Predigt zur Einführung der Ältesten in der Pfarrgemeinde Südwest
(zusammen mit Angelika Büchelin (Rose))
Brot ist mehr
Brot in der Hand und
es ist mehr zu sehen, zu spüren. Einer pflügte die Erde um und ein anderer warf
die Saat in den Boden. Die Zeit lies sie aufgehen, der Wind ging darüber, Sonne
und Regen schenkten Wachsen, die Ernte barchte Körner, gemahlen, Wasser
hinzugefügt, mit den Händen berührt, kräftig, zum Teig gemacht, gebacken, uns
auf den Tisch, ins Leben, unauffällig Lebensbrot.
Brot in der Hand, ein
Bissen im Mund, erinnert an mehr, an den Gang der Wolken, die Sonne am
Firmament, an die vielen Hände, bis es wurde, an die Millionen Händen durch all
die Jahrtausend hindurch, die alltäglich es scheiden, beschmieren, zu Mund
führen, kauben, schlucken und an die vielen Millionen Hände leer ohne täglich
Brot, denen jenes Stückchen Manna vom Himmel fehlt.
Leben in unserer Hand,
mehr ist es, vielmehr, eingebettet, eingebunden in das Leben so vieler anderer,
die Brot, die Luft, Zeit und den Planeten neben uns leben, oft mehr schlecht
als recht. Wir alle verstrickt in den ersten glänzenden Tag der Schöpfung und
der Sehnsucht nach Neuwerden der Geplagten, in Würde und Elend aller
Geschöpfte, in ein Leben, das es nur mit anderen gibt. Aufeinander angewiesen.
Füreinander da. In dieses Amt gewählt, berufen, eingeführt, eingebunden in das
Leben von Gemeinde, von Alten und Jungen, Suchenden und Verlorenen, verstrickt
in deren Leben mit eigenem Leben. Oft nur ein Wort in der Hand.
Rose ist weniger
Eine Rose, samtig,
erfrischender Duft, Blütenblatt um Blütenblatt, immer kleiner werdend, bis in
das Zentrum, die Mitte. Ein Mandala, zentriert, konzentriert, meine Mitte
finden. Und dort in der Tiefe Gott begegnen. Unio mystica, Vereinigung mit
Gott.
Ein neues Amt; es
macht neugierig und es macht Angst. Trägt das Amt mich oder muss ich das Amt
tragen. Schaffe ich das?
Der Blick auf die
Rose. Aus der Mitte kommt ihre Kraft, diese Kraft hält sie, lässt sie stehen
und blühen. Aus der Verbindung mit Gott kommt die Kraft für mein Amt. Sich
immer wieder auf die Mitte zentrieren, auf Gott konzentrieren. Und die Kraft
spüren, die von dort kommt. Wenn ich in mir die Verbindung zu Gott spüre, mich
getragen weiß von ihm, dann kann ich mein Amt ausüben. In der Tiefe gehalten –
durch meine Tiefen hindurch – gehalten durch seine Tiefe. Blütenblätter, die
sich um die Mitte platzieren, gehalten von der Mitte – ich bin eines von ihnen.
Broterwerb
Brot in der Hand und
es duftet beim Aufscheiden, als würde es von einem ersten Beginn uns leise
erzählen. Als läge darin etwas, nach dem wir uns doch still sehnen. Brotgenuß, alltäglicher
Genuß in tausend Sorten, eckig, rund, abgepackt, industriell hergestell. Brot,
Lohn für die Mühe, Broterwerb. Schweiß und Brot. Wer denkt da noch daran.
Hunger haben, nicht
weil man vergessen hat zu essen, der Rhythmus durcheinander kam, man vor lauter
Stress sich selbst übersieht. Hunger haben, weil man satt werden muss, weil man
sonst verhungert, nicht weiterleben kann. Dazu braucht es Brot, täglich. Den
Hunger haben und spüren, den Hunger nach dem, ohne dass ich nicht leben kann.
Ein gutes Wort vielleicht. Jemanden der mich trotzem liebt. Eine Perspektive.
Genügend Geld. Ein Ort zum Schlafen. Die Würde im Blick auf mich.
