Freitag, 23. August 2019

Verliebe dich


 Predigt am Israelsonntag (10. Sonntag nach Trinitatis, 25. August 2019)

 

Die Frage nach dem höchsten Gebot

28 Und es trat zu ihm einer der Schriftgelehrten, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander stritten. Als er sah, dass er ihnen gut geantwortet hatte, fragte er ihn: Welches ist das höchste Gebot von allen? 29 Jesus antwortete: Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, 30 und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft« (5.Mose 6,4-5). 31 Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3.Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese. 32 Und der Schriftgelehrte sprach zu ihm: Ja, Meister, du hast recht geredet! Er ist einer, und ist kein anderer außer ihm; 33 und ihn lieben von ganzem Herzen, von ganzem Gemüt und mit aller Kraft, und seinen Nächsten lieben wie sich selbst, das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer. 34 Da Jesus sah, dass er verständig antwortete, sprach er zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes.

 

Liebe kann nicht

Liebe kann man nicht fordern, nicht mit einem Ausrufezeichen versehen. Liebe kann man nicht verordnen, gebieten, in Gebote und deren Worte kleiden. Liebe kann man sich wünschen, auf sie hoffen, von ihr leben. Liebe kann man geheimnisnah sprechen, sie spüren, fühlen, verlieren. Liebe kann man gebären, daran zart arbeiten, man kann sich verlieben kann und sich trennen, an Liebe leiden und an ihr tief glücklich werden, man kann sich um den anderen sorgen, miteinander scheitern, sich genießen, alt werden. Das kann Liebe. Liebe kann man aber nicht gebieten.

 


Du bist nah dran

Nicht fern sein. Das steht am Ende. Am Anfang ist einer, der hört, der wohl offen hinzutritt, mitten hinein in die strittigen Worte, der mit seinem Körper, mit seinem Sein, mit Worten hinzutritt, mit einer Frage nach welches und warum. Die Antwort wird dann zweimal gesagt. Als müsste sie wiederholt werden, als müsste sie eingeschärft werden. Aber jeder der Beiden gibt sie. Beide kommen überein in der Antwort, in den Worten und dem, was sie wohl meinen. Sie finden sich in diesen Worten, die von Liebe sprechen, verständigen sich, indem der eine zum anderen ein „richtig“ sagt. Beide sind Hörende und beide sind Sehende, sich, den anderen und das, was zwischen ihnen ist, was sie sagen. Am Ende wird aus der Frage eine gemeinsame Antwort und wieder eine Frage, eine Frage, die näher geht, die nach dem einen fragt: Wer bist du? Und Jesus sieht das Du, sieht das Du nicht mehr fern, nicht mehr fern von sich, von Gott und dem Reich der Liebe.

Als würde das Gespräch der Beiden nicht mehr über die Liebe gehen, sondern als würde das Gespräch in die Liebe führen, hinein in das, was sie fragen, was sie suchen, was sie brauchen. Im Gespräch entdeckt sich die Liebe, so weit, wie es für beide ist, führt der eine den anderen zur Liebe und in Liebe, ganz nah.

 

Bitte, berühre mich!

Es geschieht da Nähe. Nähe, die berührt, die begegnet. Nähe, die zwischen dem Einem und dem Anderem Freiheit und unendliche Zuneigung lebendig sein lässt, die das „Dazwischen“ ganz klein werden lässt, als würde nur Eins und dies herrlich erfüllt, als sei die ganze Welt dazwischen. Eine Nähe,  die Distanz, Abstand hält, um ganz selbst zu sein, um das Gegenüber genau schön anzuschauen, um verschmelzen zu können um sich hingeben zu können, um so vieles, sein Alles zu geben und zu empfangen. Eine Nähe, die bloß, nackt, offen, empfindsam ist, die erfüllt, hält, wacht, schützt, bindet, frei lässt. Eine Nähe, die selbst verwundbar ist, verletzlich, ein tiefes schönes Geheimnis in sich trägt, bereit es mitzuteilen, zu geben, her zu schenken. Eine Nähe, die um den Schmerz weiß, um das Vergehen, um die Brüchigkeit ihrer selbst, aber auch um die Herrlichkeit, die Schönheit. Eine Nähe, die bedürftig begegnet, sich selbst wagt, sich hinein ins Leben riskiert, um zu eröffnen, um Zeit zu haben, Raum zu gewinnen, dass sich in ihr Alles erfüllt.

Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. Was könnte das anderes sein?

 

brennen

Brennt in euch nicht das Herz? Sehnt sich nicht eure Seele? Gott lieben, ist in seiner Nähe zu sein. Ihn ganz und gar zu lieben, ihn mit aller Kraft und mit unserem ganzen Dasein zu lieben, ist in seine Nähe zu kommen, dort zu sein, Gottes Hier-bin-ich-für-dich zu spüren. Ihn ganz und gar zu lieben, heißt nicht fern zu sein, nicht fern zu bleiben, heißt, immer einmal mutiger zu bekennen, immer einmal treuer zu beten, immer nur einmal fröhlicher zu glauben, immer nur einmal brennender zu lieben. Immer nur einmal mehr, nur einmal mehr: weniger fern, und einmal mehr: näher.

Liebe kann man nicht verordnen, noch gebieten. Nähe genauso wenig. Gottes Hier kann man hören, dazu treten wie der eine, der Schriftgelehrte, Fragen stellen, wieder hören, aufnehmen, wiederholen und wiederholen und hineingenommen werden in diese Nähe, offen, verletzbar, unsicher, gewagt, entschlossen, empfänglich, brennend, total, verliebt, geliebt.

Und gesagt bekommen, wer wir nun sind: Du bist nicht fern vom Reich Gottes, nicht mehr weit weg von Gott, von dem höchsten Gut, von dem Schöpfer, Vollender, von der Quelle, vom Leben selbst, vom Herrn. Dieser Herr ist Gott. Bei ihm ist alles Notwendige. In seiner Nähe ist Fülle und Erfüllung, Heil und Heilwerden, Schalom und Seligkeit, Sinn und Liebe. In seine Nähe sich aufmachen, ist lieben und immer auch schon von ihm geliebt werden.

Dies verbindet, verbindet uns, dass wir uns aufmachen zu Gott, jeder auf seine Weise, uns verbindet die Suche nach seiner Nähe, die Liebe zu ihm. Es sind brennende Herzen. Das verbindet uns mit auf das engste mit Israel. Gott schafft Nähe zu sich, zu jedem seine Nähe.

Dort teilt er Liebe aus, die nie endet. Das ist seine absolute Sonderstellung, nicht versiegende Quelle der Liebe zu sein. Und alle, die davon nehmen, die seine Nähe suchen, sind unverbrüchlich Brüder und Schwestern seiner Liebe. Amen.

Donnerstag, 15. August 2019

Entgegen kommen


Predigt am 9. Sonntag nach Trinitatis (18. August 2019)

Phil 3, 7–14
7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. 8 Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, auf dass ich Christus gewinne 9 und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott kommt durch den Glauben. 10 Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, 11 damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.
12 Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. 13 Meine Brüder und Schwestern, ich schätze mich selbst nicht so ein, dass ich's ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, 14 und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.

Vergessen
Vergessen, was war. Das Schöne wollen Menschen nicht vergessen, sie wollen es behalten, bewahren, mit sich tragen, in Erinnerung, im Kopf, in ihrer Seele. Das Schlimme wollen Menschen vergessen, müssen sie, das Schlimme, das war und doch noch ist. Das in ihrer Seele noch ist, was als Wunden, als Schmerz, als Schuld war und ist und bleibt, bleibt in ihrem Kopf, in ihrem Leben, sie drängt, jagt, besorgt, ergreift, festhält. Das vergessen, das loswerden, das hinter sich lassen.
Was davon liegt alles in unserem Leben, auf unseren Wegen? Und wie oft noch anderes, was uns nicht mal Schlimm schien, sondern noch schlimmer: als Gewinn daher kam, was uns nicht Wunde war, sondern zu glänzen schien, was uns nicht Sünde war, sondern eigenes scheinbar gutes Tun. Auch das müssten wir hinter uns lassen, es vergessen, uns davon lösen, es los bekommen, auch merkwürdig frei davon zu werden.
Vielleicht müssen Menschen es sich noch einmal anschauen, noch und noch einmal. Und vielleicht muss da schon wie im Verborgenen Christus mit schauen, mit in unseren Blick hineinwachsen, unseren Blick beginnen zu leiten. So dass das Schlimme, und das, was uns Selbstgewinn war und ist, etwas anders wird, es um-gedacht, um-gesprochen wird. Es zu etwas wird, was sich verwandelt, aus Gewinn wird Schaden, aus Glanz Dreck, aus meinem Blick seiner, aus eigenen Wegen Gottes. Und vielleicht kann ich es dann vergessen, mich vergessen, mich abwenden und neu zuwenden, mich verlassen und aufbrechen, zum Wertloses wertlos sagen, zum Unnützen unnütz, zum Schaden Schaden und ich kann spüren: Engel tragen unsichtbar mit, mein innerer Lärm verebbt, die Last wird leichter.

