Donnerstag, 25. Juli 2013

„Wie Sand am Meer …“



Ansprache beim Familiengottesdienst am 28.7.13




Am Rand der Meere, an Ufersrand mag alles mögliche liegen: Große Steine, Kies, Müll, in Beton Gegossenes, Promenaden, flanierende Menschen, Sonnenliegen, Badehandtücher. Am Meeresrand liegtaber vor allem  Sand, vor allem in unseren Köpfen und Phantasien, vielleicht in unserer Sehnsucht. Sand: hellgelb; feinkörnig in den Händen, warm an den Füßen, leicht nachgebend, unendlich für unsere Augen.
Wie Sand am Meer, sind wir unendlich viele Menschen, aber so wie jedes Sandkorn, sind wir, jeder genau besehen, ein Mensch als Teil für die Vielen, jeder Mensch ein Einziges und einmalig am Strand des Lebens.
Gott, der Herr, verspricht Abraham, dass er ihm ein Volk schenken möge, dass aus seinem Schoß sich mehren sollen die Menschen und dass darauf sein göttlicher Segen liegt und ruht. Gott will, dass wir viele sind, dass wir uns als eine großem Gemeinschaft fühlen, leben, und er legt seinen Segen darauf, auf uns und auf jeden.
„Weißt du, wie viel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt? Weißt du, wie viel Wolken gehen weithin über alle Welt? Gott der Herr hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl, an der ganzen großen Zahl.“
Am Strand liegen auch Muscheln, und wer hat nicht schon beim Strandspaziergang sich gebückt und eine Muschel vom Boden aufgehoben und angeschaut, und Kinder sammeln sie in kleinen Mützen, Bechern, nicht nur Kinder.
Diese kleine, großen, weißen, bunten Muscheln tragen in sich eine Faszination. Wer sein Ohr an größere Muscheln hält, meint das Meer rauschen zu hören, meint etwas zu hören, von dieser unglaublichen Weite, vom umgebenden großen bewahrenden Horizont des Lebens.


Muscheln leben im Meer, sind kleine Weichtiere mit zwei kalkigen Schalen, sie sind zwischen einem und 300 Jahre alt, es gibt auf ihre ganze Geschichte gesehen fast 20.000 Arten. Sie dienen uns als Nahrungsmittel, als Schmuck, als stille Meeresbewohner.
Sie ziehen uns igendwie an, erzählen mehr: Erzählen von der absoluten Vielfalt des Lebens, keine Muschel scheint der anderen zu gleichen, als hätte sich irgendwie das Meer, das Leben in sie ganz verschieden eingezeichnet. Auch wenn viele sich gleichen, schent jede einmalig zu sein. Halten wir sie in Händen als kleine Unikate des Lebens, spiegeln wir uns für kleine Zeitbrüche wieder in ihren ganz verschiedenen Formen, natürlichen Farben, Signaturen, in Kalk gezeichnet. Muscheln erzählen vom Hin und Her im Meer, im Leben, von Bleiben und Getriebenwerden, vom im Unendlichen aufgehoben zu sein, von Perlen ins ich, vom Schmuck für andere, von manchmal wie angeschwemmt zu werden, von gesehen und gesammelt zu sein, von Gott:
 „Aber wie schwer sind für mich Gott, deine Gedanken. Wie ist ihre Summe so groß! Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand. AM Ende bin ich noch immer bei dir“
Muscheln kleine Schöpfungssymbole: Wirsind  in Gottes Gedanken und Augen unendlich einzigartig, einmalig im Meer gemeinsamer Unendlichkeit, ja schön anzusehen und wert, geboren und gesammelt zu werden:
Weißt du, wie viel Kinder frühe stehn aus ihrem Bettlein auf, dass sie ohne Sorg und Mühe fröhlich sind im Tageslauf? Gott im Himmel hat an allen eine Lust, sein Wohlgefallen; kennt auch dich und hat dich lieb, kennt auch dich und hat dich lieb.“
Amen.

Freitag, 12. Juli 2013

Wort gebrochen



Predigt am 7. Sonntag nach Trinitatis (14. Juli 2013)

Die Speisung der Fünftausend: Lukas 9, 10-17
Und die Apostel kamen zurück und erzählten Jesus, wie große Dinge sie getan hatten. Und er nahm sie zu sich, und er zog sich mit ihnen allein in die Stadt zurück, die heißt Betsaida.  Als die Menge das merkte, zog sie ihm nach. Und er ließ sie zu sich und sprach zu ihnen vom Reich Gottes und machte gesund, die der Heilung bedurften.
Aber der Tag fing an, sich zu neigen. Da traten die Zwölf zu ihm und sprachen: Lass das Volk gehen, damit sie hingehen in die Dörfer und Höfe ringsum und Herberge und Essen finden; denn wir sind hier in der Wüste.
Er aber sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen. Sie sprachen: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische, es sei denn, dass wir hingehen sollen und für alle diese Leute Essen kaufen. Denn es waren etwa fünftausend Mann.  Er sprach aber zu seinen Jüngern: Lasst sie sich setzen in Gruppen zu je fünfzig.Und sie taten das und ließen alle sich setzen. Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel und dankte, brach sie und gab sie den Jüngern, damit sie dem Volk austeilten.
Und sie aßen und wurden alle satt; und es wurde aufgesammelt, was sie an Brocken übrig ließen, zwölf Körbe voll.

