Mittwoch, 23. Dezember 2015

Ecce Homo



Predigt zum Christfest 2015

Titus 3, 4-7
Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat  durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung

Ein-Blick Gottes
Menschen schauen Menschen an, flüchtig, kürzer, länger, genauer. Menschen schauen Menschen an, begegnen ihnen, wenden sich ihnen zu, öffnen ihr Herz und teilen, teilen Zeit, Gedanken, das, was sie haben. Menschen schauen Menschen an, in die Augen, die müden und frohen, hinab bis zur Seele, geschunden und wunderbar, tragen in sich Liebe. Menschen sind menschenfreundlich, menschenliebend, wohlwollend, großzügig, gemeinsam.
Gott ist menschenfreundlich, menschenliebend. Er ist in sich Liebe zu uns, er blickt uns an, genauer, er begegnet uns in unserer Tiefe, teilt sich, gibt sich, schenkt sich. Gott ist in seiner Liebe freundlich, menschenfreundlich und gnädig, gütig und barmherzig, uns zugewandt, liebevoll zugewandt. Gott ist aber mehr, mehr für uns:
Gott blickt uns in Liebe an und sein Blick ist das Angesicht Jesu Christi, Gott blickt uns in ihm menschenfreundlich an und wir bekommen selbst Einblick in Gott: Jesus Christus ist beides: Er ist der uns liebende Blick Gottes und er führt uns vor Augen, wer wir sind, wer wir sein sollen und können. In Jesus Christus wird sichtbar, was der Mensch ist, wie der Mensch vor Gott ist, wer der Gott entsprechende Mensch ist. Im Kind vom Stall, im Mann von Nazareth, in Geburt, Weg, Kreuz und Auferstehung wird sichtbar, tritt uns entgegen, begegnet uns das Bild des Menschen, des Menschen von Gott geschaffen, gewollt, beseelt. Gott liebt seine Menschen, er lässt sie sehen, wer sie wirklich sind.

Hineingeboren
Das zu entdecken, zu sehen, dem gewahr und ansichtig zu werden in einer ganz gebürtlichen Art, fasziniert Menschen geheimnisvoll an Weihnachten und lässt sie eine tiefe friedvolle Freude empfinden: Sehen, wer wir eigentlich sind. Sehen, wer ich wirklich bin. Das gnadenvoll, gütig, liebend gezeigt bekommen. Die Verheißung: Menschen können an Weihnachten Mensch werden.
Diese Menschwerdung, dieses Bild vom Menschen, der Gott gefällt, verändert Menschen, setzt sie auf neue Wege, lässt sie diesem Bild entgegen gehen, verwandelt sie schon hinein in dieses. Sie werden von ihm, von Gottes Liebesbild, begeistert, werden wie hinein getaucht, übergossen, verzaubert, spüren in sich das Wollen, in dieses Bild sich hineinzubegeben, hineinzuwachsen, es selbst irgendwie zu werden, ein Mensch: von Gott gewollt, von Gott beseelt, von Gott geliebt und ein Mensch, der auf seine Liebe antworten, seinem Leben ein auf Gott antwortende Gestalt gibt. An Weihnachten werden Menschen selbst mit jenem Kind wie neu geboren, werden wie hineingeboren in das, was und wen dieses Kind im Lauf seines Werdens von Gott in die Welt bringt, an Worten und Wirken, an Bildern und Wundern, an Schmerz und Sinn.

Ewiger Jesus Christus
So werden Menschen selig, gerecht und Erben des ewigen Lebens. Sie finden ein Leben vor Gott, aus ihm und auf ihn zu, kein perfektes, gelingendes, aber ein Leben, das Gott gerecht ist, das von Gott gehalten, geborgen und getröstet ist, eines, das vor Gott gelebt wird, manchmal im Ringen und Fragen, aber in sich und im Ganzen eine Gestalt gewinnt, die vor Gott sein soll und ist, ein Leben als Antwort auf Gottes Frage nach ihm, den Menschen.
Menschen erscheint in Jesus Christus Gottes Menschenliebe, es erscheint ihnen sein Lebensbild. Sie werden Erben des ewigen Lebens, indem sie Christus sehen: Wie er geboren wurde, sich ganz in die Hände der Welt gab und lebte, Gott vor den Menschen lebte. Wie er so sehr auf Gottes Frage nach ihm Antwort, dass andere in ihm auch Antwort auf Gott fanden und finden. Wie er auch unter Schmerzen diese Antwort in der Sprachlosigkeit des Todes noch stammelend gab, wie er in Macht und Ohnmacht bei Gottes Liebe blieb und er bei ihm, ihn auferweckte. Wie er immer doch in Gottes Hand war. Geborgen. Wie Christus radikal um die Endlichkeit des Lebens wusste sie an eigenem Leben und Leib spürte: Einsamkeit und Anfeindung, Schmerz und Spott, Tod und Leiden. Wie er sich aber stellte, gestellt wurde unsichtbar bei all dem in der Liebe Gottes, in dieser absoluten und unbedingten, den Tod trotzenden, überwindenden Liebe Gottes, in ihren wunderbaren Horizont, und wie er umfangen war in aller Zeitlichkeit und Endlichkeit von Gottes unendlicher, ewiger Liebe.
In Hoffnung sehen Menschen an Weihnachten im Stall und Kind dieses Bild der Menschenliebe Gottes, sie werden wie er in aller ihrer Zeit und Vergänglichkeit geborgen und gehalten, umfangen, gelebt von Gottes Liebe: Einmal und immer in die Welt geboren. Amen.

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