Predigt am 7. Sonntag nach Trinitatis
(19. Juli 2015)
Johannes 6, 1-13
1 Danach fuhr Jesus weg über das
Galiläische Meer, das auch See von Tiberias heißt. 2 Und es zog ihm viel Volk
nach, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. 3 Jesus aber ging
auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern. 4 Es war aber kurz vor
dem Passa, dem Fest der Juden. 5 Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass
viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese
zu essen haben? 6 Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wusste wohl, was
er tun wollte. 7 Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot
ist nicht genug für sie, dass jeder ein wenig bekomme. 8 Spricht zu ihm einer
seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: 9 Es ist ein Kind hier,
das hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das für so viele? 10
Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem
Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer. 11 Jesus aber nahm die Brote,
dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den
Fischen, soviel sie wollten. 12 Als sie aber satt waren, sprach er zu seinen
Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt. 13 Da sammelten sie
und füllten von den fünf Gerstenbroten zwölf Körbe mit Brocken, die denen übrig
blieben, die gespeist worden waren.
wenig und viel
Geburtsorte sind verschieden
verteilt: Manche liegen irgendwo in Armenslums und andere auf einer
Wochenbettstation im reichen Mitteleuropa. Geschwister sind ungleich verteilt:
Manche haben gar keine und vermissen sie ein Leben lang und andere wachsen im
Kreis von Geschwistern auf und sind nie ganz alleine. Das, was zu lernen ist,
ist auch unterschiedlich verteilt: Manche haben große Talente und gute
Bedingungen, andere nur Talente, aber schlechte Chancen, dritte keines von
beiden. Auch die Liebe ist nicht gleich verteilt: manche bekommen ganz viel und
geben wenig, andere werden kaum geliebt und wieder andere lieben nur ihre
Arbeit. Fragen sind auch ungleich verteilt: Manche haben ganz viele Fragen und finden
keine Ruhe, andere sind unbedarft und gehen einfach so durchs Leben und dann
gibt’s noch die, nach denen niemand so recht fragt. Essen ist ungleich
verteilt, Wasser auf den ganzen Globus gesehen auch, Geld im Geldbeutel und auf
dem Konto natürlich auch, selbst die Haare auf den Kopf, die Freunde im Leben,
die Schicksalsschläge, die Krankheiten, die schönen Momente, selbst der Tod trifft
nicht alle gleich.
Irgendwie scheint alles, so gut wie
alles, im Leben schon irgendwie verteilt zu sein. Unterschiedlich verteilt: die
einen haben mehr, die anderen weniger, von einem ist viel da, vom anderen kaum
etwas. Die Fragen der Jünger: Wo kaufen wir nur? Reicht das Geld für so viele?
Genügt das? Was ist das schon? sind alltägliche Fragen und manchmal werden sie
zugespitzt und dass alles schon immer verteilt ist, wird zur Not, zur Anfrage,
zur himmelschreiender Ungleichheit, vor der wir fragend stehen: Die einen
verhungern und die anderen haben volle Bäuche. Die einen flüchten ohne alles und
die anderen haben 5-Zimmer-Wohnungen. Die einen rechnen in Millionen und die
anderen fühlen sich wie Nullen. Die einen haben so viel und die anderen wenig.
Reste sammeln
Allein. Jesus ist vorher und nachher auf
dem Berg. Er alleine sieht die Vielen. Er sieht jeden einzelnen der Vielen und jeden
einzelnen hungrigen Bauch. Jesus lässt sie lagern, jeden seinen Platz nehmen
und macht aus der Masse der Vielen eine Tischgemeinschaft für Momente. Jesus
sieht das Kleine unscheinbare und es reicht, es reicht vollkommen, es muss gar
nicht mehr und groß und herrlich sein. Er sieht ein Kind, vielleicht fast
untergegangen in der Menge der Menschen, er stellt es für Sekunden in die
Mitte, macht es groß und größer. Jesus reicht, was das Kind hat, Jesus reichen
seine Brote und seine Fische für alle.
Jesus nimmt, was er vorher nicht
hatte und er gibt es dann weiter an andere. Jesus nimmt, was da ist und gibt es
weiter an die, die da sind. Jesus dankt zwischen nehmen und geben, inmitten des
Werks seiner eigenen beiden Hände dankt er dem, dessen Werk im Grunde alles ist:
Das Brot, die Fische, das Kind, die vielen, die Jünger und er selbst. Jesus
dankt für das Geschenk in seinen Händen, für das Unverfügbare, das ihm jetzt
zur Verfügung steht, für die Schöpfung in diesen Dingen und in diesem Moment
des Wunderbaren, für das ewige und ewig immer schöpferische „sehr gut“, für
Gottes Möglichkeit, die zur Wirklichkeit für viele wird.
Jesus macht alle satt, sie bekommen
so viel, sie wollen, es gibt keine Essengrenze und keine Beschränkung. Was für
eine unglaubliche Freude und tiefe Stille, welch Essensgeräusche und
Herzschläge. Jesus schöpft aus dem Dank und unerschöpflich wird es für so
viele. Nichts ist schon verteilt, alles wird in diesem Moment verteilt,
wirklich alles, unerschöpflich. Und nichts, aber auch nichts darf vom Rest
umkommen. In allem, im noch so Kleinen, im Rest wohnt jene Fülle, die Jesus von
Gott in die Hände gelegt bekommt und in Liebe bis heute austeilt. Nichts ist
nichts. In allem wohnt ein Stück der Fülle; deswegen vorsichtig damit, deswegen
aufsammeln, deswegen herumgehen und aufsammeln, aufbewahren. Die Reste sind so
kostbar, so wertvoll, so sättigend. Vom Heiligen gibt es eigentlich keinen
Rest.
Nichts wird verteilt
Satt, Heilige werden. Vielleicht so
leben: Es ist nicht alles schon immer verteilt. Sondern: Es wird in dem Moment
verteilt, in dem Menschen es anblicken, es sehen, es annehmen, es nehmen,
empfangen, wie Jesus es sieht, nimmt und verteilt. Mit seinem Blick, mit seiner
wunderbaren Bewegung die Dinge, die Menschen, alles, was ist, sehen, nehmen und
teilen.
In allem mehr sehen, im Brot, im Wasser,
im Menschen. Nie nur das scheinbar vorhandene, das dann ungleich verteilt ist, sehen
und nehmen, sondern mehr:
Gottes Möglichkeit in allem: Im Brot
den hungrigen Bauch, im Flüchtling ein Menschen wie dich, in Geld das Leben des
Anderes, im Armen jemand, der reich wird, im Dunkeln das Licht, im Haben den Dank
und im Geben das Empfangen, in den Vielen den EINEN.
Nichts ist schon verteilt. Wir
verteilen es neu, jeden Tag ein kleines Wunder. Amen.
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