Donnerstag, 29. März 2018

So wie Hanna werden


Predigt am Ostersonntag (1.4.18)

1. Samuel 2, 1-8
1 Und Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN, mein Horn ist erhöht in dem HERRN. Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils. 2 Es ist niemand heilig wie der HERR, außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist. 3 Lasst euer großes Rühmen und Trotzen, freches Reden gehe nicht aus eurem Munde; denn der HERR ist ein Gott, der es merkt, und von ihm werden Taten gewogen. 4 Der Bogen der Starken ist zerbrochen, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke. 5 Die da satt waren, müssen um Brot dienen, und die Hunger litten, hungert nicht mehr. Die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin. 6 Der HERR tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf. 7 Der HERR macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht. 8 Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse. Denn der Welt Grundfesten sind des HERRN, und er hat die Erde darauf gesetzt.

Ein weit geöffneter Mund
Hanna hat wieder Sprache gefunden, Sprache für das, was sie erlebt hat. Ihr ganzer Körper spricht mit, ihr Herz, ihr Haupt, ihr Mund - vor allem ihr Mund: Er ist weit geöffnet, so weit, wie ihr Leib verschlossen war, als sie keine Kinder empfangen und gebären konnte. So tief wie sie traurig und betrübt war, als sie unfruchtbar war, so ist sie jetzt voller Freude. So tief wie sie erniedrigt war, als andere sie verachtete wegen ihres Makels, keine Kinder bekommen zu können, so ist sie jetzt innerlich erhöht. So sehr wie Hanna betrübt war, verfinstert im Herzen, stumm, so sehr ist Hanna jetzt voller Sprache, überfließend, betend.
Ihr Mund ist weit geöffnet, lacht, erzählt, ihre Augen strahlen, aufrecht ist ihr Gang, sie lobt und dankt und sie denkt im Herzen an das Gelübde, das sie gegeben hat: Wenn der Herr ihr ein Kind schenkt, wird sie es ihm schenken.

Von Gottes Macht berührt
Hanna ist von Gottes Macht berührt. Hat sie vorher Unheil erfahren, so erfährt sie jetzt Gott als ihr Heil, als ihre Hilfe, als ein Gott, der einzigartig ist, der heilig und erhaben ist, der für sie ist wie ein Fels, auf den sie sich verlassen kann, auf den sie doch setzen kann, auf dem sie ihr Leben, ihre Sorgen, ihre Hoffnungen gründen kann, ein Gott, der die Grundfesten der Erde gesetzt hat und für sie selbst tiefster Grund des Lebens ist.
Hanna ist von Gottes Macht berührt, am Leib und in ihrer Frauenseele, und sie empfindet diese Macht nicht als bedrohlich, sondern als rettend, sie empfindet diese Macht nicht als willkürlich, sondern mit Sinn, sie empfindet diese Macht nicht als bloß allmächtig, sondern als eine, mit der sich Gott einsetzt, einsetzt für sie, für Hanna:
Eine Macht, die sie Arme reich macht, die sie Unfruchtbare fruchtbar macht, die sie Schwache stark macht, die sie nach Leben Hungernde satt macht, die sie Bedürftige aus Staub und Asche, aus entwürdigender Erniedrigung erhebt, die sie befreit aus Ohnmacht und bösen Mächten und erhöht zu Jemanden, der ein Kind gebärt, in die Welt entlässt, Leben schenkt.

