Samstag, 23. Mai 2015

Für immer zusammenbleiben



Predigt an Pfingstsonntag (24. Mai 2015)

Johannes 14, 23-27
Jesus antwortete ihm:  Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen. Wer mich nicht liebt, hält an meinen Worten nicht fest. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.
Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.
Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.

Festhalten
Unser Herz schlägt, in seinem Takt, jeden Tag, jede Nacht, vom ersten bis zum letzten Herzschlag. All das, was unser Herz umgibt, all das, was ihm wichtig und teuer ist, was der Mensch um es herum, hört, erfährt, spürt, bekommt, prägt: wie kann das Herz all das festhalten?
Festhalten tun Menschen mit den Händen, mit den Fingern, den Henkel einer Tasse, einen Stift, etwas, was benutzt wird, was man nehmen, halten, festhalten muss. Menschen halten manchmal ganz fest, umklammern, lassen nicht los. Menschen halten andere Menschen fest, in Liebe, in Irrsinn, gewollt, gewaltsam, Menschen halten einander fest in schweren Zeiten, wollen nicht fallen, verlieren. Menschen halten Momente fest, auf Fotos, in Kameras, im Gedächtnis, halten etwas von dem fest, was seinen Augenblick hat, wird und vergeht. Menschen halten Sterbende fest, dass der Tod sanfter kommt, halten fest nach dem Sterben, fest an dem, was der andere für einen war und ist. Menschen müssen gehen lassen, müssen los lassen, können, sollen nicht mehr festhalten.
Worte festhalten. Wie soll das gehen? Worte werden gedacht und gesagt, werden gehört und aufgenommen, klingen nach, berühren, verletzten, erfreuen, tragen in sich kleine und große Welten, sind wunderbar gefüllt, merkwürdig schwer dunkel, haben wie eine Seele. Worte sind flüchtig, oft traut das Ohr ihnen kaum, Worte verklingen, werden unhörbar, verlieren sich im Wortgewirr, verblassen im Gehörtsein, verschwinden. Wie können wir sie nur festhalten, die Worte, richtig festhalten, nicht alle, viele mögen kommen und gehen, aber manche, die wichtigen für mich und dich, die, die in sich tragen etwas von unserem Leben, für und von uns. Wertvoll. Kostbar. Lebensworte. Liebesworte.

Wort lieben
Gottes Wort in den unendlich vielen Worten war dabei, als Gott die Welt schuf, seinen Sinn und seine Bestimmung auf die Welt und ihre Menschen legte und immer wieder legt. Sein Wort wird am Ende sein, als letztes Wort, das alles ins rechte Licht setzt und die letzte und ewige Bedeutung allem, unserem Leben zuspricht – und hinüberführt. Gottes Wort kommt von ihm selbst her, trägt alles in sich, was Leben sich nennt und sein soll, und kehrt wieder zu ihm zurück. Immer wieder, gleich einem unendlichen Pulsschlag göttlichen Lebens, strömt es in all den vielen Worten aus ihm heraus und zu ihm wieder hin und nimmt alles Leben der Welt immer wieder heilsam in sich auf, ist Leben selbst für diese Welt.
Es will Gottes-Wort bei Menschen sein, es will bei Menschen wohnen, in ihnen, Wort an Wort mit ihren, mit unseren.
Wort in uns, bist du, Heiliger Geist, verheißener Beistand, Tröster. Du bist der, der in uns göttliche Worte weiß, findet, entdeckt, bevor wir sie noch kennen und zu sagen vermögen. Du bist es, der im unendlichen Meer der Wortewelten göttliches Wort uns hören, uns sehen, verstehen lässt; der göttlich Wort in uns lebendig macht, es uns leben lässt, von ihm her und zu ihm hin.

Du bist es, der uns an seine Schönheit erinnert, daran, was es schon tat und noch tun wird, erinnert an all die Worte, die das eine Wort Christus sprach und spricht, Worte, mit denen er Blind heilte, Gottes wunderbares Reich heraus sprach, Tote auferweckte, die Welt mit Gottes Augen sehen lehrte. Du bist es, der uns erinnert an unsere eigene Sehnsucht nach heilmachenden Worten, nach wahren Worten in all den anderen Worten, die wir hören; Sehnsucht nach Worten, die unsere Seele zu berühren vermögen, die uns bergen, Gott so nahe sagen, dass wir göttlich spüren. Du bist es, der uns die Liebe lehrt, bedürftig, sehnsuchtsvoll, ausgestreckt nach dir und allem, der uns die Liebe lehrt zum göttlichen Wort, alles von ihm zu empfangen, auf es zu warten in Geduld, es in Not zu beherbergen, in sich aufzunehmen in Liebe, wie Liebende es tun, behutsam an ihm festzuhalten, es nie loszulassen, es in seiner ganzen Freiheit, wild und gefährlich, leidenschaftlich und engagiert, zu achten und ihm uns hinzugeben, um von ihm genommen zu werden, zu sein.

Herz fest gehalten
Unser Herz schlägt, pulsiert in unserem Takt, es wird festgehalten von niemand anderen als von ihm, von Gott und seinem Wort, von Jesus Christus dem fleischgewordenen, lebendigen, das Leben in all seinen Tiefen und Höhen durchlebten, in Kreuz und Auferstehung durch deklinierten Wort.
Von Gottes Liebe festgehalten braucht kein Herz auf der Welt mehr verzagt und beunruhigt sein, sich verlassen und alleine zu spüren. Bei ihm ist, was Christus hinterlässt wie kein anderer, was Christus ohne jeden Vorbehalt, ohne etwas davon zurückzuhalten ganz da sein lässt, bei uns sein und lebendig sein lässt, was uns beseelt und durchdringt, göttlich beatmet und ewig in uns pulsiert, was in seiner ganzen Fülle, in seiner ganzen Präsenz und Wahrheit bei uns, uns gegeben, hinterlassen, geschenkt ist: seinen Frieden.

Den Frieden, der aus der Liebe lebt und ihr zu, der vom göttlichen Wort stammt, durch es gesandt ist und Gott gilt, der selbst den Unfrieden in sich zu lieben vermag und der tiefer ist als wir denken, ahnen, so tief wie unser Seelengrund, der uns immer wieder zurückbindet an Gottes Friedensreich von Anbeginn der Welt bis zu ihrer Verherrlichung. Ein tiefer Frieden für unser manchmal arg aufgescheuchtes und verunsichertes Herz.
Gott hält fest, ganz fest, an jedem seiner Worte, an jenem Wort in uns, an seinem Beistand, an seinem Geist. Gott hält unser Herz in aller Bestimmtheit zart liebend fest. Für immer. Amen.

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