Predigt zur Konfirmandenvorstellung am 17. Sonntag nach Trinitatis
(22.09.2013)
Am Kreis
„12 Freunde sollt ihr sein.“ Wer sagt
das? Gott? In welchem Ton? Zu wem? Zu euch, zu jedem von Euch? 11 Freunde. Die
kennt man. 11 Freunde: ein Team, füreinander da, solidarisch, kämpferisch, alle
für einen, einer für alle. Im Mittelkreis, die Arme gemeinsam um die Schultern,
der Blick aufeinander, in die Gesichter, auf den Boden, aufs Ziel.
Eingeschworener Haufen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Ein Freundeskreis.
Ein Kreis geschlossen. Nicht dazu
gehören, nicht im Kreis, draußen stehen vor dem Kreis. Nicht aufgestellt, nicht
dabei. Keinen Freund haben, allein dastehen. Auch: Schulhoferfahrung.
Lebenserfahrung. Gemobbt werden, ausgeschlossen werden, nicht ankommen. Streit
gehabt, sich trennen, sich meiden, keinen echten Freund haben, nur falsche. Wie
schließt man nur Freundschaft? Echte.
Mein erster echter Freund hieß Frank,
er wohnte in der Hellenstraße. Wir gingen in die gleiche Grundschule. Auf dem
Fernseher in dem Wohnzimmer seiner Eltern stand immer eine gefüllte Schale mit
Süßigkeiten. Immer. Zumindest glaubte ich das. Wir haben alles zusammen
gemacht, fast. Ich habe bei ihm übernachtet, das erste Mal auswärtig. Ich weiß
gar nicht mehr, was Frank heute macht, wo er heute wohnt.
Freunde teilen, teilen Spaß,
Interessen, Hobbies, die Zeit, kleine große Geheimnisse, später auch Leiden,
Sorgen, Worte, Schwächen, werden Seelennachbarn, Zeitverbündete, kennen sich
gut, haben manches anvertraut, durchgemacht, gefeiert. Freunde verlieren sich
aus dem Blick und teilen nichts mehr, gehen auseinander, waren aber immer
Freunde. Freunde sucht man sich aus, findet mal auf Anhieb sympathisch, kommen
auf einen zu, added man, sprechen einen an, fallen auf, einem; Freunde ruft man
an, manchmal dreimal am Tag; Freunde melden sich, wachsen mit, hat man fürs
Leben, hat man mehrere, hat man auf Facebook fast unzählige, einen
Freundeskreis, virtuell und real. Freunde sterben.
Erringen
„11 Freunde müsst ihr sein“. Das war
ein Buch aus den 50er Jahren. Es handelt von einer Klasse einer Berliner
Volksschule, die mit viel Einsatz um die städtische Schulmeisterschaft im
Fußball kämpfte. „11 Freunde müsst ihr sein“, stand auf dem Sockel des Pokals,
der bis 1944 den deutschen Fußballmeistern überreicht wurde, der Satz auf dem
Pokal geht weiter: „11 Freunde müsst ihr sein, wenn ihr Siege wollt erringen.“
In der Konfirmandenzeit müsst ihr
nichts, und irgendwie doch alles. Alles, was auf dem Weg liegt, zu eurem Sieg, den
Sieg über den inneren Schweinehund, sonntags früh aufzustehen, samstags in den
Unterricht zu gehen, mal was auswendig zu lernen, kleine Patenschaften
gewissenhaft zu übernehmen. Auch um den inneren Schweinehund geht´s, der
Siegespokal heißt dann Konfirmation im Mai 2014.
Freunde müsst ihr sein, sollt, wollt
ihr diesen Sieg erringen. Freunde vom wem oder was?
Freunde von euch selbst, vielleicht.
Ihr kommt und seid in einer Phase, die man Pubertät nennt und bei der Eltern
und Umwelt von außen manchmal denken, Kinderköpfe sind im Umbau begriffen,
vielleicht müsst ihr euch in dieser Phase wieder mit euch selbst befreunden.
Freunde von anderen. Konfirmandenunterricht ist immer gemeinsam, mit anderen. Unser
Segenskreis am Ende, in dem alle stehen, ist Abbild dafür. Ihr müsst nicht
Freunde werden als Gruppe, ihr könnt und dürft Freunde werden. Der
Konfirmandenunterricht findet statt unter dem Vorzeichen, dass Gott dabei ist,
und wir trauen ihm zu, dass er aus Fremden Freunde, aus Draußen Drinnen, aus
Nicht-dabei dabei, aus Einzelnen eine Gemeinschaft macht. Aber vor allem sollt
und dürft ihr Freunde von Gott werden. Wollt ihr das? War das der Sinn, als ihr
euch angemeldet habt? Geht das? Sich mit Gott anfreunden, befreunden, ein
Freund werden? Wie wird man ein Freund von Gott?
Im Mittelpunkt
Wo Menschen sich Gott nähern,
langsam, schleichend, zögerlich, unbewusst, ein bisschen schneller, oft mit ein
paar Schritten zurück; wo Menschen Gott vielleicht als Freund beginnen, zu
sehen, wahrzunehmen, zu ahnen, noch ganz unbestimmt, nur in Umrissen für ihr
Leben, selbst da, wo Menschen auf Abstand bleiben, Gott eher egal finden, fast
überflüssig, selbst da kommt Gott ihnen schon längst, immer wieder, beharrlich entgegen,
entgegen als Liebender, als Liebe.
Er interessiert sich wie ein Freund,
findet uns sympathisch, hat zumindest - egal wie schräg und eigen wir sind -
ein gewisses, bestimmtes Wohlwollen uns gegenüber. Er wendet sich zu, sucht das
Gespräch, sucht Nähe, will Kontakt, Freundschaft, Beziehung, Verbindung mit
uns. Er versucht es beharrlich, will sich mitteilen, teilen das, was er ist,
sein kann für uns. Er teilt mehr, alles mit uns, wenn wir wollen, sogar seinen
eigenen Sohn, sein Leben, den Himmel auf Erden. Er überlegt nicht, ob wir
wirklich gerade besonders nett, liebenswürdig, gut geraten sind. Er ist in
Bewegung für uns, auf dem Weg, wie begeistert, wie irgendwie verliebt, vernarrt
in uns. Er stellt sich zu uns, zu unserem Leben rückhaltlos, ohne
Einschränkung, immer wieder, sagt Ja zu uns trotz allem und findet uns in
hellen wie in dunklen Augenblicken, um mit uns zu leben, Wunden zu heilen, zu
verzeihen und uns zu trösten, gibt uns Antwort auf das, was und wer wir sind. Menschen
auf der Suche nach Freunden.
Er liebt. Uns. In seinem
Freundeskreis stehen wir, steht jeder von Euch 17, steht jeder im Mittelpunkt: Wirklich
angesehen, wert geschätzt, liebevoll umarmt, in seiner Mitte. So einen Freund
könnt man haben, müsste man, haben wir in Gottes Leben. Amen.