Keine Macht dem Tode
Ostern, die Auferstehung, die Neugeburt Jesu, Gottes Sohn, macht diese Erfahrung zu unserer Grunderfahrung von Gott und uns macht es so tief österlich wie Hanna es ist:
Gottes Macht wird sichtbar als eine, die entschieden sich einsetzt, die all ihre Macht, Kraft, Stärke, Leidenschaft nutzt und einsetzt gegen und für. Für uns und gegen die Macht des Todes und all seine Hilfsgenossen.
Mit Hanna können wir grundlegend erfahren: Der Tod ist furchtbar stark. Gott zerbricht ihn. Der Tod wird immer wieder schrecklich satt. Gott macht ihm zum Diener, der um sein tägliches bitteres Brot betteln muss. Der Tod hat viele Kinder, viel zu viele. Gott macht, dass er verwelkt und sein Schoss nicht Tode hervorbringt. Er fährt in seine Tiefe, kein Todesbereich ist Gott zu fern, zu fremd, zu tot und er fährt wieder herauf, als wäre das fast nichts. Gott erniedrigt den Tod. Gott nimmt ihm seine Macht. Gott tötet den Tod
Mit Hanna können wir erfahren: Gott setzt seine Allmacht, seine Macht für uns ein. Er macht lebendig. Er stärkt die Schwachen. Er sättigt die, die Hunger nach Leben haben. Er macht die Unfruchtbaren fruchtbar. Er lässt verwelkte Menschen wieder aufblühen, zerknitterte Seelen entfaltet er, verdorrte Herzen öffnet er. Er macht Arme reich. Dürftige sucht und schaut er an. Erhebt er aus dem Straßenstaub und aus der verbrannten Asche ihres Lebens und setzt sie auf dem Thron des Lebens. Gott lässt auferstehen.

Gott befreit aus dem Machtbereich des Todes und so entmachtet er die Macht des Todes. Gott breitet seine Macht aus für uns und für das Leben und entzieht uns dem Machtbereich des Todes, entzieht uns aus seinem unsäglichen Einflussbereich aus Angst, Neid und Hass. Gott macht den Tod, einflussschwächer, machtloser ohnmächtiger. Der Tod mag sein, herrschen tut er nicht mehr.
Gott hat uns mit seiner Macht berührt. Wie Hanna können wir dies erfahren. Gottes Macht berührt uns und wir sind unter seinem Einfluss, seiner Macht der Liebe. Gottes Macht berührt uns und zaubert uns an Ostern wie Hanna ein gerettetes Lächeln ins Gesicht, befreit uns das Herz, öffnet uns den Mund weit und lässt uns von Gottes Macht geliebt Sprache finden für dieses Wunder.

Gott gegeben
Vor Ostern mögen wir manches kleines Gelübde gegeben haben. In Worten ganz andere als das von Hanna. Aber vielleicht nur still geklagt haben wir über all das, was unerfüllt, schmerzhaft ist, uns tief betrübt hat. Und wir haben vielleicht ebenso still von Gott erbeten, dass er die unguten, zerstörerischen Mächte in unserem Leben bricht und uns das gibt, was uns erfüllt, beseelt und etwas von uns gebärt.
Mit Ostern hat Gott es erfüllt. Mit jener Auferstehung seines Sohnes. Er erweist sich als Macht, die sich für das Leben gegen den Tod einsetzt und uns so berührt, dass wir auferstehen gegen unsere Todesmächte.
So wie Hanna sein. So wie Hanna leben. Nach Ostern mögen wir unsere stillen Gelübde erfüllen und Gott geben, was er uns gegeben hat, zurückschenken, uns zurückschenken. Uns selbst. Wir mögen unser österliches Leben wie Hannas Kind leben: von Gott geschenkt, berührt und ihm gelebt. Amen.

Time of my life


Predigt an Karfreitag (30. März 2018)

Hebräer 9, 15.26b-28
Und darum ist er auch der Mittler des neuen Bundes, auf dass durch seinen Tod, der geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen unter dem ersten Bund, die Berufenen das verheißene ewige Erbe empfangen. Nun aber, am Ende der Zeiten, ist er ein für alle Mal erschienen, um durch sein eigenes Opfer die Sünde aufzuheben. Und wie den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht: so ist auch Christus einmal geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen; zum zweiten Mal erscheint er nicht der Sünde wegen, sondern zur Rettung derer, die ihn erwarten

Meine Zeit
Christus ist erschienen. Mit seiner Geburt, mit seinem Leben, mit all seinen Worten und Taten, seinen Gesten und Gleichnissen, seiner schier unglaublichen Nähe zu Gott. Mit seinem Tod am Kreuz ist ER erschienen. Christus ist erschienen mit seinem Tod mitten in menschliche Zeit hinein, in die Zeit seiner Jünger und Jüngerinnen, in die Zeit auf Golgatha, in die Zeit jenes ersten Karfreitags, in die Zeit seitdem, in die jetzige Zeit, in unsere Zeit, die wir leben, so wie wir sie leben.
Jesu Tod ist das Ende einer Zeit, mit seinem Tod stirbt auch eine Zeit, eine ganz bestimmte Zeit. Sein Tod am Kreuz beendet dieser Zeit, schließt sie ab, macht mir ihr Schluss, endgültig, definitiv, ein für alle Mal, unumkehrbar, für immer, vollendet sie im Leiden bis zum Nullpunkt. Mit seinem Tod stirbt die Zeit unserer Sünde, unserer Übertretungen, des ersten und gebrochenen Bundes, die Zeit unseres Lebens, das gegen das Leben und gegen Gott sich gebiert. Diese Zeit ist gestorben, beendet, tot.
Jesu Tod ist eine Zeitzäsur, ein Zeitenwechsel, ein Zeiteinschnitt, wie er nicht deutlich, nicht klarer, nicht prägender sein könnte. In der Zeit geschieht sein Tod, aber wie ein Jenseits der Zeit trifft er die Zeit und schneidet sie in zwei Stücke, einen davor und einen danach, und der erste, der davor, die Zeit der Sünde, der Übertretung, des Getrenntseins von Leben und Gott ist beendet, abgeschlossen, vorbei, einmal für alle Mal.

Zeit-Übertrag
Was macht Gott nur mit unserer Sünde, an diesem Tag, an jedem Tag, an Karfreitag? Wie tritt Gott uns gegenüber, die wir uns gegen Leben, Liebe und Gott versündigen, abtrennen von dem, was Leben meint und sucht und will? Was tut er mit Sünde?
Gott verzweifelt darüber, kämpft dagegen an, wirbt mit Liebesworte, rennt weg und wieder entgegen, wird müde, bleibt bei sich. Am Kreuz seines Sohnes erträgt er die Sünde am eigenen Leben und an eigenen Leib. Erträgt er sie, ohne auszuweichen, ohne herunterzugehen vom Kreuz, erträgt er sie, hält er an seiner Nähe zu Menschen festhält, inmitten größtmöglicher Gottesferne, bleibt er mitten im Hass, im Leid, im Widerwärtigen bei der Liebe, lässt er sich doch nicht trennen von seiner Lieben Gedanken und so, genauso, ohne es zu wollen, bricht der Sünde Macht, schafft Sünde nicht mehr, trennend zu sein, zu wirken.
Der EINE vergeht am Kreuz, er atmet seinen letzten Atem, seine Zeit ist zu Ende, er stirbt und wird zu Nichts. Aber das ANDERE, unsere Sünde, stirbt eigentlich und wirklich, vergeht, tut ihren letzten Todesstoß und vergeht zu Nichts. Welch merkwürdiger Wechsel, welch geheimnisvoller dunkel heller Tausch. Jesus ist sterbendes Opfer, aber der Tod selbst stirbt. Jesus vergeht, aber die Sünde endet. Ein Zeitwechsel, als würde man das Blatt umdrehen und die Geschichte, die Zeit und das Leben würde neu geschrieben werden, als würde das Davor zur Asche und nur das Danach zählt und rechnet die Zeit.

Neue Zeitrechnung
Menschen werden durch Jesu Tod erlöst, erlöst von eigener Sünde und befreit zum Leben. Weggenommen wird, was uns immer und immer wieder beschwert und anfällig macht. Errettet werden Menschen, errettet von Sintfluten des eigenen Lebens hin zur Herrlichkeit der Kinder Gottes. Aufgehoben und annulliert wird für uns, was trennt. Es darf und wird und kann nicht mehr trennen, Menschen, euch von eurem Gott. Die Zeit hat sich gewendet. Die getrennte Zeit ist vorbei.
Am Kreuz wird inmitten des Risses durch die Zeit ein Zeitenwechsel sichtbar, ein neuer Bund, ein Gott, der bei seiner Liebe bleibt und die Sünde besiegt. Menschen dürfen mit der Zeit neu rechnen. Sie sehen sich am Kreuz, wie ihre eigene Zeit der Sünde beendet ist und sie neue werden noch verborgen im Dunkel des Karfreitags, wie Gott sie zärtlich Erlöste, Erben, Empfänger, Erwartende nennt, sie zu solchen macht.
Als würde das Kreuz, als würden SEINE Arme sich unsichtbar spürbar ausbreiten zu unseren, als würden wir tauschen mit JENEM am Kreuz, er für uns unsere Sünden sterben, seine Liebe zu unserer werden, wir mit sachte sich ausbreitenden Armen wieder und immer wieder das Leben empfangen, spüren, hören und leben: Wir sind Erben, Erben einer wahrlich großen Verheißung, die schon immer und nun immer bleibend unserem Leben zugrunde liegt und gilt, eine Verheißung des Lebens, die dort entdeckt und gelebt werden will, die Verheißung, ein Leben in Leben und Freude mit und vor Gott, sich und all den anderen zu gestalten. Wir sind solche, von deren Leben die Sünde immer und immer wieder abgetragen wird, die neu in die Zeit gehen dürfen, als solche, die erwarten dürfen, die grundlegend Erwartende sind, hoffnungsvoll und schon auch heute lichtsehnsuchtsvoll Ostern entgegen. Da wird alles erscheinen. ER und auch Wir. Amen.

Sonntag, 18. März 2018

Den rettenden Gott sehen


Gottesdienst an (18. März 2018)

4. Mose 21, 5-9
Da brachen sie auf von dem Berge Hor in Richtung auf das Schilfmeer, um das Land der Edomiter zu umgehen. Und das Volk wurde verdrossen auf dem Wege und redete wider Gott und wider Mose: Warum habt ihr uns aus Ägypten geführt, dass wir sterben in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise.
Da sandte der HERR feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben.
Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den HERRN und wider dich geredet haben. Bitte den HERRN, dass er die Schlangen von uns nehme. Und Mose bat für das Volk. Da sprach der HERR zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben.
Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.

Ekelblick
Den rettenden Gott, den sehen die Israeliten nicht, nicht mehr. Sie ekelte es, vor dem Brot, dem Trinken, den Weg, den Wüste, dem Leben. Sie sind angewidert von dem, wo sie jetzt sind, wohin der Weg sie geführt hat. Der Aufbruch aus Ägypten rückt in unglaubliche Ferne, das gelobte Land ist nicht in Sicht. Israel ist kurzatmig, müde, erschöpft, verdrossen, enttäuscht, voller Zweifel und Unwille. Es hat Angst vor dem Tod und spricht sich gegen seinen Gott aus, jenen Gott, den sie nicht mehr als rettenden Gott sehen wollen, können, mit dem sie müde ringen.

Wie viele Tage, Stunden mag es geben in einem Menschenleben, wo dies genau so ist: Müde, erschöpft, zweifelnd, angewidert von dem, was wurde und ist, ein Aufbruch, so weit weg, das Ziel auch, Wüstenweg und der rettende Gott gerät aus dem Blick, gerät aus dem Sinn, aus dem Leben.