verwandeln
Selbstvergessen spüren Menschen dann eine andere Bewegung in sich, eine eigentümliche Dynamik, ein Sehnen und Strecken in ihren Gliedern, in ihrem Kopf, in ihrer Seele. Sie machen sich auf den Weg, abgelöst von alten, sie strecken sich aus, ihre Wünsche, ihre Hoffnung, ihr Sagen, ihre Worte und Blicke, sie werden selbst still-laute Sehnsucht nach Gott. Sie jagen nach, se erkennen, sie gewinnen, ergreifen.
Noch nicht ganz, noch nicht vollkommen, aber sie möchten und tun, sie wollen und können. Die Lähmung von schlimm und Sünde, von Schaden und Unglück fällt immer mehr weg, sie werden verwandelt in jedem Atemzug, der versucht Gott zu leben, in jedem Wort, das Gottes Nähe sucht, in jedem Gedanken, der sich Gott herbeiwünscht, in jedem Augenblick, der nach Gott ausschaut.
Ihr nach Gott ausgestrecktes Leben verwandelt sich, nimmt eine andere Form an, in seinen Tagen und Nächten, in seinem Dahinleben und Dahinsehnen. Christus gewinnt Gestalt, wie er schon in so vielen Leben Gestalt gewonnen hat, in all den Nachfolgern in all den Zeiten, von den Jüngern beginnend bis zu uns heute und so oft noch nach uns. Menschen werden IHM gleichgestaltet, ein Stück seines Lebens, und in ihrem Leiden sehen sie sein Leiden und in seinem das ihre und er durchschreitet Arges mit ihnen gemeinsam, und sie spüren ungeahnte Kräfte, Kräfte von wo anders her, von ihm, spüren mitten im alltäglichen Verfehlen, Vergehen und Sterben, wie sie gehalten, beseelt, geliebt werden, spüren im Tod die Kraft seiner Auferstehung, sehen in seiner die ihre und in ihrer die seine.
Menschen glauben, ganz aus Gott heraus, sie werde ein ihm entsprechender, ein ganz und gar gerechter Mensch. Sie werden in ihm gefunden, dort schon immer von IHM gesucht, von ihm gesuchte und gefundene Menschen, Menschen in ihm. Endlich.

ergriffen
„Mein Herr“, das mag das stille, intime, selige Wort in diesem himmlischen Augenblick von Menschen auf Erden sein. Mein Gott, und überschwänglich, überströmend, überbordend ist das, was passiert, ist diese Sehnen und Gefundenwerden, dieses Ausstrecken und Genommenwerden, ist dieses Erkennen und Erkanntwerden, von IHM. Von Angesicht zu Angesicht in Alltag von Gesichtern.
Das ist Ziel mitten auf dem Weg, das ist ein nie erahnter Sieg mitten im gewöhnlichen Lebensringen, es ist Gewinn, Geschenk. Bevor Menschen ihn ergreifen, ihm nachjagen, sucht Gott uns, hat er uns schon längst ergriffen, sind Menschen von ihm ergriffen, ergriffen zutiefst in ihrer Seele, so sehr, weil sich das Leben in Höhe und Tiefe erfüllt, mein Leben.
Jesus Christus ergreift uns, er hat uns ergriffen. Dazu kam er als Gottes Sohn auf unsere Welt. Er kann und will das, er kann und will uns ergreifen. Ich stelle mir vor: zart und vorsichtig, wir sind zerbrechlich. Bestimmt und leidenschaftlich, wir brauchen das. Immer und geduldig, wir leben davon. Er sucht uns beharrlich. Er streckt sich mit allem, was er hat und ist, nach uns aus. Er jagt uns nach, durch unsere Zeiten und Räume. Er sehnt sich nach uns. Er erkennt uns genau. Er berührt uns. Er nimmt uns. Er gewinnt uns. Er besitzt uns. Zum Glück. Er liebt uns. Immer. Er vergisst uns niemals. Amen.

