Predigt am Vorabend der Konfirmation
2013 (20. 4. 2013)
Wundersame Steine
Gesucht. Gefunden. Dazwischen Zeit,
Zeit zum Suchen und Finden. Heute Abend: Fast angekommen beim Gesuchten. Aber:
Wie haben wir gesucht? Wie haben wir gefunden? Wie findet man Steine? Besondere
vielleicht. Augen auf, genau hinschauen, hinbücken, aufheben, den Schmutz
abreiben und zu sich nehmen.
Wie finden man Menschen? Lebendige?
Auch so? Wie findet man Konfirmanden? Richtige? Wie findet Gott Menschen? Wie
findet Gott euch Konfirmanden? Wie finden wir Menschen Gott, den lebendigen?
Konfirmandenunterricht ist Suche, für
den einzelnen Konfirmand auf bestimmte Zeit beschränkt, für Kirche und Pfarrer
lebenslang. Eine Suche irgendwie nach Leben, nach Gott. Genau mitten in der
Zeit, in der junge Menschen, Ihr, auch suchen, kratzbürstig, verschlossen,
unverständlich, schlampig, absolut liebenwert, sich selbst suchen.
Wir haben uns mit der Anmeldung im
Juli letzten Jahres Großes vorgenommen, fast eine Vision: Gesucht: lebendige
Steine. Das ist ein außergöhnliches Unterfangen. Steine sind nicht lebendig,
Steine werden auch nicht lebendig, zumindest nicht einfach so. Steine sind
Steine, totes, starres, festes Material, die verwandeln sich nicht, werden nicht.
Steine werden geschliffen, bearbeitet, behauen, traktiert. Unter den Händen von
Menschen und Maschinen werden sie zu etwas anderem, wird aus ihnen was, aber
lebendig?
Gott hat eine andere Sicht auf die
Dinge, auch auf die Steine. Er sieht auch euch ganz anders an. Er sieht einfach
mehr, tiefer, anders eben. Er sieht, wie Steine sich verwandeln, wie stumme,
tote, harte Steine lebendig werden. So führt es zumindest seine Heilige Schrift
vor Auge, in Herz mit ungewöhnlichen, aber wunderschönen Bildern:
Aus Stein geboren
So lässt Gott Johannes den Täufer
sagen, dass Gott Abraham aus Steinen Kinder erwecken könne. Aus Steinen Kinder
erwecken. Wir wissen alle, dass Kinder anders geboren werden als aus Steinen.
Und doch wäre diese wunderbare Verwandlung eine Erinnerung daran:
Wie wunderbar gewaltig es ist,
geboren zu werden und zu gebären. Kinder in die Welt zu setzen, sie zu
begleiten, mit ihnen zu leben, zu lieben und zu leiden. Wie gewaltig es ist,
Eltern und Kinder zu sein, sich auf Leben zu verpflichten, alles zu geben und zu
nehmen, auf ewige Bndung und zeitliche Freiheit; wie gewaltig Sorgenächte sind,
mancher Streit, aber auch die Liebe, die uns aufgegeben ist. Und wie mühsam
manchmal es ist, Eltern und Kinder zu sein und die Pubertät wie einen zweiten
Geburtsprozess durchzumachen: steinig, harte Arbeit, mit Abschürfungen, aber unmittelbar
lebendig.
Gott verwandelt Steine in Kinder. Mitten
in der Konfirmandenzeit. Sozusagen still und heimlich. Er verwandelt sie zu
seinen Kindern, zu Gotteskindern. Das ist arbeitsreich auch für ihn und
gewaltig wunderbar. Er gebiert seine Kinder auch unter Mühen, aber in unermesslicher
Liebe, will Euch zu seinen Kindern machen, zu solchen, die er liebt, schützt
und birgt, in Freiheit seine Hand anbietet und sie niemals zurückzieht.
