Freitag, 18. Mai 2012

Ein Herzstück


Predigt am Sonntag Exaudi (20.5.12)

Jeremia 31, 31-34
Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

Ein Bund mit sich
Menschen gehen Bündnisse ein. Manchmal wie Staaten. Bündnisse mit anderen Menschen, eine Wegstrecke zu zweit, zu dritt, zu mehreren. Viele Bundesschlüsse werden selten ausdrücklich ausgesprochen, meistens ergeben sie sich still und nach und nach und halten ihre Zeit. Manch ein Bund wird von Kinderhand mit Blut besiegelt, erwachsen mit großer Hoffnung feierlich geschlossen und dann mit Leid gefüllt. Menschen brechen Bündnisse, schweren Herzens, fahrlässig, die Zeit tut das ihre, mancher Bund verliert sich im Niemandsland und wir gehen von einem zum anderen. Manch Bund atmet die Ewigkeit.
Mit Fortuna und dem Teufel im Bunde, mit den normalen Bösewichten und höheren Mächten im Bunde. Und immer in all den Bündnissen unseres Lebens, den Lebens- und Bündnispartner, verdeckt, selten gestellt, in dunklen Stunden aufgebrochen, in bestimmten Momenten als tiefes Glück erfahren, die eine Lebensfrage: Sind wir mit uns selbst im Bunde, haben wir uns selbst als Bündnispartner, schließen wir mit uns den Bund, der Leben heißt und unser Glück sucht; und wie oft, wo und warum brechen wir mit uns selbst, mit dem uns eingeschrieben Plan vom Leben, den Bund und verlieren uns als Bündnispartner?

Noch näher
Noch näher, höre ich Gott sagen. Noch näher an den Menschen heranrücken. Es hat wohl nicht gereicht, den Menschen aus der Sklaverei in die Wüste und in die Freiheit zu führen, ihn nur an die Hand zu nehmen. Dem Menschen hat diese führende Hand nicht gereicht; er hat sie aus seiner Hand verloren, er ist einen anderen Weg gegangen, hat Gott nicht vertraut, ging auf innerliche Distanz zu ihm und Gott im Bund verloren.
Noch näher hin zum Menschen. Sagt Gott. All das, was im Bruch des Bündnisses kam, vergessen, vergeben, seine schmerzende, trennende Kraft nicht so lebendig, so nah sein lassen, sondern wie wegräumen, wie wegmachen, wirklich vergangen sein lassen, Sünde, Missetat, Abbruch. Nicht mehr daran denken. Im Kopf Gottes.
Noch näher, viel näher an den Menschen heranrücken, keine Distanz mehr da, mehr einbrechen lassen, die Hand zu geben, hat nicht gereicht; Gott rückt näher, viel näher heran. Wie weit auch der Mensch abrückt, Gott rückt näher. Einen neuen Bund, ein noch näherer, unvergleichlich nah, dicht. Spricht Gottes Herz, sein unbändiges Bundesherz, das näher rückt, näher schlägt.

Eingeschrieben
Ein Wunder für uns. Ein Wunder seiner Liebe. Gott will sich ganz geben in uns, in unser Leben, wirklich hineinbegeben, hineinlegen, hineinschreiben, in uns, in unseren Sinn, in unser Herz.
Mitten hinein in all das, was sonst hineingeschrieben ist in uns, hineingelegt worden ist durch Väter- und Mutterhände, - worte, durch das, was uns erzählt und eingebläut wurde, was uns still verheißen und versprochen wurde, was uns hart entrissen und liebevoll geschenkt wurde, eingeschrieben in uns, in unser Lebensherz, in sein Schlagen im Takt der Lebenszeit, mitten in unser eingeprägtes Leben, in die Spuren, gefurcht von der Erfahrungen mit uns selbst, mit anderen und mit den Mächten unseres Lebens, dorthin schreibt sich Gott ein, neu, immer neu, weil er all die anderen Schriftzüge wie überschreiben möchte, weil er unser Leben zart, behutsam, bestimmt umschreiben möchte, dass er sich drin liest.
Gott will uns nicht äußerlich bleiben, deswegen reicht die Hand nicht, sondern nur das Herz, innerlich will er uns werden, so nah wie irgend möglich. So innerlich, in unser Leben hineingeschrieben wird er des Menschen Gott sein und die Menschen seine Menschen, werden sie ihn erkennen, wie er sie erkennt, eine Erkenntnis, die dem Umarmen von sich Liebenden gleicht, ein Erkennen, das um den Herzschlag, um die Sehnsüchte, um die Angstgespenster, um den Sinn, um das Dunkle, um die Schuld, um das Geheimnis des anderen tief weiß. Ein Erkennen, was Leben meint, Atmen.

Bundesglück
Gottes Weg, sein Näher zu dir hin, ins Herz, sein Einschreiben mag auch ein Weg des Schmerzes sein, Bis ans Herz zu kommen, bis ins Herz zu kommen, meint auch: Durchzukommen, durchzustoßen bis an unseren eigenen Tiefengrund, an den Kern all unserer tragischen und glücklichen Lebensbündnisse; es ist vielleicht jener Schmerz, den Jesus am Kreuz durchlitt.
Am Herz angekommen, Gott ins Herz eingeschrieben, ist es die Antwort auf die Frage nach unserem Bund, nach unserem Bund mit uns selbst. Gott schreibt sein Gesetz, seine Lebensweisung, sein Weg zum Leben, zu unserem Leben in unser Herz ein. Gott schreibt jedem sein Weg zu seinem Leben in sein Herz, sein Plan vom Glück, seine Bestimmung. Gott schreibt Jesus, seinen Weg zu uns, sein Lebensplan für uns ins Herz, lebendig schreibt er ihn uns ein, geistvoll, gegenwärtig, unser Herz wie mit ganz eigenen seinem Lebensblut pulsierend.
So nah, so unglaublich liebevoll nah mit Gott im Herzen, mit seinem Lebensplan für sie, können Menschen sich gar sich selbst fern und fremd sein, kommen sie sich selbst nah, dem, wie sie leben können. So nah, so unglaublich liebevoll nah, mit Gott eingeschrieben, mit ihm den neuen Bund geschlossen schließen wir den Bund, sind Mensch mit sich selbst selig im Bunde. Amen.

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