Mittwoch, 14. August 2019

Des Menschen Himmelfahrt


Ansprache zu „Atem holen“ am 15. August 2019



Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“| Eph 5,8b.9* Wochenspruch für den 8. Sonntag nach Trinitatis



Wandeln

Wandeln ist nicht gehen. Es ist nicht das, was wir sonst mit unseren Füßen, Beinen, mit unserem Körper tun, manchmal gebeugt sein, unter der Last, manchmal zögernd laufen, manchmal stehen, still und hoffen, manchmal ohne Sinn unterwegs, manchmal einfach so gehen. Wandeln ist auch nicht leben. Wandeln ist langsam hin und her gehen, ist ohne eigenes Ziel gehen, ist einfach Gehen um des Gehens willens, ist schreiten, etwas erhoben, etwas erhaben, würdevoll, als würde etwas in uns, über uns uns leiten, führen, beschirmen, gutes Ziel sein. Schlafwandlerisch, traumwandlerisch am helllichten Tag, mit sehenden Auge.

Wandeln als: Das klingt danach als seien wir es nicht und als seine wir es doch. Wandeln als Jemand, als Etwas, als einer, der. Schon als ich, als ich, der ich bin, geboren wurde, denke, handle, meine Erfahrung habe, mein Leid und mein Lebenslied, aber anders, als Jemand andres, wie angezogen, wie gekleidet, wie ummantelt, von etwas, was mich wandeln lässt.

Wandeln - merkwürdig: kann auch heißen: sich wandeln, sich verwandeln, den Wandel in sich tragen, verwandelt werden.



Kinder des Lichts

Kinder sind wir alle. Immer, immer sind und bleiben wir Geborene, geborene, auf die Welt gekommene Menschen. Das verbindet uns zeitlebens mit unseren Eltern, auch wenn sie nicht mehr da sind und wir sind es noch. Wir sind immer Kinder unserer Eltern und bleiben es auch als Erwachsene, wir tragen Etwas von ihnen in uns, sind wir selbst, haben aber einen Weg vor uns, einen, der zu gehen ist.

Kinder der Zeit sind wir, unvermeidlich, Kinder der Angst, gepackt manchmal, Kinder eines Ungeistes, leider auch, Kinder von so manchen Dingen, Ideen, Anliegen, Träumen. Wir gehören immer zu etwas, zu einem, das uns zum Teil seiner selbst macht und wir es tragen, weitertragen. Vielleicht hat das mit Bestimmung zu tun.

Kinder des Lichts. Im Plural. Das macht Mut. Wir sind es, zusammen, gemeinsam, jeder auf seinem Weg, aber zusammen sind wir als solche angesprochen, gemeint: Ihr Kinder des Lichts. Wir gehören zum Licht. Und Licht bricht Finsternis. Zum Licht gehört die dunkle Seite, die Ängste, die Täler, die durchschritten werden, die Schmerzen, die Schuld, die Fragen. Licht steht dagegen. Licht will Licht bringen. Licht will Leben sein. Wir sind Kinder des Lichts. Vom Licht, von Gott geboren, wir gehören zeitlebens zum Licht, sind seine Geschöpfe, es unsere Quelle, wir Lichtgestalten.



Frucht

Frucht – das passt erst nicht. Weg, Licht und jetzt Frucht. Ein anderes Bild, aber ein kräftiges, Hoffnung und Mut machendes Bild: Frucht, das duftet, das riecht, nach Arbeit, nach Sonne und Regen, nach Pflücken, nach Erde, nach Händen, nach Ernte, nach Genießen, nach Leben. Frucht der Felder, der Bäume, aus dem Acker Geborenes für uns, Ertrag, Lohn, sichtbares, spürbares Ergebnis im Leben, abgerungen, geschmeckt.

