Sich binden
Wann habe ich mich an dich gebunden, Gott? Wann war der erste
Schritt, das erste Mal? Wann habe ich in dir gefunden, den ich suchte. Ist das
nicht immer wieder? War es nicht für immer? Wo bist du mir sicherer Hafen,
Ankerpunkt, letzter Zufluchtsorts, stiller Hörer, Glückmoment?
Wann hast du dich an mich gebunden, Gott? War es schon vor
meiner Geburt? Bevor ich begann zu atmen, zu denken, zu sein? Hast du mich aus
Millionen auserwählt, so wie du jeden meinst? Wann verbindest du dich mit mir,
wenn ich dich brauche, suche, du bei mir bist?
Gebunden
Es ist ein Band geknüpft, unheimlich, wie von einer Seite,
aber zwischen uns, es verbindet dich und mich, unsichtbar, aber es ist da. Es
ist ein Band, das mich bei dir hält und dich bei mir, das nicht reißen mag, so
sehr es daran zerrt, ich dich fern empfinde, ich mich von dir losreiße; ein Band,
das manchmal zu einem kleinen Punkt verschwindet, wenn du und ich ganz nah uns
spüren; du hast es mir versprochen: Dieses Band ist vollkommen, es ist dein
Band der Liebe und des Friedens.
Ein Band, das uns merkwürdig verbinden, meine Wunden und
Schmerzen, meine Sehnsucht nach Liebe, nach Geborgenheit, nach einem, der trotz
allem und immer wieder, das eine Ja zu mir sagt, ein Band, das uns verbindet,
als wären wir im Bund, Verbündete, bis in den Tod.
Ein Bund, der größer nicht gedacht, gefühlt, geglaubt werden
kann: Ein Bund, den du mit dem Licht des ersten Schöpfungstages, vielleicht
auch schon als Du ganz alleine warst dir gewünscht, überlegst und gegründest
hast; mit allen Menschen, mit Noah, mit Abraham, mit Jakob, mit Jesus, mit
seinen Jüngern, mit mir. Ein Bund, der bei jedem Bruch nur noch stärker und
größer wird. Du bleibst ihm treu, du bist deiner Liebe sicher und du bleibst dabei,
dass wir Verbündete sind Im Leben.
Frei
Du hast mir das Leben geschenkt, hast mich wie geboren, den
Sinn, die Freude, das Lob, die Stille der Trauer auch; du hast mir die
Bestimmung gegeben, der zu werden, der ich in deinen Augen bin, dieser zu sein,
und so etwas von dir im Leben zu leben.
Du hast mich entbunden, aus dir heraus gesetzt, so sehr du
mich als dein Geschöpf wolltest, hast du mir alle Freiheit geschenkt, es auch
zu werden, der, der dir gegenüber ist dich anschaut. Du hast mich frei gemacht,
in den weiten Raum von Zeit und Welt gestellt, dass ich mich finden kann und
die anderen und immer wieder dich. Wie eine Rückkehr nach weitem Weg, der dann
wieder beginnt.
In meinem Blut
Im Blut sind wir verbündet, ein bisschen wie die Kinder, die
mit Blut ihre Blutsbrüderschaft besiegeln, wie bei der Geburt, beim Beginn von
allem, von Freiheit und Vertrauen, Blut beigemischt ist. Wie bei jedem
Abendmahl ich den Worten glauben mag, die du sagst: „Das ist der neue Bund in
meinem Blut.“ Wir verbinden uns in deinem Blut, immer neu und immer wieder, du vergießt
selbst dein Blut, erfährst den Schmerz, trägst schwer daran, spürst, wie das
Band zu reißen droht, durchlebst, was wir nicht können. Wir verbinden uns in
deinem Blut, immer neu und immer wieder, du gibt es für uns, bevor und statt
wir es vergießen, an anderen und an uns. Wir verbünden uns in deinem Blut,
immer neu und immer wieder; du verhinderst, dass wir da stehen, machst
vergessen, was geschah, an Schuld, Schmerz, ungeschickten Worten,
Alltagsblutvergießen, du lässt es nicht den Bund brechen, sondern hältst an ihm
fest.