Wunderwelt
Ein Ort für große Dinge: Da wird Brot vermehrt. Da werden Kranke wieder gesund. Da wird das Reich Gottes gepredigt. Eine Wunderwelt, wundersam, wunderbar. Für Menschen, die krank, von bösen Gedanken getrieben, die hungrig, die leer, ermattet, voller Fragen sind. Sie bekommen unverhoffte, außergewöhnlich Geschenke, Gesundheit, Heilung, volle Mägen, Antworten, Sinn, Liebe. Sie bekommen wunderhaft Anteil am Leben, wieder, endlich, Gott sei Dank!
Der Ort wird zum großen Tisch, zur Mahlzeit, zur Gemeinschaft, in der man Brot bricht, Sorgen teilt, Hoffnung austauscht, wo Mangel sich in Überfluss umkehrt, wo das Leben spürbar wird, die Güte der Schöpfung, die Fülle der Liebe, wo Rettung im Kleinen geschieht, und Gott so greifbar nahe wird, dass Menschen selbst ihn bei und in sich spüren. Wunderwelt.
Und ein Wunder davon ist das Wort, auf dem Berg, in der Wüste, in den Häusern bringt Jesus, bringen die Apostel, die, die ihnen folgen bis heute, in all den wunderbaren Wundern das Wort, erzählen, predigen, sprechen vom Reich Gottes. Vermehren Worte. Vermehren Worte, die göttlich sind.

Alltagsworte
Wortvermehrung, die erleben Menschen rasant und alltäglich. Unsere Welt ist voller Worte, überall, sie strömen aus dem Fernseher, aus dem Radio, aus den Mündern, kleben an den Litfaßsäulen, sammeln sich in Zeitungen, in Büchern, werden geschrieben, gemailt, gesprochen, geflüstert, werden zu Bildern, Geschichten, ganzen Lebenslängen zusammengesetzt.
So viele Worte, was vermag das einzelne noch, was kann es ausrichten, bewegen? Wieviel leere Worte durchhallen unsere Welt, leer, weil ungefüllt, weil entleert, weil sinn- und atemlos, weil wie Gummi, wie dahingesagt, wie viel zu blass.
Und doch treffen Worte wie schon immer, berühren und rühren, gehen unter die Haut, in die Seele geben zum Nachdenken, wirken furchtbar nachhaltig in Nächten, werden zu Worttürmen und Wort-Abgründen, zu Labsal und zu weichen Kissen zum Reinheulen. Manche Worte zu Sätzen gebildet - genau von und mit denen leben wir, die haben wir gehört und bedeuten unendlich viel, schmerzen und lieben uns, hassen und versichern uns, hungern uns aus und nähren uns wie täglich Brot.


Ums Wort
Wortvermehrung. Mit großen Worten hat Jesus die Apostel ausgestattet, sie hatten sie von ihm gehört, sie trugen diese Worte weiter in die Häuser, und wo sie nicht gehört wurden, wischte sie sich den Mund ab und gingen weiter. Mit seinen Worten, die gewaltig mächtig in ihm wie Perlen Gottes waren, zog sich Jesus immer wieder zurück. An ganz stille, wortarme Ort, um diesen Schatz in sich zu hüten, um jedes Wort aus Gottes Welt  genau zu hören, um es zart aufzunehmen, um es in sich wohnen zu lassen.
In Jesus leuchteten sie aber noch viel mehr auf, fanden sie Raum und Sprache. Wunderbar. Seine Worte, still in ihm, blieben nicht unbemerkt. Das Volk, die Menschen, einfache Wortherumträger, merkten sie, machten sich auf den Weg zu ihm, wollten hören und erleben, wollten diese Worte selbst zu ihren machen, trauten in aller Unsicherheit auf das, was Jesus auf seinen Lippen trug.

Wortwunder
Und Jesus ließ die Menschen nicht gehen, wenn sie kamen, keinen Schritt, sie hatten sich um sein Wort versammelt. Und er bat sie, einfach um ihn Platz zu nehmen, am Wortetisch und sie in ihrer staubigen Alltagskleidung mit ihren Lebens-Gesichtern lagerten sich ums Wort, wie wir, wie wir jetzt. Und Jesus nahm die fünf Worte und die zwei Sätze, die da waren, im Raum standen, Alltagsworte, und er sah zum Himmel auf, zu Gott, seinem Vater, der mit dem Wort die Welt erschuf, dessen eine Wort sein Sohn ist und dankte, kniete sich nieder und hinein in Gottes Wortwelt, dankte für jedes einzelne Worte, in dem Gott beginnt zu wohnen, in dem Fülle sich wie hineinbegibt, dankte für die das Wort, das hält, was es verspricht, was gibt, was es sagt; er dankte und schöpfte daraus und brach die Worte. Die Worte und Sätze wurden nicht kleiner, nicht weniger, sondern mehr, wurden aufgebrochen, dass ihr Glanz, ihr göttliches Leuchten, die Fülle sichtbar, hörbar, spürbar wird und er ließ sie verteilen, all diese wunderbar vermehrten, lebendigen, mit Gott randvoll gefüllte Worte, übergab sie den Händen, den Mündern, der Jünger, die sie weitergaben und weitersprachen.
Und die Zeit wurde über das Wortsagen vergessen, auch der Hunger, mancher Schmerz, die Zeit verging und die Tage neigten sich. Und die Menschen hörten und  nahmen Wort um Wort, nahmen und nahmen und spürten, welche Kraft, welche Liebe in diesen Worten lag und wurden alle satt, zu tiefst erfüllt:
Das Reich Gottes das begann jetzt mit ihnen, Gottes Worte berührte sie, wirkten und taten Wunder, schlossen Seele für Gott und das Leben auf, Wunder geschahen: Blinde sahen, Lahme gingen, Arme bekamen, Reiche gaben, Kranke wurden gesund
Am Ende wurde was übrig war an Wortbrocken in Körbe getan, zwölf Körbe voller Gottes Worte. Genug für uns alle. Uns zu verwandeln. Stück für Stück, dem Brotwunder gleich. Amen.