Samstag, 2. Januar 2016

Heile, heile Segen



Predigt am 2. Sonntag nach dem Christfest (3.1.16) zur Jahreslosung 2016

„Gott spricht: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ (Jesaja 66, 13)

Mit Kinderohren
In all die Worte des neuen Jahres, die vielen im Werden all ihrer Tage, in all die Worte, die kommen, die gesprochen, gehört, verschwiegen, gedacht werden, die uns meinen, die wir sagen, die uns freuen und wehtun werden, die lieben und zweifeln, die alltäglich, mühsam, wohl überlegt, spontan sagen, die vor vielen, ganz allein, nur zwischen mir und dir, zu Gott gesprochen werden, in all diese Worte 2016 soll sich jenes „Gott spricht“ hineinsprechen, verbinden, still und treu wirken, soll jenes „Gott spricht: Ich will“ hinein sich versprechen, sich zu unsern Worten stellen, begeben, verlässlich, sollen wir Gottes Trost hören.
Wenn Menschen Trost suchen, finden, verlieren. Wenn Trost da ist und vermisst wird. Wenn Menschen bei Trost sind und weit weg davon trostlos. Wenn Trösten gelingt oder leer wird. Wenn Menschen Trost suchen in Bildern, in sich, in anderen, in Gott, in nichts, in Zukunft. Wenn Menschen erinnert werden an Mütter und Väter, die halten und tragen, aus der Tür gehen und wiederkommen, ausbleiben, auf den Arm nehmen, keine Zeit haben, heilen und zu trösten versuchen.
Dann: Hören in all den Worten „Ich will euch trösten“, von Gott hören. Ich will Euch trösten. Euch: Einzelne, alle, euch Menschen, und Menschen werden unsichtbar über Zeit und Raum hinweg von Gottes Trostwort verbunden, verbunden ihre geschlagenen Wunden und verbunden miteinander, untereinander, euch gilt mein Trost, ihr seid meine Trostgemeinschaft. In all den Worten des neuen Jahres diese Worte mit Kinderohren hören, egal wie alt und wie groß, wie erfahren und weise, wie selbständig und erwachsen wir sind. Ganz erwachsen vor Gott mit Kinderohren hören:
Als solche, die klein und gering sind, die brauchen und benötigen, die sich sehnen und suchen, die empfangen und sich mit Freuden beschenken lassen, die hinfallen, schreien und hören, die sich immer wieder neugebären lassen als Gottes Kind, Gott sich anvertrauen mit Hadern und Zittern, mit letzterster Hoffnung.

Wunden berühren
Trostlos manchmal ist es. Kein Weg geht daran vorbei. Herzen zerbrechen, Leid geschieht, Elend ist da, Trauer und Schmerz. Genau darin hinein begibt sich Gott spätestens definitiv mit dem Kreuz seines Sohnes, in die äußerste Trostlosigkeit, sie bleibt ihm nicht fremd, nicht fern, sie wird ihm unglaublich nah, er selbst erleidet sie in seinem Sohn. Er weiß um all die Orte, in denen sich die Trostlosigkeit einnistet und wohnt, das Leben verdunkelt, um all die Orte, die nach Trost und Heil schreien, tief bedürftig hoffen. Gott ist inmitten dieser Orte, dieser Menschen, die Trost brauchen. Er schaut sich ihre Wunden an, genauso erschrocken, ihre wundgeschlagenen Seelen, die danach sehnen, getröstet zu werden. Er legt seine göttliche Hand sanft darauf.

Aufheben
So sehr Gott bei uns in unseren Wunden, in unserer Trostlosigkeit sich selbst verortet, dort, wenn es sein muss, lange Zeit verweilt, mit uns aushält, unsere drei Tage und drei Nächte, die dunkelsten - so sehr ruft er uns wieder heraus, mit zarter bestimmter göttlicher Stimme, ruft er uns heraus, wie Elia am Berg Horeb, wie ein Kind, das er sucht, wie den Menschen, den er geschaffen hat und über alles liebt, mit dem er sucht wieder Sinn und Halt, Worte und Trost, andere Menschen, sich selbst. Gott hebt uns auf vom Dunkel unserer Angstnächte, spricht das weihnachtliche Fürchte dich nicht und lässt zwischen Leid und uns einen kleinen Abstand wachsen, einen kleinen Zwischenraum, einen Spalt, eine heilsam aufbrechende Distanz und hilft uns zu sehen, zu spüren, wahrzunehmen: Da ist nicht nur Leid und Schmerz, da ist noch etwas anderes, vielleicht dunkel, schemenhaft, vage, aber es ist wohl da, eine andere Wirklichkeit als die gerade, in der wir trostlos wie umschlossen sind.

Einspielen
In diese andere Wirklichkeit hinein, aus ihr heraus, nicht entfernt, nicht abgehoben von der leidvoll vorfindlichen will Gott tröstlich sprechen. Dieses Mehr, diese andere Wirklichkeit will er sachte und behutsam uns vor Augen führen, daran erinnern und davon erzählen, sie selbst uns vergegenwärtigen, gegenwärtig machen. Sich selbst und seine Wirklichkeit will Gott hineinsprechen, ansagen, von sich künden und Vorfindliches selbst verwandeln in seine Wirklichkeit, die von Licht und Seligkeit, von Herrlichkeit und Lebensfülle in und trotz aller anderen Realität weiß und spricht, trotzig, demütig, in sich uns bringend spricht. Heile, heile Segen. Gottes Segen.



Getrost
Dann: Getröstet sein. Getrost sein Leben leben. Geborgen, aufgehoben, gehalten. An der Brust des Trostes trinken, getrunken haben und immer wieder trinken. Bei Trost sein, unverzagt, voller Vertrauen, still fröhlich. Den Gott bei und in sich, der in der Trostlosigkeit genauso trostlos ist, wie er im Trost der ist, der ihn uns gibt, schenkt, spendet. So dass wie Brot und Wein auch der Trost zu unserem wird, wir erfüllt von ihm fester stehen.
Mein Kind bist du! Dies hören, immer wieder, wenn es nötig ist, wenn wir es bitter brauchen, in all den vielen Worten, die auf uns zu kommen. Mein bist du, sonst niemandes. Nicht der Frucht, nicht dem Schmerz, nicht dem Schicksal, nicht anderen, nicht einmal dem Tod gehörst du. Mir gehörst du, dem Gott, der dich mit aller Macht liebt. Das ganze Jahr hindurch, dein ganzes Leben lang, vom ersten Atemzug bis zu deinem letzten, das hören, das beantwortet bekommen: Was ist dein einziger Trost im Leben wie im Sterben? Dass ich mit Leib und Seele, im Leben und im Sterben, nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre. Amen.

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