Predigt zur Vorstellung der neuen
Konfirmanden am 15. Sonntag nach Trinitatis (16.9.12)
Das neue Gottesvolk
Seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die
neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, da ihr ja
geschmeckt habt, daß der Herr freundlich ist.
Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen
ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. Und auch ihr als lebendige Steine
erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern
geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. [Dieser ist
für euch, die ihr glaubt, kostbar;] für die Ungläubigen aber ist »der Stein,
den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, ein Stein
des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses« (Psalm 118,22; Jesaja 8,14); … Ihr
aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das
heilige Volk, das Volk des Eigentums, daß ihr verkündigen sollt die Wohltaten
dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.
(aus 1. Petrus 2)
Steine suchen
Ein Haus aus lebendigen Steinen. Erbaut, Stein auf Stein,
Mörtel dazwischen, das Dach drauf, Türen, eine kleine Treppe, bunte Fenster,
Bankreihen, ein Altar im Chorraum, das Kreuz an der Wand, die Orgel auf der
Empore, die Kanzel mit dem Pfarrer. Ein Haus aus lebendigen Steinen und ihr
gehör jetzt dazu, wie ihr da sitzt und euch nachher vorstellt, wie ihr in den
Konfirmandenunterricht gehen und die Gottesdienste besuchen werdet.
Wo werdet Ihr euren Platz in diesem Haus der lebendigen
Steine finden? Wo werdet ihr euch in diese lebendigen Steine einordnen,
einwohnen, wie Teil dieses sichtbaren und unsichtbaren Hauses werden? Was wird überhaupt
euch werden? Im Leben? In der Konfirmandenzeit? Was wird aus euch in Laufe
dieser Zeit bis zur Konfirmation? Werdet ihr andere? Nur älter, oder auch:
intelligenter, einfühlsamer, religiöser?
Gesucht: Lebendige Steine. So das Motto. Gesucht! Da ist
jemand auf der Suche, auf der Suche nach etwas, nach jemanden. Wir sind auf der
Suche. Gott ist auf der Suche. Und ihr - Was sucht ihr so? Nicht alltäglich,
sondern im Leben? Ihr Eltern? Wir alle als Gemeinde? Gesucht: Lebendige Steine.
Wer sucht so was? Lebendige Steine, was soll das sein? Leben, was ist das?
Sucht ihr das Leben? Wann seid ihr lebendig? Ist lebendig,
wenn man atmet, wenn man sich bewegt, wenn das Blut zirkuliert, wenn man den
Puls spürt? Ist lebendig nicht mehr, vielmehr? Wann und wo seid ihr lebendig,
voller Leben? Was ist für euch das Leben? Habt ihr es? Sucht ihr es? Hier in
der Kirche? Im Konfirmandenunterricht? Oder was ganz anderes?
Steingeschenk
Lebendige Steine. Das ist komisch, merkwürdig, widersprüchlich.
Lebendige Steine. Die gibt´s doch eigentlich nicht. Steine sind fest, hart,
selbst unbeweglich, tot. Wie könnten die lebendig sein, lebendig werden? Fest,
hart, unbeweglich müssen Steine sein. Auf Steine geht man, baut man, baut man Gebäude,
Brücken, Häuser. Dafür müssen sie fest sein, sonst funktioniert kein Hausbau, sonst
kann man nicht Stein auf Stein bauen und am Ende drin wohnen.
Das Haus der lebendigen Steine soll wohl ein besonderes Haus
sein aus besonderen Steinen. Das Haus auf Steinen soll fest, sicher, geründet sein,
soll etwas ins sich bergen und wohnen lassen können, es soll aber auch lebendig
sein, lebendig erbaut, mit Lebendigen gebaut. Das Haus der lebendigen Steine
baut auf Lebendiges auf, auf Freude und Tränen, auf Hoffnung und Fragen, auf
Geschichten und Liebe, auf Menschen, auf lebendige Menschen, wie ihr alle, auf
Euch Konfirmanden.