Licht hat an sich keine Frucht. Licht ist da, Licht scheint, Licht bescheint und bringt unter sich, unter sein Leuchten, bringt ins Licht. Und doch scheint da etwas zu wachsen, zu werden, beginnt, indem das Licht darauf scheint, etwas dort zu sein, zu bleiben. Das Licht bringt Frucht. Wir als Kinder des Lichts bringen Früchte des Lichts.



Mariä Himmelfahrt

Es sind lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Lauter: nichts als das, ganz rein und klar das. Im Licht werden wir geklärt, rein, werden wir, wer wir sein sollen, und das Licht bringt mit sich, was es ist: Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Im Licht ist Güte, ist Gerechtigkeit, ist Wahrheit. Im Licht sind wir dies, wir sind im Licht gütig, gerecht und wahr. Es ist ein Geschenk des Lichts, es ist sein Mitbringsel, es ist das, was in ihm geschieht: aus Menschen werden Kinder des Lichts, aus ihrem Leben wird ein gütiges Leben, ein gerechtes Leben, ein wahres Leben.

Wir wandeln als Kinder des Lichts, es führt uns, würdigt uns, erhebt uns. Wie wir auch immer gehen, wohin wir treten und stehen, wir sind Kinder des Lichts, zu ihm gehören wir, in ihm leben und wandeln wir. Wir wandeln in Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Diese sind uns vorgängig. Immer. Sie sind der Lichtraum, in dem wir von Gott gestellt sind, in dem wir leben und in dem wir wandeln, vom dem wir zehren.

Heute ist Mariä Himmelfahrt. Ein katholischer Feiertag, an dem geglaubt wird, dass Maria in den Himmel aufgenommen wird. Sie, die eine einzigartige Verbindung mit ihrem Sohn hatte, nimmt als „Ersterlöste“ an der Auferstehungsgestalt Christi teil. Wir sind alle Kinder des Lichtes. Wir stehen alle je für uns in besondere Verbindung zum Sohn Gottes. Uns allen ist jenes verheißen: Wir bekommen Anteil an der Auferstehungsgestalt Christi. Wir leben und wandeln jetzt schon in seinem Osterlicht. Amen.

Mein


Ansprache zu „Atem holen“ am 1. August 2019

„So spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;
ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!"
| Jes 43,1

Geschöpf
Menschen entstehen nicht zufällig, selbst wenn der Augenblick ihrer Zeugung ein nicht ein beabsichtigter ist. Menschen entstehen auch nicht automatisch, technisch. Menschen sind Geschöpfe. Sie sind lebendige Geschöpfe, sie sind von Gott gewollt, gemeint, geliebt. Sie haben von ihm aus ein Woher, ein Wohin und ein Wozu. Von Gott aus beabsichtigt, gewünscht, zugesprochen, daran erinnert, bewahrt.
Das Leben der Menschen ist Geschöpf Gottes mit dem Menschen als „Mitgeschöpf“. Das Leben ist nicht einfach nichts oder Sinnloses, oder etwas, was man machen, erzeugen kann. Es ist Geschöpf, lebendiges Geschöpf Gottes, ein Werden, ein Suchen, ein Finden, ein Gestaltwerden, in sich Gott findet, abzeichnet, Sinn und Gestalt gewinnt, er und ich. Immer „und“.

Mit Namen
Mein Name von meinen Eltern mir gegeben. Viele haben wohl diesen Namen, aber er hat sich ganz exklusiv mit meiner Geschichte, mit mir verwoben. Es ist mein Name, ein Stück von mir. Ich habe meinen Namen kennenglernt, er wurde mir vorgesprochen, ich habe ihn sprechen gelernt, mit ihm werde ich genannt, gerufen, ich schreibe ihn, unterschreibe mit ihm, er ist wertvoll. Recht viele haben ihn schon genannt, ganz bestimmte und ihr Klang, wenn sie ich bei meinen Namen gerufen haben, höre ich, ein liebender Klang.
Gott kennt mich, nicht unpersönlich, als einer unter Vielen, obwohl ich das bin, er kennt mich mit meinen Namen, er kennt mich als Person, persönlich, mich als Ich. Er kennt mich nicht nur. Er spricht mich an, er redet mit mir, ich bin sein angesprochenes Gegenüber, seine Worte gelten mir, so oder so. Er ruft mich bei meinem Namen. Er ruft mich herbei, zu sich, vor andere. Er hat mich bei meinem Namen gerufen. Da bin ich.

Keine Furcht
Oft haben Menschen Furcht oder Angst. Viele tun so, als hätten sie keine. Furcht vor etwa Bestimmten. Vor einer Nachricht, vor einem Tag, vor einem anderen Menschen, vor etwas, was passieren könnte. Dass etwas ganz bestimmtes mich konkret schlimm treffen könnte. Furcht und Angst gehört zu Menschen, sie lehren weglaufen, sich schützen, mit anderen zusammentun, auch zu ringen, sie bleiben als Wegbegleiter, man lernt irgendwie damit umzugehen, sie zu kontrollieren. Am schlimmsten ist vielleicht eine Daseinsfurcht.
„Fürchte dich nicht“, sagt immer wieder die Bibel, von Anfang an bis zu ihrer letzten Seite. Fürchte dich nicht, das hören wir an Weihnachten und Ostern, und es tut gut, es zu hören, gesagt zu bekommen, das da einer, dass da Gott nicht will, dass wir uns fürchten, fürchten müssen, dass er etwas dagegen tut, dass er ankämpft gegen das, was uns Angst macht, dass er uns immer und immer wieder hält, schützt, birgt, als seine einzelnen Geschöpfe liebt.

Erlöst!
Die vergangenheitsform ist wichtig: Nicht „Ich werde dich erlösen“, und auch nicht „ich erlöse dich“, sondern: „Ich habe dich erlöst!“ Und das „denn“ ist wichtig, es begründet und sagt. DU musst keine Furcht haben, denn ich habe dich erlöst. Weil ich dich erlöst habe, musst du keine Lebensangst mehr haben.
Erlöst meint befreit, erlöst von etwas, befreit von etwas. Da ist etwas weg, da wird etwas entfernt, da macht Gott etwas weg, was mich schlimm bindet, beherrscht, unfrei und bange macht. Davon löst er mich, davon macht er mich frei. So unbegreiflich das ist und so für jeden ganz eigen das ist, vielleicht ist es ganz wichtig, dass Gott diese Dynamik in sich trägt: Er kann uns von dem trennen, was uns beschwert, was unser Leben schlimm macht. Ich weiß auch nicht wie, kann das kaum sagen, aber dass er es kann und will, das mag ich glauben: Er kann mich von dem weit wegbringen, was mir schlimm ist.

Mein
„Du bist mein.“ Der Schlusssatz, die Summe. Auch eine Zumutung am Ende. Wem gehören wir? Im Laufe unseres Lebens? Wir kamen ohne Zutun auf die Welt, ein geschenktes Leben zunächst. Gehören wir denen, die uns geboren haben, nicht wirklich, ein bisschen, wir pflegen sie dann mal. So manchen gehören wir im Lauf des Lebens, manchen, auf die wir sehr zornig sind, und natürlich denen, die uns lieben. Wir gehören nie uns allein und doch sind wir ganz wir und ganz eigen und gehören uns.
Und wir sind nie ein Ding, das man besitzt. Gott besitzt uns nicht, auch wenn unser Leben sein Geschöpf ist, er liebt unsere Freiheit und unseren Eigensinn, in bestimmten Grenzen. Wir sind sein, damit wir nicht dem Schlimmen gehören, damit wir nicht von bösen Mächten, scheinen sie auch noch so harmlos, in Besitz genommen werden. „Du bist mein“ hat etwas sehr Liebevolles, etwas Beschützenden, Haltendes. Ihm zu gehören, macht nichts aus, tut nicht weh, entfremdet mich nicht, es ist eigentlich das schönste: Wenn ich ihm gehöre, dann gehöre ich dem Leben, bin ich lebendiges Geschöpf. Amen.