sind. Dem Licht entsprechen und Worte sind gefunden, die gegen eigene und andere Finsterworte sprechen, die so viel Licht, Klarheit und Liebe in sich haben, davon wie gefüllt sind, dass es passiert: Dunkelheit in Menschenherzen, in Häuserwohnzimmer, im eigenen Leben wird vertrieben. Wir selbst werden mit Tat und Wort selbst im Licht Lichtbringer gegen Finsternis.
Dem Licht Gottes entsprechen: Und wir werden, sind Kinder des Lichts. Wir sind nie nur Söhne und Töchter der Zeit, der Umstände, der eigenen Sorgen und Fragen, der Dunkelheit und Nöte. Wir sind vielmehr dem Licht verschrieben, geben uns ihm hin, vertrauen, verbünden uns tief mit ihm, spüren und halten uns nahe zu ihm, bergen uns bei ihm zum Schutz, zur Freude, zum Kraftschöpfen, wie ein Kind in Elternarm. Wir werden, sind eins mit ihm, wie Lichtquelle und Lichtschein untrennbar eins sind, damit mit uns Licht werde.

Im Verborgenen das Licht
Das Licht der Welt, Jesus, der Gesuchte, der Erwartete, der Erhoffte, der Hoffnungsträger, die Seelenlichtgestalt, in dessen Schein Menschenschuld und Menschenglanz jederzeit zu stehen kommen, Jesus sprach Lichtworte, die dunkle Fragensteller sorgsam wieder ins echte Licht setzte, und als er gesprochen hatte, verbarg er sich.
Er, der das Licht ist, verbirgt sich, als würde im Verborgenen allein das hellste Licht ihm leuchten, als würde Jesus selbst dort im Verborgenen, im Stillen, im Kleinsten, im Licht Abgewandten, genau dort Gesuchtes finden: Antwort auf Fragen, Stille für lange Zeiten, Kraft für seinen Weg, Gott für die Welt, Liebe für uns.
Dem Licht Gottes entsprechen: Jesus nach jedem Lichtwort ins Verborgene folgen und aus Gottes verborgen-heller Gegenwart wieder und immer wieder schöpfen, wie Licht geboren werden, ans Licht kommen und geheilt von allen dunklen Fragen erstrahlen. Amen.

Freitag, 4. Januar 2013

Mein Fest der Erscheinung



Predigt am Sonntag Epiphanias (6.1.13)

Erscheinen
Alles hat seine Konturen, seine Formen, seine Tönung, seine Art. Dinge, Menschen, Räume. Vieles zieht an uns vorüber, ohne dass es wir eigens wahrnehmen, sehen. Manches nehmen wir ab und zu bewusst in den Blick, schauen es uns an. Manches fällt uns plötzlich besonders auf und wir fixieren es. Von manchem werden wir wie gerührt, berührt, wird unser Blick genommen. Als würde in diesem etwas liegen, sein, was sich in unser Sehen, Leben hinein gibt.
Etwas erscheint uns. Etwas, was vorher so nicht da gewesen ist, hebt sich irgendwie ab, taucht auf, kommt zum Vorschein und ist jetzt da. Es ist vor uns und wir sehen es, erkennen es. Es ist erschienen und sichtbar. Als wären wir in unserem Sehen erleuchtet durch das, was uns erscheint. Es scheint wie selbst, ist Licht, glänzend vor unseren Augen. Im Erscheinen erkenne ich in diesem Moment die Bedeutung dessen, das erscheint, für mich. Mir wird das andere klar, was es ist.
Es ist eigentümlich: Es könnte dann auch immer noch oder wieder purer Schein sein, bloße Erscheinung, Trug. Es passiert aber auch ganz intensiv zwischen Menschen und dann ist es Beginn von Liebe. Der andere wird mir in seiner Bedeutung für mich erkennbar.

Lichtstrahlen
Jesus hat auch seine Konturen, seine Worte, seine Taten, seine Zuwendung, seine Geburt, sein Tod, sein Leben. Er erscheint auch und Menschen nehmen ihn wahr, das was er bedeutet. Jesus erscheint und seine Bedeutung, das, was er ist, wird sichtbar und Menschen nehmen sie für ihr Leben wahr, vielleicht an und ernst, selbst auch gelichtet. Immer im drohenden Schatten des bloßen Scheins und immer mit der Aussicht auf  Beginn der Liebe.
Was die Erscheinung Jesu bedeutet, umkreisen die biblischen Texte für den heutigen Epiphaniastag:
Im Propheten Jesaja wird das Erscheinen, das Erstrahlen des Lichts erhofft, werden Menschen dazu angespornt, sich dem kommenden Licht zuzubewegen, wird diese Erscheinung sehnsüchtig erwartet als Befreiung aus der Finsternis für alle. Im Matthäusevangelium sehen die drei heiligen Könige, die Weisen aus dem Morgenland ganz weihnachtlich das Licht im Jesuskind, erst nicht direkt. Der Stern von Bethlehem weißt als Lichtzeichen auf das Licht. Die Weisen folgen. Das frisch geboren Licht der Menschen wohnt im engen Raum, bei denen am Rande, wirklich als Gott in der Dunkelheit. Bei Markus ist Gott ganz selbst Licht vom Himmel und er sieht im erwachsenen Jesus, der sich taufen lässt, den, der es sein soll, seinen Sohn, und gibt ihm alle Lichtworte und Lichttaten für die Zukunft. Für Johannes leuchtet die Bedeutung von Jesus in seinen Wundertaten herrlich auf. Indem Jesus Wasser zu Wein verwandelt, erscheint seine göttliche Herrlichkeit und Menschen werden mit Glauben erleuchtet, oder ihr Sinn bleibt verfinstert. Durch seinen Tod am Kreuz, auf den alle Evangelien zulaufen, ist das herrliche Licht schmerzvoll verdunkelt, und es ist ein tiefes, auch fast dunkles Geheimnis des Glaubens, gerade darin Gott escheinen und das Heil für uns aufleuchte zu sehen. Im Lichte der Auferstehung Jesu, mit der alles endet und eigentlich alles beginnt, wird ganz klar und sichtbar: In Jesus ist Gottes Sohn erschienen. Zu ihm steht Gott und Gott setzt alles, was Jesus gesagt und getan hat, ins göttliche Licht. Mit ihm richtet er sein herrliches Königreich auf, bis dass er wiederkommt und uns allen erscheint.

