Predigt am 6. Sonntag nach Trinitatis
(28. Juli 2019)
1. Petrus 2, 2-10
2 und seid begierig nach der
vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, auf dass ihr durch
sie wachset zum Heil, 3 da ihr schon geschmeckt habt, dass der Herr freundlich
ist. 4 Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen
ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. 5 Und auch ihr als lebendige Steine
erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern
geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.
6 Darum steht in der Schrift (Jesaja
28,16): »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und
wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.« 7 Für euch nun, die ihr
glaubt, ist er kostbar. Für die aber, die nicht glauben, ist er »der Stein, den
die Bauleute verworfen haben; der ist zum Eckstein geworden« (Psalm 118,22) 8
und »ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses« (Jesaja 8,14). Sie
stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt
sind. 9 Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum,
ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, dass ihr verkündigen sollt die
Wohltaten dessen, der euch berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares
Licht; 10 die ihr einst nicht sein Volk wart, nun aber Gottes Volk seid, und
einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid (Hosea 2,25).
Nicht müde werden
Ins Leben gelegt. Bekommen Menschen
einiges. Vieles. Vielleicht ist alles ins Leben gelegt. Ins Leben gelegt
bekommen Menschen Fragen, Sorgen, Unfälle, ihre Eigenarten, Glücksmomente,
andere Menschen. Ins Leben gelegt in all den Jahren eines Lebens, an all den
Orten des Lebens, in den Tagen, Stunden, Momenten, zuhause, in fremden Zimmern,
unterwegs. Hineingelegt und davon überwältigt, hineingelegt und dann damit
leben müssend, hineingelegt und sich daran abarbeiten, abmühen, damit ringen,
damit zurechtkommen. Hineingelegt und es schmeckt bitter, fad, stellt in Frage,
ist wunderschön, erhebt, verletzt, macht ratlos.
Hineingelegt als sei der Menschen
Leben etwas, worin man etwas hineinlegt, als sei es eine langsam zu füllende
Form, in der das ein und das andere hineinkommt. Von wo kommt es hinein? Wer
legt es einem ins Leben? Und wer nimmt es wieder raus, wenn es sein muss? Und
manches bekommen Menschen wirklich wieder hinaus, und manches niemals und
manches lebt wie unbemerkt bei ihnen weiter, manches bleibt als lästiges Ding,
als schöne Erinnerung, als Erinnerung, dass alles scheinbar wie gegeben ist, zu
nehmen ist.
Dem Wunder
Nicht zufällig, nicht nur so
hineingeraten, sondern absichtlich, mit Bedacht und Plan wird Jesus Christus
Menschen ins Leben gelegt. Er wird von Gott wie in die Hand genommen, sein Plan
vom Himmel für Menschen auf Erden. Er wird auserwählt aus Abermillionen
Möglichkeiten zwischen Gott und Mensch, erprobten und rein theoretischen. Er
wird auserwählt als der eine, als das Angesicht der Freundlichkeit Gottes, als
der Zeitmensch, der Heil eröffnet, als heiliges Wort für Jedermann. So wird
Jesus Christus ins Leben gelegt.
Und Menschen sehen es erst nicht, als
sei es gar nicht möglich, und Menschen stolpern unverhofft über ihn, Hochbetagte
und ganz Junge, Weiße, Dunkelhäutige, Frauen, Männer und Menschen stoßen sich
an ihm, stoßen sich an Gott, werden aufgerüttelt, sehen darin keinen Wert,
ärgern sich und lassen ihn liegen, und Menschen werden von ihm berührt, warum
und wie auch immer, werden berührt von dem, was mit ihm in ihrem Leben liegt, hineingelegt
wurde und verbinden ihn mit sich, entdecken seinen unerschöpflichen Reichtum
und beginnen zu glauben, glauben schon, dem leisen Wunder ihres Lebens.
