Predigt am Sonntag Epiphanias
(6.1.13)
Erscheinen
Alles hat seine Konturen, seine
Formen, seine Tönung, seine Art. Dinge, Menschen, Räume. Vieles zieht an uns
vorüber, ohne dass es wir eigens wahrnehmen, sehen. Manches nehmen wir ab und
zu bewusst in den Blick, schauen es uns an. Manches fällt uns plötzlich besonders
auf und wir fixieren es. Von manchem werden wir wie gerührt, berührt, wird
unser Blick genommen. Als würde in diesem etwas liegen, sein, was sich in unser
Sehen, Leben hinein gibt.
Etwas erscheint uns. Etwas, was
vorher so nicht da gewesen ist, hebt sich irgendwie ab, taucht auf, kommt zum
Vorschein und ist jetzt da. Es ist vor uns und wir sehen es, erkennen es. Es
ist erschienen und sichtbar. Als wären wir in unserem Sehen erleuchtet durch
das, was uns erscheint. Es scheint wie selbst, ist Licht, glänzend vor unseren
Augen. Im Erscheinen erkenne ich in diesem Moment die Bedeutung dessen, das
erscheint, für mich. Mir wird das andere klar, was es ist.
Es ist eigentümlich: Es könnte dann
auch immer noch oder wieder purer Schein sein, bloße Erscheinung, Trug. Es passiert
aber auch ganz intensiv zwischen Menschen und dann ist es Beginn von Liebe. Der
andere wird mir in seiner Bedeutung für mich erkennbar.
Lichtstrahlen
Jesus hat auch seine Konturen, seine
Worte, seine Taten, seine Zuwendung, seine Geburt, sein Tod, sein Leben. Er
erscheint auch und Menschen nehmen ihn wahr, das was er bedeutet. Jesus
erscheint und seine Bedeutung, das, was er ist, wird sichtbar und Menschen
nehmen sie für ihr Leben wahr, vielleicht an und ernst, selbst auch gelichtet.
Immer im drohenden Schatten des bloßen Scheins und immer mit der Aussicht auf
Beginn der Liebe.
Was die Erscheinung Jesu bedeutet,
umkreisen die biblischen Texte für den heutigen Epiphaniastag:
Im Propheten Jesaja wird das Erscheinen, das Erstrahlen des Lichts erhofft, werden
Menschen dazu angespornt, sich dem kommenden Licht zuzubewegen, wird diese
Erscheinung sehnsüchtig erwartet als Befreiung aus der Finsternis für alle. Im Matthäusevangelium sehen die drei
heiligen Könige, die Weisen aus
dem Morgenland ganz weihnachtlich das Licht im Jesuskind, erst nicht direkt.
Der Stern von Bethlehem weißt als Lichtzeichen auf das Licht. Die Weisen
folgen. Das frisch geboren Licht der Menschen wohnt im engen Raum, bei denen am
Rande, wirklich als Gott in der Dunkelheit. Bei Markus ist Gott ganz selbst Licht vom Himmel und er sieht im
erwachsenen Jesus, der sich taufen lässt, den, der es sein soll, seinen Sohn, und
gibt ihm alle Lichtworte und Lichttaten für die Zukunft. Für Johannes
leuchtet die Bedeutung von Jesus in seinen Wundertaten herrlich auf.
Indem Jesus Wasser zu Wein verwandelt, erscheint seine göttliche Herrlichkeit und
Menschen werden mit Glauben erleuchtet, oder ihr Sinn bleibt verfinstert. Durch
seinen Tod am Kreuz, auf den alle
Evangelien zulaufen, ist das herrliche Licht schmerzvoll verdunkelt, und es ist
ein tiefes, auch fast dunkles Geheimnis des Glaubens, gerade darin Gott
escheinen und das Heil für uns aufleuchte zu sehen. Im Lichte der Auferstehung Jesu, mit der alles endet
und eigentlich alles beginnt, wird ganz klar und sichtbar: In Jesus ist Gottes
Sohn erschienen. Zu ihm steht Gott und Gott setzt alles, was Jesus gesagt und
getan hat, ins göttliche Licht. Mit ihm richtet er sein herrliches Königreich
auf, bis dass er wiederkommt und uns allen erscheint.
