Predigt zur Gottesdienstreihe „Bibel und Bild“
Sonntag Invokavit, 22. Februar:
„Das Foto – belichtete Bilder“
1. Mose 1, 26+27: Das Ebenbild Gottes
„Und
Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da
herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über
das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden
kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er
ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen
….“
Gottes Bild
„Du sollst dir kein Bildnis machen“. Das
war letzten Sonntag: Gott verbietet sich Bilder. Bestimmte Bilder von Menschen.
Bilder, in denen sich eine Wirklichkeit findet, die er nicht lieben kann, die
er hassen muss, die ein schreckliches Bild des Menschen und der Welt malt,
zeichnet, vielleicht malen, zeichnen, zeigen muss.
Gott macht aber selbst ein Bild. Ein einzigartiges,
wunderschönes, ganz am Anfang und immer wieder und er wird es vollenden
dereinst hindurch durch alle unsere Zeiten, ihre Dunkelheiten und Fragen hindurch.
Dieses Bild macht er aus Liebe, aus tiefster Liebe heraus. Er will kein Gott
fern sein, distanziert, abgehoben. Seine Liebe sucht die Nähe, beharrlich,
immer wieder, hält fest, leidet mit, fragt, sucht Antwort, wartet geduldig,
hofft und schafft. Gott macht sich ein Bild, ein Bild von sich, ihm gegenüber,
ein Bild, das ihm entspricht, das seinen Segen trägt, das er ansprechen, mit
dem er leben kann, das sein tiefes Leben weiterträgt, von dem er Worte, Lob und
Liebe bekommt, das er lieben kann, das er in Freiheit, in seiner und des Bildes
lieben kann, in dem sich sein Leben, seine Lebendigkeit, seine Herrlichkeit,
sein Wille auf Erden spiegelt, wiederfindet, lebendig wird.
Jeder von uns ist dieses Bild, das
Abbild seiner Liebe, seines Lebens. Und in jedem Mensch ist dieses Bild schon
immer lebendig, da, irgendwie vollendet. Und in jedem Menschen wird dieses
göttliche Bild tragisch, nachlässig, ganz schlimm verdeckt, versteckt,
korrumpiert, vergessen, beschmutzt, zerkratzt, erstickt. Immer wieder. Und in
jedem Mensch soll dieses Bild wirklich werden, immer wieder soll es wirklich
werden, da sein, erscheinen, durchscheinen, soll es sich im Leben immer wieder,
mehr, ganz vollenden, sichtbar werden, abbilden.
Entdeckt
Fotos machen Menschen. Eigentlich
jeder von uns, irgendwann, irgendwie. Es gibt unzählige Hobbyfotografen und
sehr gute Profis, die wunderbar, tief berührend, die Wahrheit eines Augenblicks
in einem Foto festhalten, um sie in den Augen und Köpfen der anderen wieder
frei zu lassen. Fotografie ist Kunst. Und Fotos werden frei benutzt. Wir
klebten sie früher ein, in Fotoalben, heute sortieren wir sie digital am PC und
speichern sie ab. Jeder zerriss schon mal ein Foto, einfach so oder unter
Tränen. Ganze Bildbände leben von Fotos der Landschaften, der Städte, der
Menschen, die sie zeigen, und ferne Welten werden uns ganz nah.
In Fotos halten Menschen fest, was
ihnen erscheint, was ihnen wichtig ist, an was sie sich dann mal erinnern
wollen, was ihnen gefällt, was sie fasziniert. Ein Ausschnitt, ein Moment, ein
Detail, eine Szene, vielleicht gegen all die Flüchtigkeit, gegen all das
schnelle Vergessen, gegen den Zahn und den Lauf der eignen Zeit und ihre
Endlichkeit. Fotos lichten die Wirklichkeit ab, anderes können sie nicht, aber
sie erzählen mehr von ihr, als wir gerade sehen könnten. Sie halten uns, die
wir Fotos machen und betrachten, mit fest im Foto, auch wenn wir gar nicht
darauf sind. Es ist nie nur sichtbar das Fotografierte, sondern, das was in uns
von ihm mitschwingt zu sehen, Sehnsüchtige nach Ferne, Mitleid mit
Geschundenen, Irritationen und Ängste, Hoffnungen und Wünsche. Fotos sind fast
wie Worte, in denen Menschen Wirklichkeit festhalten, für den Moment, in dem
sie denken und sprechen und versuchen, zu sagen, auszudrücken, was eigentlich
mehr ist als Worte, was unsagbar ist, und dann die Wirklichkeit aber doch
einwohnt und spürbar wird, selbst spricht, spricht von einem und zu einem.
