Predigt zum Mitarbeiter-Dankgottesdienst mit Einführung der neuen
Ortsältesten (25.1.2014)
Unsere kleine Welt
Manchmal erscheint die Welt grau,
dunkel, ungeordnet, wirr, aussichtslos. Für diese Manchmal haben Menschen
Kaleidoskope erfunden. Um manchmal dem Grau, dem Wirren für einen Augenblick etwas
entgegenzusetzen. Ein Bick mit einem Auge durch das kleine Guckloch hinein ins
Kaleidoskop, in die Spiegelwelt fasziniert uns wie kleine Kinder, und für
Augenblicke erscheint uns alles wie in einem Muster, wie wohl geordnet, symmetrisch,
und ein kleiner Dreh, ein sachtes Schütteln nur entwirft neue Bilder vor
unseren Augen, spiegelt sich und die Welt als etwas Buntes, Schönes, an dem wir
uns, schauen wir näher, kaum satt sehen können und vergessen für kurze Zeit was
Drumherum, beginnen vielleicht nur ganz kurz zu träumen. Dabei ist es nur eine
Röhre, mit Spiegeln drin, vorne ein Loch zum Reingucken und am anderen Ende ein
Füllbehälter mit kleinen meist bunten Gegenständen.
Zusammengesetzt
Faszinierend ist, wie sich diese
kleinen Gegenstände immer neu zusammensetzen, immer wieder zu einem Ganzen werden,
vor unseren Augen. Wie sich unser eigenes Leben zusammensetzt aus Einzelteilen,
aus Tagen und deren Jahre aus Menschen und deren Begegnung, aus Erfahrung,
Erlebten, Wunden, Lügen, Hoffnung, Bitterkeit und Freude. Wir, unser Leben
zusammengesetzt, gewürfelt zu einem ganzen. Wie oft wird an uns gedreht und
etwas neues aus unseren Lebenseinzelteilen beginnt zu entstehen, wie oft werden
wir geschüttelt von unsichtbarer Hand und müssen uns gebrochen verwirrt neusortieren,
wiederfinden.
Wie unsere Gemeinde sich aus all
ihren Einzelteilen zusammensetzt, aus Ideen, Worten, Musiknoten, Sitzungen, Aktivitäten,
Klagen, aus Kommen und Gehen, aus Ortsältesten, aus euch Mitarbeiter. Wie immer
wieder neu zusammengesetzt an evangelischen Ort, seit Jahrhunderten das gleiche
ernste Spiel. Wie kleine lebendige Gegenstände: wir alle im Füllbehälter des
Lebenskaleidoskops, manchmal auch geschüttelt, durch Kriege, Schicksalsschläge,
durch kommende und gehende Pfarrherren, durch uns selbst, wie wir zusammen
Mitarbeiter sind. Dass Ihr das seid, bereit seid, an eurem Ort, mit dem, was
ihr seid, tut und was ihr könnt, euch zusammenzusetzen als Gemeinde Jesu
Christi, dafür bin ich jedes Jahr erneut tief dankbar.
Heute auch besonders für die Ortsältesten,
die aufhören, und die Ortsältesten, die neu oder wieder anfangen.
Staunen
Ihr seid nie nur die, die im
Füllbehälter des Kaleidoskops unter all den anderen Mitarbeitern zu sehen sind.
Nein: Ihr schaut immer auch durch das Kaleidoskop hindurch auf Gemeinde und alle
an. Manchmal versucht ihr zu Drehen und manchmal auch zu schütteln, denn die
Frage, wie alle sich zusammensetzen, zusammenpassen, wie jeder seinen Platz
findet, ist eure Frage. Und vielleicht ist es eure Aufgabe auch, aus
Asymmetrien, die Gemeinde immer hat, sachte und behutsam manche Symmetrie,
Frieden werden zu lassen.
