Freitag, 2. November 2012

Dass nichts passiert



Predigt zum Reformationstag 2012 (4.11.12) zu
„Ein feste Burg“ (EG 362)

Gegen das Böse für das Gute singen
Ein Kampflied, das protestantische Kampflied, voller alter, fremder, fast brachialer Worte: Burg, Wehr und Waffe, Rüstung, Feind, List, streiten, Feld, Teufel, Fürst, verschlingen, fallen, wegnehmen, Reich. Ein Kampflied gegen das Böse und für das Gute, ein Lied des Protestes, weniger gegen Altgläubige, sondern gegen das, was Leben bedroht, was die Seele kaputt macht und für das Leben, damit ihm nichts passiert.
„Nichts passiert“, so heißt eine CD der deutschen Popband „Silbermond“. Eine CD, die so ziemlich genau 480 Jahre nach „Ein feste Burg“ im Jahre 2009 erschienen ist. Die Lieder auf dieser CD sprechen auch von Seelennot, in ihrer Sprache und mit nicht weniger dringlichen Worten: Versuchung, Schwören, Verlust des Verstandes, Krieger des Lichts, eisern, Teufelskreis, Geister, Schatten. Moderne Lieder gegen das heute Böse und für das Leben - vielleicht mit eher für die Kirche ungewohnten Melodien.
„Ein feste Burg“ wurde 1529 von Martin Lutherangelehnt an Psalm 46 gedichtet, im Laufe seiner Geschichte wurde es zur Hymne der Reformation mit großer Symbolkraft, seine Melodie war anfangs unberechenbarer, lebendiger, sie wurde geglättet und singbarer gemacht, fast gegen ihre eigenen Worte. Mit ihr singen Menschen seit Jahrhunderten gegen das Böse an und für das Gute. Wir reihen uns ein und singen:
Strophe 1: „Ein feste Burg“
Ein feste Burg ist unser Gott,
ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller Not,
die uns jetzt hat betroffen.
Der alt böse Feind
mit Ernst er’s jetzt meint;
groß Macht und viel List
sein grausam Rüstung ist,
auf Erd ist nicht seinsgleichen.

Direkt anschließend: Silbermond: „Irgendwas bleibt“ (bis 1:44)
Sag mir, dass dieser Ort hier sicher ist
Und alles Gute steht hier still
Und das das Wort, das du mir heute gibst
Morgen noch genauso gilt

Diese Welt ist schnell und hat verlernt, beständig zu sein
Denn Versuchungen setzen ihre Frist
Doch bitte schwör, dass, wenn ich wieder komm,
Alles noch beim Alten ist

Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit
In einer Welt, in der nichts sicher scheint
Gib mir in dieser schnellen Zeit
Irgendwas, das bleibt

Gib mir einfach nur ein bisschen Halt
Und wieg mich einfach nur in Sicherheit
Hol mich aus dieser schnellen Zeit
Nimm mir ein bisschen Geschwindigkeit
Gib mir was, irgendwas, das bleibt

Zufluchtsort
Irgendwas, was bleibt; ein bisschen Sicherheit; ein Zufluchtsort, etwas, jemand, der einen wirklich birgt, in seinen Armen, in seiner Liebe, in seiner uns umfassenden und aufbewahrenden Geschichte, ja in seinem Augenblick und Angesicht. Uns, in sich schützend birgt, uns, die wir ausgesetzt sind, frei gelassen und an Orten zu Zeiten allein gelassen, ausgesetzt, aufgeraut, empfindlich gemacht und empfindlich geworden gegenüber dem, was uns begegnet, was auf uns trifft, mit dem wir getroffen werden.
Angeschlagen, angegriffen, angegriffen und aufgerieben von einer zu schnellen Welt, von der rasenden Geschwindigkeit der wechselnden Momente, vom bloßen Schein der Dinge und der anderen Menschen; verdeckt angegriffen und getroffen vom Druck, von gemeinen Worten, von verlorenen Lebensträumen, von eigener Schwäche, von der Macht anderer, vom System, von Nichts, von Allem, vom Bösem, von uns. Machtlos, fast verloren, in Seelennot, bloß gestellt, ohne eigene Wehr und Waffen mehr, stumpf, ohne Rüstung, ohne Deckmantel, der uns schützt. Wir singen weiter:
Strophe 2:
Mit unsrer Macht ist nichts getan,
wir sind gar bald verloren;
es streit’ für uns der rechte Mann,
den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer der ist?
Er heißt Jesus Christ,
der Herr Zebaoth,
und ist kein andrer Gott,
das Feld muss er behalten.