Wieviele Fotos mag es von uns geben,
im Laufe unseres Lebens. Schwarz-weiße noch, fast vergilbt, in Fotoalben
eingeklebt. Manche fehlen dort, rausgenommen. Manche Menschen, die da waren,
auch. Baby-Bilder, Bilder vom ersten Schultag, Bilder bei Ausflügen, an
Urlaubsorten, Bilder von der Hochzeit, vom Brautpaar, von Gästen. Was ist
daraus geworden. Bilder vom Älterwerden, Was wird. Berührende Bilder. Peinlich
Bilder. Bilder mit heimlicher Erinnerung. Bilder unseres Lebens. Fotos auf dem
Schreibtisch, Fotos auf der Kommode, Fotos im Rahmen an der Wand, Passfotos auf
dem Personalausweis, Fotos im Geldbeutel. Immer wieder Abbildungen von uns, so
wie wir sind, unsere Wahrheit, eingefangen, festgehalten, mehr als nur wir. In
all diesen Fotos von uns erscheint da auch jenes eine Bild, jenes Abbild von
ihm, von Gott, von Gottes Liebe? Wahrscheinlich.
Belichtet
Menschen sehen, und wenn sie sehen,
dann fällt Licht in ihr Auge, widergespiegelt von all dem, was vor ihren Augen
ist, an Gegenständen, Menschen, Lebendigen und so entsteht in ihrem Kopf ein
Abbild von all dem, von der Wirklichkeit. Das Denken dreht es netterweise automatisch
um und wir sehen, was ist, eigentlich nie direkt, sondern immer schon
abgebildet. Im Fotoapparat fällt das Licht, widergespiegelt an dem, was vor der
Linse ist, an Gegenständen, Menschen, Landschaften, hinein und erzeugt ein
Abbild, ein Abbild auf dem Film früher, heute auf den digitalen Sensoren, ein
durch das Licht und die Wirklichkeit belichtetes Abbild jener Wirklichkeit.
Belichtet. Belichtete Menschen. Licht
fällt auf den Menschen, widergespiegelt von der Wirklichkeit, die ihn umgibt,
und es entsteht in ihm ein Abbild. Licht fällt auf Menschen, wenn sie am Fenster
stehen und die Morgensonne sie bescheint, wenn wir im gleißenden Sonnenlicht
stehen, wenn uns die Liebe eines Menschen bescheint und wir uns darin sonnen;
beschienen, beleuchtet macht Schatten sichtbar, zu viel Licht scheuen wir, ist
selten gut, nur Licht überbelichtet, vielleicht auch das Leben, zu wenig erzeugt
kein Abbild.
Von Gottes Licht beschienen,
beleuchtet, von seiner Liebe. Menschen belichtet von Gott. Sein Liebeslicht vom
Beginn der Schöpfung an bis in alle Ewigkeit fällt durch alle Schatten und
durch alle Dunkelheit hindurch ein, widergespiegelt an all dem, was Menschen
umgibt, was da ist, an anderen, an Gegenständen, an Welt und Wirklichkeit, mit
all den Widersprüchlichkeiten und merkwürdigen Reflexionen, und erzeugt in uns
ein Abbild, ein Abbild jenes göttlichen Lichteinfalls, seiner Liebe.
In uns und an uns. Sein Bild in uns.
Wir sein Bild, Bild seiner Liebe: Geliebt. Beleuchtet. Belichtet. Gottes Abbild
scheint durch, und wir …. Wir irgendwie eine kleines Foto von ihm, ihm. ER, der
in kein Foto zu fassen ist, lichtet sich ab in uns. Wunderbar. In allen Fotos,
die es gibt, mögen wir dies Abbild suchen, bei uns, den anderen, in seiner
Schöpfung. Amen.
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