Predigt
zur Einführung als Vorsteher im Diakonissenhaus Freiburg (6. Mai 2015)
Matthäus 4, 1-11
Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit
er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte
gefastet hatte, hungerte ihn.
Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du
Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und
sprach: Es steht geschrieben (5.Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot
allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«
Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt
und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes
Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird
seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen
tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« Da sprach Jesus zu
ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5.Mose 6,16): »Du sollst den Herrn,
deinen Gott, nicht versuchen.«
Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr
hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach
zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da
sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5.Mose
6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.«
Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel
zu ihm und dienten ihm.
Wer bin ich?
Engel, die dienen. Das ist hier im
Haus irgendwie gegenwärtig. Tradition. Auch stumm lebendig.
Dienen geht durch die Wüste, bis es
vielleicht am Ende dahin kommt, da ist, wohin es sein soll. Wüste. Ort: karg,
bedrohlich, voller Entbehrung; 40 Tage und 40 Nächte, unendlich lang, nur mit
sich, voller Fragen, Grenzgängen, voller Wortwechsel mit Schattenbildern, mit
Versuchungen, mit dem, was auch sein könnte, vielleicht sein müsste, mit in
letzter Konsequenz: Wer bin ich? Wirklich. Vor Gott? Gottes Sohn, Gottes Tochter?
Ein Mensch, der Gott entspricht, der im Leben Gott antwortet, Antwort ist, der
dient?
Aus Gottes Mund
Wie oft würden Menschen, die dienen,
gerne aus Steinen Brot machen, aus Leblosen, Totem wieder Lebendiges; wenn
Diagnosen hart treffen; wenn Therapien nicht wirken, wenn am Krankenbett Augen starr
werden. Wie gerne würden wir jenes Wort sprechen können, jenes eine, das Stein
in Brot, Tod in Leben, Angst in Hoffnung, Dunkles in Helles wendet, verwandelt.
Manchmal mag es geschehen, gelingen: wie
wunderbar. Oft gelingt es nicht, scheitern Menschen, scheitern sie verzweifelt,
tragisch, dass es nicht passiert, dass Brot trotzdem Stein bleibt. Trotz aller
Versuche. Scheitern auch im Dienen, im Trösten, Pflegen, Helfen. Trotz eigenem
Bemühen und eigenen Möglichkeiten.
Mit Jesus können Menschen aus einer
anderen Macht und Möglichkeit heraus leben. Sie können aus dem Leben, was aus
Gottes Mund kommt, von jedem Wort, das Gott in sich hat, das Leben in sich
trägt; können aus dieser Kraft und Quelle, Bemühen und Möglichkeit schöpfen,
vielleicht Steine zu Brot versprechen, ohnmächtig trösten, wo heilen und
pflegen zu Ende kommt, dennoch dienen. Anders.
In Gottes Hand
Wie oft würden Menschen sich gerne fallen
lassen, nicht tun und machen, leiten und denken, schaffen und bewegen, selbst
auffangen und halten, trösten, pflegen, heilen und lieben, sondern selbst
fallen, unendlich lange durch alle Angstnächte hindurch in die Arme dessen, der
alle in seiner Hand aufzufangen vermag. Und absurd versucht vermögen sie nicht,
wagen sie es nicht, den kleinen Fall - und steigen paradox höher, und je höher
wird die Sehnsucht größer wird, die Angst auch, das Tasten und Suchen nach dem,
was Halt gibt und auffängt.
Wie gelähmt mit innerlich
ausgebreiteten Armen zum Sturz bereit stehen Menschen auf ihren hohen Lebens-Zinnen
und wissen nicht mehr, wo und wer der ist, der noch auffangen könnte, der unten
steht, der da ist und bleibt, suchen im Stehen das Stürzen zu verhindern, im
Fallen sich selbst zu halten, werden trotzig fahrlässig, leichtsinnig,
verbittern, hoffnungslos, Fallen im Fallen, verlieren den Grund.
Mit Jesus können Menschen sich selbst
auf dem Boden bleiben, können sich immer in Gottes Hand wissen, brauchen keine
hohen Zinnen und Höhenflüge, können tief vertrauen, dass Gott in allen Höhen
und Tiefen, an jedem Punkt, auch wenn es still, fraglich, zum Zweifeln, Hadern und
Murren wird, er da ist und unser Leben hält, auffängt, begleitet, er uns mit
seinem Leben dient. Anders. Zutiefst. Genug.
Genug
Wie oft würden Menschen gerne genug
haben, genug zu leben, zu essen, denken, planen, genug zu atmen, zu lieben. Wie
oft ist es tragisch, dass Menschen überhaupt nicht dahin kommen, dass ihnen
das, was sie haben, genügt. Wie oft ist es so schwierig ist für Menschen da
stehen zu bleiben, wo sie genug haben. Wie oft haben Menschen zu viel, zu
wenig, nicht genug und können nicht leben, lieben, hoffen, Sinn finden, Antwort
sein das ihnen Gestellte und dienen merkwürdigen anderen Mächten, die das genug
und mehr und viel mehr versprechen, werden selbst Diener, Knechte von dem, was
letztlich niemals genug sein wird.
Mit Jesus reicht Menschen Gott. ER
allein. Er reicht Menschen für alles, was sie brauchen, brauchen zum Leben, er
ist vollkommen genug, er ist die Liebe, die Liebe pur. Menschen, die ihm
dienen, lieben, leben im Machtbereich seiner Liebe, leben von ihm her und auf
ihn zu, leben von ihm geliebt, geben ihm die Ehre und lassen anderen an seiner
Liebe teilhaben, pflegen, heilen, trösten so wie sie selbst von Gott in jeder
Sekunde des Lebens getröstet, geheilt und gepflegt werden, sind, er ihnen dient
und sie ihm.
Engelhaft
Menschen gehen durch Wüstenzeiten,
auch dienende. Gott erlöst sie alle vom Bösen, führt sie durch die
Versuchungen, die auch das Dienen kennt. Es verlässt sie der eigene Teufel. Mit
Jesus werden Menschen zu Gott entsprechende Menschen, werden im Leben Antwort
auf ihn. Wie Jesus schöpfen sie aus Gott, leben ihm und lassen sich Gott
genügen. Sie tragen Christi Kreuz und auch immer seine Auferstehung schon an
sich. Sie werden als Menschen engelhaft, in Gemeinschaft mit ihm und
untereinander. Sie dienen, können trösten, helfen und pflegen engelgleich und die
Engel dienen ihnen. Hier und anderswo. Amen.
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