Sonntag, 22. Dezember 2013

Zur Nacht



Predigt zur Christmette 2013 (24.12.13)

Besonders
Heiligabend, Weihnacht. Eine besondere Nacht. Ein besonderer Abend. Heute. Jetzt. Eine besondere Nacht im Meer als unsere Nächte, der vielen, unzähligen, erlebten, der normalen und mancher besonderer Nacht, besonders für uns, besonders schön, schwer, einsam, gemeinsam, tief und wach. Besonders geworden für uns wie damals, wie damals für die Hirten die eine Nacht zur Nacht der Nächte wurde. Als sie des Nachts ihre Herde hüteten, sich für sie der Himmel öffnete, Engel ihnen die Geburt des Retters sagten, sie zur Krippe kamen, ihr Leben neu entdeckten, das Wort davon ausbreitete und wieder zurückkehrten. Sie werden diese eine Nacht nie vergessen. Sie wurden andere, andere als vorher, andere Menschen als vor jener Nacht, die eigentlich zuerst nur eine von vielen Nächten war.
nachts
Ruhig und still ist es nachts, soll es sein, immer ruhiger, weniger schnell, weniger betriebsam. Der Abend soll darauf vorbereiten, zur Ruhe kommen, den Tag abschließen, letzte Dinge machen, zu Bett bringen, Gute-Nacht-Lieder singen, vorm Fernseher einschlafen, zu Bett gehen. Die Nacht ist eigentlich zum Schlafen da, zum Ausruhen, zum Entspannen, zum Kraft schöpfen.
Vielleicht deswegen soll es nachts dunkel sein, liegt auf allem ein dunkler, manchmal grauer Schleier, ist Abend die Zeit nach dem Sonnenuntergang und schließen wir im Bett wie aus Sicherheit die Augen, damit es um uns wirklich Nacht, dunkel werden kann, alles klingt etwas verzerrter, dumpfer, bis endlich gefunden wird, was man sucht: Den Schlaf.
Aber wie oft kommt er nicht, soll er nicht kommen oder später. Wir vertreiben uns den Schlaf, machen aus der Nacht ein Stück vom Tag, leuchten die Dunkelheit aus, machen Geräusche, ziehen uns um und gehen nach draußen und leben die Nacht, vertagen den Tag bis ins Morgengrauen. Gezähmt haben wir fast alle Gefahren der Nacht, Dunkelheit ist schon lange Licht, und still wird es nie. Nur manchmal kommt die Nacht wie ein Dieb und nimmt uns grausam Atem und Leben.
Im Bett nachts sind wir empfänglich, vor dem Schlaf und im ihm. Empfänglich für Liebe, für Träume, für ungedachte Gedanken, für Angst und Schrecken, Sorgen, Pläne, Hoffnung, Bilder. Als würde das Leben und sein Tag einfach nicht halt machen an unserem Bett, in unserer Nacht, sondern uns Schlafende bevölkern wollen. Als würde alles äußere Leben nachts als inneres wiederkehren und wir lebten in der Nacht einen Tag nochmal, anders.

Nachtgeboren
In die Nacht hinein ist Jesus geboren, ist Gott geboren. Für die Hirten damals, mitten in deren Nacht hinein, unverhofft, das Leben verwandelnd. Jetzt in dem Moment, in dem selbst Nacht ist, Heiliger Abend, Weihnacht, ist Jesus geboren, hineingeboren in unsere Nacht, in all unsere Nächte, unverhofft garantiert, in die schweren wie in die leichten, in den tiefen wie in den wachen. Diese eine Geburt, die gilt unseren Lebensnächten. Wie empfänglich sind wir in so vielen Nächten, vielleicht schlaftrunken, nimmermüde, wird die Nacht zum inneren Leben in uns. Durch jene eine Nacht sind wir auch empfänglich, empfangen wir in jeder unseren Nacht auch den einen, Jesus, in all den Träumen, Sorgennächten, in allen kurzen Schlafes Stunden, in aller unruhigen Ruhe will Gott sich uns geben und wir können ihn empfangen, nachts, wo er geboren wird:
Er bringt Licht ins Dunkle, in die schlimmen Träume und zu großen Sorgen, in all Wälzen der Gedanken, das Abwägen, Versinken ins nächtlich Aussichtslose, in finstere Problemberge. Er spricht in die manchmal schlimme Stille in uns: Fürchte dich nicht. Er sucht nach Auswegen aus der Angst, aus der Angst um unser Leben und um das Leben unserer Lieben, spricht gegen die Furcht vor dem Morgen, den Gespenster der Nacht, dem Pfeifen im dunklen Wald, vor manchem Nachtmonster, das ganz klein kam und wir nicht mehr losbekommen. Er bewegt uns nachts nach Bethlehem im Schlaf, vom dunklen Feld des Lebens hin zur seiner lichten Krippe, weg von allem, was uns bedrängt, hin zu ihm: uns zu ihm zu stellen, uns zu ihm zu setzen, uns zu ihm zu legen. Vielleicht schlief einer der Hirte selig erschöpft neben dem Kind in der Krippe ein. Ein ganz anderer Schlaf. Eine ganz besondere Nacht. Amen.

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