Freitag, 8. Mai 2015

Wie die Engel dienen



Predigt zur Einführung als Vorsteher im Diakonissenhaus Freiburg (6. Mai 2015)

Matthäus 4, 1-11
Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.
Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5.Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«
Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5.Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«
Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5.Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.«
Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.

Wer bin ich?
Engel, die dienen. Das ist hier im Haus irgendwie gegenwärtig. Tradition. Auch stumm lebendig.
Dienen geht durch die Wüste, bis es vielleicht am Ende dahin kommt, da ist, wohin es sein soll. Wüste. Ort: karg, bedrohlich, voller Entbehrung; 40 Tage und 40 Nächte, unendlich lang, nur mit sich, voller Fragen, Grenzgängen, voller Wortwechsel mit Schattenbildern, mit Versuchungen, mit dem, was auch sein könnte, vielleicht sein müsste, mit in letzter Konsequenz: Wer bin ich? Wirklich. Vor Gott? Gottes Sohn, Gottes Tochter? Ein Mensch, der Gott entspricht, der im Leben Gott antwortet, Antwort ist, der dient?

Aus Gottes Mund
Wie oft würden Menschen, die dienen, gerne aus Steinen Brot machen, aus Leblosen, Totem wieder Lebendiges; wenn Diagnosen hart treffen; wenn Therapien nicht wirken, wenn am Krankenbett Augen starr werden. Wie gerne würden wir jenes Wort sprechen können, jenes eine, das Stein in Brot, Tod in Leben, Angst in Hoffnung, Dunkles in Helles wendet, verwandelt.
Manchmal mag es geschehen, gelingen: wie wunderbar. Oft gelingt es nicht, scheitern Menschen, scheitern sie verzweifelt, tragisch, dass es nicht passiert, dass Brot trotzdem Stein bleibt. Trotz aller Versuche. Scheitern auch im Dienen, im Trösten, Pflegen, Helfen. Trotz eigenem Bemühen und eigenen Möglichkeiten.
Mit Jesus können Menschen aus einer anderen Macht und Möglichkeit heraus leben. Sie können aus dem Leben, was aus Gottes Mund kommt, von jedem Wort, das Gott in sich hat, das Leben in sich trägt; können aus dieser Kraft und Quelle, Bemühen und Möglichkeit schöpfen, vielleicht Steine zu Brot versprechen, ohnmächtig trösten, wo heilen und pflegen zu Ende kommt, dennoch dienen. Anders.

In Gottes Hand
Wie oft würden Menschen sich gerne fallen lassen, nicht tun und machen, leiten und denken, schaffen und bewegen, selbst auffangen und halten, trösten, pflegen, heilen und lieben, sondern selbst fallen, unendlich lange durch alle Angstnächte hindurch in die Arme dessen, der alle in seiner Hand aufzufangen vermag. Und absurd versucht vermögen sie nicht, wagen sie es nicht, den kleinen Fall - und steigen paradox höher, und je höher wird die Sehnsucht größer wird, die Angst auch, das Tasten und Suchen nach dem, was Halt gibt und auffängt.
Wie gelähmt mit innerlich ausgebreiteten Armen zum Sturz bereit stehen Menschen auf ihren hohen Lebens-Zinnen und wissen nicht mehr, wo und wer der ist, der noch auffangen könnte, der unten steht, der da ist und bleibt, suchen im Stehen das Stürzen zu verhindern, im Fallen sich selbst zu halten, werden trotzig fahrlässig, leichtsinnig, verbittern, hoffnungslos, Fallen im Fallen, verlieren den Grund.
Mit Jesus können Menschen sich selbst auf dem Boden bleiben, können sich immer in Gottes Hand wissen, brauchen keine hohen Zinnen und Höhenflüge, können tief vertrauen, dass Gott in allen Höhen und Tiefen, an jedem Punkt, auch wenn es still, fraglich, zum Zweifeln, Hadern und Murren wird, er da ist und unser Leben hält, auffängt, begleitet, er uns mit seinem Leben dient. Anders. Zutiefst. Genug.

Genug
Wie oft würden Menschen gerne genug haben, genug zu leben, zu essen, denken, planen, genug zu atmen, zu lieben. Wie oft ist es tragisch, dass Menschen überhaupt nicht dahin kommen, dass ihnen das, was sie haben, genügt. Wie oft ist es so schwierig ist für Menschen da stehen zu bleiben, wo sie genug haben. Wie oft haben Menschen zu viel, zu wenig, nicht genug und können nicht leben, lieben, hoffen, Sinn finden, Antwort sein das ihnen Gestellte und dienen merkwürdigen anderen Mächten, die das genug und mehr und viel mehr versprechen, werden selbst Diener, Knechte von dem, was letztlich niemals genug sein wird.
Mit Jesus reicht Menschen Gott. ER allein. Er reicht Menschen für alles, was sie brauchen, brauchen zum Leben, er ist vollkommen genug, er ist die Liebe, die Liebe pur. Menschen, die ihm dienen, lieben, leben im Machtbereich seiner Liebe, leben von ihm her und auf ihn zu, leben von ihm geliebt, geben ihm die Ehre und lassen anderen an seiner Liebe teilhaben, pflegen, heilen, trösten so wie sie selbst von Gott in jeder Sekunde des Lebens getröstet, geheilt und gepflegt werden, sind, er ihnen dient und sie ihm.

Engelhaft
Menschen gehen durch Wüstenzeiten, auch dienende. Gott erlöst sie alle vom Bösen, führt sie durch die Versuchungen, die auch das Dienen kennt. Es verlässt sie der eigene Teufel. Mit Jesus werden Menschen zu Gott entsprechende Menschen, werden im Leben Antwort auf ihn. Wie Jesus schöpfen sie aus Gott, leben ihm und lassen sich Gott genügen. Sie tragen Christi Kreuz und auch immer seine Auferstehung schon an sich. Sie werden als Menschen engelhaft, in Gemeinschaft mit ihm und untereinander. Sie dienen, können trösten, helfen und pflegen engelgleich und die Engel dienen ihnen. Hier und anderswo. Amen.

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