Predigt am 8. Sonntag nach Trinitatis
(29.7.2012)
1. Korinther 6, 9-11 + 15-20
9 Oder
wisst ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden?
Lasst euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher,
Lustknaben, Knabenschänder, 10 Diebe,
Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes ererben.
11 Und
solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid rein gewaschen, ihr seid
geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus
und durch den Geist unseres Gottes.
15 Wisst
ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? Sollte ich nun die Glieder
Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne! 16 Oder wisst ihr
nicht: wer sich an die Hure hängt, der ist "ein" Leib mit ihr? Denn
die Schrift sagt: »Die zwei werden "ein" Fleisch sein« (1.Mose 2,24).
17 Wer aber dem Herrn
anhängt, der ist "ein" Geist mit ihm. 18 Flieht die
Hurerei! Alle Sünden, die der Mensch tut, bleiben außerhalb des Leibes; wer
aber Hurerei treibt, der sündigt am eigenen Leibe.
19 Oder
wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in
euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? 20 Denn ihr seid
teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe.
Ich bin Körper
Körper schieben sich im Gedränge wie
Klötze durch Straßen, sie legen sich entblößt auf grüne Wiesen in die Sonne,
ziehen sich hübsch an und malen Lippenstift auf ihre Münder; Körper streifen
sich flüchtig, meiden Bewegung und Berührung; Körperaugen blicken sorgenvoll
auf Körperbäuche, lustvoll auf Körperkurven, nackte Körper wiegen sich; Körper
werden verletzt, operiert, widerbelebt. Körper sind durchtrainiert, schlank, schlaff
und bunt angezogen, Körper sind wir jeden Tag, von morgens bis abends und in
der Nacht, sind wir manchmal ungeheuer allein und wunderbar zu zweit. Unsere
Körper kriegen wir nie los, wir haben sie an uns, an ihnen sind unsere Jahre zu
zählen. Anfang geboren als ein Bündel verschmiertes Leben, am Ende blas als
Totenleib.
Von Lob Gottes und Sünde sind unsere
Körper meistens weit entfernt.
Wir sind Körper, unser Körper, es ist
das Bild, das wir von außen abgeben. So sehen uns die anderen Menschen, bevor
sie uns näher sehen. Unser Körper ist das Außen von uns innen drin. Er ist unser
Ich nach außen gestülpt, sichtbar, spürbar, anzufassen, zu berühren. Unser
Körper ist unser Membran, an dem uns die Welt um uns herum berührt, mit dem wir
die Welt um uns wie einatmen, durch das hindurch Welt ins uns kommt. Unser
Körper ist Verbindung nach Außen, von außen nach innen, von Innen nach Außen.
Wie wir uns ausdrücken in unseren
Körper, innere Sorgen Falten werden auf unserer Stirn, so füllt die Welt uns
innen an mit dem, was wir über unseren Körper spüren, Schläge wie Küsse, zärtliche Worte, die unter die Haut gehen; Sätze,
die uns verletzten wie Messerstiche. So tragen wir in uns Sehnsüchte,
Hoffnungen, Wünsche, schlechte Erfahrungen, tiefe Ängste, eine Vielzahl von
zugeworfenen Worten, gesehene Bildern und Menschen. Uns unser Körper kehrt,
zeigt das wieder nach außen, mal verschlossener, mal nur bestimmten Menschen,
mal ganz offen: gebeugte Körper, lachende Körper, weinende, hingebungsvolle,
zerbrechliche.
Mein Körper gehört mir. Ich bin er –
und er ist das, was in mir ist. Ihm gehört er auch.
Die Hure in mir
Das dürfen wir nicht vergessen. Daran
müssen wir denken. Wir müssen aufpassen und vorsichtig sein. Auf uns und unsere
Körper.
