Ansprache beim Gottesdienst „Atem holen“
am 4. April 2019
am 4. April 2019
"Wenn
das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es
aber erstirbt, bringt es viel Frucht." | Joh 12,24
Dieser
Satz, unser Wochenspruch, ist ein Bild, ein Bild, das den Weg des Weizenkorns
beschreibt. So wie es für ein Weizenkorn ist, sein muss, wie sein Weg
automatisch, natürlich, sinnvoll ist: Das Weizenkorn fällt in die Erde, es
erstirbt dort, es bleibt nicht allein und es bringt dann viel Frucht. Am Ende
des Weges steht viel Frucht, in der Mitte das Ersterben.
Das Bild
beschreibt aber auch den Weg Jesu, den Weg, den er gehen muss, der so ist, wie
er ist, wie sein Weg automatisch, natürlich, sinnvoll ist: Jesus fällt in die
Erde: Er wird gefangen genommen, verhört, geschlagen, verurteilt, er geht den
bitteren Weg hinauf nach Jerusalem. Jesus erstirbt: Er wird ans Kreuz
geschlagen, er sagt letzte Worte, ihm wird der Essig gereicht und er stirbt.
Jesus bleibt nicht allein: Es geschieht etwas in seinem Tod, es kommt einer
hinzu, Gott lässt ihn nicht allein im Tod, er lässt ihn auferstehen. Er bringt
ihn wieder zum Leben. Jesus bringt viel Frucht: Wir verkünden den Gekreuzigten
und Auferstandenen bis auf den heutigen Tag als Heil der Menschen. Wir feiern
Ostern und Weihnachten und sehen in Jesus Gottes Nähe zu uns. Wir werden durch
Jesu Worte ermutigt, getröstet, aufgerüttelt, geheilt. Am Ende des Weges Jesu
steht viel Frucht, in der Mitte das Sterben.
Das Bild mag
aber auch den Weg von Menschen beschreiben, den Weg, den Menschen gehen müssen,
der so ist, wie er ist. Ein Weg automatisch, natürlich, sinnvoll.
Sicher am
Ende des Lebens. Sterben tun Menschen. Sie fallen in die Erde und ersterben.
Die Hoffnung des Bildes, die Hoffnung aus dem Bild des Weizenkorns: Menschen
bleiben im Sterben nicht allein, nicht im Moment des Sterbens, aber auch nicht
im Sterben, im Tod. Da kommt, wie bei Jesus einer, es kommt Gott zu ihnen, und
wie bei Jesus lässt Gott Menschen nicht im Tod, sondern bringt sie wieder zum
Leben, lässt sie auferstehen, hinein in sein Reich, in seine Ewigkeit, dort werden
Menschen vollendet leben, mit all den Früchten ihres irdischen Lebens jetzt im
Himmel. Dieser Weg durch den Tod hin zum ewigen ist so, wie christliche
Hoffnung es hofft, in ihrem Sinn, in ihrem Hoffen automatisch, natürlich,
sinnvoll.
Aber auch
im Leben, mitten im Leben könnte dieser Weg, dieses Bild gelten, Wirklichkeit
meinen, beschreiben, die von Menschen: Leben fällt in die Erden, es erstirbt,
es bleibt nicht allein und bringt viel Frucht. Auch im Leben könnte die
Wahrheit des Weizenkorns stimmen, gelten, da sein, wirklich werden.
Der Weg für
Menschen könnte sein: Wo in deinem Leben etwas erstirbt, wo etwas für dich in
die Erde fällt, bleibt es nicht allein, es wird viel Frucht tragen. Vielleicht
nach länger als drei Tagen, vielleicht unter Schmerz und Fragen, vielleicht
auch unbemerkt und immer noch mit Bitterkeit vermischt. Aber es könnte doch so
sein: Etwas erstirbt in deinem Leben, es bleibt aber nicht allein. Etwas
vergeht, etwas wird nicht mehr sein, etwas wird erstorben sein, aber du bleibt
nicht allein, es wird durch das Sterben hindurch Frucht wachsen. Still, leise,
unbemerkt, aber trotzdem.
Dieser
Gedanke, dieses Bild ist fast Vertröstung, ist fast zu einfach, und es braucht
das „aber“. Es braucht auch die Hoffnung, dass es so ist, und es braucht
vielleicht auch den Zweifel neben sich, ob es so ist, damit das Bild ernst und
kraftvoll bleibt. Im Vergehen kommt etwas dazu, kommt Gott hinzu, bleiben wir
nicht allein, so viel zumindest. Und vielleicht noch so viel: In der Mitte das
Ersterben, am Ende aber die Frucht. So könnte der Weg, der Weg Gottes mit uns
sein, sein automatischer, ihm natürlicher Weg, durch die Passion Richtung
Ostern. Amen.
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