Samstag, 16. Januar 2016

Magnificat



Predigt am letzten Sonntag nach Epiphanias (17.1.16)

1. Timotheus 1, 12-17
Ich danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt, mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben. Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist. Das ist gewisslich wahr und ein Wort, des Glaubens wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben. Aber Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen.

Ein Leben
Amen: Ein Leben gebetet, gesprochen, gesagt, vor sich, vor Gott, von ihm und zu ihm hin. Ein Leben: das ein Du gefunden hat, ein unsagbares, wundervolles Du, selbst gefunden, sich selbst gefunden, selbst gefunden worden. Ein Leben ausgesprochen, laut und leise, mit unzähligen Worte und mit einem einzigen, in Stille, in Bitte, in Lob, in Dank. Ausgesprochen: ein Leben in Gestalt, geformt, spürbar, fassbar, sichtbar, hörbar, vernehmbar. Ein Leben da, da vor ihm, vor Gott, vor dir. So wie es ist. So wie es geworden ist, ganz und in seinem Teilen, in seinen Wochen, Tagen, Momenten, Räumen, Begegnungen, geworden hindurch und in, trotz und wegen all den Abbrüchen in ihm, geworden in Schmerz und Wut, in Krisen und an Abgründen, geworden in Sünde, auf falschen Wegen, verirrt, Gott entgegengesetzt.


überwältigt
Ein Leben überwältigt, vielleicht übermannt, ergeben, kapituliert in die Arme der Liebe, übergelaufen, kopfüber, kopflos; überfließend entdeckt, ohnmächtig umfasst, machtvoll angesprochen und unbedingt gemeint. Ein Leben: dem Gott begegnet. Dem Gott widerfährt. Dem Gott geschieht. Von Gott radikal sanft bewegt, ganz eigen ergriffen, am wunden Punkt getroffen, aufgebrochen, anders werdend. Langsam, plötzlich. Ein Leben: berührt, verändert. Ein Leben, das Gott gnädig liebevoll anschaut, dem er sich nähert, dem sich Gott erbarmt, in das er sich trotz und in allem wieder und immer wieder verliebt, verguckt, dessen Leben er wie aus dem eigenen Nichts schafft, zu Leben schafft, seinem.
Ein Leben von Gott geliebt, ursprünglich, gegründet, wie erdacht und beseelt, wie immer neu mit liebenden Augen entborgen und unter Qualen geboren. Ein Leben verdankt. Ein Leben, das sich ihm, Dir, Gott, verdankt, anfangs, am Ende, jeden Tag. Dir, Gott, der du Raum und Zeit wunderbar umgreifst, in aller Zeit ungebunden bist an sie, in allem Raum frei, nie festgelegt, der du Raum und Zeit durchquerst, im Menschgewordenen jeden menschlichen Raum und jede menschliche Zeit kennst, durchlebst und durchleidest und in ihm leidenschaftlich Ortlose suchst, Zukunftslose findest, mitten im Lebens Verwahrloste bei dir beheimatest, hineinnimmst in dich, ihnen den Gekreuzigten und Auferstanden begegnen lässt, seine Begegnung gewährst, uns schenkst: leibhaftig, gepredigt, in Worten gesagt, in Taten gelebt, in Gesichtern vor Augen, unsichtbar verborgen, verändernd. Dich bei uns selbst in Allerweltsgestalt.

verwoben
Ein Leben verbunden mit Dir, mit Gott, wenn er ringt und wartet, wenn er wirkt und festhält, wenn er sich um deinetwillen fast ergibt, hingibt, sich für dich immer neu bestimmt, verliebt, geduldig ruhig dich immer weiter sucht. Ein Gott, ewig im menschlichen Zeitenhinundher, unverdrießlich trotz gefühlt dauernden Rückschlägen. Ein Gott im Leben unverlierbar, unverzichtbar, unzerstörbar seine Liebe, unsagbar selbst, selbst aber alle wunderbaren Worte wert.
Ein Leben verwoben mit Gott, mit seiner unserer Geschichte, von Geburt bis zum Tode, vom Sünder bis zu unseren heiligen Momenten, von den Tief- und den Höhepunkte und die langen Strecken dazwischen, ein Gott, der immer wieder beginnt, von vorne mit uns, nicht loslässt, ungeheuerlich treu ist, der Du bleibt, verlässlich, einmal gefunden, an deiner Seite. Ein Leben gehalten, getröstet, was es braucht, getragen, durchdrungen mit Dir, mit deiner Kraft und Treue, mit deinem Glauben und deiner Liebe, mit deiner Zeit und Ewigkeit. Gott.
Leben, das selbst gestärkt und aufgebaut wird, wenn nötig. Leben, das kräftig, lebendig, schärfer, liebend, glaubend, treu und verlässlich ist. Selbst. Leben: in dem Gott Gestalt gewonnen hat, wie zärtlich in all den Menschenjahren hineingekrochen, sanft und er selbst. Leben, das bemerkt unbemerkt in Dienst genommen ist, liebevoll beansprucht, nicht mehr nur es selbst, jetzt auch von Gott, sichtbar gelebt für sich und andere, sein Liebe, sein Wort, seine Zeit all das unser Amt. Unser Leben: Gottes verheißungsvoller Lebens-Träger, selbst erbarmend, gnädig, voller Geduld, bereit zu halten, zu tragen, zu suchen anderes, andere, auch Dich.

wunder
Ein wunder-Leben, zusammen und irgendwie auch klein geschrieben: demütig, ganz groß gemacht, zurecht und groß geliebt, aus dem Staub mancher Schuld, aus dem Zweifel mancher Nacht, aus den Tränen eigener Verletzung vorsichtig gehoben, erhoben, zart aufgerichtet, ausgerichtet, neu. Ein Leben, das seine Existenz, seinen Atem, seinen Sinn, seine Kraft, seine Richtung, seine Antworten, sein Leben, sich selbst Gott verdankt und ganz es selbst dabei ist. Ein Leben vom Licht geschaffen selbst Licht.
Ein Leben: ein Loblied. Durch die Klage gesagt, tief dankbar für sich, für das, wie und warum geworden, warum und wie genau so geworden, durch wen und für wen, von woher und wohin geworden: Von dir, Gott. Zu dir, Gott, Für dich, Gott. Lobend, überfließend wie er selbst, still überbordend, gefunden, gesucht, wunderbar mit Wunden, Makeln, Fehlern täglich einmal neu geliebt, geschaffen, Gottes Klang in der Welt, sein Atemzug, seine Ewigkeit, seine Liebe.
Allein Er, Du, Gott. Ihm Ehre. Du Alles. Mein Leben: Du. Du auch Gott den anderen wie wir, die ein Leben suchen, finden: Amen.

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