Predigt an
Invokavit (18.2.18)
2. Korinther 6, 1-10
Als Mitarbeiter aber ermahnen wir euch, dass ihr nicht
vergeblich die Gnade Gottes empfangt. Denn er spricht (Jesaja 49,8): »Ich habe
dich zur willkommenen Zeit erhört und habe dir am Tage des Heils geholfen.«
Siehe, jetzt ist die willkommene Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!
Und wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit
dieser Dienst nicht verlästert werde; sondern in allem erweisen wir uns als
Diener Gottes: in großer Geduld, in Bedrängnissen, in Nöten, in Ängsten, in
Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhr, in Mühen, im Wachen, im Fasten, 6 in
Lauterkeit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in
ungefärbter Liebe, 7 in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, mit den
Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken, in Ehre und Schande; in
bösen Gerüchten und guten Gerüchten, als Verführer und doch wahrhaftig; als die
Unbekannten und doch bekannt; als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als die
Gezüchtigten und doch nicht getötet; als die Traurigen, aber allezeit fröhlich;
als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben und doch
alles haben.
Unbefleckt empfangen
Unbefleckt,
wie unbeschrieben empfangen wir die Gnade. Nichts, aber auch nichts können wir
dafür tun, dafür sein. Die Gnade Gottes ganz allein findet uns, widerfährt uns,
schenkt Gott uns, beschreibt uns mit seinem Leben. Wann und wie es passiert,
warum und durch was oder wen, bleibt uns verborgen, liegt nicht in unserer
Verfügung, nicht in unserem Wollen, liegt vielleicht nur im unbestimmten
Hoffen, aber nie so, als wüssten wir es schon ganz in diesem Moment, dass es
für uns Gnade wäre, war und ist. Die Gnade Gottes wirkt aber, lässt uns Gottes
Zuwendung spüren. Sie ist uns und unserem Leben, unseren Tun und Lassen,
unserem Suchen und Finden vorgängig, sie begegnet uns aus ihren freien Stücken,
unverdient, aber uns zugedacht, vorbehaltlos, aber genau für uns.
Der Gnade,
die uns von sich aus trifft, dieser Gnade Raum und Zeit lassen, ihr nicht im
Wege stehen, ihr nicht Widerstand leisten im inneren, sich von ihr nicht wieder
ablenken lassen oder - ist sie gleichsam erscheinen - sie wieder verdecken, sondern:
dieser noch zarten Gnade das Leben in uns geben, uns als ihren Ort begreifen,
in unserer Zeit ihr Jetzt sehen, ihren Gnadenaugenblick, der wirken mag, auch wunderbar
wirken lassen.
In Bewegung kommen
So sehr ist
Gottes Gnade seine Zuwendung zu seinen Geschöpfen, ganz gleich wer und wie sie
sind. So sehr ist Gottes Gnade Gottes Bewegung auf uns zu, auf seinen Menschen
zu, ohne unsere anfängliche Bewegung. So sehr ist Gottes Gnade seine Nähe,
seine Gegenwart in der mal ihm entgegengesetzten, mal gleichgültigen, mal wie
entgegengehenden Bewegung unseres Lebens.
Teil werden
dieser Gnade. Teil dieser göttlichen Bewegung, ihr Raum und Zeit lassen und
selbst ihr Raum und Zeit werden, Mitarbeiter der Gnade werden, zusammen mit ihr
sie in uns bewegen, immer wieder, immer mehr, gleich Marien die göttlichen
Weihnachtsworte, Gnade in sich bewegen, gnadenbewegt, gnadenbeseelt, groß
gemacht sein, magnificat: Wir sind sein Eigentum – wie wunderbar, wie
gnadenvoll.
In der Fülle sein
Und alles
bekommen, ganz und gar Empfangender, der Gnade wie im Dämmerlicht ansichtig,
wissend sie ist der hellste Schein. Ihr Wirken in uns spüren, ihre Fülle uns
geschenkt, tief, intensiv, uns zusammenfassend wie in einem göttlichen wundervollen
Lebens-Mosaik.
Nicht
vergebens, nicht leer, nicht entblößt, nicht beraubt, nicht nichts, sondern
erfüllt von der Gnade Gottes inmitten aller Litanei, die das Leben uns
auferlegt und abfordert, inmitten der manchmal schier unendlichen Aufzählungen
von Situationen, Gemütslagen, Begegnungen, aneinandergereihten, verschiedenen
Lebensmomenten.
In Not und
Nöten, in Fraglichkeiten, in Situationen, wo wir ausgesetzt, wo wir furchtsam
sind, wo wir wie blass, bedroht, verstummt, ratlos, ausgesetzt sind: Die Gnade
ist uns, wirkt in uns. Jenseits aller Haltungen, aller erlernte, antrainierten,
angeborenen Verhaltensmöglichkeiten: Die Gnade in uns und sie lässt und doch
geduldig sein, doch die Liebe nicht vergessen, doch zugewandt bleiben, doch
selbst ausstrahlen im eigenen Dunkel die Gnade anderen zu Trotz, anderen zu
Gute. Und wenn die Hände leer sind, wir der Gedanken müde, wir nicht mehr genau
wissen, wie jetzt Glauben leben, wie jetzt Christ sein, wie nur dem Widrigen
selbst widerstehen, dann: Die Gnade ist in uns, darauf vertrauen, dadurch Mut
haben: Wir waren Empfangende und die Gnade ist uns, sie hat selbst im Kleinsten
in uns noch Platz, im Tiefsten noch ihren Raum. Gottes Gnade ist im Schwachen
mächtig, im entleerten ist sie stille Fülle, dem Ausweglosen noch Weg, dem
Mundtodgemachten Wort, im Tod der Trost. Die Gnade ist in uns, sie hört von
sich aus auch nie auf damit, sie dient uns in allem.
Dienstbar
Und so –
genau so - schon immer Diener der Gnade sein. Sie unbefleckt empfangen, in
ihrer Bewegung aufgehen, ihre Fülle erbarmend spüren und selbst darüber zum
Diener der Gnade geworden sein. Jeder Gedanke an vergeblich ist vertrieben. Wir
dienen der Gnaden und uns, wir kümmern um uns um sie, wir pflegen sie in uns,
wir gewähren ihr Raum und Zeit, lassen sie gut in uns wohnen.
Wir dienen
der Gnaden und anderen Menschen, werden durchsichtig für die Gnade in uns, werden
transparente Gnadenmenschen und geben weiter, was wir empfangen, genauso
vorbehaltlos, genauso für andere unverdient, genauso aus freien Stücken, mutig beseelt
und gnadenvoll entschlossen.
Wir dienen
der Gnade und wir dienen so Gott. Von dem Augenblick an, als sie mir
Unbeholfenen geschenkt wurde, als ihre Fülle in mir Raum nahm, zu wohnen begann
und ich zum Teil ihrer Bewegung wurde, in jedem Augenblick, in dem sie in mir
lebt und mich beseelt. Wir dienen in allem Gottes Gnade, so wie sie uns in
allem dient. Ein fröhlicher Wechsel. Wie wunderbar. Amen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen