Donnerstag, 14. März 2013

Schmetterlinge im Bauch



Predigt zur Jubelkonfirmation 2013 (an Judika, 17.3.13)

Frühlingsgefühle
Am kommenden Mittwoch fängt der Frühling an. Der Winter war in diesem Jahr so arm an Sonnenstunden wie selten und wir sehnen uns den Frühling spürbar herbei. Endlich: Die Tage werden länger, morgens, wenn man aufsteht, ist es schon heller; das Leben verlagert sich mehr nach draußen, die Eisdiele öffnet, der Früjahrsputz sgteht an, man geht öfter spazieren, man kann die ersten warmen Sonnenstrahlen auf der Parkbank genießen und spürt, wie der Sommer kommt.
Die Natur atmet auf, aus dem Grau und Braun der Felder wird grün und bunt, die Pflanzen strecken ihre Köpfe raus und die Vögel begrüßen den Morgen und wir hören es. Alles bricht auf, erwacht, beginnt wieder, draußen und auch in uns. Jedes Jahr wieder. Neben die sprichwörtliche Frühjahrsmüdigkeit treten die Frühlingsgefühle. Der Winter ins ns wird vetrieben, unsere Hormone kommen langsam in Fahrt, unsere Haltung ändert sich, usner Blick, wir brechen innerlich auf und unter dem wieder helleren Sonnenschein sehen wir einander an, sehen mehr, begegnen uns - und für manche beginnen die Schmetterling im Bauch zu fliegen.

Aufbruch
Die Konfirmation liegt im Frühling. Ganz früher war sie am Palmsonntag, dann hier im südbadischen Raum traditionell am Sonntag nach Palmsonntag, an Judika, und heute irgendwann an einem Sonntag zwischen Laetare, das war vor sieben Tagen, und Pfingsten, aber immer liegt die Konfirmation im Frühling.
Sie liegt dort, weil früher am 1. April die Jugendlichen ihre Lehre begannen und die Konfirmation in die Zeit der Schulentlassung davor fallen sollte. Die Konfirmation war verortet in diesem einen Schritt von der Schule zur Ausbildung, von der Kindeheit zum Erwachsensein. Sie war Teil eines Aufbruchs in ein anderes Leben, in das Berufsleben, wo Pflichten, Broterwerb und Arbeitstakt, wo Mühe und Angst vor Arbeitslosigkeit, das Leben erwachsen machte und prägte.
So lag die Konfirmation schon richtig im Frühling, in der Jahreszeit des Aufbrechens in den Sommer hinein und noch heute liegt sie im Frühling und ist Aufbruch. Junge Menschen erfahren etwas von Gott, sollen sich dazu eine Meinung bilden und selbständig glauben lernen. Sie brechen auf von ihrem Kinderglauben, vom Glauben ihrer Elten und Paten hin zu einem Glauben, der ihr eigener ist und wird. Sie werden unterrichtet und freigesetzt, ihren Glauben zu leben, zu suchen, zu finden, ja mit dem Leben, dem großen, erwachsenen Leben im Horizont des Glaubens irgendwie umzugehen. Und das ist ein Aufbruch, ein Erwachen, ein Stück neues Leben, und da es unter Gottes Gnade steht, er sein Ja zu den Konfirmanden an der Schwelle damals wie heute spricht, ist es ein Aufbruch in Hoffnung, in Zutrauen, in einen verheißenen Lebenssommer.

