Freitag, 17. Februar 2017

Während du lebst




Predigt an Sexagesimae (19.2.17)

Markus 4, 26-29
Und Jesus sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.

… blüht dir
Mit dem Reich Gottes ist es so. Mit dir, Mensch, ist es so. Dir, dir blüht Gottes Reich, Dir blüht Gottes Wirklichkeit, dir blüht Gottes Liebe. Dir wächst Gott, dir wächst Gott in dein Leben hinein, in deine Lebensgeschichte, in deine Tage und Nächte, in deine Stunden und Minuten, in deine Sätze und Worte, deine Gedanken und Bilder, in deine Sorgen und Wünsche, in deine Ängste und Hoffnungen, in deine Dunkelheit und in deine Freude wächst Gott dir hinein.
Und das mitten während du lebst, während Menschen leben. Während sie schlafen und wachen, während sie aufstehen und ihren Tag leben, während sie zu Bett gehen und träumen, während sie arbeiten, ruhen, gehen, suchen, lieben, sich fürchten, verlieren und finden, während sie in ihrem Rhythmus des Lebens leben, den Rhythmus der Zeiten und Räume, der Begegnungen und Verwandlungen, des Werdens und Vergehens, des Kommens und Gehens, während sie selbst säen und ernten, säen mit Gedanken und Händen, ernten in Gedanken und aus Händen, säen in Liebe und Hass, ernten Liebe und Hass, säen in das eigene und fremde Leben hinein, ernten, verdient und unverdient, säen und ernten, Schönes und Schmerzvolles.
Während Menschen leben, ihr Leben leben blüht ihnen Gottes Reich. So ist es mit dem Reich Gottes.

Unbemerkt zart …
Es wächst in ihnen unbemerkt, zart, vorsichtig. Es wächst in ihrem Leben verborgen, verborgen irgendwo zwischen Abend und Morgen, zwischen Fallen und Aufstehen, Hoffen und Verzweifeln, verborgen irgendwo im „Wahrend du lebst“. Gott wächst in ihnen an unbekannten Orten, nie erhofften Situationen, ungeahnt, klein, unscheinbar. Er wächst verborgen in den Fragen, die sie umtreibt, verborgen in einem Blick, der sie schaut, verborgen in kleinesten leisen Sätzen, in still stummen Stunden. Gottes Liebe wächst irgendwie, irgendwie aus dem Nichts, irgendwie im Nichts.
Und so wissen es Menschen nicht, wie das kommt, woher und warum. Es ist da. Plötzlich und irgendwie sicher, unverhofft und irgendwie verlässlich. Gott ist da. Gott kommt nahe und Menschen merken ihn gar nicht, hören ihn nicht, sehen ihn nicht, verstehen ihn nicht, noch nicht. Sie sind vielleicht noch wie gebunden an anderes, ihre Blicke übersehen, ihr Verstand vielleicht zu beschäftigt, ihre Zeit zu voll, sie selbst noch nicht reif, ihr Herz nicht bereit, ihr Leben ihnen selbst verschlüsselt, verborgen, merkwürdig entzogen, dass Gott in ihnen wird, ihnen werden möchte, beginnt ihnen zu wachsen.

Gott werde
Aber Gott wächst und wird, er kommt nahe, wir Menschen gegenwärtig. Von selbst. Von sich aus. Aus sich heraus. Er wird und wächst aus seiner eigenen Kraft, die Gott schon immer, für immer, für andere, seine Menschen in sich trägt und frei setzt für sie, unbändig. Gott wird und wächst aus seinem eigenen Antrieb, aus seiner Liebe und seinem Wollen heraus zu uns. In sich unglaublich bewegt, bewegt seit der Schöpfung bis in alle Ewigkeit. Bewegt bleibend getrieben ungestillt sehnsüchtig nach seinen Menschen. Sehnsüchtig nach uns, nach einem jeden von uns, in ihm zu werden, zu sein.
Gott wird. Faszinierend. Er wird nicht so, wie anderes wird, was gemacht wird, was einen Anstoß, einen Schöpfer, ein von außen braucht, als vorgesetzten Anfang oder zu strebendes Ziel. Gott wird ganz von selbst. Er ist das Werden an sich, das Wachsen ohne Anfang und immer wieder und immer, das Geheimnis einer Liebe, die einem nicht versiegenden Quelle in sich entspringt und Leben will unbedingt, Leben ist, aus sich heraussetzt, gebiert. Gott wird wie eine alleine und nur von sich aus gesetzte Geburt. Der Geburt Gottes in uns, sein Werden in uns.

… entfaltet sich
Während Menschen leben, entfaltet sich Gott in ihrem Leben. Von sich aus. Automatisch. Stück für Stück. Er wird gesät, er beginnt zu wachsen, er entfaltet sich immer mehr und wächst bis zur ganzen Fülle, bis zur ganzen Reife. Seine Liebe in uns. Sie wächst in Menschen ganz und gar, auch wenn manches, vielleicht vieles, scheinbar zu vieles dort auch noch wächst, vielleicht auch gegen Gott wächst. Gottes Liebe wird aber von selbst groß werden, wird uns geschenkt werden, wird unser Leben erfüllen, wird wunderbar erfüllend, belebend, erhebend in uns, in unserem Leben, in unserer Lebensgeschichte wachsen, blühen, sich uns in allem Glanz und Herrlichkeit auch durch das Dunkle hindurch geben.
Menschen ernten Gott, seine Wirklichkeit, seine Liebe. Irgendwann, unverhofft, erbeten, erwünscht, fast vergessen in sie gesät, mitten in der Zeit, vielleicht in langer Zeit, gesät durch andere, durch ein Wort, durch Gott selbst. Und Gott wird und zeitigt seine Ernte in uns, in unserem Leben. Menschen ernten, erhalten, bekommen, dass Gott in ihnen wird, dass sie in seiner Gegenwart leben, von ihm und auf ihn zu, dass sie im Zweifel gehalten werden, in Tiefsten geborgen sind, im Sterben getröstet werden, dass sie seine Lieder singen mit ihren Stimmen, seine Liebe weitergeben, in seiner Schöpferfreude glänzen, dass, während sie leben, es so mit Gottes Reich, mit uns ist. Amen.

Samstag, 11. Februar 2017

Was zu tun schuldig ist



Predigt an Septuagesmiae (12.2.17)

Lukas 17, 7-10
Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch?  Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; und danach sollst du essen und trinken? Dankt er etwa dem Knecht, dass er getan hat, was befohlen war? So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

Mitsprechen
Wir sind unnütze Knechte. Das sprechen, das denken, fühlen, von sich meinen, sich so sehen. Das fällt Menschen schwer, sehr schwer: Knecht: Nein. Ein bisschen vielleicht, aber nicht so radikal, nicht so devot, nicht so eindeutig. Menschen sind auch Herren, Herren ihres Lebens, Ihrer Zeit, dessen, was sie tun und lassen, wem sie was sagen. Selbstbestimmt, selbständig, nicht nur unterworfen, nicht nur erniedrigt, nicht nur Befehlsempfänger. Unnütze Knechte. Das sprechen, das denken, fühlen, von sich meinen. Das fällt Menschen schwer, sehr schwer: Unnütz: Nein. Menschen nützen doch was, etwas und manchmal viel, sie bringen was hervor, sie erarbeiten was, sie sind nützlich, hilfreich, ertragreich, wertvoll. Zumindest für den Herren, dem sie nützen.
Menschen: Hin- und hergeworfen zwischen dem Anfang und dem Ende dieses kleinen Textes, zwischen: Hören: „Wer unter euch hat einen Knecht“ und selbst sagen: „Wir sind unnütze Knechte“, zwischen Herr und Knecht, zwischen Herr-Sein und Knecht-Sein, zwischen Herrschaft und Knechtschaft, zwischen Dienen und Herrschen, zwischen Demut und Selbstbewusstsein, zwischen Sich-Hingeben und Bekommen, zwischen Geben und Nehmen. Und beides sind Menschen, Herr und Knecht, nein, nicht beides: Etwas irgendwie dazwischen sind sie. Etwas anderes sind sie, etwas mehr, viel mehr:

