Montag, 25. Juni 2012

Dorfbrunnen




Der Dorfbrunnen an der Carl-Kistner-Straße wird renoviert. In diesem Jahr wird er 120 Jahre alt. 1892 hat ihn die Stadt Freiburg zur Eingemeindung geschenkt. Mit der Eingemeindung wurde Haslach, das damals ca. 800 Bewohner hatte, an das Wasserleitungsnetz Freiburgs angeschlossen. Der Dorfbrunnen sollte dafür stehen.
Brunnen waren  schon immer Begegnungsorte und Orte, an denen neben Wasser Gespräche, Neuigkeiten und vor allem Dorftratsch geschöpft wurden. Brunnen waren im wahrsten Sinne des Wortes Lebensmittelpunkt.
Die Bevölkerung von Haslach stieg im 20. Jahrhundert rasant an. Haslach wurde zum größten Stadtteil Freiburgs. 1969 musste der Dorfbrunnen der Verbreiterung der Carl-Kistner-Straße weichen und wurde von der Mitte eher an den Rand gesetzt. Spätestens seit dem hatte Haslach keinen Dorfbrunnen als Lebensmittelpunkt mehr.
Wertvoll scheint der Dorfbrunnen manchen trotzdem zu sein; wertvoll genug, an ihn und seine Geschichte zu erinnern und ihn renovieren zu lassen. Er steht irgendwie für den Wandel unseres Stadtteils. So eingepackt und als Baustelle sichtbar, erinnert er jetzt an die vielen Baustellen in Haslach, nicht nur die wirklichen, sondern vor allem an die vielen Lebensbaustellen. Er erinnert daran, wie man in die Jahre kommt, wie der Lack abplatzt, wie man manchmal an den Rand gestellt wird und man unansehnlicher wird. Und im Grund erinnert er uns daran, dass wir eine Mitte im Stadtteil brauchen, einen Lebensmittelpunkt, nicht nur als Ort, sondern etwas, was uns als Gemeinschaft im Wandel der Zeiten zusammenhält. Und er erinnert uns als Brunnen ans Wasser als alltäglichstes Lebensmittel: Das, was wir brauchen, kommt von wo anders her. Für mich ist Gott der, an den ich denke, wenn ich durch den eingezäunten Dorfbrunnen an all dies erinnert werde.
Ich bin gespannt, wie der frisch renovierte Dorfbrunnen aussieht; vielleicht ist er schon fertig, wenn Sie diese Zeilen lesen, und das umseitige Bild gehört der Vergangenheit an. Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie im Sommer auch renoviert werden, vor allem innerlich, an der Seele, etwas neu, geglättet, von der Gnaden-Sonne beschienen, zurechtgemacht, repariert, schön und erfüllt. Gott möge Ihnen das schenken.

Donnerstag, 14. Juni 2012

Der Hüter des Feuers


Impuls zum „Nepal-Gottesdienst“ am 2. Sonntag nach Trinitatis 
(17. Juni 2012)


Die Macht gebändigt
Die Macht des Feurs haben wir schon längst gebändigt, in den Griff bekommen. Um uns zu wärmen, um unsere Essen zuzubereiten, um Helligkeit um uns zu schaffen, haben wir Schalter, Glühbirnen, Ceranfelder, Heizstrahler.
Feuerstürme irgendwo, Waldbrände im Fernsehen, die Sirene der Feuerwehr nachts, wenn sie aufheulen, erinnern uns daran, dass es nicht immer so war, dass es nicht immer so ist. Gott ist ein verzehrendes Feuer, so sagt es der Hebräerbrief wie eine kleine Zusammenfassung. Gott wie Feuer, sein Eifer, sein Grimm, sein heiliges Wort. Er lässt feurige Wagen und Rosse fahren. Er lässt Feuer vom Himmel regnen. Er ist bedrohlich, fressend, verzehrend wie das Feuer.
Mit dem Feuer haben wir vielleicht auch Gott, zumindest Gott im Kopf gezähmt. Wir haben die verzehrende, ungezügelte Macht des Feuers in den Griff bekommen und Nutzen es, haben Feuer in Elekritizität umgemünzt und beherrschen und gebrauchen es, um etwas gekocht, warm, hell zu bekommen.
Nicht schon immer ist da so. Nicht überall ist das so. Andere Zeiten, anderen Kulturen, andere Länder sind eine Erinnerung und eine Hinweis: Es gibt offenes Feuer, an deren Rand Menschen sitzen und das Feuer ist Macht: Kinder können hinein fallen und verbrennen, der Qualm kann Menschen ersticken.

