Sonntag, 18. März 2012

„Die Tiefe Gottes“

Predigt am Sonntag Laetare (18.3.12) 
zum Konfi-Thema „Höhen und Tiefen“

So breit wie lang
Höhe und Tiefe sind eigentlich erst einmal nur Raumgrößen, Raumausdehnungen: oben und unten, sehr weit oben und sehr weit unten, Höhe und Tiefe. Dazu kommen Länge und Breite und dann ist jeder Raum ausgemessen, in seiner Ausdehnung beschrieben, und in diesem Raum bewegen wir uns, in dieser Raumausdehnung leben wir, empfinden sie man eng oder weit, mal leer oder gefüllt, mal unser, mal fremd .Leben zwischen Länge und Breite, Höhe und Tiefe. So ist das Leben.
Gott nennen wir allmächtig, allgegenwärtig, immer und überall irgendwie da. So kann es eigentlich keinen Raum geben, in dem er nicht ist. Kann es keine Raumausdehnung geben, in der er nicht ist. Er ist präsent, gegenwärtig, da in allen Räumen, in aller Ausdehnung, in allem zwischen Höhe, Tiefe, Breite und Länge.
So kann uns nichts scheiden von ihm, weder Hohes noch Tiefes. So ist Gott für uns immer da in unseren Raumbewegungen in Höhe, Tiefe, Breite und Länge. So ist Gott für uns immer begleitender Bezugspunkt, Resonanzraum: in der Länge unseres Lebens, in der Breite seiner Augenblicke, Gedanken, Gefühle, in erlebten Höhen und in durchlittenen Tiefen. Er ist Resonanz in der Tiefe für unsere Klagen und Bitten. Er ist Resonanz in der Höhe für unseren Dank und unser Lob.

Aus der Tiefe
Wir Menschen sind lebendig verortet zwischen Höhe und Tiefe, und deren Momente mit Kummer und im Glück, zwischen Gulli und Schiene, mit dem Blick auf die Kraft, gebückt nach oben. Wir selbst mit unserem Körper und der Seele sind immer Raum im Raum selbst, sind oft gutes Mittelmaß, loten aus, werden ausgelotet zwischen Höhen und Tiefen, zwischen Höhepunkte und Tiefpunkten.
Wir Menschen sehen, brauchen, sehnen uns nach einem Gott in der Höhe, der da oben thront, sicher herrscht, herrlich sitzt; dessen Wege, dessen Gedanken, dessen Wille und Weitblick höher, größer, weiter ist als unsere. Ein Gott, der dem gegenüber steht, lebt, sich bewegt, das uns Tiefe ist. Gott gegenüber dem Graben, dem Schlamm, dem undurchsichtigen Meer, der abgründige Erde, dem trügerischen Schlaf, dem unseligen Tod, dem Chaos, der Tiefe, unsere Untiefe, die ungezügelt, verschlingend, unerforschlich, unbegreiflich ist.
Menschen schreien aus der Tiefe, als säßen sie dort fest, als wäre der Blick nach oben unendlich weit, aussichtslos, Tiefe der Trauer, des eigenen Leidens, der Schuld, der Ratlosigkeit, der Einsamkeit, des Seelenunfriedens.
Aus der Tiefe schreien Menschen zu Gott in der Höhe. Und Gott holt sie raus und wirft ihre Sünden ins äußerste Meer und Menschen erleben die Tiefe Gottes, die Tiefe des Reichtums Gottes, seine unbegreiflichen und unerforschlichen Wege.
In die Höhe steigen Menschen. Sie sehen die Höhe oben und das Ziel vor Augen. Die Höhe wird zum Spiegelbild von dem, der sie ersteigt. Die Tiefe ist unbekannt, sie liegt im Dunkeln, unten, man kann sie nicht einsehen. In die Tiefe steigen Menschen, ohne zu sehen, wie sie hinunter kommen, wo sie endet, was dort ist. So wird die Tiefe zum Ort, an dem Menschen von sich etwas sehen, was sie noch nicht waren, bis sie dort in der Tiefe waren. Sie kommen tiefer zu sich.

heruntergekommen
Gott wurde Mensch in Jesus von Nazareth. Der hohe Gott steigt herab von seinem himmlischen Thron, entkleidet sich seiner Herrlichkeit und Majestät und wird Mensch. Die Höhe kommt herunter und wird tiefer. Gott kommt tiefer zu sich.
Im Leiden von Jesus wird dieser Abstieg zum freien Fall. Die Passion Jesu ist Gottes Tiefpunkt. Und doch wohnt diesem Abstieg Gottes eine eigentümliche Höhe inne, weil die Liebe Jesus nicht aufhört. Jesus stirbt am Kreuz und er steigt hinab ins Totenreich. Tiefer geht es nicht. Weiter ausgespannt zwischen einstiger Höhe im Himmel als Gottessohn und verborgener Jesus im Totenreich geht es nicht, in dieser weitesten Ausdehnung scheinen all unsere Räume umschlossen zu sein.
Jesus ist in der absolute Tiefe, dem Totenreich. Unserem Gott, der seinen Sohn, seinen Plan vom menschlichen Glück, seine Liebe so tief fallen lässt, so tief gehen lässt, so tief wie es tiefer nicht geht, unserem Gott ist nichts Abgründiges fremd, er durchmisst alles, er ist nie nur der hohe, erhabene Gott. Er ist der wirklich und ganz und gar heruntergekommene Gott. Einer, dem unsere Tiefen, die allertiefsten Tiefen die eigenen sind.
Sein Sohn, sein Plan vom Glück, seine große Liebe durchschreitet selbst diese tiefsten Tiefen, durchlebt, erlebt sie und ist so auch in unseren Tiefen gegenwärtig. So wird unsere Tiefe zur Tiefe, in der wir tief zu uns kommen als die, die wir sind in Höhen, im Mittelmaß und eben in den Tiefen: Gottes immer dennoch, immer geliebte Menschen, an denen er festhält, mit denen er durch Tiefen geht - bis nach einer manchmal unbestimmten Zeit so etwas wie Auferstehung im Leben kommt. Amen.

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