Predigt am 2. Sonntag nach dem Christfest (5.1.14)
Jesu Taufe durch Johannes
Matthäus 3,
13-17: 13 Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa
an den Jordan zu Johannes, daß er sich von ihm taufen ließe. 14 Aber Johannes
wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, daß ich von dir getauft werde, und du
kommst zu mir? 15 Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Laß es jetzt
geschehen! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er's
geschehen. 16 Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem
Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes
wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. 17 Und siehe, eine Stimme vom
Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
Am Jordan sich begegnen
Jordan: Ort
der Begegnung. Zwei treffen aufeinander. Angeblich trafen sie sich schon im
Mutterleib, der eine den anderen und erkannten in Freude in Vorahnung einander.
Später sollen sie voneinander gehört haben, nach einander gefragt haben, wer
der andere wirklich sei.
Orte der Begegnung. Gibt es
tausende. Millionen. Alltäglich. Immer wieder. Das ganze Leben. Begegnungen: Flüchtige.
Beiläufige. Gewollte. Zufällige. Mit Vorkenntnis und ohne. Mit Konsequenzen und
ohne. Gute und Unangenehme.
Johannes
kam aus der Wüste und predigte, das Himmelreich ist nahe. Tut Buße. Jesus geht
in die Wüste und predigt das auch, aber dann dazu, mehr: Er predigte den Himmel
auf die Erde. Dazwischen der Jordan. Dazwischen ein kleines Zwiegespräch, ein
Wortwechsel zwischen den beiden. Dazwischen dann das Wasser, ein Zunicken, ein
Beugen, eine Berührung mit Händen, ein Untertauchen, Stille, ein Heraussteigen,
eine Stimme.
Beide
sterben, als der Weg vom Jordan weiterging. Der ein enthauptet, der andere am
Kreuz. Beide in Konsequenz ihrer Worte und Taten. Beiden wurde ihre Geburt
angesagt, als Geburt von etwas Besonderem, beide trugen Namen, die Gott ihnen
zudachte. Für beide erfüllte sich etwas am Jordan, als sie sich begegneten.
Jordan: Ort der Begegnung. Jordan: Ort der Erfüllung.
Sind unsere Begegnungsorte auch
Erfüllungsorte? Orte, an denen sich etwas zumidnest ab und zu erfüllt? Für uns,
für andere, für Gott? Erfüllte Begegnungen - wie und wann bei uns? Bei mir? Bei
dir? Mit wem und warum und wo?
Beide Johannes und Jesus eint nicht nur Schicksal und
Auftrag. Beide führt zusammen und vereint der Wille Gottes an diesem Ort.
Gottes Wille wird erfüllt.Gott führt beide zusammen und eint beide: Den Täufer
und den Getauften, den Wartenden und den Kommenden, den Glaubenden und den
Verheißenen, Buße und Vergebung, Kreuz und Auferstehung, Opfer und Erlösung.
Eine Begegnung mit erfüllenden, einmaligen, endgültigen, endzeitlichen
Charakter. In einem Moment: Sich verlieren - und sich gewinnen für die Zukunft.
In einer Begegnung.
Menschenhand überlassen
Jesus
taucht unter. Jesus beugt sich unter den Ruf des Johannes. Demütig,
anerkennend, einsichtig, überlässt er sich, passiv. Er lässt an sich geschehen.
Von Menschen Hand wurde er geboren, von Menschenhand lässt er sich taufen. Von
Menschenhand wird er sterben, begraben werden. Wahrer Mensch.
Viel
weniger als wir macht er, macht er sich Gedanken darüber, ob er nicht größer
ist als Johannes, ob er nicht sündlos ist, ob nicht ER jetzt besser sei, nicht
eher machen, tun, geben gestalten sollte.
Jesus, der
Mensch, der wahre Mensch uns voraus ist passiv, er ist empfindlich, ist
geöffnet, durchlässig, empfängt, verwundbar wie verwandelbar. Er setzt sich aus
der Begegnung, des wahrhaften Freiraum des Aufeinandertreffens, des Risikos und
der Chance, berührt, geformt, geprägt zu werden. Wer weiß, was im Wasser auf
ihn wartet.
Gott hören
Stille.
Eine unglaubliche Stille. Dann: Der Stille unter Wasser, dem Aussetzen von
Sünde und Tod, folgt das Heraussteigen, das Aufstehen und Aufsehen, das
Ausstrecken und schließlich das Hören. Johannes lässt Jesus die Stimme
Gottes hören.
Jesus im
Wasser wird für Johannes über dem Wasser zum Schenkenden, zu einem, der Johannes
selbst empfindbar, offen, Gottes Stimme hören lässt.
Eigentlich
weicht all die Härte aus Johannes und er wird zum Boten des göttlichen Wohlgefallens.
Da erfüllt sich etwas. Für beide. Warten und Kommen endet für eine Zeit.
Ewigkeit bricht herein.
Mitten im
Wasser stehend, noch zwischen Buße und Sünde und Liebe hören und empfangen, gut
geheißen werden, wie am erst Tag der Schöpfung alles Leben, geliebt werden mitten
in einer brüchigen Welt, geschützt, wird alles zu einem Vorgeschmack auf
Auferstehung nach dem Weg ans Kreuz, auf ein Stück Himmel auf der Erde.
Es wird
hörbar, sichtbar in der Taube, was in dieser Begegnung geschieht, die eintaucht
in die Freiheit des anderen, ihm begegnet. Was ihre Verheißung ist, nicht ihre
Garantie, aber Gottes Möglichkeit für alle Menschen, für dich und für mich:
Vom
anderen, von Gott her hören: „Du bist geliebt“, hören: „Du gefällst“, spüren:
„Ich bin Gotteskind“ Und anderen das Hören lassen. Das sind Begegnungen, die
Taufe atmen, wo Altes, Trennendes geht und neues Leben, Gemeinsames kommt. Das
sind Begegnungen, wie die am Jordan. Erfüllte und erfüllenden Begegnung der
Liebe. Nicht einfach, nicht einfach so, nicht immer und gar nicht automatisch.
Denn immer
wie im Leben: Durch das Untertauchen, der bedrohlichen Stille des Wassers
hindurch. Denn: Hindurch durch unerfüllte Begegnung, durch Enttäuschung,
Verfehlen, Wunden, die in Begegnungen geschehen, an anderen und an mir, an
Körper und eigener Seele. Denn: Hindurch durch das düstere Gemenge aus
Nicht-Begegnen-können oder-wollen, weil Angst, reserviert, Vorurteil,
Berechnung mich verschließen, zu machen.
Hindurch
durch Trennung, Sünde. Diese aber ertrinkt. Wir stumm, hören, wir lassen hören,
wir lesen auf anderer Lippen, beginnen selbst auf Lippen zu bilden, hören, spütren
wie eines anderen Stimme dazwischen, vom Himmel sagt: „Dennoch Geliebt“.
„Gerade geliebt.“ Wie am Jordan. Erfüllungsort. Amen.
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