Samstag, 24. November 2018

Träumt mit!


Predigt am Ewigkeitssonntag (25.11.2018)

Jesaja 65, 17-19.23-35 Neuer Himmel und neue Erde
17 Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. 18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich erschaffe Jerusalem zur Wonne und sein Volk zur Freude, 19 und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. 20 Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht. 21 Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. 22 Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. 23 Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre Nachkommen sind bei ihnen. 24 Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören. 25 Wolf und Lamm sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Man wird weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.

Das Alte will uns quälen
Da sind Stimmen, die klagen, jammern, unter Leid und Fragen. Da sind Stimmen, die weinen, traurig klingen, sind. Tausendfach. Stimmen von Menschen. Da sind Kinder, die viel zu früh sterben, in Krankenhäusern, in Kriegen, und Eltern, denen das Leben darüber zerbricht und dunkel bleibt. Da sind Alte, deren Lebensjahre sich nicht erfüllen, die zu jung sterben, denen das Leben abhanden kommt, geraubt wird, die unerfüllt am Ende sind. Wohl millionenfach. Da sind Menschen ohne Wohnung und Wachsen, ohne Früchte und Genuss, kaum mit Brot und Hoffnung, die umsonst arbeiten, für einen Hungerlohn, ohne wirklichen Sinn als Gegenwert. Viel zu viele. Da fressen Wölfe Lämmer, Wölfe in Menschenkleidung die Lämmer ohne Hilfe, da reißen Löwen Rinder, jagen Menschen sich gegenseitig das Leben, die Zukunft ab, treten einander mit Worten und Hassbotschaften, zerstören, führen Krieg, sinnen Böses, richten Schaden an. Massenhaft.

Ein „Ich-mag-dich-trotzdem-Kuss“
Und da ist Gott, ein beseelter, begeisterter, bewegter Gott, einer der schafft und will, will und schafft, gegen die Realität an, gegen all das an und der nicht aufhört zu wollen und zu schaffen, zu träumen und zu sehen und zu sagen: Es soll anderes geschehen. Es braucht einen neuen Himmel, eine neue Erde.
Und da ist Gott, der ein Leben in Fülle will, für Israel, für sein Volk, für die Menschheit, für jeden einzelnen, für uns. Gott, der unbedingt Kinder groß und satt sehen will. Gott, der unbedingt Menschen alt und lebensglücklich sterben sehen will. Gott, der so gerne Menschen sehen will, die pflanzen und ernten, die wohnen und wachsen, die essen und genießen, die arbeiten und Sinn bekommen. Gott, der so gerne die Menschen zusammenleben sieht, erfüllt und friedlich, die unterschiedlichsten Menschen nebeneinander in Frieden sehen will, sein Leben miteinander teilend, einträchtig, die sich gerne gegenseitig leben lassen, denen einen so gut und so schön wie den anderen.
Da ist Gott. Ein Gott, der das alte vergessen will, schaffen will, dass wir es vergessen können, was uns quält, dass wir es nicht mehr zu Herzen nehmen müssen, was unsere Seelen aufscheucht, der unsere Herzen verwandelt, freier machen will.
Und da sind wir, zwischen unseliger Realität und Gottes Vision vom Friedensreich. Da sind wir auserwählt für diese Vision Gottes, gesegnet zu dieser Vision. Wenn Gott sie sieht und will. Warum nicht wir auch? Warum sollten wir seine Vision nicht auch sehen wollen, träumen wollen, schaffen wollen, inmitten der Realität, trotz der Realität. Seine Vision muss doch unsere sein und werden, wir müssten von ihr so wie er beseelt, begeistert, bewegt sein. Wir sind dazu geschaffen.

Du, zuvorkommender Gott
Alles entspringt diesem Gott, diesem zuvorkommenden Gott. Ehe Menschen rufen, antwortet er schon. Während sie noch reden, hört er schon. Gott kommt Menschen wunderbar zuvor. Menschen suchen, haben Lebenshunger, versuchen, Leben zu leben, sehnen sich und Gott sieht das, versteht da, ist selbst von Anfang und sogar schon davor, bevor wir überhaupt denken, planen, sprechen, tun, von uns bewegt, von uns beseelt, und ist Antwort auf all unsere wichtigen Fragen, ist Wort, mit dem wir sprechen, Gedanken, den wir denken, Atem, den wir atmen, Frieden, den wir brauchen.
So zuvorkommend vermag Gott die Welt zu verwandeln, Frieden wirklich zu schaffen, Menschen-Wolf neben Menschen-Lamm, Menschen-Löwe neben Menschen-Rind zu stellen. Aller Hunger nach Leben, nach Anerkennung, nach Macht, nach nur sich ist Gottes zuvorkommendem Leben gestillt, befriedet, angekommen, erfüllt. Und die Menschen? Sie mögen rufen, reden, sie mögen sich bei all dem in Gottes Horizont, in seinen weit aufgespannten Friedenshorizont hineinstellen, dort ihr Leben hineinrufen, hineinreden, hineinleben.

Hoher Lobgesang
Dann mag eine ganz bestimmte Freude werden und da sein, bleiben, eine Freude Gottes, eine Freude seiner Menschen, unsere Freude. Ein tief gehende Freude, eine Freude, die noch vom Alten Quälenden weiß, von der schrecklich unversöhnten Realität, von jenen weinenden und klagenden Stimmen. Eine Freude aber, bei der dies alles nicht mehr nur im Herzen wohnt, die alles dort trägt, aber als stumm gewordener Schmerz, ein Schmerz, neben dem Gott ist, da ist im Herzen, der dort will und schafft. Unbedingt.
Eine fast selbst stille, aber tief lebendige Freude, die nicht das Dunkle ausspart, aber sicher auch und mehr die Hoffnung auf Neuwerden, auf den Sieg Christi über den Tod in sich trägt, die gestimmt ist von jenem hohen Lobgesang der von Gott geliebten Kinder, die wir sind. Eine Freude, wie aus der harten Realität heraus geboren, von Gott befreit, von ihm erfüllt, mit langen Atem und der eigentümlichen Kraft, die die haben, die selbst Gottes Vision vom Leben sind. So wie wir. Wir sind, schon immer, neuer Himmel und neue Erde. Amen.

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