Neue Epiphanie
Im am 20. Dezember angelaufenen Film „Jesus liebt mich“ erscheint Jesus zum Jüngsten Tag, der am Donnerstag in der Woche nach seiner Ankunft stattfinden soll. Jesus erscheint erst dem Erzengel Gabriel, der für seine Liebe sein Leben im Himmel aufgegeben hatte. Die Epiphanie ist erst verdeckt. Jesus will die Menschen sehen. Durch die Heilung einer Gelähmten in der Fußgängerzone wird das Volk auf ihn aufmerksam und es gründet sich ein kleines Camp von Nachfolgern im Garten von Erzengel Gabriel. Aber vor allem erscheint Jesus der Marie. In ihr erkennt Jesus Maria, Maria von Magdala. Jesus erscheint ihr als der, der er wirklich ist. Er ist für sie seltsam, besonders. Er bittet beim Essen im Restaurant einen Bettler von draußen an den eigenen Tisch. In der großen Epiphanieszene des Films wird Marie alles klar: Sie steigt auf das Dach von Erzengel Gabriel, das Jesus als Zimmermannssohn repariert, und dann einen Vogel ganz ruhig aus seiner Schulter, Jesus erstrahlt in der Sonne hinter ihm mit einem Kronenkranz und Marie erkennt seine Wundmale. Der damals irdische und der einst wiederkommende Jesus sind sichtbar in einer Erscheinung einer.

Hervorleuchten
Jesus erscheint. Damals vor gut 2000 Jahren und zu der Zeiten Ende. Beides mal erscheint Jesus leibhaftig und unmittelbar. Direkt spürbar und sichtbar. Mit voller Wirkung. Dazwischen leben wir, zwischen erstmaliger und endzeitlicher Erscheinung des Herrn. Was ist das für eine Erscheinungszeit?
Jesus erscheint. Wie bei jeder Erscheinung wird ihre Bedeutung sichtbar, spürbar. Sie wird es durch die ganz eigene, besondere Wirkung, die auf die ausgeübt wird, die sie sehen. Jesu Wirkung auf uns, ist dass er uns etwas von Gott erschließt, dass uns etwas aufgeht von Gott, vom Himmel, vom Seelenfrieden. Jesus erscheint und uns erscheint Gott in unserem Leben. Jesu Wirkung ist die Wirkung einer unermesslichen Liebe, die uns in Freiheit für sich gewinnt, für Gott gewinnt, die die Herzen aufschließt und die Sinne öffnet, die die Bedeutung Gottes uns aufgehen lässt im Leben.
Und das ist ein Epiphanie-Fest. Licht im Dunkeln scheint. Seelenfinsternis endet. Gott sammelt liebevoll unsere Lebensfragmente. Sein Glanz legt sich auf uns. Seine Herrlichkeit schmiegt sich in unser Lebenslauf ein. Sein Reich voller Friede, Bewahrung, Leidenschaft, Leben wird an uns sichtbar, gewinnt durch uns Gestalt, Form, Konturen.
Wir erscheinen. Wir erscheinen als Gestalt von Jesus, als  Gottes Söhne und Gottes Töchter.
Im Film „Jesus liebt mich“ wird dank des Einsatzes von Marie die Endzeit auf unbestimmte Zeit verschoben. Gott gewährt noch mal Raum zum Leben und Lieben. Jesus und Marie treffen ganz am Ende des Films noch mal an ihrem menschenleeren Waldsee. Jesus schaut Marie an und fragt sie, was wichtiger sei: Dass ER sie liebe oder dass ER alle Menschen liebe. Marie und uns ist die Antwort klar. Jesus ist da, damit in allen Menschen Gottes Liebe erscheint. Dann verschwindet Jesus vor Maries Augen und bevor er das tut, sagte er ein hoffnungsvolles „Auf Wiedersehen“. Amen.