Samstag, 30. März 2013

Berührungspunkte



Predigt an Ostersonntag 2013 (31. März 2013)

Johannes 20, 11-18
Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister!
Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.  Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.

Die Seele wiegen
Jemanden wirklich berühren, ist wie seine Seele streifen; berühren, nicht nur die Haut, das Gesicht, den Körper, sondern mehr: fühlen, der andere ist da, seinen Atem kann ich hören, sein Herz schlagen spüren; das kann auch jenseits der Körper passieren, manchmal im Blick in die Augen, im tiefen Wissen, dass der andere seine Geschichte und Fragen, seine Sorgen und seine Liebe für einen bereithält, daraus zu schöpfen; berühren: wenn Leben ineinander übergehen, die Grenzen verfließen, und in der Berührung mehr wird, als beide sind.



Nur noch einmal berühren
Maria mag Jesus so berührt haben, so von ihm berührt worden sein. Was da mehr entstand, war Gott in ihr.
Nach dem Tod Jesu kommt sie mit ihren Tränen ans Grab, ganz nah fließen ihre Tränen auf ihren Wangen, ihr Blick ist gebunden an das Grab, sie selbst ist ganz fixiert auf ihren Jesus am Kreuz, tausend dunkle Bilder in ihr fesseln ihre Seele. Einmal noch, nur einmal noch will sie Jesus berühren, ihm nahe sein. Unerträglich ist ihr, dass sie ihn dann nicht sieht, dass er scheinbar weg ist, weggenommen, weggetragen wurde. Der Kafreitag wiederholt sich auf grausame Art: Sie verliert Jesus ganz, auch den toten.
Unberührt bleibt Maria von den Engeln im Grab, die ihre Tränen sehen und Antwort geben wollen auf ihre quälende Frage, wo Jesus ist. Unberührt bleibt Maria von Jesus selbst, den sie für einen anderen hält, den sie gar nicht sieht, der ihr aber Hinweis werden will auf ihre Not, wohin Jesus gegangen sei. Maria ist noch ganz von Karfreitag berührt, getroffen, gefangen, Ohren, Hände, Herz sind wie verschlossen, untauglich zu spüren, zu sehen, zu fühlen, berührt zu werden von dem Ungeheuerlichen, was anbricht.
Fass mich nicht an
Es geschieht dann, was schon so oft passierte: Jesus spricht eindringlich, er spricht Menschen auf sich selbst an, auf die, die sie sind und er nennt den Namen Marias. Sie wird berührt von ihrem Namen, wie Jesus ihn spricht, und die ganze Geschichte, ihr ganzes von Jesus berühte Leben wird ihr wieder nah, wird ihr wieder lebendig, sie wendet sich ganz neu um und sagt was sie ist, des Meisters Schülerin, die, zu seinen Füßen das Leben in Worten zart empfing.
Alles in Maria will Jesus jetzt berühren, will Karfreitag für immer vergessen lassen, will wieder diese unglaubliche Nähe, will von ihm berührt sein, die Seele wiegen lassen. Und vielleicht ist dies auch die Sehnsucht von Jesus, aber er spricht zu ihr: Berühre mich nicht. Fass mich bitte nicht an. Halte dich nicht fest an mir. Sonst kann ich den Weg nicht gehen, den ich gehen muss und der auch dein Weg ist. Berühre mich nicht, sonst wird unmöglich, was möglich werden soll, was möglich wird.



Für immer berührt
Jesus geht auf Distanz und er wird sich noch mehr entfernen, noch weiter weg gehen, aufsteigen, auffahren zu Gott, seinem Vater. Die Frage von Maria, wo Jesu ist, bekommt eine Antwort: Jesus geht zu Gott. Es ist der Gott auch von Maria, der Gott der Jünger und unser Gott.
Gott ist der versprochene, verheißene und erfüllte, wahre und gewisse Ort für Jesus. Dort ist er ist er lebendig, ist er zu suchen und zu finden, zu haben und zu berühren. Gott ist der österliche Berührungspunkt: Er ist der grundtiefe lebendige Spiegel, in dem Menschen und Jesus sich sehen und einander tief berühren. Es ist dieses Mehr, das in jeder Berührung mit Jesus liegt und wird.
Gott ist gemeinsamer Ort, an dem Jesus Maria vorfindet, weil dort ihr Gott ist; an dem Maria Jesus spürt, weil dort sein Gott ist. Es ist der Ort der Berührung beider. Hier spricht er sein: Berühre mich und lass dich berühren. In Gott spricht Jesus sein Berührt mich, seid offen, schöpft aus ihm mich, denn dort bin ich. In Gott berührt er uns, in seinem Wunderwort, in seinem heiligen Abendmahl, in jedem göttlichen Segen, der Ostern entspringt.

Trag mich mit
Maria trägt diesen Berührungsort in sich, wie einen Schatz in irdenen Gefäßne, wie die göttliche Liebe in ihrem menschlichen Leib. Sie soll jetzt weggehen, nichts hält sie mehr auch, nichts, keine Tränen, keine Fragen, kein toter Körper. Sie ist wie aufgebrochen hin zu aller Welt. Sie soll hingehen und das weitersagen, was sie gesehen und gehört hat, was sie wirklich berührt hat, Gott und ihre Seele.
Andere damit berühren soll sie und sie macht es an jedem Ostermorgen, wenn wir selbst von ihr lesen, hören und sehen. So uns berühren, dass die Grenzen ziwcshen Himmel und Erde verfließen, wir Gottes Herz für uns schlagen hören, seinen geistvollen Atem spüren, wir von ihm berührt werden und unsere Seele zart von Jesus, dem Meister aller Berührung, für immer gestriffen wird. Amen.

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