Freitag, 24. Januar 2014

Kaleidoskop



Predigt zum Mitarbeiter-Dankgottesdienst mit Einführung der neuen Ortsältesten (25.1.2014)

Unsere kleine Welt
Manchmal erscheint die Welt grau, dunkel, ungeordnet, wirr, aussichtslos. Für diese Manchmal haben Menschen Kaleidoskope erfunden. Um manchmal dem Grau, dem Wirren für einen Augenblick etwas entgegenzusetzen. Ein Bick mit einem Auge durch das kleine Guckloch hinein ins Kaleidoskop, in die Spiegelwelt fasziniert uns wie kleine Kinder, und für Augenblicke erscheint uns alles wie in einem Muster, wie wohl geordnet, symmetrisch, und ein kleiner Dreh, ein sachtes Schütteln nur entwirft neue Bilder vor unseren Augen, spiegelt sich und die Welt als etwas Buntes, Schönes, an dem wir uns, schauen wir näher, kaum satt sehen können und vergessen für kurze Zeit was Drumherum, beginnen vielleicht nur ganz kurz zu träumen. Dabei ist es nur eine Röhre, mit Spiegeln drin, vorne ein Loch zum Reingucken und am anderen Ende ein Füllbehälter mit kleinen meist bunten Gegenständen.

Zusammengesetzt
Faszinierend ist, wie sich diese kleinen Gegenstände immer neu zusammensetzen, immer wieder zu einem Ganzen werden, vor unseren Augen. Wie sich unser eigenes Leben zusammensetzt aus Einzelteilen, aus Tagen und deren Jahre aus Menschen und deren Begegnung, aus Erfahrung, Erlebten, Wunden, Lügen, Hoffnung, Bitterkeit und Freude. Wir, unser Leben zusammengesetzt, gewürfelt zu einem ganzen. Wie oft wird an uns gedreht und etwas neues aus unseren Lebenseinzelteilen beginnt zu entstehen, wie oft werden wir geschüttelt von unsichtbarer Hand und müssen uns gebrochen verwirrt neusortieren, wiederfinden.


Wie unsere Gemeinde sich aus all ihren Einzelteilen zusammensetzt, aus Ideen, Worten, Musiknoten, Sitzungen, Aktivitäten, Klagen, aus Kommen und Gehen, aus Ortsältesten, aus euch Mitarbeiter. Wie immer wieder neu zusammengesetzt an evangelischen Ort, seit Jahrhunderten das gleiche ernste Spiel. Wie kleine lebendige Gegenstände: wir alle im Füllbehälter des Lebenskaleidoskops, manchmal auch geschüttelt, durch Kriege, Schicksalsschläge, durch kommende und gehende Pfarrherren, durch uns selbst, wie wir zusammen Mitarbeiter sind. Dass Ihr das seid, bereit seid, an eurem Ort, mit dem, was ihr seid, tut und was ihr könnt, euch zusammenzusetzen als Gemeinde Jesu Christi, dafür bin ich jedes Jahr erneut tief dankbar.
Heute auch besonders für die Ortsältesten, die aufhören, und die Ortsältesten, die neu oder wieder anfangen.



Staunen
Ihr seid nie nur die, die im Füllbehälter des Kaleidoskops unter all den anderen Mitarbeitern zu sehen sind. Nein: Ihr schaut immer auch durch das Kaleidoskop hindurch auf Gemeinde und alle an. Manchmal versucht ihr zu Drehen und manchmal auch zu schütteln, denn die Frage, wie alle sich zusammensetzen, zusammenpassen, wie jeder seinen Platz findet, ist eure Frage. Und vielleicht ist es eure Aufgabe auch, aus Asymmetrien, die Gemeinde immer hat, sachte und behutsam manche Symmetrie, Frieden werden zu lassen.
Doch zuerst und immer wieder staunt, seid fasziniert. Im Blick auf die Gemeinde und Ihre Menschen. Es sind alle da. In der Mitte, am Rand, zusammen ergeben sie das Abbild Gemeinde. Vielleicht gar nicht drehen, sondern nur durchblicken, schauen und fasziniert sein von jedem, der da ist und in seiner Färbung erscheint, von allen, die im sanften Schwung der Gottesgeschichte immer wieder zusammengesetzt werden, von der manchmal rätselhaften Schönheit der Gemeinde.
Vielleicht ergibt sich dann alles aus diesem ersten und immer wieder gesuchten Staunen, so wie Gott bei allem, bei seiner Schöpfung auch mit dem Staunen begann und im Ruhen endete.

Licht-Einfall
Wie erscheint im Blick durch die Zeiten, durch das kleine Kaleidoskop, das das Leben ist, Gemeinde. Wie erscheint mir mein Leben? Wenn ich auf es blicke? Ohne das Licht, den Einfall des Lichts vom jenseits des Füllbehälters hinein in die Spiegelbrechungen, hinein in mein Auge geht es nicht. Gott ist das Licht und so erscheint mir mein Leben im Blick durch Kaleidoskop bunter, farbiger, geordneter, ja meine Einzelteile erscheinen überhaupt und durch sie hindurch, durch jedes und in allen, das Licht. Mögen wir Gott darin sehen, wie er uns, unser brüchiges Leben durchscheinen und in seinem Licht halten mag.
Ja, „wir sehen jetzt durch eine Spiegel ein dunkles Bild“, ein rätselhaftes. Stückweise, bruchstückhaft, nur in Teilblicken, mit Fragen und Schmerzen merkwürdig durchmengt sehen wir unser Leben, gespiegelt im Licht einer versprochenen Ewigkeit und Erfüllung. Bis alles erscheint bleibt und haben wir Liebe, haben wir Liebe, Hoffnung und Glaube. Mit ihnen blicken wir und erkennen im Blick auf uns, auf die anderen, auf unsere Gemeinde, auf die Mitarbeitenden rechts und links von euch, im Blick auf die Ortsältesten, die gehen und die bleiben, schon etwas von der Schönheit, mit der Gott alles, auch uns, geschaffen hat, können wir liebend auf alles blicken und spüren schon etwas von der tiefen Wahrheit, die uns allen gilt.

Dran gedreht
Gott blickt mit einem Kaleidoskop auf seine Welt. Klar, riesengroß muss es sein und für uns unsichtbar. Ein Art Fernrohr für den nahen Gott. Er blickt da durch auf seine Welt, die große und die kleine, auf seine Melanchthongemeinde, auf uns, auf die Ortsältesten besonders.
Er ist so beharrlich, so unbeirrbar in seinem Blick wie nur Gott es sein kann. Sein Auge kennt keine Müdigkeit und weint manche Träne wohl mit. Er blickt schon immer in Liebe, in Hoffnung, in Glauben an seine Menschen, sein Blick schaut uns an als die, die wir sind, es ist schon immer ein Blick von Angesicht zu Angesicht, einer der tief erkennt. Er weiß genau, wer ihr seid, wer ich bin und du. Er schaut sich uns schön. Er hört selbst nicht auf zu staunen, fasziniert zu sein, eben zu lieben wie am ersten Tag und immer.
Er dreht ein bisschen am Weltenkaleidoskop, zart schüttelt er es, ganz und uns, mich, damit alles und alle, jedes und jeder, jeder Moment seinen Platz findet, zurecht kommt, sich so zusammensetzt, wie von ihm in Liebe uns zugedacht. „Frag mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen bin in deinem Mosaik ein Stein. Wirst mich an die rechte Stelle legen.“ Amen.

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