Leise wie einem Vogel
Und es ist so, dass er, der für ihnen
aufgehende Christus, selbst zu ihnen spricht, darf ich in deinem Leben bleiben,
bei dir, hineingelegt, berührt, mich schenkend, darf ich bei dir bleiben,
Mensch, und dich verwandeln, dein Leben, und er hört vielleicht ein zartes Ja,
und Jesus Christus entfaltet sich, und Menschen wachsen, werden als ganz
normale Kleingroße groß, schmecken Leben, schmecken Kostbarkeit, schmecken
eigentümlich noch im Bitteren ein Stück von ihm. Er will in dir werden, er wird
sich dir erweisen, er wird dich erbauen, und du wirst ablegen manches Böses,
wirst heiler an deiner Seele, wirst spüren, wie es wohltun kann, ihn mit sich
zu wissen, wie teuer und kostbar er dir wird, auch im Zweifeln und in manchen
dunklen Nächten, wie du warten, staunen, still in dir jubilieren lernst.
Er, Christus, wird dir Grund zum
Leben, Grund zu sein und Grund unter dir, wie ein Grundstein, Eckstein, der dir
dein Leben, das manchmal in bestimmten Stunden so zerstreut ist, zerstreut
wird, zusammenhält, immer wieder mir dir zusammenfügt, der dir unsichtbar dein
Leben trägt, befestigt, einfügt in Größeres, der dir zu einem lebendigen Stein
wird, gehärtet und lebendig durch seinen Tod und seine Auferstehung, hindurch
durch dein Elend und Glück.
Die Hand hinhalten
Dem Wunder die Hand hinhalten. Es
wird flüchtig sein, aber es wird da sein. Jesus Christus ins Leben gelegt, die
Liebe bekommen. Du wirst kostbar sein, auserwählt, wunderschön in Gottes Augen.
Nicht alles wird dir gelingen, aber er wird nie zulassen, dass du ganz zu
Schaden kommst. Du wirst den Geist in dir haben, wunderbare Worte hören und in
deinen Worten wunderbare Worte weitersagen können, andere trösten, anderen
etwas von Christus unauffällig vorleben. Du wirst Königin sein, Königin deiner
Selbst, deines Lebens, auch mit armen Bettlerkleidern an, du wirst heilig sein
mitten in deinem staubigen Alltag, Gott in dir tragen, gebären, hinaussetzen
und manches Licht im Dunkel sehen. Du wirst weiter elendig sündigen, an
Erwartungen scheitern, du wirst aber in Gnade leben, seine Lieder singen, von
seinen Menschen dich berühren lassen, ihm so manchen Gedanken und manches Gebet
opfern, für andere vor ihm eintreten und deine Welt mit seiner verbinden.
Du wirst wie er ein lebendiger Stein.
Ein glänzend wunderschönes Paradox, dir hineingelegt in dein eigenes Leben, in
das unendliche Leben Gottes. Du wirst Gott ganz gehören, und er wird dir
gehören. Du wirst sein eigen sein, du selbst, du wirst nichts haben und mit ihm
alles, du wirst haben immer ein Früher, und einst, aber auch ein Jetzt, du
wirst immer der Alte sein und neugeboren.
Wir sind einander ins Leben gelegt.
Als lebendige Steine, eingefügt in Gottes Reich. Wir sind einander ins Leben
gelegt, zufällig, ausgesucht, gegeben, mit und ohne Reibung, jetzt hier im
Gottesdienst, jetzt hier in unseren Kirchenbänken, links und rechts von uns,
ferner und näher, verbunden an Leib und Seele, verbunden untereinander,
verbunden durch Hineingelegtes, durch sein Wort, das niemals leer zu ihm
zurückkehrt, durch Wunder, die das Leben schreibt, durch ihn, Christus. Einander
ins Leben gelegt sind wir alle sein Volk, seine heilige Schar, seine geliebten
Könige aus Fleisch und Blut, eine geistliche Gemeinschaft auf dem Weg. Bereit,
ihn zu loben mit allem, was in uns liegt. Amen.
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