Predigt am 1. Sonntag nach Epiphanias
(13.1.13)
Johannes 12, 34-36
34 Da antwortete ihm
das Volk: Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus in Ewigkeit
bleibt; wieso sagst du dann: Der Menschensohn muss erhöht werden? Wer ist
dieser Menschensohn?
35 Da sprach Jesus zu
ihnen: Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, solange ihr
das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht überfalle. Wer in der
Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht. 36 Glaubt an das Licht,
solange ihr's habt, damit ihr Kinder des Lichtes werdet. Das redete Jesus und
ging weg und verbarg sich vor ihnen.
Fragen treiben in die
Finsternis
Fragen treiben Spott. Fragen verdunkeln. Fragen treiben wie in
die Finsternis. Wieso haben wir das gelesen? Wieso sagst du anderes? Wer ist
es? Der erwartete Messias. Der Auserwählte. Die Lichtgestalt. Der Hoffnungsträger.
Der Christus. Wer ist er? Wie lange bleibt er? Fragen martern Hirn, Erwartung,
Sehnsucht, Glaube.
In wem erscheint das Licht, das Heil vor den Augen der Menschen?
Wo erscheint das Licht und wie lange? Wie lange scheint es noch? Das Licht ist
gekommen. Das Licht ist geboren. Das Licht ist da. Das Licht wird gehen. Warum?
Warum so ? Warum bleibt das Licht nicht immer? Warum ist Jesus gekommen, ist wieder
gegangen und wird wieder kommen? Warum war er da und sagte: „Eine kleine Zeit
noch“ und ging, um zu einer bestimmten Zeitpunkt wieder zu erscheinen?
Warum ist Jemand da und geht wieder? Warum fragen wir: Wie
lange bist du noch da, noch bei mir? Warum müssen wir dies fragen? Warum dauern
Glück, Sinn, Licht nur eine Weile, eine kurze Weile geschaut auf alles, was lange,
zu lange währt. Warum ist Liebenswertes oft so flüchtig, so begrenzt, so vergänglich,
so schwindend, dass jedes Noch schon den Blick auf das Nichtmehr zwingt, und
schon der Augenblick Schmerz und Unglücklichsein in sich trägt. Warum nur so lange?
Fragen treiben Spott. Fragen treiben in die Finsternis.
Fragen verdunkeln. Und jede Frage, die hört Jesus sorgenvoll. Je mehr Licht ins
Licht kommen soll, je mehr wir fragen nach dem Lebenslicht, nach seinem
Leuchten, nach seiner Gegenwart, je mehr werden wir in die Dunkelheit gezogen,
entschwindet uns das Licht, das wir suchen. Und Jesus steht da, ist gefragt und
spricht, spricht mit dunklen Sorgen:
Vom Licht getroffen
Entscheidend ist doch: Ihr seid vom Licht getroffen. Ihr
steht in ihm. Fragt nicht nach Licht. Ihr steht in ihm, in seinem Lichtkegel
euer Leben lebend.
Hört auf, zu fragen, nachzulesen, hinzuhören. Hört auf, nach
vorne und nach hinten zu denken, Vergangenheit und Zukunft zu befragen,
vorwegzunehmen aus Vergangenem und Zukünftigem. Es ist so, wie es ist, sagt seine
Liebe. Das Licht ist noch eine kleine Zeit. So ist es. So war es und so wird es
immer sein, immer eine kleine Zeit, immer „Noch“ - noch durch alle Zeiten
hindurch, für alle Menschen, an allen Orten, bei euch, unter euch, zwischen
euch und in euch.
Und da steht ihr jetzt im Lichtkegel Gottes, beschienen,
beleuchtet, gemeint, getroffen, angesprochen. Eure Gegenwart, jenseits vom
Dunkel, das die Welt durchweht, vom Zwielicht, von allen Dämmerungen der
Seelentrunkenheit, vom Zeitensturm, der die Augen trübt, von Fragen und
Zweifeln, Nöten und Ängsten, eure Gegenwart verdankt ihr jetzt dem Licht,
seiner Nähe und seiner Gegenwart, die euch trifft, anspricht und heilvoll
liebt.
Mehr ist nicht zu sagen über das Lebens-Licht, kein Wort,
keine Frage mehr. Ihr lebt von ihm beschienen jetzt. In jeder Sekunde habt ihr einen
kleinen Türspalt zum Himmel weit geöffnet.
Dem Licht entsprechen
So lebt, so glaubt, so wandelt und führt euer Leben. Ein
Leben dem Licht entsprechend, dem gemäß, dass es euch bescheint und ihr in
seinem Lichtkegel steht. Selbst sein wie das Licht, ihm wirklich entsprechen,
Gott antworten auf sein Lichtschein, auf sein Hoffnungswort und seine
Liebestat.
Dem Licht Gottes entsprechen: Und keine Finsternis überfällt
euch, ihr geht nicht irr, ihr wisst, wo Anfang und wo Ziel, wo Ursprung und wo
Erfüllung, wo Hoffnung, Sinn und der Glaube sind. Dem Licht entsprechen und
Worte sind gefunden, die gegen eigene und andere Finsterworte sprechen, die so
viel Licht, Klarheit und Liebe in sich haben, davon wie gefüllt sind, dass es
passiert: Dunkelheit in Menschenherzen, in Häuserwohnzimmer, im eigenen Leben
wird vertrieben. Wir selbst werden mit Tat und Wort selbst im Licht Lichtbringer
gegen Finsternis.
Dem Licht Gottes entsprechen: Und wir werden, sind Kinder des
Lichts. Wir sind nie nur Söhne und Töchter der Zeit, der Umstände, der eigenen
Sorgen und Fragen, der Dunkelheit und Nöte. Wir sind vielmehr dem Licht verschrieben,
geben uns ihm hin, vertrauen, verbünden uns tief mit ihm, spüren und halten uns
nahe zu ihm, bergen uns bei ihm zum Schutz, zur Freude, zum Kraftschöpfen, wie
ein Kind in Elternarm. Wir werden, sind eins mit ihm, wie Lichtquelle und
Lichtschein untrennbar eins sind, damit mit uns Licht werde.
Im Verborgenen das
Licht
Das Licht der Welt, Jesus, der Gesuchte, der Erwartete, der
Erhoffte, der Hoffnungsträger, die Seelenlichtgestalt, in dessen Schein
Menschenschuld und Menschenglanz jederzeit zu stehen kommen, Jesus sprach Lichtworte,
die dunkle Fragensteller sorgsam wieder ins echte Licht setzte, und als er
gesprochen hatte, verbarg er sich.
Er, der das Licht ist, verbirgt sich, als würde im
Verborgenen allein das hellste Licht ihm leuchten, als würde Jesus selbst dort
im Verborgenen, im Stillen, im Kleinsten, im Licht Abgewandten, genau dort Gesuchtes
finden: Antwort auf Fragen, Stille für lange Zeiten, Kraft für seinen Weg, Gott
für die Welt, Liebe für uns.
Dem Licht Gottes entsprechen: Jesus nach jedem Lichtwort ins
Verborgene folgen und aus Gottes verborgen-heller Gegenwart wieder und immer
wieder schöpfen, wie Licht geboren werden, ans Licht kommen und geheilt von
allen dunklen Fragen erstrahlen. Amen.
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