Predigt zum
Christfest 2015
Titus 3, 4-7
Als aber erschien die Freundlichkeit
und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig – nicht um der
Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner
Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen
Geist, den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, damit
wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach
unsrer Hoffnung
Ein-Blick Gottes
Menschen
schauen Menschen an, flüchtig, kürzer, länger, genauer. Menschen schauen
Menschen an, begegnen ihnen, wenden sich ihnen zu, öffnen ihr Herz und teilen,
teilen Zeit, Gedanken, das, was sie haben. Menschen schauen Menschen an, in die
Augen, die müden und frohen, hinab bis zur Seele, geschunden und wunderbar,
tragen in sich Liebe. Menschen sind menschenfreundlich, menschenliebend,
wohlwollend, großzügig, gemeinsam.
Gott ist
menschenfreundlich, menschenliebend. Er ist in sich Liebe zu uns, er blickt uns
an, genauer, er begegnet uns in unserer Tiefe, teilt sich, gibt sich, schenkt
sich. Gott ist in seiner Liebe freundlich, menschenfreundlich und gnädig, gütig
und barmherzig, uns zugewandt, liebevoll zugewandt. Gott ist aber mehr, mehr
für uns:
Gott blickt
uns in Liebe an und sein Blick ist das Angesicht Jesu Christi, Gott blickt uns in
ihm menschenfreundlich an und wir bekommen selbst Einblick in Gott: Jesus
Christus ist beides: Er ist der uns liebende Blick Gottes und er führt uns vor
Augen, wer wir sind, wer wir sein sollen und können. In Jesus Christus wird
sichtbar, was der Mensch ist, wie der Mensch vor Gott ist, wer der Gott
entsprechende Mensch ist. Im Kind vom Stall, im Mann von Nazareth, in Geburt,
Weg, Kreuz und Auferstehung wird sichtbar, tritt uns entgegen, begegnet uns das
Bild des Menschen, des Menschen von Gott geschaffen, gewollt, beseelt. Gott
liebt seine Menschen, er lässt sie sehen, wer sie wirklich sind.
Hineingeboren
Das zu
entdecken, zu sehen, dem gewahr und ansichtig zu werden in einer ganz
gebürtlichen Art, fasziniert Menschen geheimnisvoll an Weihnachten und lässt sie
eine tiefe friedvolle Freude empfinden: Sehen, wer wir eigentlich sind. Sehen,
wer ich wirklich bin. Das gnadenvoll, gütig, liebend gezeigt bekommen. Die
Verheißung: Menschen können an Weihnachten Mensch werden.
Diese
Menschwerdung, dieses Bild vom Menschen, der Gott gefällt, verändert Menschen,
setzt sie auf neue Wege, lässt sie diesem Bild entgegen gehen, verwandelt sie
schon hinein in dieses. Sie werden von ihm, von Gottes Liebesbild, begeistert,
werden wie hinein getaucht, übergossen, verzaubert, spüren in sich das Wollen,
in dieses Bild sich hineinzubegeben, hineinzuwachsen, es selbst irgendwie zu
werden, ein Mensch: von Gott gewollt, von Gott beseelt, von Gott geliebt und ein
Mensch, der auf seine Liebe antworten, seinem Leben ein auf Gott antwortende
Gestalt gibt. An Weihnachten werden Menschen selbst mit jenem Kind wie neu
geboren, werden wie hineingeboren in das, was und wen dieses Kind im Lauf seines
Werdens von Gott in die Welt bringt, an Worten und Wirken, an Bildern und
Wundern, an Schmerz und Sinn.
Ewiger Jesus Christus
So werden
Menschen selig, gerecht und Erben des ewigen Lebens. Sie finden ein Leben vor
Gott, aus ihm und auf ihn zu, kein perfektes, gelingendes, aber ein Leben, das
Gott gerecht ist, das von Gott gehalten, geborgen und getröstet ist, eines, das
vor Gott gelebt wird, manchmal im Ringen und Fragen, aber in sich und im Ganzen
eine Gestalt gewinnt, die vor Gott sein soll und ist, ein Leben als Antwort auf
Gottes Frage nach ihm, den Menschen.
Menschen
erscheint in Jesus Christus Gottes Menschenliebe, es erscheint ihnen sein
Lebensbild. Sie werden Erben des ewigen Lebens, indem sie Christus sehen: Wie
er geboren wurde, sich ganz in die Hände der Welt gab und lebte, Gott vor den
Menschen lebte. Wie er so sehr auf Gottes Frage nach ihm Antwort, dass andere
in ihm auch Antwort auf Gott fanden und finden. Wie er auch unter Schmerzen
diese Antwort in der Sprachlosigkeit des Todes noch stammelend gab, wie er in Macht
und Ohnmacht bei Gottes Liebe blieb und er bei ihm, ihn auferweckte. Wie er
immer doch in Gottes Hand war. Geborgen. Wie Christus radikal um die
Endlichkeit des Lebens wusste sie an eigenem Leben und Leib spürte: Einsamkeit
und Anfeindung, Schmerz und Spott, Tod und Leiden. Wie er sich aber stellte,
gestellt wurde unsichtbar bei all dem in der Liebe Gottes, in dieser absoluten
und unbedingten, den Tod trotzenden, überwindenden Liebe Gottes, in ihren
wunderbaren Horizont, und wie er umfangen war in aller Zeitlichkeit und Endlichkeit
von Gottes unendlicher, ewiger Liebe.
In Hoffnung
sehen Menschen an Weihnachten im Stall und Kind dieses Bild der Menschenliebe
Gottes, sie werden wie er in aller ihrer Zeit und Vergänglichkeit geborgen und
gehalten, umfangen, gelebt von Gottes Liebe: Einmal und immer in die Welt
geboren. Amen.
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