Schlange denken
Auch für Gott geschieht das. Er selbst verliert sich aus dem Blick, aus dem Blick, dass er ein rettender Gott ist, sein möchte, war. Er sieht nur noch das wütende, zweifelnde, undankbare Volk und ist selbst von ihm abgestoßen, von ihm angewidert. Wütend, selbst frustriert zieht er die Konsequenz und sieht, denkt, schickt nur noch Schlange. Gott will strafen, vergelten, töten, was er doch eigentlich liebt, führen möchte, ins gelobte Land bringen will. Er gibt seinem Volk das, was es befürchtet, und statt zu retten, verurteilt er, statt Leben zu bringen, lässt er töten. Gott ringt mit seinem Volk und verliert sich selbst aus dem Blick, zeigt eine Seite von sich, die ihn garnicht ganz zeigt.
Wie viele Tage, Stunden mag es Gott so gehen, wenn er seine Menschen sieht, mit ihnen lebt, erträgt, was sie tun und lassen, ihren Ekel sich in seinen verkehrt, er Tod sinnt statt Leben, der rettende Gott sich zum Verdunkeln bringt?

Der Tod ist tot
Es muss etwas passieren, im Herzen, im Herzen von Israel, im Herzen von Gott. Die Schlangen müssen erstarren, aufhören, nicht mehr beißen, sie müssen sterben. Israel kehrt um, kehrt sich zu Mose. Mose nimmt das Volk ins Gebet und bittet für es. Gott lässt eine eherne Schlange machen und verspricht wieder Rettung.
Alles richtet sich auf an dieser Schlange. Volk und Gott haben sich aus dem Blick verloren, das Rettende ging verloren, Tod statt Leben regierte. An der ehernen Schlange auf Stange richten sich die Blicke wieder auf, Gottes Blick, der sich seines Volkes erinnert, seines Liebensweges von Anfang an, der Blick des Volkes, der an der ehernen Schlange sieht:
Da hängt unsere Sünde, da hängt das, was uns Tod brachte, was wir verschuldet haben, da hängt unser Ekel, unser Unwille, unser Wider-Gott. Es hängt dort aber tot. Gestoppt. Erstarrt. Beendet. Wir dürfen es nicht anfassen, nicht berühren, aber anblicken, hinschauen und wissen, es wird seine Wirkung nicht mehr haben, Gott fängt neu mit uns an, er heilt wieder, er rettet wieder, er liebt wieder. Und Israel sieht wieder seinen Gott und Gott sieht wieder sein Volk, gebrochen, umgelenkt im Blick, aber irgendwie wieder gerettet durch die eherne Schlange.
Wie sehr teilen wir Israels Wunsch, was von Gott zu sehen – und am Leben zu bleiben.

Beim Leben bleiben
Einen Gott, der Schlangen unter seine Menschen sendet, und sie beißen lässt, den wollen wir nicht. Den können wir uns kaum vorstellen. So oft es Schlangen im Leben gibt, und wir vom Stachel der Sünde getrieben auch sind. Aber von Gott soll das nicht kommen.
Einen Gott, der nur durch unseren Blick auf eine tote, eherne Schlange heilen kann, fast magisch komisch wirkt. Wollen wir den? So können wir uns das nicht vorstellen.
Aber einen Gott, der sich immer wieder durchringt zur Liebe, den wollen wir, den brauchen wir, und wir brauchen, dass wir am Leben bleiben. Das ganze dramatische Ringen von Gott und Mensch, von Sünde, Wut, Zweifel, Irrtumswegen, von Tod, Ekel, Aufbruch, Rettung und Wüstenwegen, spitzt sich zu, ja wird ausgetragen am Kreuz Christis, am erhöhten Gottessohn am Querbalken.
Auf ihn schauen mag uns sagen, sehen lassen: Die Sünde ist tot, der Tod ist tot. Das, was euch mitten im Leben sterben lässt, all die Katastrophen, wenn das Leben, die Verbindung zum Leben uns abhandenkommt, sind dort ertragen, erlebt, in seiner Konsequenz gebrochen. Das Todbringende stirbt. Und dieser Blick auf den am Kreuz schändlich Erhöhten mag euch sehen und spüren lassen: Gott lässt euch am Leben, ihr bleit leben.
Ihr seht dort den unverstellt rettenden Gott, den euch rettenden Gott, der alles für euch gibt, sich in einem Augenblick abwendet von allem Widerwillen gegen eure Sünde und sich selbst rettend im Blick rückt, seine Liebe zu euch, die den Tod überdauert. Amen.