Unverschuldet
Eine andere Vision hat Jesus, eine andere Vision vom Leben. Nicht geben und nehmen, nicht Haben und Sein, nicht Herr und Knecht. Nicht ein „Und“, das immer wieder zu einem „Oder“ werden kann: Geben oder Nehmen, Haben oder Sein, Herr oder Knecht. Jesus hat eine andere Vision vom Leben, ein Leben, das sich auf grundlegende Weise verbunden weiß, in Beziehung fühlt, miteinander lebt, in dem sich Menschen etwas immer schulden, Gott letztlich alles schulden.
Unverschuldet kommen Menschen in diese Welt. Ungefragt, ohne eigene Absicht, ohne eigenes Zutun. Geboren werden sie. Ihnen wird das Leben geschenkt. Sie verdanken ihr Leben und sich anderen. Zuerst ist ihnen das Wesentliche gegeben. Und solange ihr Leben geht, so sehr und immer wieder auch daneben tritt, dass sie auch Eigenes tun und gestalten, selbst im Leben werden, leben sie im Grunde davon, dass ihnen was gegeben wurde und immer wieder gibt. Und Menschen sterben dort mitten im Leben, wo dies aufhört, dass sie Empfangende, Beschenkte sind. Das Wesentliche und wirklich Wichtige im Leben wird einem Menschen gegeben, geschenkt, ins Leben hineingelegt. Aus diesem tiefen Grund leben und schöpfen sie.
Und so sehr auch Negatives, Schlimmes, Fragliches Menschen widerfährt, sich auch die ganze Tragik der menschlichen Existenz in ihr Leben wie einzeichnet, hineingibt, gegeben wird, es ein fast geheimnisvolles Geben und Bekommen vom Negativen gibt, bleibt es Aufgabe des Menschen, ist es seine Auszeichnung, seine Würde, sein Jenseits von Herr und Knecht, dass er das zurückgibt, was er bekommen hat, dass er wiedergibt, was ihm geschenkt ist, dass er grundlegend das schuldet, was ihm geliehen wurde an Liebe, an Glück, an verdankten Leben. Es war nie sein, nie sein Besitz, es war immer geliehen, um damit zu leben, um davon zu leben, und es liegt in der Logik des Lebens, dies wieder frei zu geben, wieder her zugeben, wieder zu schenken, es anderen unverschuldet schuldig zu sein. Das ist Jesu Vision des gegenseitigen Lebens.

schuldig
Es ist in seiner Welt, in dieser Welt eine grundlegende Schuldigkeit, die Menschen haben. Keine moralische Schuld oder Schuldigkeit. Sondern eine tief in das Wesen des Lebens hineinreichende Schuldigkeit. Wir sind gegenseitig das Leben schuldig. Uns. Den anderen. Und Gott. Wir schulden einander das Leben, den Respekt, die Würde, das Hergeben, die Liebe, das Vertrauen, unserer Hände Werk, unserer Gedanken Schönheit, unseres Lebens Tage. Wir schulden es Gott. Ihm alles. Er rief uns ins Leben, er schenkt und gewährt es uns in jedem Augenblick unseres Daseins, er verbirgt unsere Schuld in seiner Gnade, er hält uns aus, er begleitet uns hinüber zu sich. Ihm verdanken wir alles. Ihm schulden wir uns.
Nur so sind wir Knechte und tun, was uns anbefohlen ist, tun, was unsere Menschenpflicht ist, tun, was gefordert ist, was mit unserem Leben versprochen ist, was unserer grundlegenden Schuldigkeit angemessen ist. Und andere tun das an uns. Sie sind uns schuldig an. Wir schulden einander das Leben und tun das, was der Grund des Lebens, Gott, uns verpflichtet zu tun: anderem durch unser Leben zu dienen, wie diese uns schuldig, uns zu dienen.
Und dann sind wir einander viel mehr als Knecht und Herr, als Herr oder Knecht. Wir erfüllen die Vision Jesu, Gottes Vision von einem in ihm verbundenen Leben. Wir sind unnütz, wertlos, armselig, leer und ganz ohne. Wir geben anderen, was wir ihnen schulden: Das Wesentliche vom Leben. Und wir werden erfüllt, mit Leben erfüllt, erhalten unglaublichen Wert, unermesslichen Reichtum für unsere Seele. Wir hören und sprechen selbst, in einem Atemzug, in einem ewigen Lobpreis der Liebe Gottes hören und sprechen wir: Dir, Mensch, bin ich unnützer Knecht, dir tue ich, was ich dir schuldig bin. Amen.