Lebenszeiten
Sie blicken auf 50, 60, 65 Jahre seit Ihrer Konfirmation zurück. Genau soviel Frühlinge haben Sie seitdem erlebt. Wie verschieden war diese Frühlinge? An welchen Orten haben Sie sie erlebt? Was mag da alles an Aufbruch, an Müdigkeit, an Erwachen passiert sein? Das sind, da der Frühling ungefähr 100 Tage umfasst, mehrere tausend Frühlingstage, Tage ihres Lebens. An welche erinnern Sie sich noch? Einer davon war Ihr Konfirmationstag.
Aber auch ganz unabhängig von der Jahreszeit Frühling gibt es Aufbrüche im Leben, ein Erwachen und ein Gehen in eine neues Leben, gibt es sozusagen Frühlingshaftes mitten im Leben, wo Menschn mit etwas oder jemanden beginnen, wo in Menschen etwas erwacht und aufblüht, wo man aus seinem gewohnte Leben herausgeht, aus sich heraus nach draußen in etwas anders, aufbricht, zu etwas, zu jemanden. Können Sie sich an solche erinnern?
Aber es gibt auch die Herbstgefühle, das Spüren von nahender Dunkelheit und Kälte, wenn Menschen vernehmen, dass alles endlich und vergänglich ist, dass Abschied, Trauer, Verlust und Vergehen auch da sind, auch das Leben prägen, manchmal hart, unerbittlich, und man für Momente, Tage, Jahre in eine Art Winterzeit droht zu verfallen.
Und auf das Ganze des Leben gesehen: Sind Jugendliche noch im Frühling ihres Lebens? Befinden sich Männer und Frauen mit 40 in der Blüte des Lebens und die Menschen ab 70 Jahren sind die im Herbst des Lebens angekommen? Oder gibt es die Herbstzeitlosen, und über unsere Gestimmtheit, ob wir in uns und um uns herum Frühling oder Herbst spüren, entscheidet gar nicht unsere Lebenszeit, sondern etwas anderes.

Schmetterlinge
Gott hat nach der großen Sintflut, in der das Leben untergehen sollt, gesagt: Saat und Ernte, Frost und Hittze, Sommer und Winter, Tag und Nacht sollen nicht aufhören. Die Jahreszeiten, die den Rhythmus unseres Lebens bestimmen, stehen unter Gottes Schutz, wir sollen Sommer, Herbst, Winter und Frühling für uns erleben dürfen.
Alles soll seine Zeit haben und wir Zeit in dieser Zeit, eine Zeit, die Gottes Liebe entspringt und sie in sich trägt als Lebenselexier, als Atem und Sinn. So steht der Menschen Zeit in seinen Händen und wir leben daraus unsere Zeit.
Unsere ganze Lebenszeit nehmen wir aus seinen Händen von unserer Geburt bis zu unserem Tod. Unser Leben hat vieles, was wiederkehrt, was gleich ist, aber unsere Lebenszeit ist linear, unser Leben hat eine klare Ausrichtung, die dem Fortgang unserer Lebenszahlen entspricht, wir werden vom Anfang bis zum Ende und eigentlich ist jeder Augenblick unumkehrbar, einmaliger, und Gott hat einen einmaligen Augenblick geschaffen in unserer linearen Zeit, die Taufe und die Konfirmation, ein Augenblick, der uns von unsrem Ja und seiner Liebe erzählt, und mit diesen Augenblicken hat er sich sicher verwoben mit unsere Lebenszeit von Geburt bis zum Tod, versprochen immer das ganze Leben bei uns zu sein.
Jedes einzelne Jahr nehmen wir aus seinen Händen, jedes Jahr, das wir leben, und jedes Jahr hat einen göttlichen Rhythmus und soll uns an ihn erinnern, wer und warum er unser Gott ist. Dabei liegt die Konfirmation in den Wochen um Passion und Ostern und sie liegt genau an der Schwelle des Wichtigsten: An der Schwelle der Auferweckung Jesu aus dem Tod, des Neuaufbruch Gottes mit seinem geliebten Sohn
In diesem heiligen Moment zeigt sich Gott selbst als ein frühlingshafter Gott, er kennt ein tiefes Erwachen und Aufbrechen. Es ist seine Liebe zu uns Menschen, die ihn tief bewegt und von der her immer neu sich aufmacht zu uns, Altes aufbricht und uns von sich aus belebt. Die Konfirmation im Frühling ist ein bleibende Ernenrung daran: Gott hat sozusagen Schmetterlinge im Götterbauch, er vergisst nie, dass er verliebt ist, verliebt in seine Menschen und er sie, uns, frühlingshaft zu Jederzeit mit neuem Leben beschenkt. Amen.

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