Sonntag, 21. April 2013

Geliebte Steine



Predigt am Vorabend der Konfirmation 2013 (20. 4. 2013)

Wundersame Steine
Gesucht. Gefunden. Dazwischen Zeit, Zeit zum Suchen und Finden. Heute Abend: Fast angekommen beim Gesuchten. Aber: Wie haben wir gesucht? Wie haben wir gefunden? Wie findet man Steine? Besondere vielleicht. Augen auf, genau hinschauen, hinbücken, aufheben, den Schmutz abreiben und zu sich nehmen.
Wie finden man Menschen? Lebendige? Auch so? Wie findet man Konfirmanden? Richtige? Wie findet Gott Menschen? Wie findet Gott euch Konfirmanden? Wie finden wir Menschen Gott, den lebendigen?
Konfirmandenunterricht ist Suche, für den einzelnen Konfirmand auf bestimmte Zeit beschränkt, für Kirche und Pfarrer lebenslang. Eine Suche irgendwie nach Leben, nach Gott. Genau mitten in der Zeit, in der junge Menschen, Ihr, auch suchen, kratzbürstig, verschlossen, unverständlich, schlampig, absolut liebenwert, sich selbst suchen.
Wir haben uns mit der Anmeldung im Juli letzten Jahres Großes vorgenommen, fast eine Vision: Gesucht: lebendige Steine. Das ist ein außergöhnliches Unterfangen. Steine sind nicht lebendig, Steine werden auch nicht lebendig, zumindest nicht einfach so. Steine sind Steine, totes, starres, festes Material, die verwandeln sich nicht, werden nicht. Steine werden geschliffen, bearbeitet, behauen, traktiert. Unter den Händen von Menschen und Maschinen werden sie zu etwas anderem, wird aus ihnen was, aber lebendig?
Gott hat eine andere Sicht auf die Dinge, auch auf die Steine. Er sieht auch euch ganz anders an. Er sieht einfach mehr, tiefer, anders eben. Er sieht, wie Steine sich verwandeln, wie stumme, tote, harte Steine lebendig werden. So führt es zumindest seine Heilige Schrift vor Auge, in Herz mit ungewöhnlichen, aber wunderschönen Bildern:

Aus Stein geboren
So lässt Gott Johannes den Täufer sagen, dass Gott Abraham aus Steinen Kinder erwecken könne. Aus Steinen Kinder erwecken. Wir wissen alle, dass Kinder anders geboren werden als aus Steinen. Und doch wäre diese wunderbare Verwandlung eine Erinnerung daran:
Wie wunderbar gewaltig es ist, geboren zu werden und zu gebären. Kinder in die Welt zu setzen, sie zu begleiten, mit ihnen zu leben, zu lieben und zu leiden. Wie gewaltig es ist, Eltern und Kinder zu sein, sich auf Leben zu verpflichten, alles zu geben und zu nehmen, auf ewige Bndung und zeitliche Freiheit; wie gewaltig Sorgenächte sind, mancher Streit, aber auch die Liebe, die uns aufgegeben ist. Und wie mühsam manchmal es ist, Eltern und Kinder zu sein und die Pubertät wie einen zweiten Geburtsprozess durchzumachen: steinig, harte Arbeit, mit Abschürfungen, aber unmittelbar lebendig.
Gott verwandelt Steine in Kinder. Mitten in der Konfirmandenzeit. Sozusagen still und heimlich. Er verwandelt sie zu seinen Kindern, zu Gotteskindern. Das ist arbeitsreich auch für ihn und gewaltig wunderbar. Er gebiert seine Kinder auch unter Mühen, aber in unermesslicher Liebe, will Euch zu seinen Kindern machen, zu solchen, die er liebt, schützt und birgt, in Freiheit seine Hand anbietet und sie niemals zurückzieht.

Steine schreien
So lässt Gott seinen eigenen geliebten Sohn hoffen: Wenn meine Jünger schweigen, dann sollen Steine schreien, sollen Steine vom Lob Gottes lebendig erzählen. Was von Gott berührt ist, kann eigentlich nicht stumm bleiben, sondern muss laut das sagen, was mit ihm geschieht, muss von der Verwandlung hörbar sprechen.
An der gegenteiligen Verwandlung von laut zu leise arbeiten wir öfter in der Konfirmandenzeit. Ihr seid oft hörbar, sehr, laut, weil ihr lebendig seid und selbstbewusst, vielleicht vieles raus muss aus euch. Und oft sind es die Stillen unter euch, die eigentlich etwas, vieles, wichtiges zu sagen haben. Worauf wir mit Ohren und Herzen warten.
Mitten im familiären Sprachgewirr versucht die Konfirmandenzeit stumme Konfi-Steinen zum Sprechen zu bringen, so zum sprechen, dass darin etwas von der Tiefe des Lebens, vom Wichtigen, vom Tragenden aufleuchtet und zum Lob Gottes wird, ein Lob, das in der Tief der eigenen Seele heilsam klingt.

Brot und Wasser
So vermag Gott aus Steinen Brot zu machen und aus Felsen Wasserquellen zu schlagen. In seiner Nähe werden Menschen satt, sollen es, müssen es. Deswegen aus Stein Wasser und Brot. Weil es manchmal Wunder bedarf und uns erinnert: Wie bitter oft fehlend und wie bitter notwendig das ist, was wir an wirklich Lebensnotwendigen brauchen für unsere Körper, aber noch mehr für unsere Seele, für die unserer Kinder.
Von diesem Lebensnotwendigen für die Seele träumt der Konfirmandenunterricht, von dem, was nach dem Leben kommt, von Menschen, die uns vorausleuchten, von Sorgen, die wir haben, von denen, die uns tragen, von fremden Anderen, von uns. Dann und wann wird aus einem steinigen Unterricht ein Moment voller Brot und Wasser für uns
Und Konfirmanden, die manchmal wie kleine Felsen und Steine still nebeneinander sitzen, werden welche, die selbst Brot und Wasser für andere sind, ein bißchen vom Lebensnotwendigen an andere weiterreichen, mit verwandeln.

Funke aus Stein geschlagen
„Ein Funke, aus Stein geschlagen wird Feuer in kalter Nacht. So wie die Nacht flieht vor dem Morgen, so zieht die Angst aus dem Sinn, so wächst ein Licht in dir geborgen, die Kraft zum neuen Beginn.“
Bei allen Verwandlungen, auch wenn wir gerade in einer fest stecken geht es um das eine: Um eure Seele, um das Lebendige in euch. Und darum, dass eure Seele, das von Gott in euch, gesehen, genährt und bewahrt wird. Von euch selbst, von allen, die jetzt für euch hier sind, von Gott.
Ein Licht in euch geborgen, das möge wachsen. Ein Funke aus Stein geschlagen, der möge aufleuchten. Feuersteine, solche aus denen man gut Funken schlagen kann, sind besondere Steine. Für mich seid ihr solche, jeder und jede einzelne. In den letzten Monaten haben wir Konfi-Steine gesucht, uns gebückt, gesammelt, beackert, behauen. Wir haben kleine Funken aus Stein geschlagen.
Funken der leisen Leidenschaft für den großen Gott, aber vor allem Funken als Licht und Wärme gegen Nacht, Kälte und Angst für Kinderseelen. Gott hat aus einem echten Zauderer Petrus, einen Felsen für seine Kirche gemacht, er hat aus einem ans Kreuz gechlagenen Menschen, Christus, den Eckstein für sein Haus aus lebendigen Steinen gemacht. Gott macht aus Menschen ganz kostbare Menschen, verwandelt heilsam sie zu sich selbst
Gesucht und gefunden. Vielleicht. Sicher. Vor allem das andere, das erste und das letzte, das was uns alle und euch heute Abend besonders berührt: geliebt. Immer und immer wieder. Von Gott geliebt. Amen.

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