Mittwoch, 13. Februar 2013

Was ist dein einziger Trost?




Predigt zur ersten Frage des Heidelberger Katechismus (17.2.13)

[Gemeinde:] Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

In anderer Hände
Mein? Mein Trost im Leben und im Sterben? Mein Trost wohnt manchmal wie in mir und ich selber kann ihn aus mir schöpfen und mich trösten. Mal ist der Trost da und mal suche ich ihn, tastend, fragend. Wenn der Unmut in mir steigt, das Dunkel einfach nicht weggeht, wenn schwarze Gedanken mich treiben, wenn alles gegen mich steht, wenn sacht gewisse Tränen kommen. Trost bleibt manchmal aus und oft ist er da. Getröstet bin ich, wenn ich trotzdem gehalten, gesucht, umarmt werde. Trost finde ich in Bildern, in Liedern, in Erinnerung, in Worten, in anderen. In solchen, die mir Liebe haben zugesagt, die mich auch im Dunklen sehen, suchen und treu mir Liebe sagen. Immer wieder.
Bis die Dunkelheit sich irgendwie zu lichten beginnt, das Schlimme ein Stück auch nur kleiner wird, das Unheil heilvoller wird, bis ich spüre, erfahre, glaube: So trostlos bis du nicht. Ich bin mir nicht alleine überlassen. Ich bin im Leid, was auch immer es sein mag, nicht nur gefangen, selbstverloren. Da ist jemand, dessen Gedanken fühlen, tragen mit, dessen Worte kommen von wo anders her, von der Grenze jenseits der Dunkelheit, jenseits der Trostlosigkeit, jenseits von mir. Mein Leben ist mit all seinem auferlegten und selbst gemachten Elend, Schwere, nicht nur in meiner kleinen Hände Macht, sondern in den Händen eines anderen, aufgehoben in ihm, seinen Worten, seinem Blick, seinem Ich, das mir so nahe kommt, dass mein Ich mir selbst zart wieder geschenkt wird.

Ich frage euch: Was ist euer einziger Trost im Leben und im Sterben?
Gemeinde: Dass ich mit Leib und Seele, im Leben und im Sterben, nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.

Wer bezahlt für mich?
Wie sehr glauben wir, dass wir uns immer selbst gehören. Wie laut und allgegenwärtig ist unser ganz und gar moderner verinnerlichter Ruf: Ich gehöre mir selbst, es ist mein Körper, mein Tag, meine Pläne, meine Zukunft, meine Seele, mein Leben. Wie gut ist es, dass wir dies zu Recht sagen dürfen und können gegen alle Tyrannei von außen. Wie sehr aber, wie unterschwellig oft, ist es aber so, dass wir eben nicht uns selbst gehören, zumindest nicht zu 100%. Unsere Körper enteignet werden durch voyeuristische Blicke. Unser Ich fremdbestimmt wird durch unzählige Kontakte, in denen wir eingebunden sind. Unser Leben gesteuert wird durch all das, was massiv auf es eindrängt und zu Dauerantworten nötigt. Unsere Seele uns merkwürdig fern ist. Gehören wir wirklich uns selbst?
So sehr gehöre ich mir selber gar nicht. Ich muss mich selbst aber spüren. Dass ich überhaupt noch da bin, für mich da bin. Ich muss jetzt im Augenblick intensiv mich leben und frage nicht mehr, immer weniger nach dem, was nach mir und durch mich kommt. Ich verliere aus dem Blick: Alles, was ich tue und lasse, das ist doch kein Punkt im Nichts, das ist doch eingewoben in alles, das bewirkt doch was. Mein Tun und Lassen hat Konsequenzen und ich bin gefragt: Wie lebst du mit diesen? Kannst du vor allem mit denen leben, die nicht gut waren? Oder wirst du daran scheitern? Wer bezahlt für all die Fehler, die Versäumnisse, die absichtlichen oder auch unabsichtlichen, bedachten und unbedachten Sachen, die wir zufügen?
Andere bezahlen, ohne dass sie was dafür könnten. Niemand bezahlt. Glück gehabt. Und für manches bezahlen wir, schmerzhaft. Und wenn es besonders schwer wird, wenn kein: Tut mir leid mehr hilft, wenn keine Returntaste mehr uns beisteht. Wir nicht mehr bezahlen können? Manche Schuld wiegt so schwer, dass niemand sie aufzuwiegen vermag. Was für eine Wohltat, was für eine Erlösung wenn doch, wenn jemand doch einen Gegenwert hat, einen unermesslich großen, und vollkommen die Rechnung für uns bezahlt, weil wir ihm gehören und er uns auslöst, erlöst und gibt, was so viel wert ist: Er mit seinem Leben unsere Fehler aufwiegt.