Feuer hüten
Wir hüten das Feuer schon lange nicht mehr, höchstens die brennenden Kohlen auf dem Grill oder den Schwedenofen im Wohnzimmer. Doch das ist Luxus-Hüten. Elekrizität hütet man nicht, man kauft sie, man schaltet sie an oder aus, man spart oder verschwendet sie, am Ende wird sie bezahlt.
Das Feuer hüten ist etwas ganz usprüngliches, und überall, wo es nicht aus Luxus, sondern aus Notwendigkeit getan wird, ist es uns selbst Hinweis: Auf Feuer muss man aufpassen, dass es nicht ausgeht, dass es nicht ausbricht. Man muss es hüten, am Brennen halten. Man muss es hüten, immer wieder eingrenzen. Eine fast archaische Balance, die Aufmerksamkeit, Mut, Vorsicht und Resepkt erfordert. Feuer ist fast wie Liebe.
Ein Bild steht dahinter, ein Bild, das man angesicht der Menschen weder bagatallisieren noch romantisieren darf, ein fast verlorengegangenes Bild: Menschen sitzen am Feuer, ein Feuer, von dem sie leben, das sie hüten wie ihren Augapfel, ja ein Feuer, mit dem sie leben, leben müssen, leben dürfen und leben können müssen.

Das Feuer in mir
Das Feuer hüten. Das kann auch uns, uns selbst meinen. Feuer kann meinen, was in uns brennt, lodert, aufflackert. Unsere Leidenschaft, unser Brennen für etwas, für jemanden, unsere Energie, unsere innere Wärme, das, was uns brennend beseelt.
Dieses Feuer in uns hüten. Wie schwierig das ist erzählen die immer häufigeren Fälle, wenn Menschen ausbrennen, krank werden, weil das zu erlöschen droht, was in ihnen brennt. Um so dringlicher, lebensnotwendig ist es, das Feuer in uns zu hüten und auch auf das Feuer in den anderen aufzupassen. Dieses Feuer in uns zu wissen, zu spüren, es einzugrenzen, dass es uns selbst nicht vezehrt, dass es aber am Brennen bleibt. Eine ursprüngliche Aufgabe des Lebens. Und Glauben und Gott zu lieben, sich selbst und andere, hat viel mit diesem Feuer in uns zu tun.
Wir wissen doch: So sehr dieses Feuer in uns ist, so sehr wir es hüten, so wenig ist von uns. Die alte Kulturen, die fernen, noch sehr nah am Lebensgrund lebenden Menschen wissen es: Das Feuer ist gegeben, es ist unverfügbar, es ist gefährlich, eine Macht über uns, eine Macht, mit der wir uns arrangieren müssen.
Von alters her haben Christen Gott als soetwas wie das Urfeuer verstanden. Das ewige Licht, das Urwort Christus als Licht der Welt erzähen uns in Bildern davon. Gott ist es, der das Feuer in uns schenkt, gibt, am Brennen hält, uns das Hüten des Feuers in mir aufträgt. Darum müssen wir auf es aufpassen, weil es uns wertvoll gegeben ist. Deswegen müssen wir auf das Feuer der anderen mit aufpassen und wo nötig unser Feuer in uns an andere weitergeben, ihre ausgehende Flamme neu entfachen helfen.
Wir haben einen feurigen Gott. Ein verzehrendes Feuer. Gott brennt in sich. Er hat ein wahrlich ewig lebendiges Feuer in sich. Wärmend. Erhellend. Das Feuer seiner göttlichen Liebe, auch verzehrend, seine Liebe eifert um uns; sie überkommt ihn mit ungeheurer Kraft. Kräftig genug, das Feuer in mir und dir zu entzünden, zu unterstützen, zu bewahren. Seine Liebe passt auf. Gott hütet das Feuer der Liebe in sich. Er mag es eingrenzen, aber immer am Brenen halten. Amen.

Hinweis für weitere Informationen zum Projekt: www.ofenmacher.org