Freitag, 7. September 2018

leise


Predigt am 15. Sonntag nach Trinitatis (9. September 2018)

Galater 5, 25-26. 6, 1-3.7.-10
25 Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln. 26 Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden. 1 Brüder und Schwestern, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid. Und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. 2 Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. 3 Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. …. 7 Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. 8 Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. 9 Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen. 10 Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.

Nicht müde werden
Nicht müde werden. Menschen werden aber müde. Nicht nur am Abend nach getaner Arbeit, nicht nur am Lebensabend nach ganz vielen gelebten Jahren. Menschen werden manchmal auch des Guten müde, müde, das Gute immer wieder zu tun, zu versuchen, zu denken, zu wollen, anderen zu tun. Menschen werden manchmal wie erschöpft davon, dass das Gute nicht ankommt, nicht erwidert wird, nicht auf guten Boden fällt. Manchmal sind Menschen frustriert davon, gegen alle Erfolglosigkeit dennoch gute Menschen zu sein, und Fragen machen ihr gutes Wollen klein, mutlos und hoffnungsarm, sie fragen, ob da Gute wirklich immer Sinn macht, ob es war bringt, ob es nicht vergebens ist.
Sie säen das Gute und ernten Schlechtes. Sie säen Liebe und bekommen dürre Früchte der Gleichgültigkeit oder Berechnung. Sie säen und nichts wächst und wird, die Erfahrung spricht gegen das Gute, und dann werden Menschen müde, lassen nach und hören auf, das Gute wirklich noch zu tun, tun zu können.

sondern dem Wunder
Vielleicht ist es so: Die Menschen, vielleicht auch wir, können das Wunder nicht mehr sehen, das Wunder, das in allem lebt und lebendig ist, das Wunder der Liebe und des Geliebtseins, dass alles ein unglaublichen Wert besitzt, das alles auf herrliche Vollendung zielt, dass Gott das Leben mit Güte und Gnade geschaffen hat und in sich lebendig hält, das Wunder, dass der Sinn von allem im Guten liegt, Menschen davon und dafür leben.
Menschen sehen dieses Wunder nicht mehr, können es nicht wahrnehmen, schlechte Erfahrung, Angst, Misstrauen hat ihnen die Augen verschlossen. Sie meinen dann sie selbst wären irgendwie alles, sie machen sich irgendwie zum Mittelpunkt, werden eitel, brauchen anderen, um selbst etwas zu sein, bereichern sich, sind übergriffig, blassen sich auf und täuschen sich selbst über die wahre Bedeutung ihres Daseins, über das Wunder, das sie selbst sind und betrügen sich selbst um ihr eigentliches Leben. Sie säen dann gar nicht mehr, was eigentlich wachsen soll und dem Leben dient, sie ernten unverschämt, wo die Früchte anderen gehört, sie glauben gar nicht mehr daran, das da ein Zusammenhang ist zwischen eigenen Tun und dem Werden der Welt und setzen sich selbst jenseits von allem. Sie spotten dann Gott, der doch Anfang und Ziel ist, der alles so liebevoll im Blick hat und behält, der Mittelpunkt sein will, damit alle das Leben bekommen. Sie erheben sich über das Leben, machen eigentlich alles lächerlich, verhöhnen, verletzen, demütigen und sind die größten in ihrem eigenen Spiegel nur.

wie einem Vogel
Weit ist dann der Weg, sich selbst wieder zu relativieren, einzuordnen, Liebe zu empfangen und davon zu leben. Weit ist der Weg, den eigenen Irrsinn zu sehen, in der Drohung vor Verderben die Stimme dessen zu hören, der zum Leben ruft. Weit ist der Weg, das Wunder des Guten in allem wieder zu sehen, in der Seele zu merken. Weit ist der Weg, von sich selbst abzusehen, sich zu entledigen aller Selbstbehauptung, zu sehen, wo man sich selbst bitter betrügt und eigentlich das Wichtigste verspottet: Gott. Weit ist der Weg nichts zu werden, um dann alles zu bekommen, sich selbst wie zu entleeren, damit man wieder von neuem, gleich einer Neuschöpfung, gefüllt wird, erfüllt wird.
Ein Klitzekleines braucht nur der Geist, damit er Raum in einem Menschen greift, gewinnt und ihn erfüllt. Vielleicht nur den Moment des eigenen Ekels vor sich, des Unwohlseins im Blick auf die Taten, der aufbrechenden Sehnsucht nach Liebe, vielleicht auf nur ein stilles, leises: bitte, bitte, Geist komm.
Gutes tun, ist alles anderen als einfach. Das Gute ist zart und zerbrechlich, scheu und manchmal kaum zu finden. Mit dem göttlichen Geist in uns, da können wir es tun. Zwischen säen und ernten liegt jene unheimliche Zeit des Werdens, des Wachsens, des Guten, das selbst beginnt zu wirken. Jede Zeit, sei sie noch so kurz, wird dann zur Ernte, für uns und den anderen. Sanftmütig still das Gute versuchen zu denken, zu erspähen, zu entdecken und ihm seinen Raum zu lassen: Lasten der anderen sehen und nicht einfach, aber doch sie zu guten Teilen auf die eigene Lebensschulter laden und ein paar Schritte mitgehen. Sich selbst als durchs Leben stolpern, manchmal fallen sehen und feste ans Wunder des Lebens glauben und anderen aufhelfen und sie für Momente als Gottes schmutzig gewordene heilige Geschöpfe wunderbar lieben.

die Hand hinhalten.
Nicht müde werden. Auf den Geist Gottes vertrauen, ein Geist der Liebe, der weht wo er will, der weht, wo es ihn braucht, der weht ganz bestimmt. Auf ihn vertrauen, dass Gott ihn reichlich schenkt, er uns erfüllt und uns säen lässt Gutes, da wo wir sind, so viel wir gerade können. Auf den Geist setzen, ihn machen lassen, an jene leise, bestimmte, ganz eigene Wirkung glauben, glauben, daran mitarbeiten, davon leben, dass Gott auch in Ohnmacht, im Leid sich mit seiner Liebe durchsetzt.
Das wäre eine stille Freude, die wir hätten, am Tun des Guten, wir würden unsere Hände ausstrecken, irgendwie das Gute in einem Moment zu empfangen und -und zu geben; und wenn unsere Hände müde wären des Guten, reichte ein Blick, ein leises Gebet um Gottes Geist. Bitte, sich nicht irre machen lassen, nicht daran verzweifeln, nicht mit dem Vertrauen aufhören: Gott ist das Gute. Er sucht es, will es und tut es. Er schenkt das ewige Leben, ein Leben in göttlicher Güte. „Nicht müde werden, sondern dem Wunder, leise wie einem Vogel die Hand hinhalten.“ (Hilde Domin) Amen.

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