Predigt am 15. Sonntag nach
Trinitatis (9. September 2018)
Galater 5, 25-26. 6,
1-3.7.-10
25 Wenn wir im Geist
leben, so lasst uns auch im Geist wandeln. 26 Lasst uns nicht nach eitler Ehre
trachten, einander nicht herausfordern und beneiden. 1 Brüder und Schwestern,
wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder
zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid. Und sieh auf dich
selbst, dass du nicht auch versucht werdest. 2 Einer trage des andern Last, so werdet
ihr das Gesetz Christi erfüllen. 3 Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl
er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. …. 7 Irret euch nicht! Gott lässt
sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. 8 Wer auf sein
Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den
Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. 9 Lasst uns aber
Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten,
wenn wir nicht nachlassen. 10 Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns
Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.
Nicht müde werden
Nicht müde werden. Menschen werden aber müde. Nicht nur am
Abend nach getaner Arbeit, nicht nur am Lebensabend nach ganz vielen gelebten
Jahren. Menschen werden manchmal auch des Guten müde, müde, das Gute immer
wieder zu tun, zu versuchen, zu denken, zu wollen, anderen zu tun. Menschen
werden manchmal wie erschöpft davon, dass das Gute nicht ankommt, nicht
erwidert wird, nicht auf guten Boden fällt. Manchmal sind Menschen frustriert
davon, gegen alle Erfolglosigkeit dennoch gute Menschen zu sein, und Fragen
machen ihr gutes Wollen klein, mutlos und hoffnungsarm, sie fragen, ob da Gute
wirklich immer Sinn macht, ob es war bringt, ob es nicht vergebens ist.
Sie säen das Gute und ernten Schlechtes. Sie säen Liebe und
bekommen dürre Früchte der Gleichgültigkeit oder Berechnung. Sie säen und
nichts wächst und wird, die Erfahrung spricht gegen das Gute, und dann werden
Menschen müde, lassen nach und hören auf, das Gute wirklich noch zu tun, tun zu
können.
sondern dem Wunder
Vielleicht ist es so: Die Menschen, vielleicht auch wir,
können das Wunder nicht mehr sehen, das Wunder, das in allem lebt und lebendig
ist, das Wunder der Liebe und des Geliebtseins, dass alles ein unglaublichen
Wert besitzt, das alles auf herrliche Vollendung zielt, dass Gott das Leben mit
Güte und Gnade geschaffen hat und in sich lebendig hält, das Wunder, dass der Sinn
von allem im Guten liegt, Menschen davon und dafür leben.
Menschen sehen dieses Wunder nicht mehr, können es nicht
wahrnehmen, schlechte Erfahrung, Angst, Misstrauen hat ihnen die Augen
verschlossen. Sie meinen dann sie selbst wären irgendwie alles, sie machen sich
irgendwie zum Mittelpunkt, werden eitel, brauchen anderen, um selbst etwas zu
sein, bereichern sich, sind übergriffig, blassen sich auf und täuschen sich
selbst über die wahre Bedeutung ihres Daseins, über das Wunder, das sie selbst
sind und betrügen sich selbst um ihr eigentliches Leben. Sie säen dann gar
nicht mehr, was eigentlich wachsen soll und dem Leben dient, sie ernten
unverschämt, wo die Früchte anderen gehört, sie glauben gar nicht mehr daran,
das da ein Zusammenhang ist zwischen eigenen Tun und dem Werden der Welt und
setzen sich selbst jenseits von allem. Sie spotten dann Gott, der doch Anfang
und Ziel ist, der alles so liebevoll im Blick hat und behält, der Mittelpunkt
sein will, damit alle das Leben bekommen. Sie erheben sich über das Leben,
machen eigentlich alles lächerlich, verhöhnen, verletzen, demütigen und sind die
größten in ihrem eigenen Spiegel nur.
wie einem Vogel
Weit ist dann der Weg, sich selbst wieder zu relativieren,
einzuordnen, Liebe zu empfangen und davon zu leben. Weit ist der Weg, den
eigenen Irrsinn zu sehen, in der Drohung vor Verderben die Stimme dessen zu
hören, der zum Leben ruft. Weit ist der Weg, das Wunder des Guten in allem
wieder zu sehen, in der Seele zu merken. Weit ist der Weg, von sich selbst
abzusehen, sich zu entledigen aller Selbstbehauptung, zu sehen, wo man sich
selbst bitter betrügt und eigentlich das Wichtigste verspottet: Gott. Weit ist
der Weg nichts zu werden, um dann alles zu bekommen, sich selbst wie zu
entleeren, damit man wieder von neuem, gleich einer Neuschöpfung, gefüllt wird,
erfüllt wird.
Ein Klitzekleines braucht nur der Geist, damit er Raum in
einem Menschen greift, gewinnt und ihn erfüllt. Vielleicht nur den Moment des
eigenen Ekels vor sich, des Unwohlseins im Blick auf die Taten, der
aufbrechenden Sehnsucht nach Liebe, vielleicht auf nur ein stilles, leises: bitte,
bitte, Geist komm.
Gutes tun, ist alles anderen als einfach. Das Gute ist zart
und zerbrechlich, scheu und manchmal kaum zu finden. Mit dem göttlichen Geist
in uns, da können wir es tun. Zwischen säen und ernten liegt jene unheimliche
Zeit des Werdens, des Wachsens, des Guten, das selbst beginnt zu wirken. Jede
Zeit, sei sie noch so kurz, wird dann zur Ernte, für uns und den anderen.
Sanftmütig still das Gute versuchen zu denken, zu erspähen, zu entdecken und
ihm seinen Raum zu lassen: Lasten der anderen sehen und nicht einfach, aber
doch sie zu guten Teilen auf die eigene Lebensschulter laden und ein paar
Schritte mitgehen. Sich selbst als durchs Leben stolpern, manchmal fallen sehen
und feste ans Wunder des Lebens glauben und anderen aufhelfen und sie für
Momente als Gottes schmutzig gewordene heilige Geschöpfe wunderbar lieben.
die Hand hinhalten.
Nicht müde werden. Auf den Geist Gottes vertrauen, ein Geist
der Liebe, der weht wo er will, der weht, wo es ihn braucht, der weht ganz
bestimmt. Auf ihn vertrauen, dass Gott ihn reichlich schenkt, er uns erfüllt
und uns säen lässt Gutes, da wo wir sind, so viel wir gerade können. Auf den
Geist setzen, ihn machen lassen, an jene leise, bestimmte, ganz eigene Wirkung
glauben, glauben, daran mitarbeiten, davon leben, dass Gott auch in Ohnmacht,
im Leid sich mit seiner Liebe durchsetzt.
Das wäre eine stille Freude, die wir hätten, am Tun des
Guten, wir würden unsere Hände ausstrecken, irgendwie das Gute in einem Moment
zu empfangen und -und zu geben; und wenn unsere Hände müde wären des Guten,
reichte ein Blick, ein leises Gebet um Gottes Geist. Bitte, sich nicht irre
machen lassen, nicht daran verzweifeln, nicht mit dem Vertrauen aufhören: Gott
ist das Gute. Er sucht es, will es und tut es. Er schenkt das ewige Leben, ein
Leben in göttlicher Güte. „Nicht müde
werden, sondern dem Wunder, leise wie einem Vogel die Hand hinhalten.“ (Hilde Domin)
Amen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen