Samstag, 21. Februar 2015

Durchscheinen



Predigt zur Gottesdienstreihe „Bibel und Bild“ 
Sonntag Invokavit, 22. Februar:
„Das Foto – belichtete Bilder“

1. Mose 1, 26+27: Das Ebenbild Gottes
„Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen ….“

Gottes Bild
„Du sollst dir kein Bildnis machen“. Das war letzten Sonntag: Gott verbietet sich Bilder. Bestimmte Bilder von Menschen. Bilder, in denen sich eine Wirklichkeit findet, die er nicht lieben kann, die er hassen muss, die ein schreckliches Bild des Menschen und der Welt malt, zeichnet, vielleicht malen, zeichnen, zeigen muss.
Gott macht aber selbst ein Bild. Ein einzigartiges, wunderschönes, ganz am Anfang und immer wieder und er wird es vollenden dereinst hindurch durch alle unsere Zeiten, ihre Dunkelheiten und Fragen hindurch. Dieses Bild macht er aus Liebe, aus tiefster Liebe heraus. Er will kein Gott fern sein, distanziert, abgehoben. Seine Liebe sucht die Nähe, beharrlich, immer wieder, hält fest, leidet mit, fragt, sucht Antwort, wartet geduldig, hofft und schafft. Gott macht sich ein Bild, ein Bild von sich, ihm gegenüber, ein Bild, das ihm entspricht, das seinen Segen trägt, das er ansprechen, mit dem er leben kann, das sein tiefes Leben weiterträgt, von dem er Worte, Lob und Liebe bekommt, das er lieben kann, das er in Freiheit, in seiner und des Bildes lieben kann, in dem sich sein Leben, seine Lebendigkeit, seine Herrlichkeit, sein Wille auf Erden spiegelt, wiederfindet, lebendig wird.

Jeder von uns ist dieses Bild, das Abbild seiner Liebe, seines Lebens. Und in jedem Mensch ist dieses Bild schon immer lebendig, da, irgendwie vollendet. Und in jedem Menschen wird dieses göttliche Bild tragisch, nachlässig, ganz schlimm verdeckt, versteckt, korrumpiert, vergessen, beschmutzt, zerkratzt, erstickt. Immer wieder. Und in jedem Mensch soll dieses Bild wirklich werden, immer wieder soll es wirklich werden, da sein, erscheinen, durchscheinen, soll es sich im Leben immer wieder, mehr, ganz vollenden, sichtbar werden, abbilden.