Ich frage euch: Was ist euer einziger Trost im Leben und im Sterben?
Gemeidne: Er hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt und mich aus aller Gewalt des Teufels erlöst;

Ganz uns im Blick
Er hat uns teuer erkauft. Wir sind ihm viel wert, ungeheuer wertvoll. Und das sind wir fortgesetzt, auch in jeder Gegenwart, immer wieder. Er hat durch seinen Wert uns als ganz wertvoll angesehen und er bewahrt dieses Wertvolle, uns.
Gottes ganze Aufmerksamkeit, die gilt uns. Sein Denken und Sehen, sein Planen und Wollen, sein Hoffen und Leiten, seine ganze Liebe ist auf uns aufmerksam und schützt und bewahrt uns. Alles, was mit uns zu tun hat, alles, was ich bin, mein Tag und meine Nächte, mein Morgen und meine Gedanken, meine Schritte, auch das, von dem ich nichts weiß, all das liegt in seiner Liebe Augen und nichts, gar nichts kann passieren, dass wir aus seinem Blick herausfallen, dass er uns aus dem Bick verliert.
Wir werden nie unversehrt bleiben, nie schuldlos, nie unverletzt, nie ohne Krankheit, nie ohne Gewalt, nie ohne Zweifel, nie ohne Sorgen, aber alles dies immer mit Gott. Nie ohne Gott. Er wird die Scherben wieder zusammensetzen, er wird im Leiden bei uns sein, er wird unserer Lebensfäden den roten einweben, er wird die Bruchstücke zu einem schönen Mosaik fügen. Er wird helfen, dazu da sein, dass wir uns selbst nie verlieren, sondern unser Leben finden.

Ich frage euch: Was ist euer einziger Trost im Leben und im Sterben?
Gemeinde: und er bewahrt mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt kann fallen, ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss.

Wozu lebe ich?
Er dient unserer Seligkeit. Vielleicht ist Seligkeit, wenn alle Fragen für einen Moment beantwortet sind und wenn ich Antwort bin auf die Fragen der Anderen, auf die Frage Gottes nach mir und er mir in diesem Moment auch mein Antwort ist auf mich. Wenn meine Liebe und seine Liebe in eins fallen. Seligkeit.
Diesen Moment gibt es. Er ist mir für mein Leben zugesagt, versprochen. Er gebärt in mir Gewissheit. Lebensgewißheit. Die Gewißheit, dass es eben auf alle lebenswichtigen Fragen, nach meinem Woher und Wohin, nach meinem Wozu und dem Sinn, nach: Wer wird mich tragen, wer kennt mich wirklich, wer vertraut mir und wer liebt mich unbedingt eine Antwort gibt und dass ER diese ist.
Solch eine Lebensgewissheit ist unhintergehbar, aber zu irritieren, sie kann ramponiert werden, sei wird sich aber bewahrheiten, sie ist dem Zufall ausgesetzt und Geschenk, gründet uns und aus ihr können wir Leben. Und sie tröstet, wann immer wir ihrer ansichtig werden. Ich und Er, mir und mein, einzig, vollkommen. Eine Gewissheit, die das Leben im Sterben und nach dem Tod umfasst, eine tiefe Gemeinschaf mit Jenem, mit Christus, die alles umspannt: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und Ewigkeit. Mich und Ihn.
Er lebt mir und ich lebe ihm. Mal ganz klar, mal eher verdeckt, mal mit mehr, mal mit weniger Abstand, mal mit Zweifel, mal mit Momenten erfüllter Seligkeit. Wir leben immer jemanden unser Leben, wir leben nicht nur mit, nach und vor, in und durch andere Menschen, sondern wir leben Menschen: Unser Leben erfüllt sich, indem wir dem anderen leben, und er uns. Christus lebt uns und wir leben ihm. Unser Herz ist bereit, ist Inhalt seines Willens und willig. Was immer auch Unruhe, Fragen, Schmerzen in es treibt, wie gebrochen, wie schwer es auch immer sein mag, es ist ein Herz, das ihm lebt wie seines uns schlägt. Es ist ein zutiefst von ihm trostvolles Herz.

Ich frage euch: Was ist euer einziger Trost im Leben und im Sterben?
Gemeinde: Darum macht er mich auch durch seinen Heiligen Geist des ewigen Lebens gewiss und von Herzen willig und bereit, ihm forthin zu leben.
AMEN

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