Freitag, 4. Januar 2013

Mein Fest der Erscheinung



Predigt am Sonntag Epiphanias (6.1.13)

Erscheinen
Alles hat seine Konturen, seine Formen, seine Tönung, seine Art. Dinge, Menschen, Räume. Vieles zieht an uns vorüber, ohne dass es wir eigens wahrnehmen, sehen. Manches nehmen wir ab und zu bewusst in den Blick, schauen es uns an. Manches fällt uns plötzlich besonders auf und wir fixieren es. Von manchem werden wir wie gerührt, berührt, wird unser Blick genommen. Als würde in diesem etwas liegen, sein, was sich in unser Sehen, Leben hinein gibt.
Etwas erscheint uns. Etwas, was vorher so nicht da gewesen ist, hebt sich irgendwie ab, taucht auf, kommt zum Vorschein und ist jetzt da. Es ist vor uns und wir sehen es, erkennen es. Es ist erschienen und sichtbar. Als wären wir in unserem Sehen erleuchtet durch das, was uns erscheint. Es scheint wie selbst, ist Licht, glänzend vor unseren Augen. Im Erscheinen erkenne ich in diesem Moment die Bedeutung dessen, das erscheint, für mich. Mir wird das andere klar, was es ist.
Es ist eigentümlich: Es könnte dann auch immer noch oder wieder purer Schein sein, bloße Erscheinung, Trug. Es passiert aber auch ganz intensiv zwischen Menschen und dann ist es Beginn von Liebe. Der andere wird mir in seiner Bedeutung für mich erkennbar.

Lichtstrahlen
Jesus hat auch seine Konturen, seine Worte, seine Taten, seine Zuwendung, seine Geburt, sein Tod, sein Leben. Er erscheint auch und Menschen nehmen ihn wahr, das was er bedeutet. Jesus erscheint und seine Bedeutung, das, was er ist, wird sichtbar und Menschen nehmen sie für ihr Leben wahr, vielleicht an und ernst, selbst auch gelichtet. Immer im drohenden Schatten des bloßen Scheins und immer mit der Aussicht auf  Beginn der Liebe.
Was die Erscheinung Jesu bedeutet, umkreisen die biblischen Texte für den heutigen Epiphaniastag:
Im Propheten Jesaja wird das Erscheinen, das Erstrahlen des Lichts erhofft, werden Menschen dazu angespornt, sich dem kommenden Licht zuzubewegen, wird diese Erscheinung sehnsüchtig erwartet als Befreiung aus der Finsternis für alle. Im Matthäusevangelium sehen die drei heiligen Könige, die Weisen aus dem Morgenland ganz weihnachtlich das Licht im Jesuskind, erst nicht direkt. Der Stern von Bethlehem weißt als Lichtzeichen auf das Licht. Die Weisen folgen. Das frisch geboren Licht der Menschen wohnt im engen Raum, bei denen am Rande, wirklich als Gott in der Dunkelheit. Bei Markus ist Gott ganz selbst Licht vom Himmel und er sieht im erwachsenen Jesus, der sich taufen lässt, den, der es sein soll, seinen Sohn, und gibt ihm alle Lichtworte und Lichttaten für die Zukunft. Für Johannes leuchtet die Bedeutung von Jesus in seinen Wundertaten herrlich auf. Indem Jesus Wasser zu Wein verwandelt, erscheint seine göttliche Herrlichkeit und Menschen werden mit Glauben erleuchtet, oder ihr Sinn bleibt verfinstert. Durch seinen Tod am Kreuz, auf den alle Evangelien zulaufen, ist das herrliche Licht schmerzvoll verdunkelt, und es ist ein tiefes, auch fast dunkles Geheimnis des Glaubens, gerade darin Gott escheinen und das Heil für uns aufleuchte zu sehen. Im Lichte der Auferstehung Jesu, mit der alles endet und eigentlich alles beginnt, wird ganz klar und sichtbar: In Jesus ist Gottes Sohn erschienen. Zu ihm steht Gott und Gott setzt alles, was Jesus gesagt und getan hat, ins göttliche Licht. Mit ihm richtet er sein herrliches Königreich auf, bis dass er wiederkommt und uns allen erscheint.