Entdeckt
Fotos machen Menschen. Eigentlich jeder von uns, irgendwann, irgendwie. Es gibt unzählige Hobbyfotografen und sehr gute Profis, die wunderbar, tief berührend, die Wahrheit eines Augenblicks in einem Foto festhalten, um sie in den Augen und Köpfen der anderen wieder frei zu lassen. Fotografie ist Kunst. Und Fotos werden frei benutzt. Wir klebten sie früher ein, in Fotoalben, heute sortieren wir sie digital am PC und speichern sie ab. Jeder zerriss schon mal ein Foto, einfach so oder unter Tränen. Ganze Bildbände leben von Fotos der Landschaften, der Städte, der Menschen, die sie zeigen, und ferne Welten werden uns ganz nah.
In Fotos halten Menschen fest, was ihnen erscheint, was ihnen wichtig ist, an was sie sich dann mal erinnern wollen, was ihnen gefällt, was sie fasziniert. Ein Ausschnitt, ein Moment, ein Detail, eine Szene, vielleicht gegen all die Flüchtigkeit, gegen all das schnelle Vergessen, gegen den Zahn und den Lauf der eignen Zeit und ihre Endlichkeit. Fotos lichten die Wirklichkeit ab, anderes können sie nicht, aber sie erzählen mehr von ihr, als wir gerade sehen könnten. Sie halten uns, die wir Fotos machen und betrachten, mit fest im Foto, auch wenn wir gar nicht darauf sind. Es ist nie nur sichtbar das Fotografierte, sondern, das was in uns von ihm mitschwingt zu sehen, Sehnsüchtige nach Ferne, Mitleid mit Geschundenen, Irritationen und Ängste, Hoffnungen und Wünsche. Fotos sind fast wie Worte, in denen Menschen Wirklichkeit festhalten, für den Moment, in dem sie denken und sprechen und versuchen, zu sagen, auszudrücken, was eigentlich mehr ist als Worte, was unsagbar ist, und dann die Wirklichkeit aber doch einwohnt und spürbar wird, selbst spricht, spricht von einem und zu einem.
Wieviele Fotos mag es von uns geben, im Laufe unseres Lebens. Schwarz-weiße noch, fast vergilbt, in Fotoalben eingeklebt. Manche fehlen dort, rausgenommen. Manche Menschen, die da waren, auch. Baby-Bilder, Bilder vom ersten Schultag, Bilder bei Ausflügen, an Urlaubsorten, Bilder von der Hochzeit, vom Brautpaar, von Gästen. Was ist daraus geworden. Bilder vom Älterwerden, Was wird. Berührende Bilder. Peinlich Bilder. Bilder mit heimlicher Erinnerung. Bilder unseres Lebens. Fotos auf dem Schreibtisch, Fotos auf der Kommode, Fotos im Rahmen an der Wand, Passfotos auf dem Personalausweis, Fotos im Geldbeutel. Immer wieder Abbildungen von uns, so wie wir sind, unsere Wahrheit, eingefangen, festgehalten, mehr als nur wir. In all diesen Fotos von uns erscheint da auch jenes eine Bild, jenes Abbild von ihm, von Gott, von Gottes Liebe? Wahrscheinlich.
Belichtet
Menschen sehen, und wenn sie sehen, dann fällt Licht in ihr Auge, widergespiegelt von all dem, was vor ihren Augen ist, an Gegenständen, Menschen, Lebendigen und so entsteht in ihrem Kopf ein Abbild von all dem, von der Wirklichkeit. Das Denken dreht es netterweise automatisch um und wir sehen, was ist, eigentlich nie direkt, sondern immer schon abgebildet. Im Fotoapparat fällt das Licht, widergespiegelt an dem, was vor der Linse ist, an Gegenständen, Menschen, Landschaften, hinein und erzeugt ein Abbild, ein Abbild auf dem Film früher, heute auf den digitalen Sensoren, ein durch das Licht und die Wirklichkeit belichtetes Abbild jener Wirklichkeit.
Belichtet. Belichtete Menschen. Licht fällt auf den Menschen, widergespiegelt von der Wirklichkeit, die ihn umgibt, und es entsteht in ihm ein Abbild. Licht fällt auf Menschen, wenn sie am Fenster stehen und die Morgensonne sie bescheint, wenn wir im gleißenden Sonnenlicht stehen, wenn uns die Liebe eines Menschen bescheint und wir uns darin sonnen; beschienen, beleuchtet macht Schatten sichtbar, zu viel Licht scheuen wir, ist selten gut, nur Licht überbelichtet, vielleicht auch das Leben, zu wenig erzeugt kein Abbild.
Von Gottes Licht beschienen, beleuchtet, von seiner Liebe. Menschen belichtet von Gott. Sein Liebeslicht vom Beginn der Schöpfung an bis in alle Ewigkeit fällt durch alle Schatten und durch alle Dunkelheit hindurch ein, widergespiegelt an all dem, was Menschen umgibt, was da ist, an anderen, an Gegenständen, an Welt und Wirklichkeit, mit all den Widersprüchlichkeiten und merkwürdigen Reflexionen, und erzeugt in uns ein Abbild, ein Abbild jenes göttlichen Lichteinfalls, seiner Liebe.
In uns und an uns. Sein Bild in uns. Wir sein Bild, Bild seiner Liebe: Geliebt. Beleuchtet. Belichtet. Gottes Abbild scheint durch, und wir …. Wir irgendwie eine kleines Foto von ihm, ihm. ER, der in kein Foto zu fassen ist, lichtet sich ab in uns. Wunderbar. In allen Fotos, die es gibt, mögen wir dies Abbild suchen, bei uns, den anderen, in seiner Schöpfung. Amen.

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