Direkt anschließend: Silbermond: „Krieger des Lichts“ (bis 1:47)
Sei wie der Fluss, der eisern ins Meer fließt
Der sich nicht abbringen lässt egal wie schwer´s ist
Selbst den größten Stein fürchtet er nicht
Auch wenn es Jahre dauert, bis er ihn bricht
Und wenn Dein Wille schläft, dann weck ihn wieder
Denn in jedem von uns steckt dieser Krieger
Dessen Mut ist wie ein Schwert
Doch die größte Waffe ist sein Herz.

Lasst uns aufstehn
Macht Euch auf den Weg
An alle Krieger des Lichts
An alle Krieger des Lichts
Wo seid Ihr
Ihr seid gebraucht hier
Macht Euch auf den Weg
An alle Krieger des Lichts
An alle Krieger des Lichts
Das hier geht an alle Krieger des Lichts

Hab keine Angst vor Deinen Schwächen
Fürchte nie, Deine Fehler aufzudecken
Sei bedacht, beruhigt und befreit
Sei auch verrückt von Zeit zu Zeit
Lass Dich nicht täuschen, auch wenn´s aus Gold ist
Lass Dich nicht blenden, erst recht von falschem Stolz nicht
Lerne vergeben und verzeihen
Lerne zu fesseln und zu befreien

Fürkämpfer
Wer setzt sich ein für uns? Wer kämpft für uns? Wer gewinnt für uns?
Jeden Tag wir selbst, keine Frage, an den kleinen und großen Fronten unseres eigenen Lebens, um Kleinigkeiten, um Entscheidendes, um Überleben - und manchmal kämpfen, sprechen, schweigen wir auch für andere, an deren Fronten, bescheiden und beharrlich auch an manchen Kriegsschauplätzen unserer großen und kleinen Welt.
Und sind wir selbst auf der Schattenseite, sitzen wir im Dunkeln, in den eigenen Schwächen, in den allgemeinen Verrücktheiten, seelenwund, und wollen nicht mehr kämpfen um uns, ums Leben, lebensmüde geworden vom ewigen Gegenwind, vom aufgezwungenen Minimalismus, und können nicht mehr kämpfen, sind kraftlos.
Wer kämpft dann für uns? Wer setzt sich für unser Leben ein? Wer gewinnt uns wieder?
Es sind die, die uns lieben, egal, wie wir aussehen, wer wir sind, was wir tun; die uns lieben, weil wir sind. Deren größte Waffe ist ihr Herz, deren Schwert ist der Mut für uns, selbst den schwersten Weg zu dir fürchten sie nicht, sie machen sich auf den Weg, von Gott erkoren, kommen, befreien, gewinnen dich, geben Licht, lieben, sind kleine Krieger des Lichts, geschickt, wie Christus, ja sind Christus selbst mit jenem seinem guten und achtsamen Wort, das Seelen heilt, das Wort, das Gottes Trost und Liebe entspringt und hat. Wir singen:
Strophe 3:
Und wenn die Welt voll Teufel wär
und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr,
es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt,
wie sau’r er sich stellt,
tut er uns doch nicht;
das macht, er ist gericht’:
ein Wörtlein kann ihn fällen.

Direkt anschließend: Silbermond: „Keine Angst“ (bis 2:22)
Bisher war mein Leben wie ein Teufelskreis
und jedes Warten vergebens auf den Tag, der mich befreit
Doch seit heute hörst du die Geister munkeln die ganze Straße entlang
ich tappe jahrelang im Dunkeln, jetzt gehen die Scheinwerfer an
Der schwere Schatten fällt
und es wird hell ..

Alle Türen waren verschlossen
stand mit dem Rücken zur Wand
Jetzt stehen sie speerangelweit offen
ich hab die Schlüssel in der Hand
ich wollt, meine Zukunft nicht erleben
und noch gestern hatte ich Angst davor
doch heut bin ich verliebt ins Leben
weil ich die Furcht davor verlor
Ich bin gefasst wie nie
auf das was vor mir liegt...

