Samstag, 22. Dezember 2012

Maßlos



Predigt am ersten Christtag 2012

Johannes 3, 31-36
Der von oben her kommt, ist über allen. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Der vom Himmel kommt, der ist über allen und bezeugt, was er gesehen und gehört hat; und sein Zeugnis nimmt niemand an.
Wer es aber annimmt,  der besiegelt,  dass Gott wahrhaftig ist. Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist ohne Maß. Der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in seine Hand gegeben. Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.

Irdische Schwerkraft
Das Irdische hat eine eigentümliche Schwerkraft. Eine allzu irdische Schwerkraft, die uns manchmal wie bindet und wie am Boden hält. Die uns schwer anzieht, drückt und wie fesselt. Die sich wie eine grauer, dunkler Schleier, Mantel über uns legt und auf den Boden drückt, uns am Boden hält.
Ganz verschiedene Formen und Namen hat diese allzu irdische Schwerkraft und wir spüren sie, wenn sie uns morgens das Aufstehen und abends das Einschlafen schwer macht, die Freude am Tag nimmt, Probleme übergroß erscheinen, Sorgen über den Kopf wachsen lässt, wenn Schuld und Unausgesprochenes uns unterschwellig quälen, wir kaum mehr Kraft haben, nur Lebensmüdigkeit, wenn alles grau scheint, wenn unsere Seele wie verdunkelt ist, ohne Licht, leer.
Annehmen, einfach darauf zu leben, Vertrauen fallen dann schwer. Sehen auch, weil über das Sehen ein Grauschleier liegt, der alles, auch Buntes, Helles, Gutes, Schönes grau sieht und macht. Sehenden Auges ist Mensch dann wie seelenblind, verschlossen, zugemacht. Es ist auch nichts mehr, dem man richtig folgen könnte. Einem Plan, einem anderen, der einen liebt, Gott. Jeder Kontakt ist wie abgedichtet, wie abgeschnitten, hören, gehorchen, gehorsam sein, Gott, anderen, sich selbst ist  nur schwer, ist kaum möglich. Von Erde ist man genommen und es scheint, dass man wieder zur Erde wird mitten im Leben.
Darüber kann Gott wütend werden. Darüber wird Gott zornig. Darüber ist Gott zornig. Er ist zornig über diese Schwerkraft des allzu Irdischen, die uns zu Boden drückt, uns das Leben erschwert, es wie wegnimmt und gegen ihn, gegen Gott steht, der unser Leben will, es uns schenkt, der uns Menschen von der Erden himmelwärts ausrichten will.

Die Fülle ist da
Heiligabend, Weihnachten, das Christfest ist Zeichen, ist Erinnerung, ist Verheißung: Die Fülle ist da. Trotzdem. Es gibt sie. Es gibt ein Leben, das die Ewigkeit atmet. Es gibt Worte, die die Wahrheit und das Leben in sich haben. Es gibt die Wahrheit, die von Qual und Schuld befreit. Es gibt die Liebe, die erfüllt, beseelt, uns meint Es gibt Heil ohne Maßen, für alle.
Und: Es gib einen, der uns all das bringt, der mit all dem zu uns kommt, der im Kommen selbst die Fülle bringt und uns den Weg in die Fülle zeigt, ihn mitgeht. Es gibt einen, der diese Fülle besitzt, aus Liebe ihm in die Hand gegeben, und der sie uns schenkt, von dem und über den diese Fülle auf uns, die Welt, ihre Menschen, groß und klein, gestern, jetzt und morgen überfließt, maßlos, ohne Einschränkung, ohne Vorbehalt, zügellos, ohne etwas zurückzuhalten.
Es gibt einen, der in dieser Fülle selbst ist, dessen Herz, dessen Worte, dessen Blick, dessen Taten, dessen Berührungen, dessen ganzes Leben, Geburt und Tod, tief und fest verankert sind in dieser Fülle. Einer, der diese Fülle Menschen sagt, davon erzählt, sie hören und spüren lässt, der diese Fülle im Leben wahr und wirklich werden lässt. Einer, der schon immer beheimatet ist in dieser Fülle und sie uns mit ausgestreckten und weit offenen Händen gibt und wir das Leben sehen und bekommen, ja von ihm selbst wie umhüllt werden, himmelwärts angezogen werden.
Heiligabend, Weihnachten, das Christfest sagt, lässt uns hören, sehen, spüren: Dieser eine ist Christus, dessen Geburt wir bestaunen.

Unterstellen
So sehr Gott zornig ist über die Schwerkraft, die uns manchmal hart an den Boden bindet, so sehr ist es seine Liebe, die uns die Fülle des Lebens schenkt, vorbehaltlos und aus freien Stücken. Seine Liebem, die uns mit einem, unserem Stück Himmel, mit Licht, Freude, Hoffnung auf unserem Fleck Erde anzieht, ja wie überkommt.
Wir können uns dem unterstellen, dem was uns überkommt mit Christus. Unterstellen als sachte weihnachtliche Gegenbewegung gegen die allzu irdische Schwerkraft, die uns bindet und Gott brechen möchte. Unterstellen unter dieser Fülle und versuchen, sie anzunehmen, auch wenn sie fern oder zweifelhaft scheint, sich von ihr überreden lassen, sich ihr fügen, in weihnachtlicher Demut, in sie einstimmen mit dem, was wir gerade sind, wunderbar oder elendig, glänzend oder verletzt, trotzig oder leer, einstimmen, einstellen hinein in die Fülle, die über uns kommt.
Das wäre: Sich dem Himmel unterstellen. Eigentlich stehen wir da immer. Er ist der Horizont unseres Lebens. Mit Heiligabend ist er auf die Erde gekommen, ist die Fülle des Göttlichen für uns in diesem Krippenkind, das erwachsen wird, zum Leben ganz nah. Sich dem Himmel auf Erden unterstellen. Eigentlich wäre das, dem Krippenkind Jesus folgen, wie er zu suchen das Heilige im Schmutz, das Ewige im Vergänglichen, heilsame Worte in der Stille, die Wahrheit im Gespräch, Liebe im Kleinen, die Fülle im anderen, die Auferstehung im Tod, das Leben in Gott.
Und dabei von IHM weihnachtlich erfüllt werden. Maßlos. Maßlose Freude darüber wird bei Gott des Himmels und der Erden sein. Amen.

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