Predigt
zur siebenundachtzigsten Frage des Heidelberger Katechismus (3.3.13)
Können
denn auch die selig werden,
die
sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?
Keineswegs; denn die Schrift sagt:
kein Unzüchtiger, Götzendiener, Ehebrecher, Dieb, Geiziger, Trunkenbold,
Lästerer, Räuber und dergleichen wird das Reich Gottes erben.
Tür abgeschlossen
Keineswegs. Nicht nur: Nein, sondern:
überhaupt nicht, kommt gar nicht in Frage, geht nie und nimmer, wird definitiv nicht
sein. Das kleine Wörtchen „auch“ wird nichtig, der kleine Türspalt offen wird zu
geschlagen. Ungeheuer eindeutig, klar, konsequent, hart. Keineswegs. Kein Weg.
Wie wenn eine Tür vor einem
zugemacht, verschlossen, abgeschlossen wird, wie wenn man vor einer zugemachte,
verschlossenen Tür steht: Kein reinkommen, davor stehen bleiben.
Auf oder zu
Diese Tür sieht der Glaube des
Heidelberger Katechismus „entweder oder“: Entweder offen oder zu, entweder
geöffnet oder verschlossen, entweder reingehen oder draußen bleiben. Es ist eine
Tür, eine Tür zum Himmelreich, zum Reich Gottes, zur eigenen Seligkeit, zum
Glück, zum Heil, zum Leben. Eine Tür, die Menschen entweder den Zugang gewährt
oder den Zugang verwehrt. Zwei Möglichkeiten, zwei Wirklichkeiten.
Gläubig oder ungläubig, gottgefällig
oder Heuchler, Ebenbild oder Zerrbild, dankbar oder undankbar, gewiss oder
gerissen, gute Werke oder üble Gedanken, neu oder alt, frei oder gebunden, Erbe
oder Verlierer, vergeben oder Sünder, auferstanden oder tot, selig oder
unglücklich, Himmelreich oder Verdammnis, Reich Gottes oder Zorn, auf oder zu, drinnen
oder draußen.
Und wo stehen wir? Wer sind wir? Wer
bin ich? Das eine oder das andere? Und die anderen, denen das kleine Wörtchen
auch gilt? Wer sind die Bösen, wer die guten? Was ist das Böse in mir und das
Gute an mir? Bin ich gläubig und die anderen nicht? Und wenn die anderen nicht?
Kommen sie auch in den Himmel? Sollen sie? Oder nicht? Wer beurteilt das? Wer
sieht das? Wer entscheidet das? Wer sagt Ja oder nein? Wer sagt auf oder zu?
Wer sagt drinnen oder draußen? Wer? Und was sehe, höre ich?
Schlüssel
Von einem Schlüssel spricht der
Glaube des Heidelberger Katechismus. Einem Schlüssel, der auf- oder zuschließt.
Sein Wesen ist dies zu können zu machen, wie jeder Schlüssel. Nur dieser Schlüssel
schließt die Tür zum Himmel auf - oder die Tür ab zur Verdammnis. Er liegt
allein in Gottes Hand, den allein Gott ist Antwort auf all unsere Fragen,
alleine er entscheidet über gottlos und gottnah, über Glauben und Unglauben,
über das Gute und Böse in der Welt, in anderen, in uns. Gott allein wird diese
Tür auf- oder abschließen.
Wir haben diesen Schlüssel zu sehen,
von ihm zu reden, an ihn zu erinnern, auf hin hinzuweisen, ihn uns und anderen
vor Augen zu halten, das, was mit ihm möglich oder unmöglich ist. Wir haben zu
reden von der geschlossenen Tür und der offenen, von Nähe und
Ferne, von Seelenheil und Seelenqual, von Liebe und Hass, von
Friede und Gewalt, von Versöhnung und Zwiespalt, von diesem „und“
zu reden, aber eben um das „oder“ zu wissen.
Und mit jedem Satz vom Schlüssel,
sehen wir ihn selbst, sehen wir seine Möglichkeit in Gottes Hand, leben unser
Leben angesichts dieses Schlüssels, angesichts seiner Möglichkeit,
aufzuschließen denen, die hineingehen werden, und zuzuschließen denen, die draußen
bleiben werden, stellen wir uns selbst vor Schlüssel und Tür, mit all den
anderen, und überlegen: Was wird der Schlüssel für uns tun? Wird sich die Tür uns
öffnen? Werden wir hineingehen? Wer werden wir sein, dass wir hineingehen?
Er öffnet
All das Gottlose, all das, was Gott
nicht gefällt, an uns, an unserem Miteinander, an seiner Welt, das wird vor der
Tür bleiben, bleiben müssen. Es ist in aller Klarheit zu sehen und zu sagen: Es
ist gottlos und wird es bleiben. Das, was von Gott trennt, was ohne Beziehung,
ohne Verbindung zu ihm ist, das, was ihm entgegensteht, was nicht er ist, das
ist so im Leben und im Sterben Und drauf liegt weder Segen noch Seligkeit,
darin liegt auch kein Gott. Und: Das wird es auch bleiben: Gottlos, es gehört nicht
zu ihm, zu seinem Reich, deswegen wird all das vor verschlossener Tür stehen
bleiben müssen. Gott mag und will es nicht. Es wird nicht hineinkommen.
Dagegen wird alles hineingehen, was
sein ist, was zu ihm gehört, was mit ihm verbunden ist und schon seinen Namen,
seinen Segen, seine Ideen, seine Worte, sein Gesicht, ihn in sich trägt. Dafür
wird die Tür aufgeschlossen sein, wird sie sich auftun und die Verbundenheit
mit Gott, zu der wir geboren sind, die jetzt schon zu spüren ist, die jetzt
schon gelebt wird, diese Verbundenheit wird sich von allen Schatten, von allem
Schweren, von allem, was Nicht-Gott ist, gelöst, entbunden und befreit werden.
So, als solche können und mögen wir
vor dieser Tür stehen, einmal und jeden Tag. Als solche, die das, was uns von
Gott fernhält, sehen, bedauern, ablegen und sich von ihm befreien lassen. Als
solche, die den Schlüssel sehen und darin schon die offene Tür, die sich darauf
freuen und in tiefer Verbundenheit, die um des Schmerz des Trennenden weiß, zu
dem geht, der sich mit uns verbunden weiß. Gott. Und die anderen -die mag es als
solche nicht mehr geben, weil sie so wie wir das, was anders als Gott ist, vor
der Tür lassen und wie wir sind, wir gemeinsam gehen.
Gott selbst hat die Schlüssel in der
Hand, die Schlüssel zu uns, zu unserem Leben, Herzen und Verstand, zur Tür, die
er uns aufschließt, so wie er es immer schon getan, seit wir von ihm hörten.
Die Tür steht offen. Christus ist sie auf Erden und im Himmel schon tausendmal
durchschritten und niemand mag sie mehr schließen. Er ist unser einziger Trost
im Leben und im Sterben. Amen.