Predigt zum Gottesdienst zur Begrüßung der evangelischen Sozialstation im
Diakonissenhaus
(1. Oktober 2015)
Silberstreif
Wir können uns dem eigentlich nicht entziehen. Weder als Kinder noch Erwachsene: Wir gehen zum
Fenster, recken unseren Hals ein wenig und bewundern für ein paar Sekunden das kleines
Naturschauspiel. Und im Sommer nach
einem heftigen Gewitterguss, wenn der Regen nur noch nieselt, ist dabei die
warme Erde zu riechen und die Sonnenstrahlen fast schon wieder auf der Haut zu
spüren. Regenbogen kann man relativ einfach physikalisch erklären, wie, wann
und warum sie entstehen und am Himmel erscheinen. Aber das macht uns nichts
aus, jeder Regenbogen bleibt trotzdem ein kleines liebgewonnenes Wunder, ein
Wunder, das sich nicht ganz planbar am Himmel abzeichnet, das in seinen
wunderbaren Farben, die wir von überall kennen, leuchtet, der scheinbar einen
Bogen spannt, von einem Ende zum anderen Ende des Horizonts und uns für wenige
Minuten darunter als Erdenkinder versammelt.
Das vielleicht in nicht müde
werdender Erinnerung und Ermutigung daran, dass auf Regen Sonne folgt, auf
Schatten Licht, auf Dunkel Helligkeit, und beides im Leben ineinander verwoben
ist, Schmerz und Freude, Bitterkeit und Hoffnung, Leid und Liebe, und das eine
von beiden, das Helle, Lichte, Frohe die Oberhand gewinnt, behält. Nach der
Sintflut, nach Gottes großer Verzweiflung über die verletzende Merkwürdigkeit
seiner Menschen lässt Gott seine Liebe siegen, ringt er sich durch, immer
wieder sich uns zuzuwenden, bei uns zu bleiben, und lässt den Regenbogen uns
als Zeichen dafür. Als Zeichen am Himmel, das uns immer wieder erscheint und
erinnert: Gottes Liebe behält die Oberhand, sein Licht durchleuchtet unser
Dunkles, seine Hoffnung schenkt Trost, seine Friede beseelt.
Regenbogen-Arbeit
Die Sozialstation hat in ihrem Logo
auch einen Art Regenbogen. Zumindest meine ich, das so zu sehen. Es ist ein
Haus, dynamisch, lebendig, das aus einem Dach besteht und aus so eine Art vier
Pfeiler; die sind bunt in vier Farben und neigt man den Kopf etwas zu Seite, so
kann man darin einen kleinen, einen Abschnitt eines Regenbogens entdecken. Wenn
man will.
Regenbogen will die Sozialstation für
andere sein. Etwas vom der Liebe Gottes ganz handfest zu Menschen bringen, die
Hilfe brauchen, die Unterstützung und Pflege benötigen, die in ihrem Dunklen
Helles und Zuwendung bedürfen. Lauter kleine schier unsichtbare Regenbogen
bringen die Mitarbeitenden der Sozialstation in die Häuser und Wohnungen, zu
denen sie fahren, und hier im Diakonissenhaus ist sozusagen der Stützpunkt für
diese kleinen Regenbogen.
Und in dieser „Regenbogen-Arbeit“
sind wir miteinander verbunden; nichts anderes soll hier im Haus passieren.
Früher brachten die Schwestern, die Diakonissen, kleine Regenbogen in
Krankenzimmer, jetzt, wo sie älter geworden sind, werden sie hier versorgt,
schenken die Mitarbeitenden ihnen täglich Regenbogen und zusammen mit den
anderen Bewohnern bilden wir eine bunte Gemeinschaft unter Gottes segensreichen
Regenbogen. Dazu kommt ab heute die Sozialstation und ihre Mitarbeitenden als
eigene Bewohnerin des Hauses. Es wird noch bunter und wir hoffen sehr, dass wie
die Farben des Regenbogens zusammen den Regenbogen und seine wunderbare Schönheit
ergeben, wir als einzelne Regenbogen-Arbeiter je mit unseren eigenen Farben
auch etwas von der kostbaren Schönheit der Liebe Gottes zusammen erstrahlen
lassen. Dazu begrüßen wir ganz herzliche Sie alle! Der Regenbogen ist ein
Bundeszeichen.
Gott-Sehen
Jeder Regenbogen ist ein
atmosphärisch-optisches Phänomen. Dieses beruht auf unserem Sehen und auf dem
Phänomen der Reflexion, des Spiegelns. Gott selbst, so haben wir vorhin gehört,
sieht im Regenbogen uns, der Regenbogen soll ihn an uns und seinen Bund mit uns
immer erinnern. Er spiegelt sich im Regenbogen in seiner unglaublichen Liebe zu
uns, mit der er Himmel und Erde verbindet und Licht ins Dunkle bringt.
In jedem Menschen, dem wir begegnen,
dem wir als Mitarbeitende begegnen, ganz gleich, in welcher Position und mit
welcher Aufgabe, können wir unter seinen Regenbogen gestellt, mehr sehen: Gott
spiegelt sich in ihm, wir können Gottes Antlitz sehen, ihn, den Gott im
Menschen, und wir können in ihm Gottes Regenbogen sehen. Als bleibende und
immer wieder neue Erinnerung:
So wie wir ehrfurchtsvoll staunen,
wenn wir einen Regenbogen sehen. So wie wir berührt werden von diesem kleinen
Wunder. So wie wir in ihm Himmel und Erde verbunden spüren. So wie wir in ihm Gottes ewigen Liebes-Bund
mit seinen Menschen sehen. Genauso können wir vor jedem Menschen, den wir
pflegen ehrfurchtsvoll staunen, uns von diesem Menschenwunder auch im Alter und
Vergehen berühren lassen, in ihm etwas Himmlisches auf Erden erblicken und ihm
Gottes bunte Liebe schenken. Das vereint uns. Amen.