Predigt
am Sonntag Invokavit (14.2.2016)
Hebräer
4, 14 Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus,
den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an
dem Bekenntnis. 15 Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht
könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in
allem wie wir, doch ohne Sünde. 16 Darum lasst uns hinzutreten mit
Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade
finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.
Im Dunkel unserer Ängste
Der Teufel sitzt uns im Nacken und
die Versuchung ist auf unserer Seite. Hilfe, die haben wir nötig. Geboren,
größer geworden, ins Leben entlassen, Erfahrungen gemacht. Wir Menschen auf dem
Lebensweg, selten gerade, eher verschlungen, oft fraglich, selten so sehr sicher.
Unser Lebensweg.
Am Wegesrand stehen da sozusagen noch
viele kleine Hohenpriester, hier und dort und immer wieder. Kleine
Mittelsmänner, die einem von Zeit zu Zeit und leider meist, wenn es Menschen zu
gut oder zu schlecht geht, irgendeinen unmöglichen Floh ins Ohr, eine dumme Flause
in den Kopf setzen, etwas auf den Weg und in die Seele legen. Etwas, was seine
zerstörerische Konsequenz erst im Weitergehen zeigt, oft nur langsam, oft dann
bitter tragisch und zu spät.
Kleine Hohenpriester, eigentlich
Verbindungen zwischen Himmel und Erde, eigentlich Heilsmittler, aber im Grunde Gaukler
des Glücks, Betrüger, Versuchung; die nicht bringen, die nicht halten, die
nicht geben, was Menschen erwarten, was Menschen erhoffen, was Menschen
wirklich zum Leben brauchen. Sie bringen nicht wirklich Heil, Gutes, sondern
ganz wirklich Verderben, sind eher Verbindungen zwischen Erde und Hölle. Sie
treiben ihr falsches, teuflisches Spiel mit Menschen – und Menschen spielen
mit, mehr oder weniger, warum auch immer. Sie stehen erst am Wegesrand, dann
mitten auf dem Weg, dann treiben sie Menschen auf dem Weg in die falsche Lebensrichtung.
Gott ringt mit ihnen, mit den
falschen Hohenpriestern, mit dem Teuflischen an ihnen und durch sie. Gott ringt
selbst mit dem Teufel. Gott ringt mit Teufel um Menschen, die sinnverkehrt,
sinnverloren schwach, verführt sind, die taumeln, strauchelnd, geschwächte
Menschen sind, die IHN drohen zu verlieren, die ihn drohen loszulassen, zu
verlieren, für die der Himmel immer mehr sich verschließt, die sich
verschiedenste Königskleider anziehen, aber immer mehr zu Bettler werden, die immer
weit weg vom eigentlich Thron kommen, den Glanz des Lebens verlieren, in die
Dunkelheit kommen.
Hölle und Himmel durchschritten
Der Teufel sitzt IHM im Nacken und
die Versuchung war an SEINER Seite. Direkt, unmittelbar, auf Tuchfühlung. ER
ist durch die Hölle gegangen, da war die Begegnung mit dem Teufel in der Wüste
nur ein Teil davon. Die wirkliche Hölle begegnete IHM im Unverständnis, im
Argwohn, im Mordplan, in der Gefangennahme, im Verhör, im Urteil über ihn, in
jedem der Hammerschläge, die ihn am Kreuz fester und fester nagelten. Passionszeit.
Das war Hölle, die Menschen ihm
bereiteten. Das war seine größte Versuchung, doch nicht der zu sein, der er
war, der Weg der Liebe bis zur bitteren Neige, bis zum aller Äußersten. Er durchschritt
die Hölle, er durch litt sie, die Kälte der Menschen, deren Abgründigkeit,
deren Abkehr von Gott.
Er wurde schwach, aber blieb stark.
Er strauchelt, fiel aber nicht. Er taumelte, ging aber weiter. Er hatte tiefste
Angst und schrie zu Gott. Er wurde versucht und hielt an GOTT fest. Er war ganz
klein gemacht der größte und der letzte Hohenpriester.
Er durchschritt die Hölle und jeder
Schritt war ein Schritt durch den Himmel. Jeder Schritt zum Kreuz war ein
Schritt auf den Thron im Himmel. In jedem Moment, in dem er Hölle erfuhr, rieß
er den Himmel zu Gott noch weiter auf, bis alles sich zuspitze, sich erfüllte,
klar wurde für uns – und Gott selbst nach drei Tagen Todesstille den Himmel für
ewig aufhielt.
Dem Thron ganz nah
Der Teufel sitzt uns im Nacken. Die
Versuchung ist auf unserer Seite. Wir gehen zum Thron. Unser Blick folgt Jesus.
Er ging durch die Hölle. Wir gehen durch die Hölle, durch die menschlichen
Höllen, welche auch immer, warum auch immer, von anderen, von uns selbst
verschuldet. Er geht nicht einfach mit. Er kennt den Weg nur zu gut, es ist
sein Weg. Er kennt allen Zweifel, alle Fragen, alle Auswege, Irrwege, alle
Gefahren, alle Verführer, alle Anfechtungen, alle Bitterkeit.
Wir gehen zum Thron. Unser Blick
folgt Jesus. Sein Blick folgt uns. Er schließt sich mit uns zusammen. Mitleid
ist noch zu wenig gesagt, man könnte denken, da wäre noch Distanz von ihm zu
sich. Da ist aber keine. Gar keine. Er geht den leidenden Weg mit, er leidet
selber an all unseren Höllen, er leidet mit an dem, was uns widerfährt, wie an
dem, was wir antun. Er erlebt es. Er erleidet es.
Wir gehen zum Thron. Unser Blick
folgt Jesus. Er mag so geführt unbeirrbar sein wie der von Jesus. In der Hölle
mögen wir Himmelschritte entdecken, in der Schwachheit noch Gottes Kraft
spüren, im Ruf der Schuld noch lauter Gottes Kampf um unsere Gnade hören, in
aller Aussichtslosigkeit grundlose Zuversicht schöpfen, in tiefster
Hilfslosigkeit alles aus seinen Händen nehmen.
Wir gehen zum Thron. Der Thron steht
am Ende und doch so oft schon mitten im Leben auf unserem so verzweigten Wegen.
Schon lange und immer wieder, wie für uns durch die Hölle gegangen, steht da
Jesus, wie er immer an unsere Seite stand. Er ist schon lange und immer wieder
vorausgegangen, um vor uns für uns am Thron zu stehen. Keine Angst. Er ist da.
Jetzt. Immer. Sicher. Ich höre ihn, wie er zu spricht: Komm ganz nah. Nimm
Platz, auf dem Gnadenthron. Er dient uns mit seinem Leben. Amen.
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