Hunger danach und
davon satt werden, wie Bissen Brot für unser Leben. Immer wieder neu verstehen,
denken und sagen lernen, sich und den anderen, wie Jesus das ist, dieses Brot
des Lebens, jener, der unseren Lebenshunger satt zu machen vermag. Ihn
austeilen als seines Bissen Brot für den Hunger nach mehr. In dieses Amt
gerufen, von ihm selbst, von Jesus, fast so wie jene, die damls ihm
nachfolgten, selbst den Hunger immer wieder spüren und den leeren Magen von
anderen sehen und satt machen.
Rosengeschenk
Ein Dichter geht durch
die Straße mit einem Freund. Rilke. Er sieht eine Frau auf dem Markt sitzen,
betteln, betteln um ein Stück Brot. Rilke geht zu der Frau. Er sieht sie an. Er
gibt ihr eine Rose. Die Frau steht auf. Aufrecht verlässt sie ihren Platz. Erst
nach zwei Wochen nimmt sie ihren Platz auf dem Boden wieder ein.
Die Rose hat ihren
Hunger gestillt. Ihren Hunger nach Gesehen-Werden. Ihren Hunger nach Schönheit.
Nicht nur der Leib braucht Fürsorge, auch die Seele. Sich versenken in einen
Augenblick der Schönheit. Die Schönheit der Schöpfung Gottes wahrnehmen. Etwas
von der Leichtigkeit des Sabbat spüren – mitten im Alltag. Ein Stückchen
Gottes-Zeit mitten in den Terminen. Sich im Gebet verbinden mit den anderen im
Amt. Gerufen von Gott nicht nur zum Handeln, auch zum Genießen, Staunen und
Freuen. Die Rose nicht als das Überflüssige, die Zugabe, den Schmuck sehen,
sondern erkennen: Das Ziel der Schöpfung ist der Sabbat, ist die Ruhe, die
Unverfügbarkeit, Gottes-Zeit. Rosen-Geschenk
Brot brechen
Brot in der Hand und wir
können es nie ganz, nie am Stück essen, wir müssen es aufschneiden, in Stücke
teilen, brechen. Brot in der Hand. Wir können danken, kurz innerlich wie in den
Himmel schauen, danken, dass es Hunger stillt und hoffen: Es möge sich
vermehren, wenn wir es brechen, ein bisschen wie damals am Berg und so viele
unverhofft satt wurden, ein bisschen wie damals, als Jesu das Brot brach und
sein Leben uns schenkte.
Wir teilen Brot und
damit das Leben selbst, wir geben und bekommen, machen etwas satter und haben
weniger Hunger, legen etwas vom Schöpferwillen Gottes auf seine Welt, von jenem
„Es ist gut“ und es wird besser für die, denen es schlecht geht. Brot in der
Hand, es wir geteilt Stück für Stück, alle sitzen wie um einen Tisch, Gäste
Gottes, die Welt ein Tisch, global verstrickt, die Stadt ein Tisch, die
Pfarrgemeinde ein Tisch, wir holen die am Rande mit an den Tisch und teilen den
Mehrwert des Lebens, einfach so und gar nicht so einfach.
An den Tisch gerufen,
Brot zu brechen, auch manchmal zu kaufen oder zu backen, zu schneiden, an den
Tisch gerufen, gewählt, zu danken, dass Ihr den Ruf gehört habt und folgt, auf
den Himmel die letzte Hoffnung zu setzen, dass sich in euren Händen, Gedanken,
Sorgen, Planen, in eurem Ältestesein das Leiden kleiner werde und das Leben
sich mehre.
Rosenträume teilen
Die Sachzwänge
drücken, der Haushalt drängt, die Vernunft siegt ... Und doch die klingenden
Worte von Jesus: steh auf, nimm dein Bett und geh – dir geschehe wie du willst
– dein Glaube hat dir geholfen – noch heute wirst du mit mir im Paradiese sein
– das Reich Gottes ist mitten unter euch. Visionen, Träume, Frieden,
Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung. Rose sein: Visionen teilen, einander
Träume erzählen, einander teilhaben lassen am Traum, den Gott in uns träumt.
Rose sein – die Dornen zeigen, aufzeigen was nicht gut ist, Prophet sein, Bote
Gottes, Gottes Wort wahrhaftig sagen, auch wenn es spitz und dornig ist. Rose
sein – den Traum Gottes leben, Gott durch uns hindurch wirken lassen – Gottes
Schönheit ausstrahlen – Freude am Berufen-Sein. Rosenträume teilen.
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