Ansprache
zum Auferstehungs-Gottesdienst auf dem Haslacher Freidhof an Ostersonntag 2014
Stille
Jetzt um 7 Uhr ist es fast ganz
still hier, etwas Blättergeraschel, Füße die sich etwas bewegen, leise Stimmen;
aber alles wie gedämpft, auch der Morgen noch ganz „erst erwacht“, noch vor alle,
was kommt und wird. Leise.
Leise: ohne Töne, kaum Töne, kein
Lärm, nichts, kaum etwas, was die Ohren hören; was von den Ohren in uns kommt.
Ganz stille wird es nie, zumindest
hier in der Stadt, und doch fühlen wir Stille, können sie unterscheiden von
Lärm, und brauchen Stille.
Wir bitten um Ruhe, wir sagen zu
Menschen manchmal „Jetzt aber still“; wir schätzen, wenn es abends still wird,
wenn wir nachts Ruhe haben vom Lärm und der Dynamik des Tags; wenn wir zur Ruhe
kommen, und auch zur Stille kommen; und jeder kennt besondere Orte, besondere
Zeiten, Momente der Stille, in denen wir das Gefühl haben, ganz anzukommen,
ganz da zu sein, aus etwas heraus zu schöpfen, das einfach da ist. Dann ist
Stille so etwas wie ein Stück der Ewigkeit.
Stille ist dann eine Qualität,
bedeutet nicht weniger an Lärm, an Tönen, an Stimmen, das auch, aber vor allem
meint Stille: Man hört dann wirklich, man hört etwas, die Weite, unsere
Himmelverbundenheit. Wie an einem Meer stehen und auf einem Gipfel, es ist dort
nicht tonlos, aber still und man hört genauer, mehr, anderes, sich selbst; und
man wird nicht überdeckt von all den anderen Tönen, die sonst da sind.
Ostern
Still ist es auch an Karfreitag,
den wir wie noch in Knochen haben. Still ist es an Karfreitag und am Kreuz und
unter ihm.
Unheimlich still, Totenstille,
starr, erstarrt, entsetzt, höchstens vereinzelte Stimmen, ganz besondere
Wortfetzen, vielleicht nur der eine Schrei des Gekreuzigten.
Die eigentümliche Stille des Karfreitags
setzt sich fort im Karsamstag, der eigentlich die Stille des Grabes Jesu ist,
die Stille des Tot-Seins, des Ungewissen, des Übergangs, der aber nur von
Ostern her vielleicht gesehen werden kann. Die Stille des Karsamstag, von
gestern, ist schon ganz paradox zu dem Lärm eines ganz normalen Samstages mit
seiner Betriebsamkeit und Lebendigkeit.
Ostern, Ostersonntag ist dann die
Zeit des Jubels, des Hallelujas, des lauten Wegrollens des Steines vom Grab,
des nie leisen Rennens der Jünger zum Grab, der Aufschrei des Erstaunens über
das leere Grab, die beginnenden immer mehr werdenden Gespräche über den
Auferstandenen. Ostern ist laut, ist voller Töne, voller Himmelsklänge, es ist
ein ungeheuer gefüllter „Lärm“.
Friedhof am Ostermorgen
Auf dem Friedhof ist es auch
eigentümlich still. Der Friedhof ist ein Ort der Stille, weil ein Ort der
Gestorbenen, der Trauernden, der Tränen. Friedhofsstille.
Auch eine gefüllte Stille, die vom
Leben und Sterben erzählt, von der Fülle des Werdens des Menschen, die wir
kennen; auch eine Stille, die Ewigkeit atmet, die Ewigkeit der Auferstehung.
Ostersonntagmorgen auf dem Friedhof
ist die Zeit, bevor der Osterjubel ausbricht, ein wunderbarer Ort und eine
wunderbare Zeit:
Noch schwingt die schwere Stille
von Karfreitag, Kreuz, Leid und Tod, diese gefüllte Stille in uns nach, in
unserer Seele, und wir stehen kurz vor dem Jubel, ja haben den Osterjubel in
uns, könnten gleich laut und freudvoll losjuibeln, belebt und begeistert, dass
Gott den Tod besiegt und Jesus, das Leben selbst auferstand.
Stille Gottes
Karfreitag ist auch ein Schweigen
Gottes, er selbst ist erstarrt am Kreuz, darüber, dass man seinen Sohn die
Zukunft beraubt. Gott selbst ist still. Und das Unglaublichste ist die Stille
des Karsamstages. Es ist wie, als würde Gott in seiner Stille etwas machen,
überlegen, - oder nicht. Ein zutiefst still-spannender Moment.
Es ist wie ein tiefes,
kosmisches Luft-holen, Wort-Finden,
Auf-Erstehen Gottes selbst. Am Ostermorgen wird sichtbar. Gott hat in der
Stille sich selbst wiedergefunden, er handelt und spricht wieder, er atmet auf
und lässt seinen Sohn auferstehen, und darüber bricht unser Jubel aus, ein
Jubel aus der Stille heraus, erfüllt.