Montag, 15. Februar 2016

Komm zum Thron



Predigt am Sonntag Invokavit (14.2.2016)

Hebräer 4, 14 Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis. 15 Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. 16 Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.

Im Dunkel unserer Ängste
Der Teufel sitzt uns im Nacken und die Versuchung ist auf unserer Seite. Hilfe, die haben wir nötig. Geboren, größer geworden, ins Leben entlassen, Erfahrungen gemacht. Wir Menschen auf dem Lebensweg, selten gerade, eher verschlungen, oft fraglich, selten so sehr sicher. Unser Lebensweg.
Am Wegesrand stehen da sozusagen noch viele kleine Hohenpriester, hier und dort und immer wieder. Kleine Mittelsmänner, die einem von Zeit zu Zeit und leider meist, wenn es Menschen zu gut oder zu schlecht geht, irgendeinen unmöglichen Floh ins Ohr, eine dumme Flause in den Kopf setzen, etwas auf den Weg und in die Seele legen. Etwas, was seine zerstörerische Konsequenz erst im Weitergehen zeigt, oft nur langsam, oft dann bitter tragisch und zu spät.
Kleine Hohenpriester, eigentlich Verbindungen zwischen Himmel und Erde, eigentlich Heilsmittler, aber im Grunde Gaukler des Glücks, Betrüger, Versuchung; die nicht bringen, die nicht halten, die nicht geben, was Menschen erwarten, was Menschen erhoffen, was Menschen wirklich zum Leben brauchen. Sie bringen nicht wirklich Heil, Gutes, sondern ganz wirklich Verderben, sind eher Verbindungen zwischen Erde und Hölle. Sie treiben ihr falsches, teuflisches Spiel mit Menschen – und Menschen spielen mit, mehr oder weniger, warum auch immer. Sie stehen erst am Wegesrand, dann mitten auf dem Weg, dann treiben sie Menschen auf dem Weg in die falsche Lebensrichtung.
Gott ringt mit ihnen, mit den falschen Hohenpriestern, mit dem Teuflischen an ihnen und durch sie. Gott ringt selbst mit dem Teufel. Gott ringt mit Teufel um Menschen, die sinnverkehrt, sinnverloren schwach, verführt sind, die taumeln, strauchelnd, geschwächte Menschen sind, die IHN drohen zu verlieren, die ihn drohen loszulassen, zu verlieren, für die der Himmel immer mehr sich verschließt, die sich verschiedenste Königskleider anziehen, aber immer mehr zu Bettler werden, die immer weit weg vom eigentlich Thron kommen, den Glanz des Lebens verlieren, in die Dunkelheit kommen.

Hölle und Himmel durchschritten
Der Teufel sitzt IHM im Nacken und die Versuchung war an SEINER Seite. Direkt, unmittelbar, auf Tuchfühlung. ER ist durch die Hölle gegangen, da war die Begegnung mit dem Teufel in der Wüste nur ein Teil davon. Die wirkliche Hölle begegnete IHM im Unverständnis, im Argwohn, im Mordplan, in der Gefangennahme, im Verhör, im Urteil über ihn, in jedem der Hammerschläge, die ihn am Kreuz fester und fester nagelten. Passionszeit.
Das war Hölle, die Menschen ihm bereiteten. Das war seine größte Versuchung, doch nicht der zu sein, der er war, der Weg der Liebe bis zur bitteren Neige, bis zum aller Äußersten. Er durchschritt die Hölle, er durch litt sie, die Kälte der Menschen, deren Abgründigkeit, deren Abkehr von Gott.
Er wurde schwach, aber blieb stark. Er strauchelt, fiel aber nicht. Er taumelte, ging aber weiter. Er hatte tiefste Angst und schrie zu Gott. Er wurde versucht und hielt an GOTT fest. Er war ganz klein gemacht der größte und der letzte Hohenpriester.
Er durchschritt die Hölle und jeder Schritt war ein Schritt durch den Himmel. Jeder Schritt zum Kreuz war ein Schritt auf den Thron im Himmel. In jedem Moment, in dem er Hölle erfuhr, rieß er den Himmel zu Gott noch weiter auf, bis alles sich zuspitze, sich erfüllte, klar wurde für uns – und Gott selbst nach drei Tagen Todesstille den Himmel für ewig aufhielt.

Dem Thron ganz nah
Der Teufel sitzt uns im Nacken. Die Versuchung ist auf unserer Seite. Wir gehen zum Thron. Unser Blick folgt Jesus. Er ging durch die Hölle. Wir gehen durch die Hölle, durch die menschlichen Höllen, welche auch immer, warum auch immer, von anderen, von uns selbst verschuldet. Er geht nicht einfach mit. Er kennt den Weg nur zu gut, es ist sein Weg. Er kennt allen Zweifel, alle Fragen, alle Auswege, Irrwege, alle Gefahren, alle Verführer, alle Anfechtungen, alle Bitterkeit.
Wir gehen zum Thron. Unser Blick folgt Jesus. Sein Blick folgt uns. Er schließt sich mit uns zusammen. Mitleid ist noch zu wenig gesagt, man könnte denken, da wäre noch Distanz von ihm zu sich. Da ist aber keine. Gar keine. Er geht den leidenden Weg mit, er leidet selber an all unseren Höllen, er leidet mit an dem, was uns widerfährt, wie an dem, was wir antun. Er erlebt es. Er erleidet es.
Wir gehen zum Thron. Unser Blick folgt Jesus. Er mag so geführt unbeirrbar sein wie der von Jesus. In der Hölle mögen wir Himmelschritte entdecken, in der Schwachheit noch Gottes Kraft spüren, im Ruf der Schuld noch lauter Gottes Kampf um unsere Gnade hören, in aller Aussichtslosigkeit grundlose Zuversicht schöpfen, in tiefster Hilfslosigkeit alles aus seinen Händen nehmen.
Wir gehen zum Thron. Der Thron steht am Ende und doch so oft schon mitten im Leben auf unserem so verzweigten Wegen. Schon lange und immer wieder, wie für uns durch die Hölle gegangen, steht da Jesus, wie er immer an unsere Seite stand. Er ist schon lange und immer wieder vorausgegangen, um vor uns für uns am Thron zu stehen. Keine Angst. Er ist da. Jetzt. Immer. Sicher. Ich höre ihn, wie er zu spricht: Komm ganz nah. Nimm Platz, auf dem Gnadenthron. Er dient uns mit seinem Leben. Amen.

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