Sonntag, 18. März 2018

Den rettenden Gott sehen


Gottesdienst an (18. März 2018)

4. Mose 21, 5-9
Da brachen sie auf von dem Berge Hor in Richtung auf das Schilfmeer, um das Land der Edomiter zu umgehen. Und das Volk wurde verdrossen auf dem Wege und redete wider Gott und wider Mose: Warum habt ihr uns aus Ägypten geführt, dass wir sterben in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise.
Da sandte der HERR feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben.
Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den HERRN und wider dich geredet haben. Bitte den HERRN, dass er die Schlangen von uns nehme. Und Mose bat für das Volk. Da sprach der HERR zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben.
Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.

Ekelblick
Den rettenden Gott, den sehen die Israeliten nicht, nicht mehr. Sie ekelte es, vor dem Brot, dem Trinken, den Weg, den Wüste, dem Leben. Sie sind angewidert von dem, wo sie jetzt sind, wohin der Weg sie geführt hat. Der Aufbruch aus Ägypten rückt in unglaubliche Ferne, das gelobte Land ist nicht in Sicht. Israel ist kurzatmig, müde, erschöpft, verdrossen, enttäuscht, voller Zweifel und Unwille. Es hat Angst vor dem Tod und spricht sich gegen seinen Gott aus, jenen Gott, den sie nicht mehr als rettenden Gott sehen wollen, können, mit dem sie müde ringen.

Wie viele Tage, Stunden mag es geben in einem Menschenleben, wo dies genau so ist: Müde, erschöpft, zweifelnd, angewidert von dem, was wurde und ist, ein Aufbruch, so weit weg, das Ziel auch, Wüstenweg und der rettende Gott gerät aus dem Blick, gerät aus dem Sinn, aus dem Leben.

Schlange denken
Auch für Gott geschieht das. Er selbst verliert sich aus dem Blick, aus dem Blick, dass er ein rettender Gott ist, sein möchte, war. Er sieht nur noch das wütende, zweifelnde, undankbare Volk und ist selbst von ihm abgestoßen, von ihm angewidert. Wütend, selbst frustriert zieht er die Konsequenz und sieht, denkt, schickt nur noch Schlange. Gott will strafen, vergelten, töten, was er doch eigentlich liebt, führen möchte, ins gelobte Land bringen will. Er gibt seinem Volk das, was es befürchtet, und statt zu retten, verurteilt er, statt Leben zu bringen, lässt er töten. Gott ringt mit seinem Volk und verliert sich selbst aus dem Blick, zeigt eine Seite von sich, die ihn garnicht ganz zeigt.
Wie viele Tage, Stunden mag es Gott so gehen, wenn er seine Menschen sieht, mit ihnen lebt, erträgt, was sie tun und lassen, ihren Ekel sich in seinen verkehrt, er Tod sinnt statt Leben, der rettende Gott sich zum Verdunkeln bringt?

Der Tod ist tot
Es muss etwas passieren, im Herzen, im Herzen von Israel, im Herzen von Gott. Die Schlangen müssen erstarren, aufhören, nicht mehr beißen, sie müssen sterben. Israel kehrt um, kehrt sich zu Mose. Mose nimmt das Volk ins Gebet und bittet für es. Gott lässt eine eherne Schlange machen und verspricht wieder Rettung.
Alles richtet sich auf an dieser Schlange. Volk und Gott haben sich aus dem Blick verloren, das Rettende ging verloren, Tod statt Leben regierte. An der ehernen Schlange auf Stange richten sich die Blicke wieder auf, Gottes Blick, der sich seines Volkes erinnert, seines Liebensweges von Anfang an, der Blick des Volkes, der an der ehernen Schlange sieht:
Da hängt unsere Sünde, da hängt das, was uns Tod brachte, was wir verschuldet haben, da hängt unser Ekel, unser Unwille, unser Wider-Gott. Es hängt dort aber tot. Gestoppt. Erstarrt. Beendet. Wir dürfen es nicht anfassen, nicht berühren, aber anblicken, hinschauen und wissen, es wird seine Wirkung nicht mehr haben, Gott fängt neu mit uns an, er heilt wieder, er rettet wieder, er liebt wieder. Und Israel sieht wieder seinen Gott und Gott sieht wieder sein Volk, gebrochen, umgelenkt im Blick, aber irgendwie wieder gerettet durch die eherne Schlange.
Wie sehr teilen wir Israels Wunsch, was von Gott zu sehen – und am Leben zu bleiben.

Beim Leben bleiben
Einen Gott, der Schlangen unter seine Menschen sendet, und sie beißen lässt, den wollen wir nicht. Den können wir uns kaum vorstellen. So oft es Schlangen im Leben gibt, und wir vom Stachel der Sünde getrieben auch sind. Aber von Gott soll das nicht kommen.
Einen Gott, der nur durch unseren Blick auf eine tote, eherne Schlange heilen kann, fast magisch komisch wirkt. Wollen wir den? So können wir uns das nicht vorstellen.
Aber einen Gott, der sich immer wieder durchringt zur Liebe, den wollen wir, den brauchen wir, und wir brauchen, dass wir am Leben bleiben. Das ganze dramatische Ringen von Gott und Mensch, von Sünde, Wut, Zweifel, Irrtumswegen, von Tod, Ekel, Aufbruch, Rettung und Wüstenwegen, spitzt sich zu, ja wird ausgetragen am Kreuz Christis, am erhöhten Gottessohn am Querbalken.
Auf ihn schauen mag uns sagen, sehen lassen: Die Sünde ist tot, der Tod ist tot. Das, was euch mitten im Leben sterben lässt, all die Katastrophen, wenn das Leben, die Verbindung zum Leben uns abhandenkommt, sind dort ertragen, erlebt, in seiner Konsequenz gebrochen. Das Todbringende stirbt. Und dieser Blick auf den am Kreuz schändlich Erhöhten mag euch sehen und spüren lassen: Gott lässt euch am Leben, ihr bleit leben.
Ihr seht dort den unverstellt rettenden Gott, den euch rettenden Gott, der alles für euch gibt, sich in einem Augenblick abwendet von allem Widerwillen gegen eure Sünde und sich selbst rettend im Blick rückt, seine Liebe zu euch, die den Tod überdauert. Amen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen