Dienstag, 19. November 2019

Vergeben und träumen


Ansprache an Buß- und Bettag 2019 (20.11.2019)


„Alles egal? Oder hast du noch Träume?“






Nicht im Bild

Zwei kurze Sätze. Eigentlich ein Satz. Aber so mehr zum Antworten, mehr zum Nachdenken. Zwei Fragezeichen und deswegen zwei Antworten. Zwei Möglichkeiten, Chancen zu antworten. Die beiden Sätze sprechen direkt an, sprechen uns mit Du an und meinen uns, so wie der Buß- und Bettag uns direkt anspricht, direkt uns meint: Tust du Buße? Betest Du um Vergebung?

Im Bild ein Junge, relativ jung. Er liegt auf dem Boden, sieht aus wie ein weicher Fuß- oder Teppichboden. Der Junge blickt nach oben, an die Decke oder besser: in den Himmel, ein Nachthimmel, so Blau wie der Boden, auf dem er liegt? Er hat die Arme hinter seinem Kopf verschränkt und liegt auf ihnen, seine Augen und auch sein Mund, sind offen, weit geöffnet. Es ist, als würde er etwas sehen, erhoffen, erwarten.

So kann kaum einer von uns, von Ihnen noch auf dem Boden liegen. Zu ungelenk die Knochen. Aber fragen können wir uns: Träumen wir noch? Hast du noch Träume? Vielleicht auch liegend, des nachts, wenn man nicht schlafen können. Dann träumen wir auch, aber eher vielleicht schwer. Alpträume haben wir, Ängste, Ungewissheiten. So einfach ist es gar nicht, gut zu träumen. Manche Träume sind uns morgens noch gegenwärtig und wir stecken in ihnen noch. Und manche Träume im Leben haben wir längst nicht mehr. Zu viel Unerfülltes. Und mancher Traum hat sich erfüllt. Wann liegen wir mit so offenen, erwartungsvollen Augen und blicken in den Himmel? Jetzt vielleicht?



Mir nicht egal

Alles egal? Vieles ist mir, ist uns egal. Muss es auch sein. Denn wenn alles uns wichtig wäre, würden wir mit allem nie fertig werden, würden wir innerlich gesprengt werden, es nicht aushalten. Aber alles egal, alles einerlei und „wurst“ ist uns wahrscheinlich auch nicht. Nicht alles egal. Wenn einem alles egal ist, dann lebt man nicht mehr. Dann ist man wie in einer Blase und nichts geht einen mehr an. Alles lässt einen kalt.

Solange wir beten. Solange wir Buße versuchen zu tun. Solange ist uns nicht alles egal. Wer betet, bittet, wer bittet verlangt und wünscht, hofft und erwartet, für den steht noch etwas Wichtiges aus und das geht ihn an. Wer Buße tut, in Worte und Gedanken fasst, was bei und in ihm nicht gut war, der bereut, dem war das doch nicht egal, dem tut es leid und der will es wieder anders haben, den hat es getroffen und dem ist das dann alles andere als egal.



Gott träumt

Wer betet und Buße tut und dem vergeben wird, der kann beginnen zu träumen. Wem vergeben wird, mit dem fängt man trotzdem wieder neu an und dem eröffnet sich wieder Leben, Spielräume, der kann wieder träumen. Wer Buße tut und wem vergeben wird, für den hat sich seine Wirklichkeit an dem Punkt, der zur Buße wurde und dem vergeben wird, verändert, der lebt von der Veränderung der eigenen Wirklichkeit und kann auf diese Veränderungskraft vertrauen und träumen, träumen von einer Wirklichkeit, die anders sein kann.

Gott gibt uns in unseren Jahreslauf jedes Jahr den Buß- und Bettag. Damit wir beten und merken, was und wo uns das Leben, wir selbst, die anderen und Gott nicht egal sind. Damit wir sehen, wo wir Buße tun können, müssen und wo wir Vergebung von Gott brauchen und erbitten dürfen, wo er uns wieder Träume schenkt, Träume für das Leben.

Gott schenkt uns den Buß- und Bettag für seine Träume. Wir sind trotz allem sein Traum, sein Traum von der Welt und deswegen möchte er uns und die Welt immer wieder verändern, hörte er unsere Buße und erhört er unser Gebet und vergibt uns und schafft uns wieder Lebensräume. Auch damit wir träumen. So wie der Junge, so wie Gott. Mit offenen Augen. Träumen für uns und für andere und wissen, dass wir selbst von der Wirklichkeit der Vergebung leben und die Träume Wirklichkeit werden lassen müssen.

So ist Buß- und Bettag ein Geschenk Gottes an seine Welt. Sie ist Gott alles andere als egal. Er ringt um sie in allen Belangen. Und wir leben davon, von einer besseren Welt zu träumen und unsere Träume von der besseren Welt für andere auch immer wirklich werden zu lassen. Das Bild weiterzudenken: Aufzustehen und kleine Träume von mir und dir wahr zu machen. Amen.

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