Neue Epiphanie
Im am 20. Dezember angelaufenen Film
„Jesus liebt mich“ erscheint Jesus zum Jüngsten Tag, der am Donnerstag in der
Woche nach seiner Ankunft stattfinden soll. Jesus erscheint erst dem Erzengel
Gabriel, der für seine Liebe sein Leben im Himmel aufgegeben hatte. Die
Epiphanie ist erst verdeckt. Jesus will die Menschen sehen. Durch die Heilung
einer Gelähmten in der Fußgängerzone wird das Volk auf ihn aufmerksam und es
gründet sich ein kleines Camp von Nachfolgern im Garten von Erzengel Gabriel.
Aber vor allem erscheint Jesus der Marie. In ihr erkennt Jesus Maria, Maria von
Magdala. Jesus erscheint ihr als der, der er wirklich ist. Er ist für sie
seltsam, besonders. Er bittet beim Essen im Restaurant einen Bettler von
draußen an den eigenen Tisch. In der großen Epiphanieszene des Films wird Marie
alles klar: Sie steigt auf das Dach von Erzengel Gabriel, das Jesus als
Zimmermannssohn repariert, und dann einen Vogel ganz ruhig aus seiner Schulter,
Jesus erstrahlt in der Sonne hinter ihm mit einem Kronenkranz und Marie erkennt
seine Wundmale. Der damals irdische und der einst wiederkommende Jesus sind sichtbar
in einer Erscheinung einer.
Hervorleuchten
Jesus erscheint. Damals vor gut 2000
Jahren und zu der Zeiten Ende. Beides mal erscheint Jesus leibhaftig und
unmittelbar. Direkt spürbar und sichtbar. Mit voller Wirkung. Dazwischen leben
wir, zwischen erstmaliger und endzeitlicher Erscheinung des Herrn. Was ist das
für eine Erscheinungszeit?
Jesus erscheint. Wie bei jeder
Erscheinung wird ihre Bedeutung sichtbar, spürbar. Sie wird es durch die ganz eigene,
besondere Wirkung, die auf die ausgeübt wird, die sie sehen. Jesu Wirkung auf
uns, ist dass er uns etwas von Gott erschließt, dass uns etwas aufgeht von
Gott, vom Himmel, vom Seelenfrieden. Jesus erscheint und uns erscheint Gott in
unserem Leben. Jesu Wirkung ist die Wirkung einer unermesslichen Liebe, die uns
in Freiheit für sich gewinnt, für Gott gewinnt, die die Herzen aufschließt und
die Sinne öffnet, die die Bedeutung Gottes uns aufgehen lässt im Leben.
Und das ist ein Epiphanie-Fest. Licht
im Dunkeln scheint. Seelenfinsternis endet. Gott sammelt liebevoll unsere
Lebensfragmente. Sein Glanz legt sich auf uns. Seine Herrlichkeit schmiegt sich
in unser Lebenslauf ein. Sein Reich voller Friede, Bewahrung, Leidenschaft,
Leben wird an uns sichtbar, gewinnt durch uns Gestalt, Form, Konturen.
Wir erscheinen. Wir erscheinen als Gestalt
von Jesus, als Gottes Söhne und Gottes Töchter.
Im Film „Jesus liebt mich“ wird dank
des Einsatzes von Marie die Endzeit auf unbestimmte Zeit verschoben. Gott
gewährt noch mal Raum zum Leben und Lieben. Jesus und Marie treffen ganz am
Ende des Films noch mal an ihrem menschenleeren Waldsee. Jesus schaut Marie an
und fragt sie, was wichtiger sei: Dass ER sie liebe oder dass ER alle Menschen
liebe. Marie und uns ist die Antwort klar. Jesus ist da, damit in allen Menschen
Gottes Liebe erscheint. Dann verschwindet Jesus vor Maries Augen und bevor er das
tut, sagte er ein hoffnungsvolles „Auf Wiedersehen“. Amen.
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