Doch zuerst und immer wieder staunt,
seid fasziniert. Im Blick auf die Gemeinde und Ihre Menschen. Es sind alle da.
In der Mitte, am Rand, zusammen ergeben sie das Abbild Gemeinde. Vielleicht gar
nicht drehen, sondern nur durchblicken, schauen und fasziniert sein von jedem,
der da ist und in seiner Färbung erscheint, von allen, die im sanften Schwung
der Gottesgeschichte immer wieder zusammengesetzt werden, von der manchmal
rätselhaften Schönheit der Gemeinde.
Vielleicht ergibt sich dann alles aus
diesem ersten und immer wieder gesuchten Staunen, so wie Gott bei allem, bei
seiner Schöpfung auch mit dem Staunen begann und im Ruhen endete.
Licht-Einfall
Wie erscheint im Blick durch die
Zeiten, durch das kleine Kaleidoskop, das das Leben ist, Gemeinde. Wie erscheint
mir mein Leben? Wenn ich auf es blicke? Ohne das Licht, den Einfall des Lichts
vom jenseits des Füllbehälters hinein in die Spiegelbrechungen, hinein in mein
Auge geht es nicht. Gott ist das Licht und so erscheint mir mein Leben im Blick
durch Kaleidoskop bunter, farbiger, geordneter, ja meine Einzelteile erscheinen
überhaupt und durch sie hindurch, durch jedes und in allen, das Licht. Mögen wir
Gott darin sehen, wie er uns, unser brüchiges Leben durchscheinen und in seinem
Licht halten mag.
Ja, „wir sehen jetzt durch eine
Spiegel ein dunkles Bild“, ein rätselhaftes. Stückweise, bruchstückhaft, nur in
Teilblicken, mit Fragen und Schmerzen merkwürdig durchmengt sehen wir unser
Leben, gespiegelt im Licht einer versprochenen Ewigkeit und Erfüllung. Bis
alles erscheint bleibt und haben wir Liebe, haben wir Liebe, Hoffnung und
Glaube. Mit ihnen blicken wir und erkennen im Blick auf uns, auf die anderen,
auf unsere Gemeinde, auf die Mitarbeitenden rechts und links von euch, im Blick
auf die Ortsältesten, die gehen und die bleiben, schon etwas von der Schönheit,
mit der Gott alles, auch uns, geschaffen hat, können wir liebend auf alles
blicken und spüren schon etwas von der tiefen Wahrheit, die uns allen gilt.
Dran gedreht
Gott blickt mit einem Kaleidoskop auf
seine Welt. Klar, riesengroß muss es sein und für uns unsichtbar. Ein Art
Fernrohr für den nahen Gott. Er blickt da durch auf seine Welt, die große und
die kleine, auf seine Melanchthongemeinde, auf uns, auf die Ortsältesten
besonders.
Er ist so beharrlich, so unbeirrbar
in seinem Blick wie nur Gott es sein kann. Sein Auge kennt keine Müdigkeit und
weint manche Träne wohl mit. Er blickt schon immer in Liebe, in Hoffnung, in
Glauben an seine Menschen, sein Blick schaut uns an als die, die wir sind, es
ist schon immer ein Blick von Angesicht zu Angesicht, einer der tief erkennt.
Er weiß genau, wer ihr seid, wer ich bin und du. Er schaut sich uns schön. Er
hört selbst nicht auf zu staunen, fasziniert zu sein, eben zu lieben wie am ersten
Tag und immer.
Er dreht ein bisschen am
Weltenkaleidoskop, zart schüttelt er es, ganz und uns, mich, damit alles und
alle, jedes und jeder, jeder Moment seinen Platz findet, zurecht kommt, sich so
zusammensetzt, wie von ihm in Liebe uns zugedacht. „Frag mich nicht nach meinen
Sehnsuchtswegen bin in deinem Mosaik ein Stein. Wirst mich an die rechte Stelle
legen.“ Amen.
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