Predigt am letzten Sonntag nach
Epiphanias
(2. Februar 2020)
(2. Februar 2020)
Offenbarung 1, 9-19 Der Auftrag an Johannes
9 Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am
Reich und an der Geduld in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heißt, um des
Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen. 10 Ich wurde vom Geist ergriffen
am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune,
11 die sprach: Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die
sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach
Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea. 12 Und ich
wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich
umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter 13 und mitten unter den Leuchtern
einen, der war einem Menschensohn gleich, der war angetan mit einem langen
Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel. 14 Sein Haupt aber
und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine
Feuerflamme 15 und seine Füße gleich Golderz, wie im Ofen durch Feuer gehärtet,
und seine Stimme wie großes Wasserrauschen; 16 und er hatte sieben Sterne in
seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges
Schwert, und sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht. 17
Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine
rechte Hand auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der
Letzte 18 und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von
Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. 19
Schreibe, was du gesehen hast und was ist und was geschehen soll danach.
Sitzend auf der Insel
Auf einer Insel im Meer der anderen,
im Meer der Welt, die uns umgibt. Nahe und fern die anderen, manchmal auch das
eigene Leben. Auf der Insel, irgendwie alleine, für sich, nicht traurig,
nachdenklich vielleicht: ich bin selbst und die anderen sind, uns trennt und
vereint vieles, bin gerufen zu ihnen, mir selbst verantwortlich, habe eigene
Worte und bin immer Antwort auf alles, was mich umgibt. Trage einen Namen im Meer
der anderen, auch gleichen Namen.
Vielleicht bin ich aufgrund des
Wortes da, da auf dieser merkwürdigen Lebensinsel, so wie Johannes. Weil ich
vom Wort Gottes geschaffen, gerufen bin, von Anfang an. Sein Wort vernehme,
suche, vor es gestellt bin, in ihm vieles, alles vermute, habe. Weil auch am Ende
noch sein Wort da sein wird, wenn nur noch Staub ich bin. Weil das Wort schon
immer meine Welt und die Welt, meine Insel und die Inseln der anderen umweht
hat als stiller, ständiger Ruf zu leben.
Ich auf der Insel, auf der Suche nach
jenem einen Wort, bedrängt, ausharrend, erduldend manches Inseldasein,
verbunden mit all den anderen, die irgendwie auch suchen, Brot und Hoffnung,
Trost, Land, sich und ein Du. Ich auf der Lebensinsel leise ergriffen, meine
ich zu hören, was Gott zu mir spricht, mitten im Stimmengewirr unzähliger
Stimmen, Töne, meine ich von Gott da sitzend gemeint zu sein, beauftragt zu
sein, gesandt zu sein, zu hören, weiterzugeben, selbst es zu leben und mit
anderen es zu leben, jenes Stückchen Gott im Leben.
Intermezzo: Sich umdrehen
Johannes dreht sich um. Reicht ihm
das Hören nicht? Ist der Klang zu laut, zu leise, zu unbestimmt? Ist in ihn
noch ein Rest Zweifel oder der Übermut oder nur Neugier oder purer gefasster Mut
oder doch vor allem die wie neu geborene Hoffnung auf jenen Augenblick, Gott zu
sehen und alles von ihm zu empfangen. Wie oft drehen wir uns um? Und eben
nicht. Gehen vorbei. Zeigen die kalte Schulter. Bemerken nicht. Wie oft drehen
wir uns um. In manchen Nächten unzählige Mal oft. Entscheidend zum Angesicht und
Körper unseres Liebsten. Drehen uns um, zu sehen, zu erlangen, um mit uns,
unserem Angesicht, unserem Leben dabei zu sein.
Dein starker Arm, der mich umfängt
Für einen entscheidenden Moment. Den
Moment, den wir gar nicht suchen können, so wenig wie es Johannes tut. Ein
Moment, in dem uns Gott begegnet, in dem wir diese Erfahrung von IHM machen,
irgendetwas uns den Eindruck von Gott vermittelt, IHN in unser Leben eindrückt,
abdrückt und wir SEINE Wirkung in unserem Leben vernehmen, verspüren, im
Moment, im Nachhinein, im Sehen und Verstehen. So wie Johannes. Oder auch
anders.
Das, was uns da widerfährt, was sich
uns als Gott eindrückt, ist ein Eindruck von Jesus, von Jesus Christus, davon,
wie Gott beschloss, uns nahe zu sein und zu bleiben. Etwas Körperhaftes wird
uns begegnen, mit Haupt und Haaren, mit Brust und Füßen, mit Augen und Mund,
mit SEINEM Angesicht, mit dem verklärten, erkennbaren Leib dessen, der das Heil
in die staubige Straßen von Galiläa trug, der mit den Jüngern zusammensaß, der
mit den Sündern aß, der in Garten Gethsemane zweifelte, der das Kreuz auf
Golgatha trug, der schrie und auferstand. Der wird uns in jenen Moment begegnen
und in ihm alles, was er sagte, dachte und tat.
Er wird uns mit aller Macht
widerfahren, so wie dem Johannes auf seiner Insel. Licht wird sein, Glanz,
Herrlichkeit, ein Stück, nein der ganze Himmel, Sonne, leuchtend, erhellend,
uns umspülend, Ehrfurcht und die Welt schenkend. Und er wird in diesen Momenten
mit seinem starken Arm uns umfangen. Diese Wahrnehmung werden wir haben. Es
wird der für uns Kämpferische sein, der mit seinem messerscharfen Sinn von Gott
all unsere Todesfeinde besiegt, die in uns wohnen, uns verfolgen, uns schon im
Leben die Hölle bereiten. Er wird Schutz sein, zärtlich bestimmter, leise in
unsere Seele sprechen: Mensch, habe keine Angst. Ich bin dein Leben. Ich
bewahre dich.
Und dann: Schreib!
Und er wird uns diktieren, wie
wunderbar. Wir - noch ganz erschrocken auf unserer Lebensinsel im Meer all der
anderen. Wir - noch zu Tode erstarrt, ohnmächtig von dem, was uns da Mächtiges widerfährt
an Liebe, wir – wir werden von ihm in einem Nu geweckt und gebeten,
aufgefordert, gesandt zu schreiben.
Und es wäre als bekämen wir selbst
unser Leben diktiert, nicht als Befehl, sondern als Offenbarung. Gott würde uns
aufgeben, zu schreiben unser Leben und im schreiben und langsamen Mitlesen und
Nachlesen würde uns selbst unser eigenes Leben wie ein offenes Buch daliegen,
wir bekämen es entschlüsselt, gedeutet. Eine Vision vom eigenen Leben.
Schrieben wir auf.
Schreiben wir auf wie Gott unser
Leben schreibt, sich einschreibt in Momenten, im Ganzen, am Anfang und am Ende,
wie auf meiner Insel mein Leben und das der anderen geschrieben wird als Gottes
Geschichte mit mir, als meine Gottesgeschichte. Jede Zeile mit seinem Wort, das
mich erfüllt und immerdar tröstet. Amen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen