Predigt am
Ewigkeitssonntag (25.11.2018)
Jesaja 65, 17-19.23-35 Neuer Himmel und neue Erde
17 Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine
neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr
zu Herzen nehmen wird. 18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was
ich schaffe. Denn siehe, ich erschaffe Jerusalem zur Wonne und sein Volk zur
Freude, 19 und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein
Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme
des Klagens. 20 Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben,
oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert
Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht.
21 Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre
Früchte essen. 22 Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht
pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die
Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. 23
Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen;
denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre Nachkommen sind
bei ihnen. 24 Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn
sie noch reden, will ich hören. 25 Wolf und Lamm sollen beieinander weiden; der
Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Man
wird weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht
der HERR.
Das Alte will uns quälen
Da sind
Stimmen, die klagen, jammern, unter Leid und Fragen. Da sind Stimmen, die
weinen, traurig klingen, sind. Tausendfach. Stimmen von Menschen. Da sind Kinder,
die viel zu früh sterben, in Krankenhäusern, in Kriegen, und Eltern, denen das
Leben darüber zerbricht und dunkel bleibt. Da sind Alte, deren Lebensjahre sich
nicht erfüllen, die zu jung sterben, denen das Leben abhanden kommt, geraubt
wird, die unerfüllt am Ende sind. Wohl millionenfach. Da sind Menschen ohne
Wohnung und Wachsen, ohne Früchte und Genuss, kaum mit Brot und Hoffnung, die umsonst
arbeiten, für einen Hungerlohn, ohne wirklichen Sinn als Gegenwert. Viel zu
viele. Da fressen Wölfe Lämmer, Wölfe in Menschenkleidung die Lämmer ohne Hilfe,
da reißen Löwen Rinder, jagen Menschen sich gegenseitig das Leben, die Zukunft
ab, treten einander mit Worten und Hassbotschaften, zerstören, führen Krieg,
sinnen Böses, richten Schaden an. Massenhaft.
Ein „Ich-mag-dich-trotzdem-Kuss“
Und da ist
Gott, ein beseelter, begeisterter, bewegter Gott, einer der schafft und will,
will und schafft, gegen die Realität an, gegen all das an und der nicht aufhört
zu wollen und zu schaffen, zu träumen und zu sehen und zu sagen: Es soll
anderes geschehen. Es braucht einen neuen Himmel, eine neue Erde.
Und da ist
Gott, der ein Leben in Fülle will, für Israel, für sein Volk, für die
Menschheit, für jeden einzelnen, für uns. Gott, der unbedingt Kinder groß und
satt sehen will. Gott, der unbedingt Menschen alt und lebensglücklich sterben
sehen will. Gott, der so gerne Menschen sehen will, die pflanzen und ernten,
die wohnen und wachsen, die essen und genießen, die arbeiten und Sinn bekommen.
Gott, der so gerne die Menschen zusammenleben sieht, erfüllt und friedlich, die
unterschiedlichsten Menschen nebeneinander in Frieden sehen will, sein Leben
miteinander teilend, einträchtig, die sich gerne gegenseitig leben lassen,
denen einen so gut und so schön wie den anderen.
Da ist
Gott. Ein Gott, der das alte vergessen will, schaffen will, dass wir es
vergessen können, was uns quält, dass wir es nicht mehr zu Herzen nehmen
müssen, was unsere Seelen aufscheucht, der unsere Herzen verwandelt, freier
machen will.
Und da sind
wir, zwischen unseliger Realität und Gottes Vision vom Friedensreich. Da sind
wir auserwählt für diese Vision Gottes, gesegnet zu dieser Vision. Wenn Gott sie
sieht und will. Warum nicht wir auch? Warum sollten wir seine Vision nicht auch
sehen wollen, träumen wollen, schaffen wollen, inmitten der Realität, trotz der
Realität. Seine Vision muss doch unsere sein und werden, wir müssten von ihr so
wie er beseelt, begeistert, bewegt sein. Wir sind dazu geschaffen.
Du, zuvorkommender Gott
Alles
entspringt diesem Gott, diesem zuvorkommenden Gott. Ehe Menschen rufen,
antwortet er schon. Während sie noch reden, hört er schon. Gott kommt Menschen
wunderbar zuvor. Menschen suchen, haben Lebenshunger, versuchen, Leben zu
leben, sehnen sich und Gott sieht das, versteht da, ist selbst von Anfang und
sogar schon davor, bevor wir überhaupt denken, planen, sprechen, tun, von uns
bewegt, von uns beseelt, und ist Antwort auf all unsere wichtigen Fragen, ist
Wort, mit dem wir sprechen, Gedanken, den wir denken, Atem, den wir atmen,
Frieden, den wir brauchen.
So zuvorkommend
vermag Gott die Welt zu verwandeln, Frieden wirklich zu schaffen, Menschen-Wolf
neben Menschen-Lamm, Menschen-Löwe neben Menschen-Rind zu stellen. Aller Hunger
nach Leben, nach Anerkennung, nach Macht, nach nur sich ist Gottes
zuvorkommendem Leben gestillt, befriedet, angekommen, erfüllt. Und die
Menschen? Sie mögen rufen, reden, sie mögen sich bei all dem in Gottes
Horizont, in seinen weit aufgespannten Friedenshorizont hineinstellen, dort ihr
Leben hineinrufen, hineinreden, hineinleben.
Hoher Lobgesang
Dann mag
eine ganz bestimmte Freude werden und da sein, bleiben, eine Freude Gottes,
eine Freude seiner Menschen, unsere Freude. Ein tief gehende Freude, eine
Freude, die noch vom Alten Quälenden weiß, von der schrecklich unversöhnten
Realität, von jenen weinenden und klagenden Stimmen. Eine Freude aber, bei der
dies alles nicht mehr nur im Herzen wohnt, die alles dort trägt, aber als stumm
gewordener Schmerz, ein Schmerz, neben dem Gott ist, da ist im Herzen, der dort
will und schafft. Unbedingt.
Eine fast
selbst stille, aber tief lebendige Freude, die nicht das Dunkle ausspart, aber
sicher auch und mehr die Hoffnung auf Neuwerden, auf den Sieg Christi über den
Tod in sich trägt, die gestimmt ist von jenem hohen Lobgesang der von Gott geliebten
Kinder, die wir sind. Eine Freude, wie aus der harten Realität heraus geboren, von
Gott befreit, von ihm erfüllt, mit langen Atem und der eigentümlichen Kraft,
die die haben, die selbst Gottes Vision vom Leben sind. So wie wir. Wir sind, schon immer, neuer Himmel und neue Erde. Amen.
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