Samstag, 21. September 2013

12 Freunde sollt ihr sein



Predigt zur Konfirmandenvorstellung am 17. Sonntag nach Trinitatis (22.09.2013)

Am Kreis
„12 Freunde sollt ihr sein.“ Wer sagt das? Gott? In welchem Ton? Zu wem? Zu euch, zu jedem von Euch? 11 Freunde. Die kennt man. 11 Freunde: ein Team, füreinander da, solidarisch, kämpferisch, alle für einen, einer für alle. Im Mittelkreis, die Arme gemeinsam um die Schultern, der Blick aufeinander, in die Gesichter, auf den Boden, aufs Ziel. Eingeschworener Haufen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Ein Freundeskreis.
Ein Kreis geschlossen. Nicht dazu gehören, nicht im Kreis, draußen stehen vor dem Kreis. Nicht aufgestellt, nicht dabei. Keinen Freund haben, allein dastehen. Auch: Schulhoferfahrung. Lebenserfahrung. Gemobbt werden, ausgeschlossen werden, nicht ankommen. Streit gehabt, sich trennen, sich meiden, keinen echten Freund haben, nur falsche. Wie schließt man nur Freundschaft? Echte.
Mein erster echter Freund hieß Frank, er wohnte in der Hellenstraße. Wir gingen in die gleiche Grundschule. Auf dem Fernseher in dem Wohnzimmer seiner Eltern stand immer eine gefüllte Schale mit Süßigkeiten. Immer. Zumindest glaubte ich das. Wir haben alles zusammen gemacht, fast. Ich habe bei ihm übernachtet, das erste Mal auswärtig. Ich weiß gar nicht mehr, was Frank heute macht, wo er heute wohnt.
Freunde teilen, teilen Spaß, Interessen, Hobbies, die Zeit, kleine große Geheimnisse, später auch Leiden, Sorgen, Worte, Schwächen, werden Seelennachbarn, Zeitverbündete, kennen sich gut, haben manches anvertraut, durchgemacht, gefeiert. Freunde verlieren sich aus dem Blick und teilen nichts mehr, gehen auseinander, waren aber immer Freunde. Freunde sucht man sich aus, findet mal auf Anhieb sympathisch, kommen auf einen zu, added man, sprechen einen an, fallen auf, einem; Freunde ruft man an, manchmal dreimal am Tag; Freunde melden sich, wachsen mit, hat man fürs Leben, hat man mehrere, hat man auf Facebook fast unzählige, einen Freundeskreis, virtuell und real. Freunde sterben.
Erringen
„11 Freunde müsst ihr sein“. Das war ein Buch aus den 50er Jahren. Es handelt von einer Klasse einer Berliner Volksschule, die mit viel Einsatz um die städtische Schulmeisterschaft im Fußball kämpfte. „11 Freunde müsst ihr sein“, stand auf dem Sockel des Pokals, der bis 1944 den deutschen Fußballmeistern überreicht wurde, der Satz auf dem Pokal geht weiter: „11 Freunde müsst ihr sein, wenn ihr Siege wollt erringen.“
In der Konfirmandenzeit müsst ihr nichts, und irgendwie doch alles. Alles, was auf dem Weg liegt, zu eurem Sieg, den Sieg über den inneren Schweinehund, sonntags früh aufzustehen, samstags in den Unterricht zu gehen, mal was auswendig zu lernen, kleine Patenschaften gewissenhaft zu übernehmen. Auch um den inneren Schweinehund geht´s, der Siegespokal heißt dann Konfirmation im Mai 2014.
Freunde müsst ihr sein, sollt, wollt ihr diesen Sieg erringen. Freunde vom wem oder was?
Freunde von euch selbst, vielleicht. Ihr kommt und seid in einer Phase, die man Pubertät nennt und bei der Eltern und Umwelt von außen manchmal denken, Kinderköpfe sind im Umbau begriffen, vielleicht müsst ihr euch in dieser Phase wieder mit euch selbst befreunden. Freunde von anderen. Konfirmandenunterricht ist immer gemeinsam, mit anderen. Unser Segenskreis am Ende, in dem alle stehen, ist Abbild dafür. Ihr müsst nicht Freunde werden als Gruppe, ihr könnt und dürft Freunde werden. Der Konfirmandenunterricht findet statt unter dem Vorzeichen, dass Gott dabei ist, und wir trauen ihm zu, dass er aus Fremden Freunde, aus Draußen Drinnen, aus Nicht-dabei dabei, aus Einzelnen eine Gemeinschaft macht. Aber vor allem sollt und dürft ihr Freunde von Gott werden. Wollt ihr das? War das der Sinn, als ihr euch angemeldet habt? Geht das? Sich mit Gott anfreunden, befreunden, ein Freund werden? Wie wird man ein Freund von Gott?

Im Mittelpunkt
Wo Menschen sich Gott nähern, langsam, schleichend, zögerlich, unbewusst, ein bisschen schneller, oft mit ein paar Schritten zurück; wo Menschen Gott vielleicht als Freund beginnen, zu sehen, wahrzunehmen, zu ahnen, noch ganz unbestimmt, nur in Umrissen für ihr Leben, selbst da, wo Menschen auf Abstand bleiben, Gott eher egal finden, fast überflüssig, selbst da kommt Gott ihnen schon längst, immer wieder, beharrlich entgegen, entgegen als Liebender, als Liebe.
Er interessiert sich wie ein Freund, findet uns sympathisch, hat zumindest - egal wie schräg und eigen wir sind - ein gewisses, bestimmtes Wohlwollen uns gegenüber. Er wendet sich zu, sucht das Gespräch, sucht Nähe, will Kontakt, Freundschaft, Beziehung, Verbindung mit uns. Er versucht es beharrlich, will sich mitteilen, teilen das, was er ist, sein kann für uns. Er teilt mehr, alles mit uns, wenn wir wollen, sogar seinen eigenen Sohn, sein Leben, den Himmel auf Erden. Er überlegt nicht, ob wir wirklich gerade besonders nett, liebenswürdig, gut geraten sind. Er ist in Bewegung für uns, auf dem Weg, wie begeistert, wie irgendwie verliebt, vernarrt in uns. Er stellt sich zu uns, zu unserem Leben rückhaltlos, ohne Einschränkung, immer wieder, sagt Ja zu uns trotz allem und findet uns in hellen wie in dunklen Augenblicken, um mit uns zu leben, Wunden zu heilen, zu verzeihen und uns zu trösten, gibt uns Antwort auf das, was und wer wir sind. Menschen auf der Suche nach Freunden.
Er liebt. Uns. In seinem Freundeskreis stehen wir, steht jeder von Euch 17, steht jeder im Mittelpunkt: Wirklich angesehen, wert geschätzt, liebevoll umarmt, in seiner Mitte. So einen Freund könnt man haben, müsste man, haben wir in Gottes Leben. Amen.