Donnerstag, 22. März 2012

Schlüsselerlebnis


Predigt am Sonntag Judika (25.3.12) zur Jubelkonfirmation

Schlüssel
Wir haben sie täglich in der Hand, kramen sie aus der Hosen- oder Handtasche. Wir stecken sie ins Schlüsselloch und drehen sie um und kommen in Häuser, in Wohnungen, zu den Kleidern im Schrank, können mit dem Auto oder mit dem Fahrrad losfahren. Wir haben eigentlich immer mehr als einen, oft einen ganzen Bund davon, ein Bund, der von den Schlössern unseres Alltags still erzählt, vom auf und zu schließen, von unseren eigenen vier Wänden, von dem Bedürfnis hinter sich die Tür zuzuziehen oder für andere die Türe und das Herz zu öffnen. Manche Schlüssel verlegen wir und suchen sie. Manche Schlüssel bleiben ihr Leben lang unbenutzt. Mancher Schlüssel bedeutet Besitz, Eigentum und eine kleine Macht. Manche Schlüssel tragen Sehnsucht in sich und all unsere Schlüssel, alltägliche, stille Wegbegleiter tragen unsere Lebensspuren.

Umdrehen
Vor verschlossenen Türen stehen, sich fragen, ob sie geöffnet werden. Sich wieder umdrehen und gehen. Dahinter das Unerfüllte zu ahnen. Oder hindurchgehen und in Lebensräume kommen. Die ganze eigenen finden, mit sich und anderen Räume und Leben teilen. Aufschließen und zuschließen. Das alles gehört grundlegend zum Leben.
Es gibt verschlüsselte Botschaften, die einem etwas sagen wollen. Man kann sich vieles selbst erschließen, im Nachhinein, manches bleibt Geschenk. Manche Menschen wirken verschlossen, in sich geschlossen und unzugänglich. Andere sind ungeheuer aufgeschlossen, für fast jeden und alles. Wie schön ist es, wenn wir von Liebe umschlossen werden und wie bitter, wenn wir vor einer schon längst beschlossenen Sache den Kopf schütteln. Schlüsselkinder haben Schlüssel um den Hals hänge. Manager haben Schlüsselpositionen. Petrus hat angeblich die Schlüsselgewalt. Ganz wichtige Menschen haben Schlüsselfragen parat. Und wir alle kennen Schlüsselerlebnisse, entscheidende Augenblicke in unserem Leben.
Und immer geht es irgendwie um den einen alltäglich magischen Moment: Den Schlüssel in der Hand und umdrehen. Passt er? Offen oder zu? Rein oder raus? Ja oder Nein. Das alltäglich binäre System des Lebens, das entscheidet.


Weit geöffnet
Hat Gott auch einen Schlüssel, einen Schlüsselbund? Oder ist er die Tür, das Tor, die Pforte zu etwas? Gott ist weder Tür noch Schlüssel, aber er ist entscheidend. Er schließt auf und schließt ab. Er öffnet und durch ihn kommen wir dorthin, wo wir das Leben entdecken, bekommen und haben.
Zweimal denkt die Bibel Gott und Schlüssel zusammen. Einmal hat Gott den Schlüssel zur Hölle und damit schließt er sie, die Hölle, das verlorene Leben, für uns zu. Und einmal gibt Gott Petrus den Schlüssel zum Himmelreich und protestantisch sind wir Petrus, Menschen, die vor Gott leben wollen, und so gibt er uns den Schlüssel zum Himmelreich. Er hat diesen Schlüssel und gibt ihn uns, damit wir durch ihn ins Leben, ja zum Leben kommen.
Gott hat unseren Lebensschlüssel in der Hand und schenkt ihn uns. Das verlorene Leben schließt er ab. Keine Hölle für uns. Und er schließt das Leben für uns auf. Wir können hineingehen. Versprochen.

Schlüsselleben
In der Taufe erhalten wir den Schlüssel des Lebens. Wenn wir als Säuglinge getauft werden, nicht direkt. Wir müssen erst lernen zu greifen, zu halten und die Dinge in ihrer Bedeutung zu benutzen. Das gilt auch für den Schlüssel des Lebens. Ihn bekommen, bekamen die Eltern und die Paten. Sie schließen für die Täuflinge das Leben auf und gehen mit ihnen hinein. So erfahren die Täuflinge, wenn sie größer werden, wie man diesen Schlüssel benutzen kann und lernen seinen Gebrauch. Bestenfalls. Aber schon da, kann man auch nie lernen, verlernen oder vergessen, was man geschenkt bekommen hat.
In der Konfirmation sagen die fast erwachsenen Ex-Täuflinge Ja zur Taufe und ihr Schlüssel zum Leben wird ihr ganz eigener Besitz und sie sind allein dafür verantwortlich, auf ihn aufzupassen und ihn zu benutzen. Und man merkt spätestens dann, da sind noch andere, die diesen Schlüssel haben, Mitkonfirmanden, Gemeinde genannt, die Schlüssel sind verschieden, alle führen aber ins Leben zu Gott. Und Gott hat sie wie ein Schlüsselbund in der Hand.
Im Lauf des Menschenlebens gibt es dann verschiedene Zeiten für den Lebensschlüssel. Menschen gehen ganz unterschiedlich mit ihm um. Manche vergessen ihn. Manche brauchen ihn nicht. Bei manchen funktioniert er scheinbar nicht und das Leben wird zur Suche nach dem passenden Schlüsselloch zum Leben. Manche machen regen Gebrauch davon. Ein Leben als Schlüsselgeschichte.

Heute Jubelkonfirmation: Blick auf den Schlüssel des Lebens. Rückblicks auf Ihren und unseren Schlüsselgebrauch. Zeit auch der Erinnerung an Ihre Schlüsselerlebnisse, an die Momente, in den Sie ihren Lebensschlüssel für Sie und Gott entscheidend genutzt haben. Zeit der Dankbarkeit. Gott hat Ihnen sein Schlüssel des Lebens gegeben, damit wir das Leben finden und haben. Mit ihm. Gott erschließt sich ihnen als einer, der alles Schwere und alle Höllenmomente wegschließen möchte und Ihnen, uns allen die Tür zum Leben weit aufschließt.

Herein!
Gleich im Abendmahl werden wir das ganz nah erleben dürfen, Gott dreht den Schlüssel für uns um, wir treten hinzu und wir sind seine Gäste, freigesprochen von allem schweren und zurecht geliebt zum Leben mit ihm. Im Segen, den Sie wie damals bei ihrer Taufe und bei ihrer Konfirmation zugesprochen bekommen passiert weder Schlüssel noch Tür. Es passiert, es ist das, wenn Gott mit dem Schlüssel des Lebens die Tür aufschließt: Sie werden von Ihrem Gott liebevoll umarmt und sind ein Mensch im Himmelreich. Amen.

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