Predigt an Trinitatis (16. Juni
2019)
„Franz Sattler: „Yellow-Magenta-Cyan“
(2011)
Gerahmte Farbenwelt
Eine Welt ohne Farben kann man sich
nicht vorstellen. Sie wäre einfarbig, eintönig, grau, trist, lieblos. Unsere
ganze Welt ist voller Farben, tausenden Farben, in ganz verschiedenen Nuancen,
Schattierungen, Ausprägungen. Natürliche Farben, blutrot, sonnengelb,
himmelblau, am schönsten, wenn sich der Blätterwald im Herbst in seinen Grüntönen
zeigt. Künstliche Farben, mit denen man Autos, Gegenstände, Spielsachen bunt
anmalt. Unsere eigenen Farben, die Farbe unserer Haare, wandelbar, die Farbe
unserer Augen, die Farbe, mit denen wir unser Glück ausmalen.
Farben entstehen im Sehen, im
Wahrnehmen, durch Brechung des Lichts; Farben kann man riechen: Wer hat nicht
schon das regennasse Erdbraun des Bodens gerochen. Farben gibt es irgendwie
wirklich: Woher sonst die Freude der Kinder am Malkasten, die Wunderwelten
mancher Künstler, unsere Sehnsucht nach der Tristesse des Winters nach der
neuen Farbwerdung unserer Naturwelt. Farben sind Symbole und unsere Kultur hat
ihnen Bedeutungen beigelegt: Die Kälte des Blaus, das Grün als Hoffnung, die
Wärme des Rots, schwarz für Trauer, weiß für Unschuld.
Die Farbigkeit Gottes hätte man sich
ganz anders vorstellen können. Viel ungezügelter, lebendiger, mächtiger. Die
drei Farben unseres Bildes sind akkurat, eingerahmt, geordnet: Drei gleiche,
rechteckige Flächen, ordentlich nebeneinander gemalt, von links: Yellow,
Magenta und Cyan. Das sind drei Idealfarben. Es sind die Grundfarben, aus denen
alle anderen Farben sich mischen lassen. Es sind die drei Farben unserer
grundlegenden Drucktechnik. Aus ihnen wird alles farbig gedruckt, was wir als
bunte Welt anschauen und lesen. Zu ihnen tritt beim Vierfarbendruck
normalerweise noch das Schwarz. Schwarz ist keine eigene Farbe, wir nehmen schwarz
nur als Fehlen eines Farbeindrucks. Beim Vierfarbendruck dient Schwarz der Tiefe
des Farbdrucks. In unserem Bild tritt zu den drei Grundfarben stattdessen das Weiß
dazu: Ein weißer Schriftzug. Soll es statt Tiefe Höhe bedeuten? Der weiße
Schriftzug ist gleichmäßig verteilt auf die drei Grundfarben: Von Yellow über
Magenta zu Cyan ist zu lesen: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes.“
In Namen hervorgehoben
Mit diesen Wort, mit diesem weißen
Schriftzug beginnt jeder Gottesdienst. Bei jeder Taufe wird der Täufling unter
diesen Worten getauft und ein jeder kann es mit Luther daheim beim Aufstehen
und beim Zubettgehen zu sich selbst sagen, wenn er sich bekreuzigt: „Im Namen
des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Diese Worte, gesprochen zu allen, zum
anderen, zu mir, sind fast beschwörend, sind anrufend, sind Bitte, Wunsch, Gelübde,
etwas, in das wir alle dann immer wieder einstimmen, einstimmen mit Amen, Amen,
ja, so sei es. Diese Wort, dieser weiße Schriftzug sind die würdevolle,
hoffnungsvolle Provokation von Gottes Wirklichkeit inmitten unserer Welt: Diese
Stunde des Gottesdienst ist seine Stunde mit uns, dieses Kind ist nun Gottes Kind,
ich, ich bin sein. In seinem Namen geschieht dies alles, mit und in seiner Wirklichkeit,
durch seine Präsenz. Diese Worte, dieser weiße Schriftzug, dieses uralte Votum
heißt: Dein Reich komme! Jetzt. Es sei da. Es ist da.
Es ist das Reich, die Gegenwart, die
Wirklichkeit des dreieinigen Gottes: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und
des Heiligen Geistes.“ Es ist die Wirklichkeit eines Gottes, der in sich selbst
voller Leben und voller Liebe ist. Die Dreifaltigkeit Gottes versichert uns:
Gott ist in sich Liebe. Er hat einen Herzschlag, einen Herzschlag im Takt, im
Rhythmus der Liebe. Er ist in sich, er ist schon immer und er ist in aller
Ewigkeit Liebender, Geliebter und die Liebe, die beide miteinander verbindet.
Das ist der Dreitakt seiner lebendigen, reichen Liebe. In diese Liebe, die vor
allem und für alle ist, wird die Welt, werden wir einbezogen, hineingenommen,
hineingeliebt, hineingeboren. Gott zeigt sich an uns als Liebender, als Geliebter,
als Band der Liebe, das ihn mit uns verbindet.
Die Farbkraft der Liebe
Wie diese drei Grundfarben, aus der
alle Farbe der Welt heraus machbar und wirklich ist, ist der dreieinige Gott,
Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist, ein, der dreifarbiger Grundton
der Welt, einer Welt, die er mit seiner Liebe durchzieht, einfärbt. Es braucht
alle drei Grundfarben, um die Welt bunt zu machen; es braucht alle drei
Personen der Dreifaltigkeit, um die Welt grundlegend zu lieben. Nur in ihrem
Zusammenwirken, Zusammenlieben lieben sie die Welt, so wie die drei Grundfarben
nur zusammen, nur in einer Einheit die Welt aus ihrem Grau, aus ihrer Tristesse
herausholen und farbig machen.
Die Grundbewegung dieser Liebe Gottes
ist Jesus Christus. An ihm, in ihm und durch ihn ist die Liebe Gottes ablesbar,
spürbar. Seine Grundgeste ist liebende Zuwendung, das Zugehen ins Leben, das
Aufgehen ins Leben. Im Segen wird diese Liebe Gottes gegenwärtig. Der Segen ist
die Grundgeste der Liebe Gottes. Im Segen geschieht jenes, was wir mit Worten,
mit weißen Schriftzug hervorrufen: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des
heiligen Geistes.“ Im Segen wird Gottes dreieinige Liebe gegenwärtig, malen
sozusagen seine Grundfarben meine Lebenswelt mit seiner Liebe bunt.
In unserem Bild sind die Grundfarben
im Rahmen gehalten, sie erzählen von der Lebendigkeit, vom Leben, von diesem
einen dreifarbigen Grundton Gottes in dieser Welt; aber sie sind es nicht selbst.
Sie werden es durch den weißen Schriftzug, dadurch, dass wir ihn sagen,
sprechen, in jedem Gottesdienst, bei jeder Taufe, zuhause, wenn wir aufstehen,
wenn wir zu Bett gehen, wenn wir segnen und uns mit diesen Worten segnen
lassen, wenn wir alles Vertrauen darauf setzen:
Das, was da über mich, für mich
gesagt wird, wird auch lebendig, Gott ist lebendig in meinem Leben, im meinem
persönlichen, in dem hier in unserem Mutterhaus, er ist wie die drei
Grundfarben, mit denen er mein Leben gegen alles Grau, Eintönige, Triste und Lieblose
bunt liebt. Ich bin Teil seines ewigen Herzschlages, Teil der Liebe, die gibt,
empfängt und beides verbindet. Amen.
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