Für euch gibt es heute einen Speckstein, faustgroß.
Specksteine sind in der Erde zu finden. Sie sollen lebendig werden, ihr sollt
sie mit eurer Lebendigkeit, ja vielleicht mit eurem Leben prägen, gestalten, ganz
handfest, mit Sägen, Schleifen und Staub, anschaulich, nach und nach im Laufe
eurer Konfirmandenzeit. Bis am Ende an der Konfirmation etwas daraus geworden
ist, ein besonderer Stein, der eure Züge trägt: Euer lebendiger Stein.
Wo legen wir sie hin eure Steine, bis sie lebendig geworden
ist, von heute bis zur Konfirmation? Legt Ihr sie daheim irgendwo hin, zwischen
PC und Schulbüchern? Das passt nicht. Sie gehören wir ihr irgendwie hierher, in
die Konfirmandenzeit, dort, wo sie lebendig ist. Legen wir sie in den Saal
rüber, in dem wir den Unterricht haben. Nein, die Steine gehören nicht zum
Unterricht und der Saal ist zu groß. Das verlieren sie sich. Hier in die
Kirche, ins Haus der lebendigen Steine gehören sie. Nur wohin? Nicht irgendwohin.
Machen wir daraus eine kleine Mauer, die anderen als Mörtel? Aber so weit sind
wir doch noch gar nicht. Legen wir sie auf den Taufstein? Oder an den Altar?
Ans Kreuz, dort zu anderen merkwürdigen Steinen, wie das Gedenken an die
Gefallenen in den Kriegen? Oder einfach auf dem Boden als Weg? Oft würde man
sich dann an euren Steinen stoßen.
Stein in Gottes Hand
Wohin legen? Ans Kreuz oder ins Herz. Wohin mit Jesus
Christus? Sein Leben auf ihn bauen oder nicht. Ihn als Grund, als Grundstein
des Lebens nehmen und es darauf bauen oder ihn nicht nehmen und wegwerfen.
Worauf baue ich mein Leben? In seinem allertiefsten Grund?
Jesus Christus ist der Eckstein, der Mittelstein der Kathedrale
des Lebens, des Hauses der lebendigen Steine, verworfen, anstößig und erwählt,
kostbar. Er ist der lebendige Stein, bei ihm kann man das Leben finden, kann
die Suche nach Leben ihr Ziel, ihre Quelle finden, können wir leben, in
Verbindung mit ihm. Er ist der feste Grund, der Grundstein, auf den alles aufbaut,
ganz fest gesetzt von Gott, Fixpunkt. Er ist anstößig kostbar, kostbar
anstößig.
Wie wir, wenn wir wollen. Haus der lebendigen Steine, auf ihn,
den lebendigen Stein, aufbauend, auf seine Liebe. Anstößig: Weil diese Liebe
bis ans Kreuz, bin in den Tod, bis in die tiefste Widerwärtigkeit,
Abgründigkeit und Gottfeindschaft ging, weil seine Liebe den ganz Kleinen,
denen am Rand galt und gilt, denen, die verworfen werden, die stinken, die
sonst ausgestoßen werden, und weil lebendige Steine sich daran stoßen, wo Leben
unwürdig wird, und Missstände anprangern und dagegen etwas tun, die Welt zum
Besseren versuchen anzustoßen.
Kostbar anstößig. Kostbar. Gottes großes Vor-Urteil für seine
lebendigen Steine, vor allem Tun und Denken, Zweifeln und Hoffen, vor jedem
Schlafen und Aufwachen, vor jedem Atemzug. Kostbar seid ihr, ihr lebendige
Steine, die ihr da unten sitzt, alle. Kostbar gemacht vom ersten Augen-Blick,
auserwählt in Liebe, gekrönt mit Geist und Würde, in Gottes guter Hand
getragen, von ihm ins Leben gerufen, SEIN Licht zu leben.
Gesucht: lebendige Steine. Gefunden: von Gott. Amen.
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