Ich bin bereit
Egal was noch kommt
und was du verlangst von mir
ich stell mich dir ganz
Ich hab keine Angst vor dir

Teufelskreis
Und je größer der Teufelskreis wird, jener, in den Menschen erst unbemerkt, ungewollt, fahrlässig geraten, in den sie immer mehr wie versinken und untergehen, um nie mehr daraus aufzustehen, ein Teufelskreis aus Angst, Fehlern, Rückzug, Lügen und falschem Trost. Je stärker die Welt voll Teufel ist, voller kleiner und größerer Worte, Gedanken, Sätze, Bilder, Taten, Grimassen, Verzerrungen, Trugbildern, falschen Wünschen und dumpfen Sehn-Süchten, die uns Angst machen, die feindlich sind, die uns etwas anhaben, die uns unser Leben kaputt reden und machen.
Desto kleiner wird das Wörtlein, das uns befreit, desto kleiner macht sich Gott, der in jenen Wörtlein ist und spricht, desto stärker, desto menschlicher, desto aufopfernder, desto mehr hinein in den Teufelskreis kommt Christus, die liebende Macht dieses Wortes, die ohnmächtige Macht Gottes, dass paradox der Teufelskreis aufbricht, Licht in ihn hineinschimmert, die Angst vertrieben weicht, die Seele befreit wir das Leben wieder gewinnen. Wir singen:
Strophe 4:
Das Wort sie sollen lassen stahn
und kein’ Dank dazu haben;
er ist bei uns wohl auf dem Plan
mit seinem Geist und Gaben.
Nehmen sie den Leib,
Gut, Ehr, Kind und Weib:
lass fahren dahin,
sie haben’s kein’ Gewinn,
das Reich muss uns doch bleiben.

Direkt anschließend: Silbermond: „Nach Haus“ (bis 2:30)
Ruhig und königlich liegst du hier vor mir
Deine Anmut ist schon zu sehn von hier
Du wirst sie nie verlieren

Ich war so lange weg, das trägst du mir nicht nach
Du empfängst mich doch noch mit offenen Armen
Mit offenen Armen

Ich komm nach Haus
Ich komm nach Haus

Wir beide kennen uns gut, besser als gedacht
Durch deine Straßen zogen wir so manche Nacht
Du hast mich bewacht

Und jetzt zeigst du mir, dass wir uns nie verlieren
Was uns verbindet, das krieg ich nur bei dir
Nur bei dir

Ich komm nach Haus
Ich komm nach Haus

Zurück nach Haus
Zurück nach Haus

Heimatwort
Das Wort, in dem Christus wohnt, in dem Gottes Liebe zu den Menschen sich angesiedelt hat und wohnt, für uns jederzeit mutig bereit; das Wort, das in tausend Worten wohnen kann und still ist wie die Ewigkeit, hat seinen Lauf genommen, nimmt seinen Lauf, wird gesagt, von Ohr zu Ohr, von Seele zu Seele. Ist immer da. Es bringt, was es verspricht.
Es liegt ruhig und königlich vor uns, seine Anmut ist von ferne schon zu sehen. Es trägt uns nichts nach und empfängt uns mit seinem offenen Wort-Armen. Wir kennen es und oft waren wir ihm schon nah. Es ist groß und hat uns bewacht und wir werden es nie verlieren. Es gibt uns das, was wir brauchen, das, was wir sind, wer wir sind. Wir sind bei ihm daheim. Wir wohnen in diesem Wort ein. Es ist unser Reich.
Alles könnten wir verlieren, uns selbst und das, was uns lieb und teuer ist; wir könnten es sogar alles sein lassen und wir spürten im tiefsten Verlust: Unser Leben hängt doch nicht daran. Wir würden scheinbar verlieren und das Wort würde uns retten, auffangen, Leben sein. Wir würden immer wieder zurück kommen, eingeholt werden von ihm, vom einem Wort:
Das Christus spricht, das Leben schafft und uns erhält, das für uns kämpft und uns gewinnt, das uns sicher in sich birgt, das guter Zufluchtsort ist gegen all das Böse. Dass nichts passiert.

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