Was ist die Hure in mir? Was ist in
mich eingewandert von außen, durch meinen Körper in mich herein? Was ist durch
mein Körpermembran in mich gekommen und wohnt dort, hat mich wie infiziert. Was
ist diese Hure in mir, vor die Paulus uns warnt? Hurerei ist das Bild, was
Paulus eingeprägt ist. Heute sind es andere Bilder, anderes, was in uns einwandert
und uns beherrscht, gefangen nimmt, uns selbst preisgibt und uns verkauft.
Körper begegnen, ohne sich zu
begegnen, ohne nach dem da drinnen im Körper zu sehen, zu fragen, ohne dass es
eine Bedeutung hätte, dass das etwas drinnen im Körper ist und auch begegnet, auch
begegnen will, Sehnsucht hat, das andere im Körper des anderen sucht, berühren
möchte. Körper berühren einander, ohne dass sich Menschen berühren, deren
Seele. Körper bleiben seelenlos, ohne die Seele des anderen gestreift zu haben,
für Sekunden, sie zu halten, sie bleiben leer, ohne die eigene Seele berührt zu
haben, genährt für Sekunden.
Körper bleiben ganz im Außen,
verlieren ihre Bedeutung, Verbindung zu sein, Membran nach außen und Innen,
sich zu berühren und das was innen ist einander nahe zu bringen. Körper werden
bedeutungsleere Körper, eigentlich leblose Körper, kalt, icharm, nach innen und
nach außen. Der Körper wird bedeutungslos als nach Außen von mir, er wird
losgelöst, egal, aufgeplustert, abgemagert, stilisiert, minimiert, nichts und
alles, aber nicht mehr mein Körper für mich und dich. Das Innen im Körper wird
verkauft.
Gottes Leib sein
Dabei sind unsere Körper mit Seelen
drin teuer erkauft. Nicht mit Geld, sondern mit etwas, das keine Währung kennt,
das unvergleichlich ist: Mit Jesus, seinen Körper am Kreuz, seinem Körper auferweckt.
ER in mir gegeben.
Nicht vergessen. Sich erinnern.
Aufpassen und vorsichtig sein: Jesus Christus ist in uns. Das mache nicht ich.
ER kommt in uns, von außen, durch unseren Körper, durch das gehörte, gelesene,
gesprochene Wort, durch den Heiligen Geist, der ihn in uns lebendig macht, als
das, was seine Gedanken, Wünsche, Sehnsüchte, Zweifel, Gebete, Worte für uns
sind.
Wir werden durch ihn befreit von den
Huren in unseren Körpern, von jeder seelenlosen Begegnung der Körper. In unserem
tiefsten Seelenort wohnt Jesus. Wir werden reingewaschen, geheiligt, gerecht.
Unsere Körper werden zu Tempel Jesu, zu nach außen sichtbaren und wunderbar
leuchtenden Behältern für Gott, seine Träger. Ich kann mich in meinem Körper durch
ihn als der zeigen, der ich bin: Gottes Mensch aus Fleisch und Blut, beseelt. Unsere
Körper gehören ihm, damit er in ihnen lebendig und sichtbar wird. Unsere Körper
sind göttlich beseelte Membrane zu uns und zu den anderen. Wir tragen Gott in
uns, das spüren wir nach innen und das leben wir als sichtbare, spürbare,
berührbare Körpern nach Außen.
Wir, wir als Ganze, unsere Seele,
unser Körper, werden dann zum Teil des Reich Gottes. So wie wir geschaffen
sind, leben wir: von Gott schön gemacht, trotz und in Wunden und Dreck, in uns
und für andere aus uns heraus. Unsere von Gott beseelten Körper werden dann ihm
zur Ehre. Er hat sie wunderbar geschaffen und sie dienen ihm. Er selbst wird durch
Seelen und Körper sichtbar und spürbar. Sie loben ihn. Unsere Körper erzählen
in ihrer ganzen Haltung das von Gott in ihnen, wie ein kleines tanzendes Kind,
dessen Körper in Gottes Lichtkegel die Augen geschlossen vollkommen
selbstvergessen, sich ganz und gar findend von Gottes umfassender Liebe tausend
und mehr Worte laut spricht. Amen.
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