Predigt zum „Morgenstern“ am 3.
Advent (11.12.16)
Bitte, komm!!
Bitte, komm. Komm, bitte her, her zu mir, ganz nah zu mir.
Menschen sagen das zu Menschen. Menschen wünschen sich das
von Menschen. Sie sagen es manchmal laut. Sie sagen es leise und zärtlich. Sie
sagen es flehend, sehnsüchtig, voller tiefer Erwartung und Wünschen. Sie sagen
es und sie erhoffen sich, sie versprechen sich viel dann, wenn sich der Wunsch
erfüllt.
Komm, bitte, Du! Komm zu mir. Sie erwarten eine Nähe, die sie
erhellt, erhebt, hilft, stärkt, tröstet.
Menschen treten mit dieser Bitte langsam und tastend heraus
aus ihrer Dunkelheit, aus ihrer Nacht, aus ihrem Leid, aus ihrem Leben. Sie
treten heraus und schauen, schauen aus nach dem Kommen dessen, den sie
erhoffen, zu dem sie sprechen, Komm, bitte.
Sie treten heraus in das Bild, in unseren Händen. Da stehen
sie. Da sehen wir.
Ich dämmere
Es dämmert. 39 Minuten lang. So lange dauert genau die
durchschnittliche Dämmerungszeit. Die Zeit, in der der Tag zu Nacht und Abend, in
der Abend und Nacht zum Tag werden. Minuten des fließenden Übergangs, des
Sonnenunter- oder Sonnenaufgang.
Auf unserem Bild: Morgendämmerung mit dem Morgenstern am
Himmel, mit Sonne am Horizont, die langsam aufgeht.
Es dämmert ist eine Stimmung. Es ist noch blau, lila, dunkel,
schemenhaft, ein sich abzeichnendes Hell, rot, orange, das Werden, das
Aufkommen des Morgens, wie kleine Ewigkeiten, still, als würde sich etwas von
Gottes erstem Schöpfungstag ansagen. Noch Nacht, aber gleich Tag. Noch Dunkel,
aber gleich hell.
Es dämmert jeden Tag automatisch, ganz natürlich, immer
verschieden, mal wolkenverhangen, mal glänzend, mal unbemerkt. Es dämmert aber
immer, immer wieder, immer garantiert kommt nach der Nacht der Tag, nach dem
Dunkel das Helle.
Eine garantierte Dämmerung gibt es aber im Leben von Menschen
nicht. Die persönliche Lebensdämmerung kommt nicht automatisch und sicher.
Manchmal dauert unser Übergang vom Dunkeln ins Helle, von Leidensnacht in
getröstete Tage Ewigkeiten. Wir dämmern im Dunkeln vor uns hin, sind gefangen
im Dunkeln, sehen vielleicht den Schimmer eines Dämmerns, sehen aber nicht
wirklich den Aufgang, den Ausweg, das Licht, Hoffnung, werden manchmal eher
wieder zurück ins Dunkle getrieben. Kein rettend Du in Sicht.
Christusleuchten
Es ist der Morgenstern, der trotzdem am Himmel steht. Er
leuchtet und er leuchtet am hellsten, am stärksten, für unsere Augen am
sichtbarsten, dann wenn es dämmert; dann gehört er zum Dämmern, dann kündet er
vom Dämmern. Je mehr es dämmert, je stärker der Tag kommt und es heller wird,
je mehr verschwindet er dann wieder. Es wird Licht. Der Morgenstern verschwindet
nicht, er wird Teil des Lichtes, er ist es schon.
Christus ist der Morgenstern unserer Dämmerung. Wir dämmern
sozusagen, wir sind im Übergang vom Dunkel ins Licht, im nicht garantierten
Übergang, im nicht selbst gemachten Übergang. Wir dämmern und ein anderer, der
Andere fürs uns, lässt Tag werden, lässt das Licht erscheinen.
Das Bild, das Lied sagen: Christus, der Morgenstern macht aus
unserer Lebensdämmerung eine Christusdämmerung, ein Christusleuchten.
So sicher der Tag auf die Nacht folgt, so quälend, so quälend
ungewiss lang, ja trostlos und aussichtslos unsere Dämmerung manchmal ist, so
sicher ist ER es, der dämmert, der aufgeht, der als Morgenstern am Himmel von
der Dämmerung kündet und selbst im Übergang das Licht wird.
Christus, der Morgenstern versichert uns: Es dämmert hin zum
Heil. Deine Nacht und dein Leid ist im Schwinden. Du wirst frei werden von
Schuld, von Sünde, von Tyrannei, von Knechtschaft, von aller Seelendunkelheit,
die dein Leben quält und verschattet. Gott kommt sogar ins Dunkel, er will im
Dunkel wohnen, er bricht die Macht der Lebensfinsternis, er überwindet Tod, er
vertreibt das Dunkle und führt den Tag hervor. Er kommt. Licht vom Licht.
Freudensonne. Osterlamm. Herrlichkeit. Friedensbringer.
Morgengesang
Wir haben geschaut aus der Dunkelheit, gebeten, dass ER
komme. Wir stehen schon mit einem Fuß auf freiem Feld, noch umfangen von der
Nacht in der Dämmerung sehen wir den Morgenstern, der das Licht ist. Wir stehen
und sehen und singen.
Noch leise und verhalten, alles schläft noch, aber gleich,
gleich wacht die Welt auf, Gottes Welt!! Deine Welt!! Mein Du zu meinen Ich
kommt. Das könnte uns ein frohes Halleluja, ein Lob, einen Satz voller tiefer Freude
und gerechtfertigter Hoffnung entlocken.
Gott kommt wirklich. Wir stehen in seinem ewigen Advent. Wir
erinnern uns nicht nur daran, dass Gott in einem Kind auf die Welt gekommen
ist. Sondern wir hoffen darauf: Gott kommt in unser Leben. Er kommt als mein
ewig gesuchtes DU, um das ich gebeten habe und das mich findet. Er kommt. Das
„göttliche Kind“, der Gott auf Erden kommt immer und immer wieder für uns und wendet
alles zum Guten. Der Morgenstern Christus geht auf in unserem Leben. Er geht
auf in unseren Herzen und wir werden Licht.
Es ist die Dämmerung unseres Herzens, die sich in dem Bild
als ein Moment wie wiederspiegelt. Ein Adventsherz, in das Gott kommt, Christus
als Morgenstern aufgeht und das Licht in heilsamer Pracht uns erleuchtet. Freut
euch, freut euch, der Herr ist nah. Freut euch und singt Halleluja.
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