Samstag, 4. Februar 2017

Der Weg des Lebens als Weg des Gottesdienstes



Predigt zur Neugestaltung der Kapelle im Mutterhaus am 29.1.17

Lebenswege

Menschen gehen Wege, viele, unzählige, alltägliche, neue und alte, zusammen und einsam. Menschen gehen, haben ihre Lebenswege, vom ersten bis zum letzten Atemzug, von Geburt bis zum Sterben, und hoffentlich darüber hinaus, Lebenswege mit Höhen und Tiefen, mit Freuden und Wunden, mit Liebe und Verzweiflung, mit so vielen anderen Menschen und Orten. Menschen gehen Lebenswege und ab und zu, regelmäßig, nur manchmal und oft kehren sie ein an Orte, die Gottes Verheißung tragen, die Zeichen seiner Liebe sind, die man Kirchen, Gottesdiensträume, Kapellen wie diese unsere nennt. Menschen gehen hierher, mitten aus ihrem gewöhnlichen Tag, setzen sich nieder, singen, beten, hören, nehmen zu sich Brot und Wein, gehen wieder zurück in ihr Leben.
Und jeder Gottesdienst selbst war dann ein Weg, wurde zum Weg, ein kleiner Weg, im Sitzen und Stehen gegangen, nachvollzogen, verheißen, hineingenommen. Ein Weg, in dem sich eigentlich unser ganzes Leben, von seiner Geburt bis zum Ende abbildet, wiederfindet. Dieser Weg hat vier Schritte:

Eröffnung und Anrufung

Der erste Schritt: Der Gottesdienst wird eröffnet mit dem Votum „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Deshalb sind wir hierher gekommen.
Es erinnert uns daran, warum wir überhaupt da sind, auf die Welt gekommen sind. Woher kommen wir? Wem gehören wir? In wessen Namen leben wir unser Leben? Wozu sind wir da? Irgendwie erinnert uns der Beginn des Gottesdienstes an unseren eigenen Beginn, hat er mit Geburt und dem beginnenden Werden im Leben zu tun.
Dann singen wir im Gottesdienst das erste Lied; und merkwürdig wir merken, dass wir nicht allein sind, da singen Menschen mit uns, sind Menschen mit auf dem Weg, da beantworten Menschen die Frage nach dem Warum mit mir. Und das erste Lied erinnert uns immer an die ersten Lieder unseres Lebens, vielleicht an der Wiege gesungen oder als eine Partnerschaft begann.
Im Gottesdienst folgt auf das Lied ein gemeinsam gebeteter Psalm, ein alter Psalm, alte Worte; wir spüren, wir hören, wir sagen es selbst: Wir sind eingebettet in eine lange Geschichte, da waren und sind Menschen vor uns, nicht wir bringen unser Leben hervor, sondern wir werden geboren, wir werden am Anfang hineingestellt in eine Welt von Menschen, in Menschen, die auch beten, hineingestellt in das Volk Israel, in seine Geschichte, hineingestellt, hinein gebetet in die Geschichte Gottes mit seinen Menschen. Demütig nehmen wir alte Worte auf, sprechen sie zu unseren, kommen wir in Klagen, Hoffen, Loben und Bitten vor Gott.
Dann folgt das Eingangsgebet. Wir bringen unser Leben, all, das was in ihm ist, was sich angesammelt hat an Frage, an Hellem und Dunklen, schütten es vor Gott aus, manchmal werfen wir es ihm auch vor, als wollten wir uns umdrehen und gleich wieder gehen. Wir bringen das Leben vor Gott, wie am Anfang des Lebens das Leben noch vor uns selbst ist, all das, was noch kommen mag, an Hoffen und Bangen, an Lieben und Hassen, an Leben und Werden. Das Gebet mündet in das Kyrie, in das sich-Gott-in-die-Arme-werfen, mündet ein in die Bitte um Zuwendung und liebendes Erbarmen. Wie ein Kind. Und Gott wendet sich uns zu. Im Gnadenspruch hören wir das, spüren wir das, sagt sich Gott uns zu und macht uns frei zu Kindern seines Wohlgefallens. Bleibendes Zeichen des ersten Schritts ist die Taufe.

Verkündigung und Bekenntnis

Nach diesem ersten Schritt folgt der zweite. Im Gottesdienst kommt nun nach dem Eingangsteil der Teil der Verkündigung und des Bekenntnisses. Das Schriftwort der Bibel tritt uns entgegen. Die Menschen bekennen gemeinsam ihren Glauben. Es wird von Gott gepredigt. Worte werden uns gegenüber gestellt, geschenkt, zu geworfen; wir müssen uns dazu stellen, zum Hörer werden, aufnehmen oder nicht. Wir müssen erwachsen sein. So will uns Gott. Die Worte erinnern uns daran, wie vieles uns auf den Weg gelegt wird, gesagt wird, an wohlgemeinten. Den Weg müssen wir selbst gehen, auswählen, entscheiden, eigene Worte, eigene Standpunkte finden, im gegenüber zu Gott, manchmal auch gegen ihn. Leben heißt Worte hören und selber finden, sich bekennen und sich etwas sagen lassen, selbst anderen etwas sagen, weitersagen und dennoch im Hören bleiben. Symbol und Ort für diesen zweiten Schritt ist die Kanzel. Gottes erhobenes Wort, das sich uns zuwendet, um unseres zu werden.

Abendmahl

Nun folgt der dritte Schritt: Neben der Predigt ist das Abendmahl die Mitte des Gottesdienstes. Nach dem unsichtbaren Wort von der Kanzel, können wir Gott unter sichtbaren Mitteln spüren, macht er sich spürbar gegenwärtig. Wir finden Gemeinschaft, Trost, neues Leben, Hoffnung, werden für den holprigen Weg zugerüstet, mit Brot und Wein.
Predigt und Abendmahl erinnern uns an die Mitte des Lebens. Gibt es die überhaupt? Wann ist die? Und wie alt müsste man sein. Vielleicht wenn sich die Geschäftigkeit, das allzu Anstrengende abgelegt hat, das zwingende …  wenn man mit den zugefügten Wunden zu leben gelernt hat, wenn man ankommt wie von selbst, wenn man zu lässt, wenn man bereit ist sich zu versöhnen, mit sich und anderen; wenn man genießen. Mitte des Lebens, letztlich von Gott geschenkt.
Im Gottesdienst werden Worte und Abendmahl dargereicht, geschenkt, schenkt sich Gott selbst. Die Mitte ist neben Kanzel der Altar, das dritte Zeichen, hierum versammeln sich die Menschen, hier steht das Wesentliche, Kelch und Brot, Erinnerung an Jesus, seinen Weg, den er für uns mit uns geht, seine Lebensgaben, von denen wir nehmen und Leben, immer wieder, unerschöpflich, gemittet, eine Mitte in ihm gefunden.

Sendung und Segen

Der vierte und der letzte Schritt. Am Ende. Erinnerung an das Ende des Lebens. An das Sterben und die Frage nach dem Wohin jetzt? Am Anfang: Woher, am Ende: Wohin? Es gibt viele Antworten auf diese Frage. Manche antworten: Nirgends mehr wohin. Schluss. Aus. Nicht Christen, nicht wir.
Am Ende des Gottesdienstes wird die Gemeinde gesendet und gesegnet. Auf sie gelegt wird: Sinn und Inhalt, Zweck und Ziel, Liebe und Kraft, auf sie gelegt für den Weg nach draußen, in den Alltag, in seine Aufgaben und Hindernisse. Ein zarter, aber deutlicher Hinweis. Man kann nicht dauernd bei Gott bleiben, man muss auch wieder raus, aber etwas von Gott bleibt auf mir, bei mir, trägt mich.
Am Ende des Lebens gesendet und gesegnet für das draußen, für das, was kommt, zugerüstet für die andere Welt. Gott bei mir. Tröstlich wäre das. Am Ende wird das letzte Lied im Gottesdienst gesungen, noch mal: Ich  bin nicht allein, Menschen singen mit, ich singe mich hinaus. Am Ende des Gottesdienstes auch das Gebet für die Welt, ich bin nicht das wichtigste, den Blick und den Horizont für die anderen öffnen, dann die Abkündigungen, ja gleich wieder hinein in die Normalität des Alltags und dann dieser uralte Segen des dreieinigen Gott, in seinem Namen haben wir begonnen und enden auch. Zeichen ist das Kreuz. Beim Rausgehen haben wir es gesehen und haben es im Rücken, aber immer auch als Licht des Auferstandenen für alle unsere Wege. Amen.