Neue Epiphanie
Im am 20. Dezember angelaufenen Film „Jesus liebt mich“ erscheint Jesus zum Jüngsten Tag, der am Donnerstag in der Woche nach seiner Ankunft stattfinden soll. Jesus erscheint erst dem Erzengel Gabriel, der für seine Liebe sein Leben im Himmel aufgegeben hatte. Die Epiphanie ist erst verdeckt. Jesus will die Menschen sehen. Durch die Heilung einer Gelähmten in der Fußgängerzone wird das Volk auf ihn aufmerksam und es gründet sich ein kleines Camp von Nachfolgern im Garten von Erzengel Gabriel. Aber vor allem erscheint Jesus der Marie. In ihr erkennt Jesus Maria, Maria von Magdala. Jesus erscheint ihr als der, der er wirklich ist. Er ist für sie seltsam, besonders. Er bittet beim Essen im Restaurant einen Bettler von draußen an den eigenen Tisch. In der großen Epiphanieszene des Films wird Marie alles klar: Sie steigt auf das Dach von Erzengel Gabriel, das Jesus als Zimmermannssohn repariert, und dann einen Vogel ganz ruhig aus seiner Schulter, Jesus erstrahlt in der Sonne hinter ihm mit einem Kronenkranz und Marie erkennt seine Wundmale. Der damals irdische und der einst wiederkommende Jesus sind sichtbar in einer Erscheinung einer.

Hervorleuchten
Jesus erscheint. Damals vor gut 2000 Jahren und zu der Zeiten Ende. Beides mal erscheint Jesus leibhaftig und unmittelbar. Direkt spürbar und sichtbar. Mit voller Wirkung. Dazwischen leben wir, zwischen erstmaliger und endzeitlicher Erscheinung des Herrn. Was ist das für eine Erscheinungszeit?
Jesus erscheint. Wie bei jeder Erscheinung wird ihre Bedeutung sichtbar, spürbar. Sie wird es durch die ganz eigene, besondere Wirkung, die auf die ausgeübt wird, die sie sehen. Jesu Wirkung auf uns, ist dass er uns etwas von Gott erschließt, dass uns etwas aufgeht von Gott, vom Himmel, vom Seelenfrieden. Jesus erscheint und uns erscheint Gott in unserem Leben. Jesu Wirkung ist die Wirkung einer unermesslichen Liebe, die uns in Freiheit für sich gewinnt, für Gott gewinnt, die die Herzen aufschließt und die Sinne öffnet, die die Bedeutung Gottes uns aufgehen lässt im Leben.
Und das ist ein Epiphanie-Fest. Licht im Dunkeln scheint. Seelenfinsternis endet. Gott sammelt liebevoll unsere Lebensfragmente. Sein Glanz legt sich auf uns. Seine Herrlichkeit schmiegt sich in unser Lebenslauf ein. Sein Reich voller Friede, Bewahrung, Leidenschaft, Leben wird an uns sichtbar, gewinnt durch uns Gestalt, Form, Konturen.
Wir erscheinen. Wir erscheinen als Gestalt von Jesus, als  Gottes Söhne und Gottes Töchter.
Im Film „Jesus liebt mich“ wird dank des Einsatzes von Marie die Endzeit auf unbestimmte Zeit verschoben. Gott gewährt noch mal Raum zum Leben und Lieben. Jesus und Marie treffen ganz am Ende des Films noch mal an ihrem menschenleeren Waldsee. Jesus schaut Marie an und fragt sie, was wichtiger sei: Dass ER sie liebe oder dass ER alle Menschen liebe. Marie und uns ist die Antwort klar. Jesus ist da, damit in allen Menschen Gottes Liebe erscheint. Dann verschwindet Jesus vor Maries Augen und bevor er das tut, sagte er ein hoffnungsvolles „Auf Wiedersehen“. Amen.

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