Samstag, 11. Juni 2016

Kommt gut an



Predigt zum Beginn der Woche der Diakonie (12. 6. 2016)

Gut Ankommen
„Kommt gut an!“ Das wünscht ein Mensch dem anderen, wenn er auf Reisen geht, wenn die Sachen gepackt sind, die letzten Vorbereitungen getroffen sind, dann: Gute Reise, gute Fahrt. Komm gut an. Im Wunsch die Sorge: Wege können gefährlich sein, lange und kurze Wege, es kann immer was passieren. Deswegen: Komm, bitte, gut an, melde dich kurz, dass ich es weiß. Im Wunsch die Bitte, es möge gut enden und gut beginnen, der Weg und das Dortsein.
Gut ankommen. Der Blick ist auf das Ziel gerichtet, auf das, wohin der Weg führen soll, die Reise, die Schritte, die Bahnkilometer. Nach guter Reise ein gutes Ankommen, ein paar erste gute Stunden, sich einfinden, wohl fühlen, mit der Seele mitkommen. Ankommen: kleiner und größerer Moment zwischen „Ich bin gekommen“ und „Ich bleibe dort“. Im Ankommen ist der Weg noch irgendwie gegenwärtig, ist das dort, wo man ankommt, noch zu entdecken, noch zum eigenen zu machen. Im Ankommen halten wir wie inne und bringen uns mit, so wie wir sind.
Angekommen: Wie oft sind wir das irgendwann und irgendwo im Leben. Angekommen in einer neuen Wohnung, angekommen nach kurzer Straßenbahnfahrt, angekommen nach einer Durststrecke im Leben. Angekommen im Leben, in meinem eigenen Leben. Sind wir das? In Momenten, ganz? Schwer zu sagen. Merkwürdig. Angekommen im Leben. Wissen wie es ist: das Leben; was es auf sich hat, wie es tickt? Angekommen bei einem Menschen, dort ganz da sein zu können und zu dürfen, wie ich bin. „Komm gut an.“ Lebenswunsch.

gekommen
Zum Leben gehört Kommen. Es mag ein Wort sein, dass wir im Lauf eines Lebens millionenmal sagen, hören, lesen. Kommen ist anders als die anderen Fortbewegungsarten, Kommen ist nicht gehen, laufen, rennen, fahren. Beim Kommen geht es weniger um das Wie, wie Menschen sich bewegen. Es geht beim Kommen und das Woher und Wohin, um Ursprung und Ziel und um Orte, die unser Leben beschreiben, bestimmen. Und es erinnert grundlegend und bleibend daran, dass wir Kommenden sind als Menschen, zur Welt Kommende und Gekommene. Einmal für immer. Und im Wort „Kommen“ spricht sich so vieles im Leben aus: umkommen, verkommen, überkommen, niederkommen, abkommen, auskommen, übereinkommen, vorkommen, willkommen, Einkommen, vollkommen.
Und Gott kommt auch. Er geht nicht, er läuft nicht, er rennt nicht. Er kommt. Gott ist in sich in Bewegung, in Liebesbewegung und diese innere Liebesbewegung macht Gott zu einem kommenden Gott. Gott bleibt nicht in sich, nicht bei sich. Gott kommt. Sein Sein hat ein Beweggrund, ein Ziel, eine Quelle, eine Absicht, ein Auftrag, eine Bestimmung, ein Sinn: Menschen sind es. Gott kommt zu Menschen, zu uns. Sein ganzes Sein ist Advent, Ankunft, Ankommen bei uns, sein Weg ist Jesus Christus. In ihm kommt das Himmelreich unglaublich nahe. Durch ihn will Gott bei uns ankommen.
Noch mehr: Gott ist angekommen. In unserem Wochenspruch: „Der Menschensohn ist gekommen…“ Mit einem Wozu, mit einem Grund, mit einem Ziel. „Der Menschensohn ist angekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ Das ist die göttliche Suchbewegung, wie sie in Jesus Christus uns glaubhaft vor Augen gemalt wird: Gottes Kommen ist ein Suchen, ein bestimmtes, beharrliches Suchen, ja Finden, ja, wo gefunden ein Seligmachen. Wo Gott ankommt, da ist Suche zu Ende, da wird gefunden, ist gefunden, da wird Seligkeit.

Verloren gehen
„Kommt gut an!“ Motto der Woche der Diakonie. Diakonie denkt an Menschen, die in Not sind und Hilfe brauchen. Menschen in Not, bedürftige Menschen, der Zuwendung, der Hilfe, der Unterstützung, der Teilhabe bedürfte Menschen.
Menschen, die irgendwie auch angekommen sind, aber angekommen sind in Notlagen, in der Not: selbstverschuldet, fremdverschuldet, tragisch, nur kurz, ganz lange, an Leib, an Seele. Angekommen in der Not und gar nicht gut angekommen. Angekommen auf der Straße, angekommen in einsamen Wohnungen, angekommen in Heimen, angekommen in Krankenhäuser, angekommen in eigener Not, in Einschränkungen, in Schmerzen, in Hilfslosigkeit, in offenen Fragen.
Angekommen, irgendwie zwischen einfinden, abfinden, sich arrangieren, zwischen geholfen bekommen, sich integrieren sollen, getröstet werden, geheilt werden. „Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ Angekommen, um gesucht zu werden, damit zu ihnen etwas kommt, bei ihnen etwas, jemand ankommt. Menschen, denen ein Stück vom Leben und mehr, manchmal viel mehr verloren geht, die vom Leben und seinen Möglichkeiten ausgeschlossen werden. Zu denen kommen, dort ankommen, vorsichtig, behutsam, sie teilhaben lassen am Leben, am eigenen Leben, am Leben überhaupt, an seinen Möglichkeiten, an seiner Fülle, selbst zu deren Lebensmöglichkeiten werden. Das Verlorene suchen und wie Jesus Christus Leben bringen.

Gott ankommen
„Kommt gut an.“ Kann auch heißen: „Es kommt gut an.“ Etwas findet Anklang, findet Resonanz, kommt so, dass es das Wort „gut“ nahelegt. Gut ankommen wollen auch Menschen, bei anderen, bei sich, so allgemein. Die wenigsten wollen schlecht ankommen, die meisten gut. Menschen wollen gefallen, wollen geschätzt, geachtet, mit dem, was sie sind, wahrgenommen werden, gut ankommen.
Gott will auch gut ankommen. Mit dem, was er gut nennt. Gott ist gekommen und will ankommen bei uns. Er will, dass wir zu ihm kommen. Wo Gott und wir aufeinandertreffen, ist Gott angekommen bei uns. Ob das immer gut ist? Wo Gott ankommt, kann er aufrütteln, in Frage stellen, irritieren, auf neue Wege setzen. Will es dem Guten für die Menschen, für uns dienen. Gott will gut ankommen, und die Hoffnung ist: Wo dies passiert, sind wir im Leben angekommen.
„Kommt gut an!“ Motto der Woche der Diakonie auch in diesem Sinne: „Es kommt gut an“. „Es“ ist Gott, ist die Fülle, ist dass Menschen einander teilgeben und teilhaben an dem, was Leben ist. Da, wo dies passiert. Da, wo dies geschieht. Da, wo andere Menschen in der Not von Menschen ankommen, dort sind und bleiben, wo sie Gottes Liebes- und Suchbewegung zum Verlorenen hin, zur Welt nachahmen, dort kommt Gott selbst an, kommt er gut, ja sehr gut, ja seligmachend an, dort erfüllt sich der Wunsch, die Bitte auf der einen Lebensreise: „Kommt gut an.“Amen

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