Steine schreien
So lässt Gott seinen eigenen
geliebten Sohn hoffen: Wenn meine Jünger schweigen, dann sollen Steine
schreien, sollen Steine vom Lob Gottes lebendig erzählen. Was von Gott berührt
ist, kann eigentlich nicht stumm bleiben, sondern muss laut das sagen, was mit
ihm geschieht, muss von der Verwandlung hörbar sprechen.
An der gegenteiligen Verwandlung von
laut zu leise arbeiten wir öfter in der Konfirmandenzeit. Ihr seid oft hörbar,
sehr, laut, weil ihr lebendig seid und selbstbewusst, vielleicht vieles raus
muss aus euch. Und oft sind es die Stillen unter euch, die eigentlich etwas,
vieles, wichtiges zu sagen haben. Worauf wir mit Ohren und Herzen warten.
Mitten im familiären Sprachgewirr
versucht die Konfirmandenzeit stumme Konfi-Steinen zum Sprechen zu bringen, so
zum sprechen, dass darin etwas von der Tiefe des Lebens, vom Wichtigen, vom
Tragenden aufleuchtet und zum Lob Gottes wird, ein Lob, das in der Tief der
eigenen Seele heilsam klingt.
Brot und Wasser
So vermag Gott aus Steinen Brot zu
machen und aus Felsen Wasserquellen zu schlagen. In seiner Nähe werden Menschen
satt, sollen es, müssen es. Deswegen aus Stein Wasser und Brot. Weil es
manchmal Wunder bedarf und uns erinnert: Wie bitter oft fehlend und wie bitter
notwendig das ist, was wir an wirklich Lebensnotwendigen brauchen für unsere
Körper, aber noch mehr für unsere Seele, für die unserer Kinder.
Von diesem Lebensnotwendigen für die
Seele träumt der Konfirmandenunterricht, von dem, was nach dem Leben kommt, von
Menschen, die uns vorausleuchten, von Sorgen, die wir haben, von denen, die uns
tragen, von fremden Anderen, von uns. Dann und wann wird aus einem steinigen
Unterricht ein Moment voller Brot und Wasser für uns
Und Konfirmanden, die manchmal wie
kleine Felsen und Steine still nebeneinander sitzen, werden welche, die selbst
Brot und Wasser für andere sind, ein bißchen vom Lebensnotwendigen an andere
weiterreichen, mit verwandeln.
Funke aus Stein geschlagen
„Ein Funke, aus Stein geschlagen wird
Feuer in kalter Nacht. So wie die Nacht flieht vor dem Morgen, so zieht die
Angst aus dem Sinn, so wächst ein Licht in dir geborgen, die Kraft zum neuen
Beginn.“
Bei allen Verwandlungen, auch wenn
wir gerade in einer fest stecken geht es um das eine: Um eure Seele, um das
Lebendige in euch. Und darum, dass eure Seele, das von Gott in euch, gesehen,
genährt und bewahrt wird. Von euch selbst, von allen, die jetzt für euch hier
sind, von Gott.
Ein Licht in euch geborgen, das möge
wachsen. Ein Funke aus Stein geschlagen, der möge aufleuchten. Feuersteine,
solche aus denen man gut Funken schlagen kann, sind besondere Steine. Für mich
seid ihr solche, jeder und jede einzelne. In den letzten Monaten haben wir
Konfi-Steine gesucht, uns gebückt, gesammelt, beackert, behauen. Wir haben kleine
Funken aus Stein geschlagen.
Funken der leisen Leidenschaft für den
großen Gott, aber vor allem Funken als Licht und Wärme gegen Nacht, Kälte und
Angst für Kinderseelen. Gott hat aus einem echten Zauderer Petrus, einen Felsen
für seine Kirche gemacht, er hat aus einem ans Kreuz gechlagenen Menschen,
Christus, den Eckstein für sein Haus aus lebendigen Steinen gemacht. Gott macht
aus Menschen ganz kostbare Menschen, verwandelt heilsam sie zu sich selbst
Gesucht und gefunden. Vielleicht. Sicher.
Vor allem das andere, das erste und das letzte, das was uns alle und euch heute
Abend besonders berührt: geliebt. Immer und immer wieder. Von Gott geliebt.
Amen.
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